VwGH Ra 2015/04/0029

VwGHRa 2015/04/002923.11.2016

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Blaschek, Hofrat Dr. Kleiser sowie Hofrätin Mag. Hainz-Sator als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Mitter, über die Revision der L GmbH in W, vertreten durch die CMS Reich-Rohrwig Hainz Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Gauermanngasse 2, gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Wien vom 26. Jänner 2015, Zl. VGW- 123/V/072/627/2015-2, betreffend Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung in einem Vergabekontrollverfahren (mitbeteiligte Partei: Stadt Wien - Wiener Wohnen, vertreten durch die Schwartz Huber-Medek & Partner Rechtsanwälte OG in 1010 Wien, Stubenring 2), den Beschluss gefasst:

Normen

BVergG 2006 §131 Abs1;
VwRallg;
BVergG 2006 §131 Abs1;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die Revisionswerberin hat der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1 Die mitbeteiligte Partei führte ein offenes Verfahren im Unterschwellenbereich zur Vergabe von Maler- und Anstreicherarbeiten.

2 Mit Schreiben der mitbeteiligten Partei vom 12. Jänner 2015 wurde der Revisionswerberin das Ausscheiden ihres Angebotes wegen Nichtvorliegens der beruflichen Zuverlässigkeit mitgeteilt. Diese Ausscheidensentscheidung wurde von der Revisionswerberin angefochten, deren Nichtigerklärung beantragt und zugleich der Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung zur Untersagung der Bekanntgabe der Zuschlagsentscheidung und Untersagung der Erteilung des Zuschlags gestellt.

3 Mit dem angefochtenen Beschluss vom 26. Jänner 2015 wurde ein Nachprüfungsverfahren eingeleitet (Spruchpunkt I.) und der Antrag auf Erlassung der einstweiligen Verfügung abgewiesen (Spruchpunkt II.). Die Revision erklärte das Verwaltungsgericht für unzulässig.

4 Begründend führte das Verwaltungsgericht aus, § 28 WVRG erfordere für die Erlassung einer einstweiligen Verfügung, dass der abzuwendende Schaden "unmittelbar" drohe. An dieser Unmittelbarkeit fehle es im vorliegenden Fall, weil einerseits vor dem drohenden Schadensereignis eine weitere Entscheidung der Auftraggeberin ergehen müsste. Andererseits sei die beantragte Untersagung der Bekanntgabe der Zuschlagsentscheidung nicht erforderlich, weil eine Bekanntgabe der Zuschlagsentscheidung auch an die Revisionswerberin zu erfolgen habe. Diese sei nämlich noch nicht bestandsfest ausgeschieden. Vielmehr verbleibe sie während des Nachprüfungsverfahrens als Bieterin im Vergabeverfahren, sodass ihr eine etwaige Zuschlagsentscheidung mitgeteilt werden müsse.

5 Gegen die Abweisung des Antrages auf Erlassung der einstweiligen Verfügung richtet sich die außerordentliche Revision mit dem Antrag, Spruchpunkt II der angefochtenen Entscheidung wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts aufzuheben.

6 Die mitbeteiligte Partei beantragt, die Revision kostenpflichtig zurückzuweisen.

7 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).

8 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

9 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

10 Die Revisionswerberin führt zur Zulässigkeit aus, es bedürfe der Klärung der Rechtsfrage, ob der Auftraggeber, der einen Bieter ausgeschieden habe, zur Bekanntmachung der Zuschlagsentscheidung an diesen verpflichtet sei, wenn der Bieter die Ausscheidensentscheidung im Nachprüfungsverfahren bekämpfe.

11 Zudem sei fraglich, ob trotz allfälliger Bekanntgabepflicht das Erfordernis des effektiven Rechtsschutzes die Erlassung der beantragten einstweiligen Verfügung gebiete.

12 Nach § 131 Abs. 1 BVergG 2006 hat der Auftraggeber den im Vergabeverfahren verbliebenen Bietern nachweislich mitzuteilen, welchem Bieter der Zuschlag erteilt werden soll. Als "verbliebene" Bieter gelten jene Bieter, die nicht ausgeschlossen wurden, deren Angebote nicht ausgeschieden wurden bzw. deren Angebote zwar ausgeschieden wurden, jedoch die Ausscheidensentscheidung noch nicht rechtskräftig ist (vgl. RV 1171 BlgNR 22. GP 85; in diesem Sinne bereits der hg. Beschluss vom 4. September 2015, Ra 2015/04/0054, und zum nicht betroffenen Bieter nach Art. 2a der Richtlinie 89/665 der hg. Beschluss vom 20. Mai 2015, Ro 2014/04/0069). Die Rechtslage ist insoweit eindeutig, weshalb keine die Zulässigkeit der Revision begründende Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung vorliegt (vgl. zur Unzulässigkeit der Revision bei eindeutiger Rechtslage trotz fehlender hg. Rechtsprechung etwa den hg. Beschluss vom 2. September 2014, Ra 2014/18/0062, mit Verweis auf den Beschluss vom 28. Mai 2014, Ro 2014/07/0053).

13 Die Rechtsposition der Revisionswerberin ist sohin die eines verbliebenen Bieters im Sinne des § 131 Abs. 1 BVergG 2006. Dass der Revisionswerberin durch die Erlassung einer einstweiligen Verfügung, mit welcher die Untersagung der Bekanntgabe der Zuschlagsentscheidung und die Erteilung des Zuschlags untersagt werde, eine bessere Rechtsposition eingeräumt werden sollte als den übrigen im Verfahren verbliebenen Bietern, ist nicht begründet.

14 In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

15 Der Ausspruch über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 23. November 2016

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