VwGH Ra 2015/07/0146

VwGHRa 2015/07/014628.1.2016

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger und die Hofräte Dr. N. Bachler und Mag. Haunold als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Pitsch, über die Revision des R M in A, vertreten durch Dr. Peter Krömer, Rechtsanwalt in 3100 St. Pölten, Riemerplatz 1, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom 11. August 2015, Zl. LVwG-AB-14-4304, betreffend eine wasserrechtliche Angelegenheit (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landeshauptmann von Niederösterreich; mitbeteiligte Parteien: 1. B eGen in W vertreten durch Saxinger, Chalupsky & Partner Rechtsanwälte GmbH in 4020 Linz, Böhmerwaldstraße 40, 2. A I GmbH in A), den Beschluss gefasst:

Normen

12010P/TXT Grundrechte Charta Art17;
12010P/TXT Grundrechte Charta Art51;
62010CJ0617 Aklagaren / Fransson VORAB;
62012CJ0045 Hadj Ahmed VORAB;
EURallg;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;
WRG 1959 §10;
WRG 1959 §27 Abs1 litg;
WRG 1959 §27 Abs1 lith;
WRG 1959 §27 Abs1;
WRG 1959 §27 Abs3;
WRG 1959 §30d;
WRG 1959 §34 Abs1 idF 2006/I/123;
WRG 1959 §34 Abs1;
WRG 1959 §34 Abs4;
WRG 1959 §34;
WRG 1959 §59b Abs1 Z1;
WRG 1959 §59b;
12010P/TXT Grundrechte Charta Art17;
12010P/TXT Grundrechte Charta Art51;
62010CJ0617 Aklagaren / Fransson VORAB;
62012CJ0045 Hadj Ahmed VORAB;
EURallg;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;
WRG 1959 §10;
WRG 1959 §27 Abs1 litg;
WRG 1959 §27 Abs1 lith;
WRG 1959 §27 Abs1;
WRG 1959 §27 Abs3;
WRG 1959 §30d;
WRG 1959 §34 Abs1 idF 2006/I/123;
WRG 1959 §34 Abs1;
WRG 1959 §34 Abs4;
WRG 1959 §34;
WRG 1959 §59b Abs1 Z1;
WRG 1959 §59b;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1. Auf dem im Eigentum von J und M H. stehenden Grundstück Nr. 1836/1, KG M, besteht aufgrund des Bescheides des Landeshauptmannes von Niederösterreich (LH) vom 2. Jänner 1974 ein unbefristet eingeräumtes Wasserbenutzungsrecht zur Wasserentnahme im Ausmaß von 15 l/s aus einem Brunnen (Brunnen "H"). Das mit dem genannten Bescheid angeordnete Schutzgebiet ist aufrecht, ebenso das mit Bescheid des LH vom 21. November 1974 festgelegte Schutzgebiet. Das Wasserbenutzungsrecht mit der Wasserbuchpostzahl 2560 AM ist an die "Betriebsanlage F" gebunden.

Wasserberechtigte ist derzeit die zweitmitbeteiligte Partei.

Der Revisionswerber ist Eigentümer des von den

Schutzgebietsanordnungen betroffenen Grundstücks Nr. 1836/8, KG M.

Die erstmitbeteiligte Partei ist Wasserberechtigte einer

Wasserversorgungsanlage betreffend ihren Betrieb in A mit der Wasserbuchpostzahl 885 AM.

Mit Spruchteil I. des Bescheides des LH (belangte Behörde) vom 29. Oktober 2014 wurde der erstmitbeteiligten Partei die - der Erweiterung ihrer bestehenden Wasserversorgungsanlage dienende - wasserrechtliche Bewilligung zur Sanierung und zum Betrieb des bestehenden Brunnens "H" auf Grst. Nr. 1836/1, KG M, zur Wasserentnahme von max. 15 l/s zu Spül- und Reinigungszwecken ihres Molkereibetriebes am Standort A, zur Errichtung einer Transportleitung mit der Gesamtlänge von 2645 m, zur Errichtung einer Flockungsfiltration und einer UV-Desinfektionsanlage sowie zur Errichtung jeweils einer Grundwasserbeweissicherungssonde auf den Grst. Nr. 915/1 und 902, KG A, erteilt. Die Bewilligung wurde bis 31. Oktober 2104 befristet. Das Wasserrecht ist an die Person des Wasserberechtigten gebunden.

