VwGH Ra 2015/19/0221

VwGHRa 2015/19/022119.1.2016

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Robl und den Hofrat Mag. Feiel und die Hofrätin Mag. Rossmeisel als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schmidt, in der Revisionssache des I H in M, vertreten durch Mag. Ulrich Berger, Rechtsanwalt in 8600 Bruck/Mur, Schillerstraße 2, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 27. August 2015, W153 2109380-1/4E, betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005, den Beschluss gefasst:

Normen

12010P/TXT Grundrechte Charta Art4;
32003R0343 Dublin-II;
AsylG 2005 §5 Abs1;
AsylG 2005 §5 Abs3;
B-VG Art133 Abs4;
FrPolG 2005 §61;
EMRK Art3;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;
12010P/TXT Grundrechte Charta Art4;
32003R0343 Dublin-II;
AsylG 2005 §5 Abs1;
AsylG 2005 §5 Abs3;
B-VG Art133 Abs4;
FrPolG 2005 §61;
EMRK Art3;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden.

Im Fall der Erhebung einer außerordentlichen Revision obliegt es gemäß § 28 Abs. 3 VwGG dem Revisionswerber, gesondert jene Gründe in hinreichend konkreter Weise anzuführen, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird. Da der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 34 Abs. 1a zweiter Satz VwGG die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG (nur) im Rahmen der dafür in der Revision (gemäß § 28 Abs. 3 VwGG gesondert) vorgebrachten Gründe zu überprüfen hat, ist er weder verpflichtet, solche anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen, noch berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit der Revision hätten führen können, aufzugreifen. Dementsprechend erfolgt nach der Rechtsprechung die Beurteilung der Zulässigkeit der Revision durch den Verwaltungsgerichtshof ausschließlich anhand des Vorbringens in der Zulassungsbegründung (vgl. den hg. Beschluss vom 6. Oktober 2015, Ra 2015/20/0207, mwN).

In der Revision wird vorgebracht, dass eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliege, weil im Anlassfall geklärt werden müsse, ob bei nachweislichen Menschenrechtsverletzungen das Selbsteintrittsrecht der Republik Österreich ausgeübt werden müsse.

Der Verwaltungsgerichtshof erkennt in ständiger Rechtsprechung und in Übereinstimmung mit dem Verfassungsgerichtshof, dass die grundrechtskonforme Interpretation des AsylG 2005 eine Bedachtnahme auf die - in Österreich im Verfassungsrang stehenden - Bestimmungen der EMRK notwendig macht. Die Asylbehörden müssen daher bei Entscheidungen nach § 5 AsylG 2005 auch Art. 3 EMRK berücksichtigen und bei einer drohenden Verletzung dieser Vorschrift das im Dublin-System vorgesehene Selbsteintrittsrecht ausüben (vgl. das hg. Erkenntnis vom 8. September 2015, Ra 2015/18/0113, mwN).

Der Verwaltungsgerichtshof hat auch bereits erkannt, dass bezogen auf Fälle, die der Dublin-Verordnung unterliegen, in jedem Einzelfall zu beurteilen ist, ob die Überstellung eines Asylwerbers in einen anderen - zuständigen - Mitgliedstaat der Europäischen Union zulässig ist. Dabei ist die Frage, ob dieser Staat als "sicher" angesehen werden kann, vorrangig eine Tatsachenfrage, die nicht vom Verwaltungsgerichtshof zu lösen ist. Die Beurteilung, ob die festgestellten Mängel im Zielstaat die Sicherheitsvermutung widerlegen und einer Überstellung des Asylwerbers unter Bedachtnahme auf die EMRK und die GRC entgegenstehen, ist hingegen eine - unter den Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG - revisible Rechtsfrage. Es liegt allerdings bereits Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dazu vor, wie die Sicherheitsvermutung des § 5 Abs. 3 AsylG 2005 auszulegen ist und unter welchen Voraussetzungen Österreich von seinem Selbsteintrittsrecht Gebrauch machen muss (vgl. den hg. Beschluss vom 16. Dezember 2014, Ra 2014/19/0115, mwN, sowie jüngst das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 8. September 2015).

Der Revisionswerber legt in der Revision nicht dar, welche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG im gegenständlichen Revisionsverfahren zu lösen wäre. Es wird nicht konkret aufgezeigt, dass und von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes das angefochtene Erkenntnis abgewichen sein soll, wenn es zum Ergebnis kommt, dass dem Revisionswerber keine reale Verletzung von Art. 3 EMRK drohe (vgl. den hg. Beschluss vom 21. August 2014, Ra 2014/18/0003). Es wird auch keine Rechtsfrage angesprochen, zu der hg. Rechtsprechung fehlt oder die in dieser nicht einheitlich beantwortet wird (vgl. den Beschluss vom 2. September 2015, Ra 2015/20/0023).

In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 19. Jänner 2016

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