Im Spruchteil I. B) wurde unter "Sonstige Auflagen" festgelegt, dass die Gesamtentnahmemenge durch die erstmitbeteiligte Partei und die zweitmitbeteiligte Partei 15 l/s nicht überschreiten darf.

Unter Spruchteil III. des Bescheides des LH vom 29. Oktober 2014 erfolgte die Festlegung eines Schutzgebietes für das (der erstmitbeteiligten Partei) eingeräumte Wasserrecht, bestehend aus einer Fassungszone und einem erweiterten Schutzgebiet. Das erweitere Schutzgebiet umfasst u.a. das Grundstück Nr. 1836/8, KG M, des Revisionswerbers.

Im Spruchteil IV. wurde die erstmitbeteiligte Partei zur Leistung einer einmaligen Entschädigung von EUR 17.636,05 an den Revisionswerber für die sich aus dem Schutzgebiet ergebenden Beschränkungen verpflichtet.

Unter Spruchteil V. wurde der vom Revisionswerber gestellte Antrag auf Feststellung des Erlöschens des Wasserrechtes (der zweitmitbeteiligten Partei) für den Brunnen auf Grst. Nr. 1836/1, KG M, und auf Aufhebung des Schutzgebietes abgewiesen.

Die gegen diesen Bescheid vom Revisionswerber erhobene Beschwerde wurde mit Spruchpunkt 1. des angefochtenen Erkenntnisses des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich (LVwG) vom 11. August 2015 betreffend die Spruchteile I., III. und V. des Bescheides des LH abgewiesen, betreffend den Spruchteil IV. zurückgewiesen. Gleichzeitig sprach das LVwG unter Spruchpunkt 4. aus, dass die ordentliche Revision gegen sein Erkenntnis nicht zulässig sei.

2. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

3. In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.

3.1. Zur Zulässigkeit der Revision führt der Revisionswerber zunächst aus, es gehe um die grundsätzliche Rechtsfrage der Reichweite sowie der Anwendung des Art. 17 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRC) - Eigentumsrecht - sowie Art. 52 Abs. 1 GRC im Zusammenhang mit § 34 Wasserrechtsgesetz 1959 (WRG 1959). Die Bestimmungen des WRG 1959 - auch jene Bestimmungen des WRG 1959 im Zusammenhang mit dem gegenständlichen Wasserrechtsverfahren - "stellten die Umsetzung zahlreicher Richtlinien der Europäischen Union (EU) - Gemeinschaftsrecht - dar, wie in § 145b WRG 1959 zitiert". Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sei jedes Gericht eines Mitgliedstaates der EU, so auch der Verwaltungsgerichtshof, verpflichtet, uneingeschränkt die Wahrung der unionsrechtlichen Grundrechte, insbesondere der GRC, sicherzustellen. Die Anwendung der GRC auf Organe der Mitgliedstaaten setze voraus, dass diese "in Durchführung des Rechtes der Europäischen Union" handelten. Es müsse also eine Konstellation vorliegen, die in den Anwendungsbereich des Unionsrechtes falle. Die Vollziehung von durch die Mitgliedstaaten in innerstaatliches Recht umgesetztem Richtlinienrecht gehöre jedenfalls zum zentralen Teil des Unionsrechts. Handelten die Mitgliedstaaten der EU im Anwendungsbereich des Unionsrechtes, sei nach dem EuGH die GRC auch anwendbar, selbst wenn die Staaten nicht "in Durchführung des Unionsrechtes" handelten (Hinweis auf die Entscheidung des EuGH in der Rechtssache "C 610/10 " (richtig: C-617/10 ), Aklagare gegen Hans Åkerberg Fransson).

Das unionsrechtliche Grundrecht des Art. 17 GRC - Eigentumsrecht - schütze gegen zwei Arten von Eigentumseingriffen, nämlich den Entzug des Eigentums und die Beschränkung der Nutzung des Eigentums. Nutzungsbeschränkungen dürften den Wesensgehalt des Eigentums nicht antasten. Eine solche Nutzungsregelung (Beschränkung) liege etwa in der Anordnung einer bestimmten Art der "landwirtschaftlichen Benutzung" oder deren Beschränkung. Die Eigentums- bzw. Nutzungsbeschränkung im Sinn des Art. 17 Abs. 1 GRC sei unter Berücksichtigung des Art. 52 Abs. 1 GRC nur dann zulässig, wenn sie gesetzlich angeordnet sei, tatsächlich dem Gemeinwohl dienenden Zielen der Gemeinschaft entspreche und nicht einen im Hinblick auf den verfolgten Zweck unverhältnismäßigen, nicht tragbaren Eingriff darstelle, der die so gewährleisteten Rechte in ihrem Wesensgehalt antaste. Nutzungsbeschränkungen müssten im Hinblick auf den verfolgten Zweck verhältnismäßig, d.h. zur Zielerreichung erforderlich, geeignet und angemessen sein.

Nach herrschender Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes seien Anordnungen nach § 34 WRG 1959 keine Zwangsrechte im Sinn der §§ 60 und 63 WRG 1959, weshalb auch die Enteignungsbestimmungen und die dort vorgesehene Interessenabwägung keine Anwendung fänden. Im Übrigen seien nach der Rechtsprechung die Schutzgebietsfestsetzung gemäß § 34 WRG 1959 und die wasserrechtliche Bewilligung zwei voneinander unabhängige Bescheide.

Diese Rechtsprechung zu § 34 WRG 1959 stehe mit Art. 17 GRC in Widerspruch. Gehe man davon aus, dass für die Erteilung einer Wasserrechtsbewilligung betreffend die Wasserentnahme aus einer Brunnenanlage für Nutz- aber auch Trinkwasser "im Hinblick auf die den Bestimmungen des Wasserrechtsgesetzes zugrundeliegenden unionsrechtlichen Richtlinien" Art. 17 GRC zur Anwendung gelange, sei § 34 WRG 1959 unionsrechtlich im Sinne der GRC mit der Konsequenz auszulegen, dass die genannte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht mehr haltbar sei. Im Zusammenhang mit der Prüfung der Verhältnismäßigkeit einer Schutzgebietsanordnung bedeute dies, dass das Verfahren um wasserrechtliche Bewilligung für die Wasserbenutzung und die Schutzgebietsfestsetzung als einheitliches Verfahren geführt werden müsse. Im Übrigen sei auch die Verhältnismäßigkeit und dabei zu prüfen, ob im gegenständlichen Fall die Wasserentnahme aus dem Grundwasser für Spül- und Reinigungszwecke im Verhältnis zu den dem Revisionswerber auferlegten Nutzungs- bzw. Eigentumsbeschränkungen stehe, dies auch unter Berücksichtigung von Haftungsfragen gemäß § 1311 ABGB. Sei die Verhältnismäßigkeit nicht gegeben, müssten eine Schutzgebietsanordnung unterbleiben und der Antrag auf Erteilung einer wasserrechtlichen Bewilligung für die entsprechende Wasserbenutzung versagt werden. Diesbezüglich fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und des EuGH.

Zu diesem Vorbringen ist festzuhalten:

Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits mehrfach ausgesprochen, dass nach der Rechtsprechung des EuGH die Grundrechte der GRC in allen unionsrechtlich geregelten Fallgestaltungen, aber nicht außerhalb derselben Anwendung finden. Die durch die GRC garantierten Grundrechte sind daher zu beachten, wenn eine nationale Rechtsvorschrift in den Geltungsbereich des Unionsrechts fällt (vgl. EuGH 26. Februar 2013, Rs C-617/10 , Åkerberg Fransson, Rz 19 ff.; EuGH 13. Juni 2013, Rs C-45/12 , Radia Hadj Ahmed, Rz 56). Um festzustellen, ob eine mitgliedstaatliche Regelung die Durchführung des Rechts der Union im Sinne von Art 51 GRC betrifft, ist nach der Rechtsprechung des EuGH zu prüfen, ob mit ihr eine Durchführung einer Bestimmung des Unionsrechts bezweckt wird, welchen Charakter diese Regelung hat und ob mit ihr nicht andere als die unter das Unionsrecht fallenden Ziele verfolgt werden, selbst wenn sie das Unionsrecht mittelbar beeinflussen kann, sowie ferner, ob es eine Regelung des Unionsrechts gibt, die für diesen Bereich spezifisch ist oder ihn beeinflussen kann. Insbesondere sind die Grundrechte der GRC im Verhältnis zu einer nationalen Regelung unanwendbar, wenn die unionsrechtlichen Vorschriften in dem betreffenden Sachbereich keine Verpflichtungen der Mitgliedstaaten im Hinblick auf den im Ausgangsverfahren fraglichen Sachverhalt schaffen (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 29. Oktober 2014, 2013/01/0022, und die dort zitierte Judikatur des EuGH). Anwendung finden die unionsrechtlichen Grundrechte etwa in den Bereichen der Umsetzung von Richtlinien und deren Anwendung samt dem Bereich der pflichtwidrigen Nichtumsetzung von Richtlinien wie auch jenen der indirekten unmittelbaren Unionsrechtsdurchführung (insbesondere Verordnungen), aber auch bei Sachverhalten mit Unionsrechtsbezug, wie insbesondere grenzüberschreitende Sachverhalte (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. September 2013, 2013/15/0207).

Die hier maßgebliche - im Übrigen in ihren ersten beiden Sätzen seit der Wiederverlautbarung des WRG 1959 mit BGBl. Nr. 215/1959 unverändert gebliebene - Bestimmung des § 34 Abs. 1 WRG 1959 bezweckt - ebenso wie der Bewilligungstatbestand des § 10 WRG 1959 - nicht die Durchführung einer Bestimmung des Unionsrechts. Weder die genannten gesetzlichen Regelungen noch die hier erfolgte Ausweisung des dem Schutz einer konkreten Wasserversorgungsanlage dienenden Schutzgebietes gemäß § 34 WRG 1959 stellten das Ergebnis einer aufgrund unionsrechtlicher Vorschriften bestehenden Verpflichtung der Mitgliedstaaten im Hinblick auf den im Ausgangsverfahren fraglichen Sachverhalt dar. Dass - dies sei ergänzend erwähnt - nach § 34 Abs. 1 WRG 1959 bereits ausgewiesene Schutzgebiete gegebenenfalls auch in ein Verzeichnis der Schutzgebiete gemäß § 59b WRG 1959 aufzunehmen sind und § 30d WRG 1959 u.a. Bestimmungen über Ziele für Gebiete mit Wasserentnahmen gemäß § 59b Abs. 1 Z 1 WRG 1959 enthält, ändert daran nichts. Den Ausführungen des Revisionswerbers zur Zulässigkeit der Revision ist dementsprechend auch keine konkrete unionsrechtliche Bestimmung zu entnehmen, die durch die "Bestimmungen des WRG im Zusammenhang mit dem gegenständlichen Wasserrechtsverfahren" umgesetzt worden wäre. Die diesbezüglichen Darlegungen beschränken sich vielmehr auf den bloß allgemeinen Verweis, dass im WRG 1959 "zahlreiche Richtlinien der Europäischen Union" umgesetzt worden seien. Ferner ist festzuhalten, dass auch kein grenzüberschreitender Sachverhalt gegeben ist.

Es liegt somit im gegenständlichen Fall kein hinreichender Zusammenhang zum Unionsrecht vor, der eine Anwendung des Art. 17 GRC zu begründen vermag.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegt trotz Fehlens von Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor, wenn die Rechtslage eindeutig ist (vgl. den hg. Beschluss vom 29. Juli 2015, Ra 2015/07/0078, mwN). Ein solcher Fall liegt gegenständlich im Hinblick auf das in Rede stehende Vorbringen vor.

3.2. Ferner bringt der Revisionswerber vor, im Erkenntnis vom 22. Dezember 2011, 2009/07/0175, gehe der Verwaltungsgerichtshof erstmals auch von einem Grundsatz der Eingriffsminimierung aus. Der Gerichtshof habe dargelegt, dass unter bestimmten Voraussetzungen ein öffentliches Interesse gemäß § 34 Abs. 1 WRG 1959 für die Bestimmung eines Schutzgebietes nicht vorliegen könne, wenn eine Liegenschaft an eine öffentliche Trinkwasserversorgung angeschlossen sei. Das LVwG sei von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen bzw. habe sich mit diesen Rechtsfragen nicht auseinandergesetzt.

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist bei einer möglichen alternativen Wasserversorgung im Wege eines Anschlusses an eine bestehende öffentliche Trinkwasserversorgung das öffentliche Interesse an einer Schutzgebietsausweisung weder von vornherein zu verneinen, noch zu bejahen, sondern nach den konkreten Umständen des Einzelfalles zu prüfen (vgl. die auch auf die hg. Erkenntnisse vom 1. Februar 1983, 82/07/0203, und vom 22. Dezember 2011, 2009/07/0175, 0176, Bezug nehmenden Ausführungen im Erkenntnis vom 29. Juli 2015, 2012/07/0280).

Das LVwG hat in diesem Zusammenhang u.a. hervorgehoben, dass die erstmitbeteiligte Partei Lebensmittel für Konsumenten bzw. Ausgangsprodukte zur Lebensmittelerzeugung herstelle. Es hat ferner auf die gutachterlichen Darlegungen des grundwasserhydrologischen und des hygienischen Amtssachverständigen verwiesen, wonach aufgrund der überregionalen Bedeutung des Konsenswerberbetriebes als Molkerei für die Lebensmittelproduktion ein öffentliches Interesse an einer ordnungsgemäßen Wasserversorgung samt Schutzgebiet bestehe.

Vor diesem Hintergrund wirft der Revisionswerber keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung, sondern nur die Einzelfallgerechtigkeit berührende Wertungsfragen auf. Der Frage, ob die besonderen Umstände des Einzelfalles auch eine andere Entscheidung gerechtfertigt hätten, kommt aber in der Regel - wie auch im gegenständlichen Fall - keine grundsätzliche Bedeutung zu (vgl. den hg. Beschluss vom 29. Juli 2015, Ra 2015/07/0096, mwN).

3.3. Bezug nehmend auf die mit Spruchteil V. des erstinstanzlichen Bescheides erfolgte und mit dem angefochtenen Erkenntnis bestätigte Abweisung des Antrages des Revisionswerbers auf Feststellung des Erlöschens des Wasserrechtes (der zweitmitbeteiligten Partei) für den Brunnen auf Grst. Nr. 1836/1, KG M, und auf Aufhebung des (diesbezüglichen) Schutzgebietes verweist der Revisionswerber auf ein (Anmerkung: im angefochtenen Erkenntnis mit Datum 10. April 2012 zitiertes) Urteil des Landesgerichtes St. Pölten "vom 10. Juli 2012". Nach diesem in einem Rechtsstreit zwischen der zweitmitbeteiligten Partei und den Eigentümern des Grst. Nr. 1836/1 ergangenen Urteil sei es der zweitmitbeteiligten Partei zivilrechtlich nicht möglich, Wasser aus dem genannten Brunnen zu entnehmen. Deren Klage auf Entfernung der dem Wasserbezug entgegenstehenden Hindernisse sei rechtskräftig abgewiesen worden. Es liege demnach - so der Revisionswerber - die durch den Verwaltungsgerichtshof bislang nicht geklärte Rechtsfrage vor, ob zivilrechtliche und faktische Gründe, die der Wasserentnahme für ein bewilligtes Wasserrecht durch die Wasserberechtigte entgegenstünden, nicht den Erlöschenstatbeständen des § 27 Abs. 1 lit. g oder lit. h WRG 1959 zu subsumieren seien.

Dazu genügt es auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach in jenen Fällen, in denen der Ausübung des Wasserbenutzungsrechtes zivilrechtliche Hindernisse entgegenstehen, eine Erlöschenserklärung gemäß § 27 Abs. 3 WRG 1959 - unter den dort normierten Voraussetzungen (so ist u.a. dem Berechtigten eine Frist zur Wiederaufnahme des ordnungsgemäßen Betriebes zu bestimmen) - denkbar erscheint, ein Erlöschen des Wasserbenutzungsrechtes im Sinne des § 27 Abs. 1 lit. g WRG 1959 daraus hingegen nicht abgeleitet werden kann (vgl. das hg. Erkenntnis vom 11. November 1980, Zl. 0978/80). Dies gilt auch für den Erlöschenstatbestand des § 27 Abs. 1 lit. h WRG 1959. Im Übrigen legt der Revisionswerber in seinen Ausführungen zur Zulässigkeit der Revision in keiner Weise dar, dass im vorliegenden Fall ein (in § 27 Abs. 1 lit. h WRG 1959 als Voraussetzung für das Erlöschen eines Wasserbenutzungsrechtes normierter) Wegfall oder eine eigenmächtige Veränderung des Zweckes der Anlage vorläge. Darüber hinaus besteht kein Anspruch des von einem Schutzgebiet Betroffenen auf Feststellung des Erlöschens des Wasserrechts (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. Dezember 2014, Ra 2014/07/0042).

3.4. Schließlich bringt der Revisionswerber vor, es lägen im gegenständlichen Fall für eine (mit Auflage festgelegte) maximale Wasserentnahme von 15 l/s zwei wasserrechtliche Bewilligungen (für die erst- bzw. die zweitmitbeteiligten Parteien) "ohne weitere Abstimmung" vor, verbunden mit zwei verschiedenen Schutzgebietsanordnungen zu Lasten ein und derselben Grundstücke. Es stelle sich die wesentliche Rechtsfrage, ob gemäß § 34 Abs. 1 WRG 1959 für ein und dieselbe Wasserentnahme zwei divergierende Schutzgebietsanordnungen (mit weitreichenden flächenmäpigen Überschneidungen) getroffen werden könnten, und ob für ein und dieselbe Wasserentnahme aus ein und demselben Brunnen zwei getrennte Wasserrechtsbewilligungen (mit zwei getrennten Wasserrechten) erteilt werden könnten.

Auch mit diesem Vorbringen wird keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgezeigt.

Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sieht § 34 Abs. 1 WRG 1959 eine Zustimmung der betroffenen Grundeigentümer zur Festlegung eines Schutzgebietes nicht vor. Grundeigentümern im Schutzgebietsbereich kommt aber das Recht zu, sowohl gegen die Einbeziehung ihrer Grundstücke in ein Schutzgebiet als auch gegen die vorgesehenen Anordnungen über die Bewirtschaftung oder sonstige Benutzung ihrer Grundstücke Einwendungen zu erheben, und sie sind - wenn die gesetzlichen Voraussetzungen gegeben sind - gemäß § 34 Abs. 4 WRG 1959 für die durch Schutzgebietsanordnungen erfolgenden Beschränkungen ihres Eigentums vom Wasserberechtigten angemessen zu entschädigen (vgl. etwa das Erkenntnis vom 20. März 2014, 2011/07/0237, mwN).

Der Revisionswerber ist weder Eigentümer jenes Grundstückes, auf dem sich der in Rede stehende Brunnen "H" befindet, noch macht er mit seinem zitierten Vorbringen, soweit damit die Erteilung zweier getrennter wasserrechtlicher Bewilligungen betreffend eine Wasserentnahme "aus ein und demselben Brunnen" angesprochen wird, eine Verletzung eines konkreten wasserrechtlich geschützten Rechts geltend.

Damit aber von einer Rechtsfrage gesprochen werden kann, der im Beschwerdefall im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, muss sie sich inhaltlich auf eine durch den angefochtenen Bescheid mögliche Rechtverletzung beziehen und sich daher innerhalb der Sache des Verwaltungsverfahrens bewegen (vgl. den hg. Beschluss vom 23. April 2014, Ro 2014/07/0008). Diese Voraussetzung liegt hinsichtlich des in Rede stehenden Vorbringens nicht vor. Im Übrigen ist die Erteilung mehrerer Wasserbenutzungsrechte für die Entnahme von Wasser aus derselben "Wasserbezugsquelle" (z.B. aus einem Brunnen) keineswegs ungewöhnlich oder rechtlich unzulässig.

Soweit der Revisionswerber die Frage aufwirft, ob für ein und dieselbe Wasserentnahme (gemeint: für zwei denselben Brunnen betreffende Wasserbenutzungsrechte) zwei divergierende Schutzgebietsanordnungen getroffen werden könnten, ist daran zu erinnern, dass Schutzgebietsbestimmungen nach § 34 Abs. 1 WRG 1959 Anordnungen sind, die im öffentlichen Interesse an einer einwandfreien Wasserversorgung erlassen werden (vgl. erneut das bereits zitierte hg. Erkenntnis 2011/07/0237, mwN). Eine mögliche Rechtsverletzung im Zusammenhang mit der mit dem angefochtenen Erkenntnis auf fachkundiger Grundlage erfolgten Ausweisung eines Schutzgebietes bzw. den vorgesehenen Anordnungen wird in den Zulässigkeitsausführungen der Revision nicht aufgezeigt. Die hinsichtlich des bereits bestehenden Wasserbenutzungsrechtes der zweitmitbeteiligten Partei erlassenen Schutzgebietsanordnungen waren gar nicht Gegenstand des angefochtenen Erkenntnisses des LVwG. Eine Verletzung von subjektiven Rechten des Revisionswerbers aus dem Grund, dass das nunmehr zugunsten der erstmitbeteiligten Partei eingeräumte Schutzgebiet mit den zugunsten der zweitmitbeteiligten Partei bereits bestehenden Schutzgebietsbestimmungen inhaltlich nicht ident wäre, ist vorliegend anhand der Ausführungen des Revisionswerbers zur Zulässigkeit der Revision nicht zu erkennen.

Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 28. Jänner 2016

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte