Normen
AVG §52
AVG §8
BauO OÖ 1994 §11
BauO OÖ 1994 §11 Abs1
BauO OÖ 1994 §11 Abs3
BauO OÖ 1994 §14
BauO OÖ 1994 §28 Abs2 Z2
BauO OÖ 1994 §31 Abs4
BauO OÖ 1994 §4
BauO OÖ 1994 §5
BauO OÖ 1994 §54 Abs1 Z1
BauO OÖ 1994 §55 Abs1
BauO OÖ 1994 §6
BauRallg
BauTG OÖ 1994 §2 Z36
BauTG OÖ 1994 §3 Z4
BauTG OÖ 1994 §8
LStG OÖ 1991 §36
LStG OÖ 1991 §37
LStG OÖ 1991 §38
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2016:RO2014050086.J00
Spruch:
1.) Die Revision der Erstrevisionswerberin wird, soweit sie gegen den erstangefochtenen Bescheid erhoben wurde, als unbegründet abgewiesen.
Die Erstrevisionswerberin hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von € 28,70 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
2.) Der zweitangefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Oberösterreich hat den Revisionswerberinnen Aufwendungen in der Höhe von insgesamt € 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1 Die erstmitbeteiligte und die zweitmitbeteiligte Partei (im Folgenden: Bauwerber) sind je zur Hälfte Eigentümer des Grundstückes Nr. 1281/1, KG T., das in dem vom Gemeinderat der mitbeteiligten Gemeinde (im Folgenden: Gemeinderat) am 27. Oktober 2005 beschlossenen, mit Bescheid der Oö. Landesregierung (im Folgenden: Landesregierung) vom 24. November 2005 genehmigten (Kundmachung vom 28. November 2005) „Flächenwidmungsplan Nr. 4 ‑ Änderung Nr. 24“ als „MB ‑ Eingeschränktes Gemischtes Baugebiet“ (mit der folgenden Umschreibung dieser Einschränkung: „Die Errichtung von nicht einem Betrieb zugeordneten Wohnungen bzw. Wohngebäuden ist ausgeschlossen.“) gewidmet ist und für das der Bebauungsplan Nr. 407.2 gilt.
2 An dieses Grundstück grenzen (im Südwesten) das Grundstück Nr. 2346/1, das (laut den in den Verfahrensakten erliegenden Grundbuchsauzügen) im gemeinsamen Eigentum der Erstrevisionswerberin und der Maria B. stand und sich seit dem Jahr 2011 im Alleineigentum der Erstrevisionswerberin befindet, (im Nordwesten) das Grundstück Nr. 1279/6 der Erstrevisionswerberin sowie (im Norden) die Grundstücke Nr. 1279/10 und Nr. 1279/11 der Zweitrevisionswerberin (als Allein‑ bzw. Miteigentümerin) an.
3 Mit Eingabe vom 24. Mai 2007 stellten die Bauwerber beim Stadtamt der mitbeteiligten Gemeinde (im Folgenden: Stadtamt) unter Vorlage des Lageplanes (Vermessungsurkunde) des Ingenieurkonsulenten für Vermessungswesen DI L. vom 28. März 2007 einen Antrag um baubehördliche Bewilligung von Bauplätzen nach § 4 Oö. Bauordnung 1994 (im Folgenden: BO) bzw. für die Änderung von Bauplätzen und bebauten Grundstücken nach § 9 leg. cit. mit der Erklärung, dass davon ihr Grundstück Nr. 1281/1 und das Grundstück Nr. 2346/1 (sowie zwei weitere Grundstücke) betroffen seien und bei gleichzeitiger Änderung der Grundstücksgrenzen das Grundstück Nr. 1281/1 mit einer neuen Fläche von 5.532 m² als Bauplatz geschaffen werden solle. Die Erstrevisionswerberin (und die damalige Miteigentümerin Maria B.) als von ihnen (den Bauwerbern) verschiedene Grundeigentümer hätten diesem Antrag nicht zugestimmt. Laut den diesbezüglichen Eingangsvermerken auf dieser Eingabe ist diese zuerst am 25. Mai 2007 und sodann nochmals am 9. Februar 2010 beim Stadtamt eingelangt.
4 Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde (im Folgenden: Bürgermeister) vom 23. Juni 2010 wurden in Spruchpunkt 1. entsprechend dem Ansuchen der Bauwerber gemäß den §§ 5 und 9 BO die Schaffung des „Bauplatz(es) Grundstück Nr. 1281/1“ im Ausmaß von 5.532 m² bewilligt sowie die Teilungen und Vereinigungen laut der (in diesem Bescheid angeführten) Vermessungsurkunde genehmigt. In Spruchpunkt 2. dieses Bescheides wurde ausgesprochen, dass gemäß § 16 BO die Eigentümer jener Grundstücke, für welche die baubehördliche Bewilligung (in Spruchpunkt 1.) erteilt werde, die Grundstücke bzw. Teilgrundstücke entsprechend der Vermessungsurkunde ‑ das Teilgrundstück 2 im Ausmaß von 19 m² bei gleichzeitiger Zuschreibung zum Grundstück Nr. 1281/12 ‑ kostenlos und lastenfrei in das Eigentum der mitbeteiligten Stadtgemeinde gleichzeitig mit der grundbücherlichen Durchführung der Teilung zu übertragen hätten, wobei gemäß § 16 Abs. 2 zweiter Satz BO die Grundstücke bzw. Teilgrundstücke frei von baulichen Anlagen über Aufforderung des Bürgermeisters in den Besitz der Gemeinde zu übergeben seien. (Spruchpunkt 3. des Bescheides enthält einen Ausspruch über die zu entrichtenden Verwaltungsabgaben).
5 Mit der (am 2. September 2010 beim Stadtamt eingelangten) Eingabe vom 13. August 2010 suchten die Bauwerber um die Erteilung der Baubewilligung für die Errichtung eines Bürogebäudes samt einer Zufahrt (über die P.‑Straße), einer Fahrspur (von dieser Zufahrt) bis zum Bürogebäude und Abstellplätzen auf ihrem Grundstück Nr. 1281/1 an, wobei die Oberflächenwässer über Sickermulden zur Versickerung gebracht würden. Der dem Bauansuchen angeschlossenen „Betriebsbeschreibung“ zufolge seien als Betriebszeiten Montag bis Freitag von 7.00 Uhr bis 19.00 Uhr vorgesehen.
6 In der am 1. Oktober 2010 durchgeführten Bauverhandlung wurde von der Verhandlungsleiterin (u.a.) festgehalten, dass entsprechend dem rechtswirksamen Bebauungsplan Nr. 407.2 die Zufahrt zum Bauplatz an der Südwestseite zur P.‑Straße vorgesehen und in diesem Bereich eine Begradigung der Grundgrenzen zwischen den Parzellen Nr. 1281/1 und Nr. 2346/1 vorzunehmen sei. Im nordöstlichen Bereich sei eine Abtretung an das öffentliche Gut bzw. eine Rückgabe vom öffentlichen Gut vorgesehen. Im Zuge des Verfahrens zur Schaffung des Bauplatzes sei ein Antrag auf Enteignung an die Bezirkshauptmannschaft L erforderlich. Es sei zu keiner privatrechtlichen Einigung über die gegenseitige Benützung der Grundstücke Nr. 1281/1 und Nr. 2346/1 (geplante Zufahrt entsprechend dem Bebauungsplan) im Sinne eines gemeinsamen Anschlusses an das öffentliche Gut gekommen.
7 In dieser Verhandlung erhoben die Revisionswerberinnen Einwendungen gegen das Bauvorhaben und brachten u.a. vor, dass ihre Grundstücke durch das Bauvorhaben auf Grund von Lärmimmissionen, insbesondere durch allfällige Zu‑ und Abfahrten während der Nacht und an den Wochenenden, unzumutbar beeinträchtigt würden, wobei das Maß der für ein Wohngebiet üblichen Lärm‑ und Abgasimmissionen erheblich überschritten werde.
8 Der bautechnische Amtssachverständige erstattete in der Verhandlung Befund und Gutachten und führte unter anderem aus, dass das gesamte Objekt mit drei Büros zu Bürozwecken genutzt werden solle und entsprechend der vorgelegten Betriebsbeschreibung als Betriebszeiten Montag bis Freitag von 7.00 Uhr bis 19.00 Uhr vorgesehen seien. Es seien eine befestigte Zufahrt mit einer Breite von 6,00 m bis 8,00 m von der Grundstückszufahrt an der P.‑Straße (an der Südwestseite) bis zum Bürogebäude, das im Ausmaß von 15,08 (m) x 14,00 (m) im nordöstlichen Grundstücksteil errichtet werden solle, und an der Südostseite dieser Zufahrt fünf PKW‑Stellplätze projektiert. Ein Stellplatz werde als behindertengerechter Stellplatz errichtet. Rund um das Bürogebäude sei eine befestigte Fläche mit einer Breite von 6,80 m und 11,10 m geplant. Südöstlich des Bürogebäudes seien acht Fahrradabstellplätze und zwei Motorradabstellplätze vorgesehen. Alle befestigten Flächen (Zufahrt, Stellplätze, befestigte Fläche um das Bürogebäude etc.) würden mit einem Asphaltbelag versehen. Zusammenfassend vertrat er in seinem Gutachten die Auffassung, dass bei Einhaltung der von ihm vorgeschlagenen (näher umschriebenen) Bedingungen und Auflagen gegen die Erteilung der Baubewilligung kein Einwand bestehe.
9 Mit Bescheid vom 18. Jänner 2011 erteilte der Bürgermeister den Bauwerbern die Baubewilligung zur Errichtung eines Bürogebäudes auf dem Grundstück Nr. 1281/1 entsprechend dem bei der mündlichen Bauverhandlung aufgelegenen Bauplan (Einreichplan) vom 13. August 2010 unter Vorschreibung von Auflagen und Bedingungen. Darin wurden den Bauwerbern u.a. (Punkt 3.) gemäß § 8 Oö. Bautechnikgesetz 1994 (im Folgenden: BTG) die Errichtung und ständige Bereithaltung von drei Stellplätzen für die Kraftfahrzeuge der Benützer der baulichen Anlage sowie die ordnungsgemäße Befestigung der Stellplätze und aller Fahrspuren vorgeschrieben.
10 Die von den Revisionswerberinnen (und weiteren Nachbarn) gegen diesen Bescheid erhobene Berufung wurde auf Grund des Beschlusses des Gemeinderates vom 30. Juni 2011 mit Bescheid vom 6. Oktober 2011 abgewiesen.
11 Dazu führte der Gemeinderat im Wesentlichen aus, dass bei Vorliegen eines Enteignungsantrages gemäß § 11 Abs. 3 BO die Grundeigentümerzustimmung nicht Voraussetzung für die Erteilung einer Bewilligung sei und die formellen Voraussetzungen daher gegeben gewesen seien. Zum Vorbringen, dass kein wirksamer Enteignungsantrag eingebracht worden sei bzw. die Antragsteller nicht in einer offensichtlich geeigneten Weise versucht hätten, eine entsprechende privatrechtliche Vereinbarung über die Grundabtretung zu erwirken, sei auszuführen, dass sowohl im Zuge der Vermessung für die Schaffung des Bauplatzes seitens des Zivilgeometers als auch im Zuge der mündlichen Bauverhandlung seitens der Baubehörde versucht worden sei, eine Einigung über die Grundabtretung zu erwirken, und die Grundeigentümerinnen ausdrücklich die Zustimmung verweigert hätten. Wenn vorgebracht werde, dass die Baubehörde das Grundbuchsgericht vom Enteignungsantrag zu verständigen habe, so habe die Eintragung im Grundbuch (bloß) warnende Wirkung für die zu enteignenden Grundeigentümer bzw. Dritte und sei der Warnzweck im konkreten Fall ohnehin erfüllt, weil die betroffenen Grundeigentümerinnen von der beabsichtigten Enteignung gewusst hätten. Die Eintragung im Grundbuch sei mittlerweile erfolgt, und den betroffenen Grundeigentümern sei der Beschluss des Grundbuchsgerichtes zur Kenntnis gebracht worden. Es liege somit ein wirksamer Enteignungsantrag vor, weshalb die Grundeigentümerzustimmung gemäß § 11 Abs. 3 BO gegeben gewesen sei.
12 Wenn mit Hinweis auf die Entscheidung (Erkenntnis) des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. November 2003, Zl. 2001/05/0327, vorgebracht werde, der Bürgermeister hätte prüfen müssen, inwieweit die Inanspruchnahme des Grundstückes Nr. 2346/1 zwingend notwendig sei, so sei diesem Vorbringen zu erwidern, dass sich diese Entscheidung mit Enteignungen im Zusammenhang mit der Realisierung eines Straßenbauprojektes beschäftige und im konkreten Bauverfahren ‑ anders als im straßenrechtlichen Verfahren ‑ die Aufschließung des Bauplatzes nicht mehr Gegenstand sei, weil diese bereits durch den Bebauungsplan festgelegt sei. Die Frage der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des beabsichtigten Eingriffes (auch im Hinblick auf alternative Möglichkeiten der Aufschließung und/oder Enteignung) sei bereits im Verfahren zur Erlassung des Bebauungsplanes beurteilt worden, und entsprechend diesem rechtswirksamen Bebauungsplan sei die Aufschließung des gegenständlichen Grundstückes über eine Ergänzungsfläche aus dem Grundstück Nr. 2346/1 zur P.‑Straße vorgesehen, weshalb der diesbezügliche Einwand unzulässig sei.
13 In Bezug auf die Frage der Oberflächenwässerversickerung sei auszuführen, dass zwar ein subjektives Nachbarrecht hinsichtlich der Beseitigung atmosphärischer Niederschläge gegeben sei. Der im Zuge der Vorprüfung des Bauvorhabens beigezogene Tiefbautechniker habe jedoch festgestellt, dass die im Plan dargestellten Sickermulden ausreichend dimensioniert seien, sodass eine Beeinträchtigung des Nachbargrundstückes Nr. 2346/1 durch Niederschlagswässer nicht gegeben sei. Der Einwand sei daher sachlich nicht gerechtfertigt. Mittlerweile sei mit der Vorlage des Detailprojektes der rechnerische Nachweis über die ordnungsgemäße Versickerung der Oberflächenwässer am Grundstück Nr. 1281/1 attestiert worden.
14 Was die Einwendungen in Bezug auf zu erwartende Lärm‑ und Abgasbeeinträchtigungen anlange, so entspreche die Errichtung des Bürogebäudes samt Freistellplätzen jedenfalls der Widmung „MB ‑ Eingeschränktes Gemischtes Baugebiet“. Das geplante Bauvorhaben weise nur fünf PKW-Freistellplätze und zwei Motorradstellplätze auf. Die Betriebszeiten seien mit Montag bis Freitag, jeweils von 7.00 Uhr bis 19.00 Uhr, festgelegt, und es seien in den Abend- und Nachtstunden sowie samstags, sonntags und feiertags keine Betriebszeiten gegeben. Eine Beeinträchtigung durch Lärmimmissionen durch Zu- und Abfahrten während der Nacht bzw. an den Wochenenden sei auf Grund der beantragten Betriebszeiten daher jedenfalls nicht möglich. Beim gegenständlichen Bauvorhaben handle es sich um eine in der Widmungskategorie jedenfalls zulässige und übliche Bebauung. Es seien somit auch die mit dem Bauvorhaben verbundenen Emissionen (wie Fahrbewegungen) als üblich anzusehen, und es sei hiedurch keine das ortsübliche Ausmaß übersteigende Belästigung durch Immissionen gegeben.
15 Dem Vorbringen, dass die Immissionssituation vom üblichen Ausmaß abweiche, weil das Bauvorhaben eine 170 m lange Zufahrtsstraße aufweise, sei zu erwidern, dass Beurteilungsmaßstab im Baubewilligungsverfahren (Projektgenehmigungsverfahren) nur das verfahrensgegenständliche Projekt sei. Auch wenn ein langer Zufahrtsweg zu den Stellplätzen gegeben sei, könne auf Grund der beantragten Nutzung (reine Büronutzung ohne betriebliche Tätigkeit) und der damit verbundenen Fahrbewegungen mit Kraftfahrzeugen von kleiner/gleich 3,5 Tonnen keine das ortsübliche Ausmaß übersteigende Immissionsbelastung gegeben sein. Die Einwendungen hinsichtlich der Immissionsbelastung seien daher sachlich nicht gerechtfertigt.
16 Was die Einwendungen hinsichtlich Immissionen, die durch die Lage der Müllboxen verursacht würden, anlange, so werde davon ausgegangen, dass der Müll täglich oder alle zwei Tage in kleineren Mengen zum Müllplatz gebracht werde und eine Abholung von diesem durch die Müllabfuhr dann wöchentlich/zweiwöchentlich erfolge. Die geplante Situierung der Müllboxen widerspreche somit nicht den Anforderungen des BTG bzw. des § 7 Abs. 4 Oö. AWG 2009, und eine Verletzung eines subjektiven Nachbarrechtes sei nicht gegeben.
17 Mit Beschluss des Bezirksgerichtes T vom 25. März 2011 war im Grundbuch auf Grund der Mitteilung der Bezirkshauptmannschaft L vom 22. März 2011 gemäß § 11 BO hinsichtlich des Grundstückes Nr. 2346/1 die Einleitung des Enteignungsverfahrens angemerkt worden, wovon laut diesem Beschluss (u.a.) die Erstrevisionswerberin und Maria B. verständigt worden waren.
18 Nachdem der Bauplatzbewilligungsbescheid vom 23. Juni 2010 an die Erstrevisionswerberin und Maria B. als Eigentümerinnen des Grundstückes Nr. 2346/1 auf Grund deren Zustellantrages vom 4. Oktober 2010 zugestellt worden war, hatten diese dagegen Berufung erhoben, die mit dem auf Grund des Beschlusses des Gemeinderates vom 30. Juni 2011 erlassenen (weiteren) Bescheid vom 6. Oktober 2011 als unzulässig zurückgewiesen wurde.
19 Dazu führte der Gemeinderat im Wesentlichen aus, dass entsprechend dem rechtswirksamen Bebauungsplan für die Schaffung des gegenständlichen Bauplatzes ‑ zum Zwecke dessen Anbindung an das öffentliche Gut (P.‑Straße) ‑ wechselseitig Ergänzungsflächen aus dem Grundstück Nr. 2346/1 dem gegenständlichen Grundstück zuzuschlagen bzw. von diesem abzutreten und dem Grundstück Nr. 2346/1 zuzuschlagen seien. Zwar hätten im Hinblick auf § 8 AVG Parteistellung all jene Personen, deren subjektive Rechte durch den Spruch des Bescheides verletzt werden könnten. In der BO sei jedoch für ein Bauplatzverfahren im Zusammenhang mit einem Enteignungsverfahren eine vom AVG abweichende Regelung normiert: So bestimme der Gesetzgeber in § 11 Abs. 3 BO ausdrücklich, dass bei Einbringung eines Enteignungsantrages die Zustimmung des Grundeigentümers (der zu enteignenden Grundflächen) im Bauplatzverfahren nicht vorausgesetzt sei. Es seien daher (aus § 11 Abs. 3 leg. cit.) keine rechtlichen Interessen des Grundeigentümers ableitbar, und solche Interessen würden im Enteignungsverfahren berücksichtigt. Werde dem Enteignungsantrag nicht stattgegeben, dann sei der Bauplatzbewilligungsbescheid ohnehin ex lege unwirksam. Auch der Umstand, dass (im gegenständlichen Verfahren) eine nachträgliche Bescheidzustellung ‑ diese lediglich zu Informationszwecken ‑ erfolgt sei, könne keine Parteistellung begründen.
20 Mit dem vorliegend erstangefochtenen Bescheid wurde die von der Erstrevisionswerberin und Maria B. gegen den genannten Berufungsbescheid betreffend die Erteilung der Bauplatzbewilligung erhobene Vorstellung als unbegründet abgewiesen.
21 Dazu führte die Landesregierung im Wesentlichen aus, dass im Fall des § 11 Abs. 3 BO die Zustimmung des Grundeigentümers einer Ergänzungsfläche keine Genehmigungsvoraussetzung für die Erteilung der Bauplatzbewilligung sei. Die Frage, wer in einem konkreten Verwaltungsverfahren Parteistellung besitze, könne nicht auf Grund des AVG allein gelöst werden, sondern müsse vielmehr regelmäßig anhand der Vorschriften des materiellen Rechts gelöst werden. Der Verwaltungsgerichtshof habe bereits in seiner Rechtsprechung zur Oö. Bauordnung 1976 (im Folgenden: BauO 1976), die auf den gegenständlichen Fall übertragen werden könne, festgestellt, dass dem Nachbarn im Bauplatzbewilligungsverfahren keine Parteistellung zukomme, weil sich dies aus den Bestimmungen des ersten Abschnittes des II. Hauptstückes der BauO 1976 nicht erschließen lasse. Gleiche Überlegungen gälten auch für Miteigentümer der von der Abschreibung betroffenen Liegenschaft, weil die BauO 1976 auch für diesen Personenkreis kein Mitspracherecht im Bewilligungsverfahren nach § 7 leg. cit. vorsehe. Demnach hätten die Vorstellungswerberinnen im Bauplatzbewilligungsverfahren keine Parteistellung und kein materiell-rechtliches Mitspracherecht. Die Zurückweisung der Berufung sei daher zu Recht erfolgt.
22 Mit dem zweitangefochtenen Bescheid wurde die von den Revisionswerberinnen (und anderen Nachbarn) gegen den Berufungsbescheid betreffend die Erteilung der Baubewilligung erhobene Vorstellung als unbegründet abgewiesen.
23 Dazu führte die Landesregierung (u.a.) aus, dass auf zwei Teilflächen des Grundstückes Nr. 2346/1 („Teilbereiche 1 und 3“) ein Teil der Zufahrt zum projektierten Bürogebäude zum Liegen kommen solle und in diesen beiden Bereichen entsprechend dem (oben genannten) Bebauungsplan eine Begradigung der Grundgrenzen zwischen den Parzellen Nr. 1281/1 und Nr. 2346/1 vorzunehmen sei. Was die Vorstellung der Erstrevisionswerberin und der Maria B. anlange, so seien diese als Eigentümerinnen des Grundstückes Nr. 2346/1 nicht nur Nachbarinnen, sondern auch derzeit noch Eigentümerinnen eines Teils des zu bebauenden Grundstückes (der genannten Teilflächen 1 und 3). Wenn sie die Auffassung verträten, dass die Voraussetzungen des § 11 Abs. 3 BO für den Entfall ihrer Zustimmung als Grundeigentümer nicht gegeben gewesen seien, weil vor Einbringung des Enteignungsantrages kein tauglicher Versuch des Herbeiführens einer privatrechtlichen Einigung unternommen worden sei und ihnen zu den angeblichen Einigungsversuchen kein Parteiengehör gewährt worden sei, so hätten sie als (Mit‑)Eigentümer des Baugrundes im Baubewilligungsverfahren allein dann Parteistellung, wenn ihre Zustimmung nach der BO erforderlich wäre. § 28 Abs. 2 Z 2 BO schränke das Erfordernis der Zustimmung des Grundeigentümers auf den Neu‑, Zu‑ oder Umbau von Gebäuden ein, was verfassungsrechtlich unbedenklich sei. Im vorliegenden Fall sei zwar die Errichtung eines Bürogebäudes geplant. Auf jenen beiden Teilen des jetzigen Grundstückes Nr. 2346/1 werde jedoch lediglich ein Teil der Zufahrt zum Bürogebäude und nicht das Gebäude selbst liegen. Das Zustimmungserfordernis gemäß § 28 Abs. 2 Z 2 BO sei daher von vornherein nicht gegeben, weil die Zufahrt kein Teil dieses Gebäudes sei. Beurteilte man dies anders und betrachtete man die Zufahrt als Teil des neu zu errichtenden Gebäudes, so ergäbe sich die kuriose Situation, dass bei gemeinsamer Einreichung (Bürogebäude mit der Zufahrt) die Erstrevisionswerberin und Maria B. Parteistellung hinsichtlich der Frage ihrer Zustimmung zur Errichtung des Gebäudes hätten, während sie bei Einreichung als getrennte Bauvorhaben (wenn auch sogar zur gleichen Zeit) keine Parteistellung hätten. Dass sie jedoch bei ein und demselben Bauvorhaben - bloß auf Grund der unterschiedlichen Einreichung - einmal Parteistellung hätten und einmal nicht, könne im Sinne einer gleichheitskonformen Interpretation der BO nicht angenommen werden.
24 Doch selbst wenn ihnen hinsichtlich der Frage, ob ihre Zustimmung zum Neubau des Gebäudes vorliege, tatsächlich Parteistellung zugekommen wäre, so hätten sie daraus nichts gewonnen, weil gemäß § 11 Abs. 3 BO die Baubewilligung bei Bedarfsflächen, für welche ein Enteignungsantrag eingebracht worden sei, die Zustimmung des Grundeigentümers nicht voraussetze. Die BO spreche in § 11 nur davon, dass eine Enteignung beantragt worden sei, nicht jedoch davon, welche inhaltlichen Voraussetzungen ein solcher Enteignungsantrag erfüllen müsse. Ob der Enteignungsantrag gesetzeskonform sei, sei nicht eine Frage des Baubewilligungsverfahrens, sondern des Enteignungsverfahrens. Ein solcher Enteignungsantrag sei von den Bauwerbern am 11. Oktober 2010 schriftlich bei der zuständigen Behörde, der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land, eingebracht worden. Somit wäre selbst im Fall der Parteistellung der Erstrevisionswerberin und Maria B. deren Grundeigentümerzustimmung gemäß § 11 Abs. 3 BO nicht erforderlich gewesen.
25 Wenn alle Vorstellungswerber als Nachbarn geltend machten, dass die Zustimmung der Grundeigentümerinnen im Bauverfahren nicht erteilt worden sei bzw. die Voraussetzungen dieser Gesetzesbestimmung nicht vorgelegen seien, so genüge es, darauf zu verweisen, dass der Nachbar durch das allfällige Fehlen einer Bauplatzbewilligung in keinem subjektiv-öffentlichen Recht verletzt sein könne.
26 Was ihr Vorbringen anlange, dass die Lage und Ausgestaltung der offenbar zum Bauvorhaben gehörigen Zufahrtsfläche aus den vorliegenden Projektsunterlagen nicht mit hinreichender Präzision erkennbar und nachvollziehbar sei, so sei dazu festzuhalten, dass der Nachbar nur auf die Vorlage jener Belege und Pläne ein Recht habe, soweit diese erforderlich seien, seine Rechte zu verfolgen, und er demnach lediglich solche Mängel im Bauplan rügen könne, die es ihm nicht ermöglichten, sich ausreichend über Art und Umfang des Bauvorhabens sowie über die Einflussnahme auf seine Rechte zu informieren. In der Vorstellung werde diese Einwendung jedoch lediglich mit dem Argument begründet, dass die Baubewilligung die Grundlage für die Enteignung bilde, weshalb ungefähre Lagepläne nicht ausreichten, und demgemäß der Verlauf der Fahrbahnränder mit einer dem Stand der Technik im Vermessungswesen entsprechenden Präzision festzulegen sei. Ohne eine genaue Bemaßung sei nämlich nicht beurteilbar, in welchem Umfang sich eine Notwendigkeit der Enteignung im Sinne des § 36 Abs. 2 Oö. Straßengesetz (offenbar gemeint: 1991) ergebe. Damit brächten die Vorstellungswerber nicht vor, dass es ihnen die angebliche Mangelhaftigkeit der Pläne unmöglich mache, sich über Art und Umfang des Bauvorhabens sowie die Einflussnahme auf ihre Rechte im Bauverfahren zu informieren, sondern beriefen sie sich lediglich auf ein allfälliges Enteignungsverfahren. Diesbezüglich sei jedoch ein subjektives Nachbarrecht nicht ersichtlich. Inwieweit ihnen als Nachbarn eine genauere „Bemaßung“ des Verlaufs der Fahrbahnränder zusätzliche Informationen zur Verfolgung ihrer Rechte im vorliegenden Bauverfahren verschafft hätte, sei für die Landesregierung nicht erkennbar. In der Vorstellung werde auch nicht näher ausgeführt, welches Vorbringen die Nachbarn erstattet hätten, wenn die von ihnen geforderten Angaben der „Richtigkeit und Vollständigkeit“ entsprochen hätten. Im Übrigen werde auf die Ausführungen im erstinstanzlichen Bescheid und im Berufungsbescheid verwiesen, wonach der Lageplan den Anforderungen des § 29 BO entspreche.
27 Was das Vorbingen aller Vorstellungswerber zur Verhältnismäßigkeit der Verkehrsaufschließung anlange, so sei festzuhalten, dass die Vorschriften über die erforderliche Eignung des Bauplatzes, insbesondere über das Erfordernis der Sicherstellung des Anschlusses des Bauplatzes an das öffentliche Wegenetz, kein subjektiv-öffentliches Nachbarrecht begründeten. Die Nachbarn könnten daher nicht vorbringen, ob die betreffende Verkehrsaufschließung ihrer Meinung nach verhältnismäßig sei oder nicht.
28 Soweit sich die Vorstellungswerber gegen die Beseitigung atmosphärischer Niederschläge durch die geplante Sickermulde entlang der Zufahrtsstraße wendeten, sei ihnen darin zuzustimmen, dass ein Mitspracherecht des Nachbarn bestehe, sofern Niederschlagswässer bei der Ableitung von einem Grundstück mittels einer baulichen Anlage auf das Nachbargrundstück gelangen könnten. Dies werde jedoch durch die vorgeschriebene Sickermulde, über die die Oberflächenwässer auf eigenem Grund zur Versickerung zu bringen seien (Auflage 11 des Baubewilligungsbescheides), verhindert. Dass diese Sickermulde ausreichend dimensioniert sei, sei im Rahmen der Vorprüfung des Bauvorhabens durch einen Tiefbautechniker festgestellt worden. Weiters sei im Berufungsverfahren der rechnerische Nachweis über die ordnungsgemäße Versickerung der Oberflächenwässer am Grundstück Nr. 1281/1 mit der Vorlage eines Detailprojektes (datiert mit 5. Juli 2011) vom Ziviltechniker DI B. erbracht worden. Wenn auch den Vorstellungswerbern diese gutachterliche Stellungnahme vom 5. Juli 2011 im Berufungsverfahren nicht zum Parteiengehör übermittelt worden sei, so sei die gesamte gutachterliche Stellungnahme als „Anlage B“ dem Berufungsbescheid angeschlossen gewesen. Die Vorstellungswerber hätten daher gleichzeitig mit der Zustellung des Berufungsbescheides von diesem Detailprojekt Kenntnis erlangt, sodass eine Sanierung eines allfälligen Verfahrensfehlers bewirkt worden sei, weil sie in der Vorstellung die Möglichkeit gehabt hätten, sich gegen diese Stellungnahme (auf gleicher fachlicher Ebene) zu äußern. Insgesamt sei diese Einwendung daher zwar zulässig, jedoch inhaltlich unbegründet.
29 Mit ihrem Vorbringen, dass die im Projekt vorgesehene Straßenführung eine unzumutbare und gesundheitsgefährdende Belästigung durch Lärm und Abgase für die Nachbargrundstücke befürchten lasse und die Errichtung einer Abfallsammelstelle in der Nähe der Grenze der Nachbargrundstücke eine Gefährdung und eine unzumutbare Belästigung für diese Grundstücke bewirke, werde die Beeinträchtigung durch schädliche Umwelteinwirkungen gemäß § 2 Z 36 iVm § 3 Z 4 BTG geltend gemacht, woraus Nachbarn im Bauverfahren ein subjektives Recht auf Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen ableiten könnten. Immissionen, die sich im Rahmen des in einer Widmungskategorie üblichen Ausmaßes hielten, müssten von den Nachbarn jedoch hingenommen werden. Ein allfälliger Immissionsschutz sei nur dann gegeben, wenn auf Grund besonderer Umstände Hinweise darauf bestünden, dass die vom Projekt zu erwartenden Immissionen nicht als ortsüblich angesehen werden könnten, also bei einer besonderen Immissionsbelastung. Wenn die Vorstellungswerber vorbrächten, dass die ca. 170 m lange Zufahrt zum Bürogebäude einen solchen „besonderen Umstand“ darstelle, so sei ihnen zwar darin zuzustimmen, dass eine so lange Zufahrt zu einem Gebäude nicht den Regelfall eines Bauprojektes darstelle. Trotz dieses „besonderen Umstands“ könne jedoch angesichts der Nutzung des Gebäudes, nämlich als „Bürogebäude“ mit lediglich drei Büros und einer Betriebszeit von Montag bis Freitag, jeweils 7.00 -19.00 Uhr, und insgesamt nur fünf projektierter Freistellplätze, bereits auf Grund der allgemeinen Lebenserfahrung davon ausgegangen werden, dass es hier zu relativ geringen Fahrbewegungen kommen werde und dadurch keine widmungsunüblichen Immissionen in der Widmungskategorie („MB - Eingeschränktes Gemischtes Baugebiet“) entstehen könnten. Auch durch die Errichtung der Abfallsammelstelle in der Nähe der Nachbargrundgrenzen sei kein Umstand denkbar, der zu einer widmungsunüblichen Immissionsbelastung führen könnte. Insgesamt sei diese Einwendung zwar zulässig, jedoch inhaltlich unbegründet.
30 Was die von den Vorstellungswerbern erstmals in ihrer Berufung erhobene Einwendung, dass im vorliegenden Fall die Zuständigkeit der Baubehörden nicht gegeben sei, anlange, so gelte diese Einwendung, weil nicht bis zum Schluss der mündlichen Bauverhandlung eingebracht worden, als verspätet und seien die Vorstellungswerber hinsichtlich dieses Einwandes für das ganze weitere Verfahren präkludiert. Doch selbst bei einer inhaltlichen Prüfung dieser Einwendung wäre für sie nichts gewonnen. Wenn die Vorstellungswerber im Rahmen ihres Mitspracherechtes gemäß § 31 Abs. 4 BO vorbrächten, dass die Baubewilligung nicht gemäß § 35 BO hätte erteilt werden dürfen, sondern allenfalls (nur) nach § 11 BO, und nach dem ausdrücklichen Gesetzeswortlaut des § 55 Abs. 3 iVm § 54 Abs. 1 Z 1 lit. b BO die Bezirksverwaltungsbehörde als Baubehörde erster Instanz zuständig sei, so sei dem zu entgegnen, dass das Baubewilligungsverfahren grundsätzlich in den eigenen Wirkungsbereich der Gemeinden (Art 118 Abs. 3 Z 9 B-VG, § 54 Abs. 1 Z 1 BO) falle. Nach § 54 Abs. 1 lit. b BO sei vom eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde die Durchführung eines Verfahrens gemäß den §§ 10 bis 14, § 15 Abs. 6 letzter und vorletzter Satz, § 17 Abs. 6, § 18 Abs. 5 und eines Enteignungsverfahrens gemäß § 58 Abs. 5 BO ausgenommen. Der - bezeichnenderweise unter der Überschrift „2. Abschnitt, Beschränkung des Grundeigentums“ stehende - § 11 BO normiere nun entgegen der Ansicht der Vorstellungswerber nicht die Erteilung der Baubewilligung, sondern das Enteignungsverfahren für Ergänzungsflächen. Demnach sei die Bezirksverwaltungsbehörde in erster Instanz (lediglich) für die Durchführung von Enteignungsverfahren (nach den §§ 10 bis 14 BO) zuständig (§ 55 Abs. 3 iVm § 54 Abs. 1 Z 1 lit. b BO). Da im vorliegenden Fall also über einen Baubewilligungsantrag und nicht über eine Enteignung abzusprechen gewesen sei, sei der Bürgermeister (und sodann der Gemeinderat als Berufungsbehörde) zuständige Baubehörde im Sinne des § 54 Abs. 1 Z 1 iVm § 55 Abs. 1 BO.
31 Gegen diese Bescheide der Landesregierung erhoben die Revisionswerberinnen zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der mit Beschluss vom 18. September 2014, B 583/2012‑19, B 584/2012‑4, deren Behandlung ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.
32 Dazu führte der Verfassungsgerichtshof (u.a.) aus, der Bebauungsplan Nr. 407.2 sehe für das Grundstück Nr. 1281/1 die Aufschließung über eine Westeinfahrt (über die P.-Straße) und nicht über den im Osten direkt bis zur Grundstücksgrenze reichenden Straßenzug vor. Diese Aufschließungsvariante sei angesichts der örtlichen Gegebenheiten nachvollziehbar und liege im planerischen Gestaltungspielraum. Es sei auch nicht zu erkennen, dass die Änderung des Bebauungsplanes Nr. 407.2 das Grundstück der Erstrevisionswerberin übergebührlich einseitig belaste. Wie aus den Amtsberichten der mitbeteiligten Gemeinde vom 22. April 2004 und vom 9. Juni 2006 hervorgehe, habe die Änderung des Bebauungsplanes - unter anderem - einer Begradigung der (zuvor schräg verlaufenden) Grundstücksgrenzen zwischen den Grundstücken Nr. 1281/1 und Nr. 2346/1 und der Schaffung neuer Bauplätze auf diesen Grundstücken gedient.
33 In ihrem im verwaltungsgerichtlichen Verfahren erstatteten, die nunmehr als Revision geltende Beschwerde ergänzenden Schriftsatz vom 10. Dezember 2014 stellen die Revisionswerberinnen den Antrag, die angefochtenen Bescheide wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
34 Das in sinngemäßer Anwendung des Art. 151 Abs. 51 Z 9 B‑VG an die Stelle der Landesregierung getretene Landesverwaltungsgericht Oberösterreich legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und sah von der Erstattung einer Revisionsbeantwortung ab.
35 Die mitbeteiligte Gemeinde erstattete eine Revisionsbeantwortung.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
36 Vorauszuschicken ist, dass in sinngemäßer Anwendung des § 4 Verwaltungsgerichtsbarkeits‑Übergangsgesetz ‑ VwGbk‑ÜG, BGBl. I Nr. 33/2013, vorzugehen ist, wenn der Verfassungsgerichtshof - wie im vorliegenden Fall - eine Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 1 B‑VG in der bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Fassung erst nach dem Ablauf des 31. Dezember 2013 an den Verwaltungsgerichtshof abgetreten hat, sodass die Beschwerde als Revision gilt und für deren Behandlung nach § 4 Abs. 5 fünfter Satz VwGbk‑ÜG die Bestimmungen des VwGG in der bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Fassung sinngemäß gelten (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 24. November 2015, Ro 2014/05/0073, mwN).
37 In dem für die vorliegende Beurteilung maßgeblichen Zeitpunkt der Beschlussfassungen des Gemeinderates (am 30. Juni 2011) über die Berufungsbescheide (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 29. Juni 2016, Ro 2014/05/0065, mwN) standen die BO, LGBl. Nr. 66/1994, idF LGBl. Nr. 36/2008 und das BTG, LGBl. Nr. 67/1994, idF LGBl. Nr. 34/2011 sowie die BTV, LGBl. Nr. 106/1994, idF LGBl. Nr. 110/2008 in Geltung.
38 Die §§ 4, 5, 6, 11, 14, 28, 31, 54 und 55 BO lauten auszugsweise wie folgt:
„§ 4
Antrag
...
(3) Dem Antrag auf Bauplatzbewilligung bei gleichzeitiger Änderung der Grenzen von Grundstücken (Teilung) sind anzuschließen:
...
3. die Zustimmung des Grundeigentümers (der Miteigentümer), wenn der Antragsteller nicht Alleineigentümer ist;
...“
„§ 5
Bauplatzbewilligung
(1) Über einen Antrag gemäß § 4 hat die Baubehörde einen schriftlichen Bescheid zu erlassen. Die Bauplatzbewilligung ist zu erteilen, wenn
1. die erforderliche Zustimmung des Grundeigentümers vorliegt,
...“
„§ 6
Größe und Gestalt von Bauplätzen
...
(3) Bauplätze müssen unmittelbar durch eine geeignete öffentliche Verkehrsfläche oder durch eine der zu erwartenden Beanspruchung genügende, mindestens drei Meter breite und durch Eintragung im Grundbuch sichergestellte Verbindung zum öffentlichen Straßennetz aufgeschlossen sein; erforderlichenfalls ist dies durch Auflagen oder Bedingungen gemäß § 5 Abs. 2 sicherzustellen.
...“
„§ 11
Ergänzungsflächen
(1) Der Eigentümer von mindestens zwei Dritteln der zu einem Bauplatz nach dem Bebauungsplan gehörenden Grundfläche kann die Enteignung der nach dem Bebauungsplan zum Bauplatz gehörenden und der allenfalls zu Verkehrsflächen abzutretenden Grundflächen, die nicht in seinem Eigentum stehen (Ergänzungsflächen), gegen Entschädigung zum Zweck eines Neu-, Zu- oder Umbaues beantragen, wenn die Ergänzungsflächen insgesamt nicht größer als 500 m² sind und der Enteignungswerber gleichzeitig die Bauplatzbewilligung und die Baubewilligung beantragt.
...
(3) Einem Enteignungsantrag darf nur stattgegeben werden, wenn die Bauplatzbewilligung und die Baubewilligung rechtskräftig erteilt wurden. Die Bauplatzbewilligung und die Baubewilligung setzen in diesem Fall die Zustimmung des Grundeigentümers nicht voraus; die Bauplatzbewilligung und die Baubewilligung werden unwirksam, wenn der Enteignungsantrag zurückgezogen oder rechtskräftig abgewiesen wird.
...“
„§ 14
Verfahren, Entschädigung und Rückübereignung
(1) Auf das Enteignungsverfahren, die behördliche Festsetzung der Entschädigung sowie hinsichtlich der Rechtsfolgen der Verwendung des Gegenstandes der Enteignung entgegen dem Enteignungszweck sind die §§ 36 bis 38 des O.ö. Straßengesetzes 1991 unter Berücksichtigung der nachfolgenden Bestimmungen sinngemäß anzuwenden.
(2) Die Baubehörde hat von jedem den gesetzlichen Erfordernissen entsprechenden Enteignungsantrag das Grundbuchsgericht zu verständigen. Dieses hat auf Grund der Verständigung die Einleitung des Verfahrens der Enteignung im Grundbuch anzumerken. Die Anmerkung der Einleitung des Verfahrens ist anläßlich der grundbücherlichen Durchführung des Enteignungsbescheides zu löschen. Wird das Verfahren nicht durch einen Enteignungsbescheid abgeschlossen, hat die Baubehörde davon das Grundbuchsgericht zu benachrichtigen, das die Löschung der Anmerkung durchzuführen hat.
...“
„§ 28
Baubewilligungsantrag
...
(2) Dem Antrag auf Baubewilligung sind anzuschließen:
...
2. beim Neu-, Zu- und Umbau sowie beim Abbruch von Gebäuden die Zustimmung des Grundeigentümers oder der Miteigentümer, wenn der Bauwerber nicht Alleineigentümer ist; ...
...“
„§ 31
Einwendungen der Nachbarn
...
(3) Nachbarn können gegen die Erteilung der Baubewilligung mit der Begründung Einwendungen erheben, daß sie durch das Bauvorhaben in subjektiven Rechten verletzt werden, die entweder in der Privatrechtsordnung (privatrechtliche Einwendungen) oder im öffentlichen Recht (öffentlich‑rechtliche Einwendungen) begründet sind.
(4) Öffentlich-rechtliche Einwendungen der Nachbarn sind im Baubewilligungsverfahren nur zu berücksichtigen, wenn sie sich auf solche Bestimmungen des Baurechts oder eines Flächenwidmungsplans oder Bebauungsplans stützen, die nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem Interesse der Nachbarschaft dienen. Dazu gehören insbesondere alle Bestimmungen über die Bauweise, die Ausnutzbarkeit des Bauplatzes, die Lage des Bauvorhabens, die Abstände von den Nachbargrenzen und Nachbargebäuden, die Gebäudehöhe, die Belichtung und Belüftung sowie jene Bestimmungen, die gesundheitlichen Belangen oder dem Schutz der Nachbarschaft gegen Immissionen dienen. Ein Schutz gegen Immissionen besteht jedoch insoweit nicht, als die Nachbargrundstücke oder die darauf allenfalls errichteten Bauten nicht für einen längeren Aufenthalt von Menschen bestimmt oder geeignet sind und die Errichtung solcher Bauten auf Grund faktischer oder rechtlicher Umstände auch in Hinkunft nicht zu erwarten ist. Als längerer Aufenthalt gilt dabei jedenfalls nicht ein wenn auch mehrmaliger oder öfterer, jeweils aber nur kurzzeitiger vorübergehender Aufenthalt von Menschen. Überdies kann der Schutz der Nachbarschaft gegen Immissionen nicht dazu führen, daß die Baubewilligung für ein Bauvorhaben, das nach der für das Baugrundstück geltenden Flächenwidmung zulässig ist, grundsätzlich versagt wird.
...“
„§ 54
Eigener und übertragener Wirkungsbereich der Gemeinde
(1) Folgende Aufgaben nach diesem Landesgesetz sind von der Gemeinde im eigenen Wirkungsbereich zu besorgen:
1. die der Baubehörde übertragenen Aufgaben, ausgenommen
...
b) die Durchführung eines Verfahrens gemäß den §§ 10 bis 14, § 15 Abs. 6 letzter und vorletzter Satz, § 17 Abs. 6, § 18 Abs. 5 und eines Enteignungsverfahrens gemäß § 58 Abs. 5,
...“
„§ 55
Baubehörde, Zuständigkeit, Auskunftspflicht
(1) Baubehörde erster Instanz in Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereichs der Gemeinde ist der Bürgermeister oder die Bürgermeisterin, in Städten mit eigenem Statut der Magistrat.
...
(3) In den Angelegenheiten des § 54 Abs. 1 Z 1 lit. a und b ist Baubehörde erster Instanz die Bezirksverwaltungsbehörde.
(4) Über Berufungen entscheidet in Angelegenheiten
1. des eigenen Wirkungsbereichs der Gemeinderat, in Städten mit eigenem Statut der Stadtsenat;
...
4. des § 54 Abs. 1 Z 1 lit. b, soweit nicht die Höhe der festgesetzten Entschädigung angefochten wird, der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich;
...“
39 § 2, § 3 und § 8 BTG haben auszugsweise folgenden Wortlaut:
„§ 2
Begriffsbestimmungen
Im Sinn dieses Landesgesetzes bedeutet:
...
36. Schädliche Umwelteinwirkungen: Einwirkungen, die geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und im besonderen für die Benützer der baulichen Anlagen und die Nachbarschaft herbeizuführen, wie durch Luftverunreinigung, Lärm oder Erschütterungen;
...
§ 3
Allgemeine Erfordernisse
Bauliche Anlagen müssen in allen ihren Teilen nach dem jeweiligen Stand der Technik so geplant und errichtet werden, daß
...
4. durch ihren Bestand und ihre Benützung schädliche Umwelteinwirkungen möglichst vermieden werden;
...“
„§ 8
Stellplätze für Kraftfahrzeuge
(1) Bei Neu-, Zu- und Umbauten von Gebäuden sind auf dem Bauplatz oder dem zu bebauenden Grundstück Stellplätze für Kraftfahrzeuge unter Berücksichtigung der zukünftigen geplanten Verwendung des Gebäudes und der dabei durchschnittlich benötigten Stellplätze in ausreichender Anzahl einschließlich der erforderlichen Zu- und Abfahrtsmöglichkeiten unter Bedachtnahme auf § 3 zu errichten.
...“
40 § 45 BTV lautet auszugsweise wie folgt:
„§ 45
Anzahl der Stellplätze für Kraftfahrzeuge
(1) Die erforderliche Anzahl der Stellplätze ist nach dem Verwendungszweck der verschiedenen Bauten und dem daraus resultierenden voraussichtlichen Bedarf im Einzelfall von der Baubehörde festzulegen.
(2) Für Bauten der nachstehenden Art ist die Anzahl der Stellplätze nach folgenden Bezugsgrößen je Stellplatz festzulegen:
...
5. Büro- und Geschäftsgebäude
Büro- und Geschäftsräume
Ambulatorien und Arztpraxen
30 m² Nutzfläche
...“
41 Nach ständiger hg. Judikatur (vgl. nochmals das oben zitierte Erkenntnis, Ro 2014/05/0065, mwN) ist der Inhalt einer in einem Flächenwidmungsplan festgelegten Widmung grundsätzlich nach den maßgebenden Normen im Zeitpunkt der Beschlussfassung des Flächenwidmungsplanes zu beurteilen, soweit nicht gesetzliche Bestimmungen anderes anordnen.
42 Der hier in Rede stehende Flächenwidmungsplan wurde, wie oben (I.) dargestellt, vom Gemeinderat am 27. Oktober 2005 beschlossen. Im Zeitpunkt dieser Beschlussfassung war das Oö. Raumordnungsgesetz 1994 ‑ Oö. ROG 1994 (ROG), LGBl. Nr. 114/1993, idF LGBl. Nr. 90/2001 anzuwenden.
43 § 22 ROG in dieser Fassung lautet auszugsweise:
„§ 22
Widmungen im Bauland
(5) Als gemischte Baugebiete sind solche Flächen vorzusehen, die vorrangig dazu dienen,
- 1. Klein- und Mittelbetriebe aufzunehmen, die auf Grund ihrer Betriebstype die Umgebung nicht wesentlich stören;
- 2. Lagerplätze zu errichten, die nicht wesentlich stören;
- 3. sonstige Bauten und Anlagen aufzunehmen, die in Wohngebieten (Abs. 1) oder, soweit es sich um Betriebe im Sinn der Z. 1 handelt, in Kerngebieten (Abs. 4) errichtet werden dürfen.
Zur funktionalen Gliederung kann in gemischten Baugebieten die Zulässigkeit von Bauten und Anlagen, die in Wohngebieten errichtet werden dürfen, eingeschränkt oder ausgeschlossen werden. Dies gilt nicht für die den Betrieben zugeordneten Wohngebäude.
...“
44 Zum erstangefochtenen Bescheid (Bauplatzbewilligung):
45 Die Revision bringt im Wesentlichen vor, dass weder die Bauwerber Miteigentümer des Grundstückes Nr. 2346/1 seien noch eine Eigentümerzustimmung vorliege noch diese durch eine gerichtliche oder behördliche Entscheidung ersetzt worden sei. Vielmehr wollten die Bauwerber erst im Wege eines Enteignungsverfahrens Eigentümer des derzeit jedenfalls noch der Erstrevisionswerberin gehörenden Grundstücksteiles werden, und es sei die von der Landesregierung zitierte Rechtsprechung auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar. Wenn, wie hier gemäß § 11 Abs. 3 BO, die Erteilung der Bauplatzbewilligung auch ohne Zustimmung des Eigentümers möglich sein solle, so sei bei richtiger rechtlicher Beurteilung der Frage der Parteistellung zu prüfen, inwieweit die Rechtsstellung der Erstrevisionswerberin durch den Bescheid eine Änderung habe erfahren können. Den Eigentümer eines Grundstückes, für das eine Bauplatzbewilligung erteilt werde, träfen unter anderem nachstehende Rechtsfolgen:
- Die Ersichtlichmachung der Bewilligung im Grundbuch über Veranlassung der Baubehörde (§ 8 BO);
- die Entstehung einer baubehördlichen Bewilligungspflicht für jegliche Abschreibung oder Zuschreibung von Grundstücken oder Grundstücksteilen, ausgenommen die Abschreibung oder Zuschreibung ganzer Bauplätze bzw. der weiteren Ausnahmen von der Bewilligungspflicht (§ 9 BO);
- die Verpflichtung zur Abtretung von Grundflächen (§ 16 BO);
- daneben bilde die Erteilung einer Bauplatzbewilligung ein Tatbestandsmerkmal in Beitragsordnungen der Gemeinden nach den Bestimmungen des Oö. Interessentenbeiträge-Gesetzes 1958 (LGBl. Nr. 28/1958), wodurch sich ebenfalls Auswirkungen auf den Grundeigentümer ergeben könnten; weiters habe nach diversen Verwaltungsvorschriften das Vorhandensein einer Bauplatzbewilligung Auswirkungen auf die Einhaltung von Abstandsbestimmungen.
Schon auf Grund dieser Folgen einer Bauplatzbewilligung für einen Teil des Grundstückes der Erstrevisionswerberin ergäben sich für diese Auswirkungen in einem solchen Maß, dass ihr im Bauplatzbewilligungsverfahren die Parteistellung zukomme.
46 Ferner setze die Erteilung einer auf § 11 BO gegründeten Bauplatzbewilligung das gleichzeitige Vorliegen eines gesetzeskonformen Enteignungsantrages im Sinne des § 14 Abs. 1 BO iVm den §§ 36 bis 38 Oö. Straßengesetz 1991 voraus. Dem Eigentümer müsse Parteistellung zumindest zur Klärung der Frage eingeräumt werden, ob die Voraussetzungen für einen Enteignungsantrag vorlägen und der Antrag den gesetzlichen Voraussetzungen entspreche. Zumindest in diesem Umfang hätten die Verwaltungsbehörden der Erstrevisionswerberin die Möglichkeit zur Geltendmachung ihrer subjektiven Rechte gewähren müssen.
47 Dazu ist Folgendes auszuführen:
48 Gemäß § 8 AVG sind Personen, die eine Tätigkeit der Behörde in Anspruch nehmen oder auf die sich die Tätigkeit der Behörde bezieht, Beteiligte und, insoweit sie an der Sache vermöge eines Rechtsanspruches oder eines rechtlichen Interesses beteiligt sind, Parteien.
49 Nach ständiger hg. Judikatur kann die Frage, wer in einem konkreten Verwaltungsverfahren die Rechtsstellung einer Partei besitzt, anhand des AVG allein nicht gelöst werden. Die Parteistellung muss vielmehr aus den jeweils zur Anwendung kommenden Verwaltungsvorschriften, sofern dort die Parteien des Verfahrens nicht ausdrücklich genannt sind, abgeleitet werden. Für die Beurteilung der Frage der Parteistellung ist dabei maßgebend, ob die Sachentscheidung in die Rechtssphäre des Betreffenden - wobei das in Anspruch genommene Recht oder rechtliche Interesse seinen Ursprung in Verhältnissen des Privatrechts oder des öffentlichen Rechts haben kann - bestimmend eingreift und darin eine unmittelbare, nicht bloß abgeleitete und mittelbare Wirkung zum Ausdruck kommt (vgl. zum Ganzen etwa das hg. Erkenntnis vom 24. Februar 2016, Zl. 2013/05/0217, mwN).
50 Mit ihrer Auffassung, dass ihr im Bauplatzbewilligungsverfahren zumindest in Bezug auf die Frage, ob die Voraussetzungen für einen Enteignungsantrag vorlägen und dieser Antrag den gesetzlichen Voraussetzungen entspreche, Parteistellung zukommen müsse, verkennt die Erstrevisionswerberin, dass die Erteilung der Bauplatzbewilligung für das Grundstück Nr. Nr. 1281/1 noch keine unmittelbare Wirkung auf ihr Eigentumsrecht an ihrem Grundstück Nr. 2346/1 hat, würde doch eine Änderung ihres Eigentumsrechtes an Flächen ihres Grundstückes im vorliegenden Zusammenhang erst durch deren (rechtskräftige) Enteignung bewirkt. In einem solchen Enteignungsverfahren hat die Erstrevisionswerberin Parteistellung und die Möglichkeit, etwaige Rechtsverletzungen und das Fehlen der Enteignungsvoraussetzungen geltend zu machen und sich gegen die Enteignung ihrer Grundflächen zur Wehr zu setzen (vgl. § 14 Abs. 1 BO iVm den §§ 36 bis 38 Oö. Straßengesetz 1991; ferner in diesem Zusammenhang nochmals das Erkenntnis, Zl. 2013/05/0217, mwN). Ob von den Bauwerbern die Bauplatzbewilligung im Hinblick auf § 11 Abs. 1 BO gleichzeitig mit dem Enteignungsantrag - dieser wurde von ihnen, wie aus dem zweitangefochtenen Bescheid hervorgeht, am 11. Oktober 2010, somit nach Erlassung des Bauplatzbewilligungsbescheides vom 23. Juni 2010, bei der Bezirkshauptmannschaft L gestellt (vgl. dazu auch den oben genannten Beschluss des Bezirksgerichtes T vom 25. März 2011) - hätte beantragt werden müssen, ist im Enteignungsverfahren und nicht im Bauplatzbewilligungsverfahren zu beurteilen.
51 Die Auffassung der Landesregierung, dass der Erstrevisionswerberin als Eigentümerin des Grundstückes Nr. 2346/1 im (gemeindebehördlichen) Bauplatzbewilligungsverfahren keine Parteistellung und in Bezug auf den in diesem Verfahren erlassenen Bescheid vom 23. Juni 2010 keine Berufungslegitimation zukam, begegnet daher keinen Bedenken.
52 Im Übrigen begründet auch der Umstand, dass die Erstrevisionswerberin als Eigentümerin eines an das zu bebauende Grundstück angrenzenden Grundstückes Nachbar im Sinne des § 31 Abs. 1 BO ist, nicht ihre Parteistellung im Bauplatzbewilligungsverfahren, sehen doch die der Entscheidung über einen Antrag auf Erteilung einer Bauplatzbewilligung zu Grunde liegenden Bestimmungen der §§ 5 und 6 BO keine Parteistellung von Nachbarn vor (vgl. dazu aus der ständigen hg. Judikatur etwa das hg. Erkenntnis vom 19. Jänner 2010, Zl. 2009/05/0087, mwN).
53 Die Revision bringt vor, dass in § 54 Abs. 1 Z 1 lit. b BO ausdrücklich von der „Durchführung eines Verfahrens gemäß den §§ 10 bis 14“, das von der Zuständigkeit der Gemeindebehörden ausgenommen werde, gesprochen und in weiterer Folge das „Enteignungsverfahren gemäß § 58 Abs. 5“ erwähnt werde. Hätte der Gesetzgeber beabsichtigt, die Zuständigkeit für die in § 11 BO genannten Bewilligungen in ein Enteignungsverfahren (vor der Bezirksverwaltungsbehörde) und ein Bauverfahren (vor den Gemeindebehörden) zu trennen, so hätten in § 54 Abs. 1 Z 1 lit. b BO lediglich die Enteignungsverfahren gemäß den §§ 10 bis 14 leg. cit. von der Zuständigkeit der Gemeindebehörden ausgenommen werden dürfen. Überdies ordne § 11 Abs. 1 und 2 BO an, dass die Enteignung, die Bauplatzbewilligung und die Baubewilligung „gleichzeitig“ beantragt werden müssten. Eine gleichzeitige Antragstellung bei zwei verschiedenen Behörden erscheine jedoch von vornherein nicht denkmöglich und sei auch offenbar vom Gesetzgeber nicht beabsichtigt gewesen, was sich aus der historischen Entwicklung dieser Regelung ergebe. Im Ausschussbericht zu § 10 BauO 1976 sei ausdrücklich festgehalten, dass die Regelung auf § 30 der Bauordnungsnovelle 1946 aufbaue. In den §§ 30 und 34 der Oö. Bauordnungsnovelle 1946 seien die Regelungen über Ergänzungsflächen und das Enteignungsverfahren enthalten gewesen. § 34 Abs. 3 leg. cit. habe ausdrücklich normiert, dass eine Enteignung nur ausgesprochen werden dürfe, wenn „das Bauvorhaben gleichzeitig baubehördlich genehmigt werde“. Eine gleichzeitige baubehördliche Genehmigung sei jedoch nur denkbar, wenn die Zuständigkeit bei einer einzigen Behörde gelegen sei. Auch aus der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofes ergäben sich keine Hinweise darauf, dass die bestehende Regelung anders auszulegen wäre. In keinem der vom Verwaltungsgerichthof behandelten Fälle habe die Zuständigkeitsfrage erörtert werden müssen, teilweise auch deshalb, weil die Bau- bzw. Bauplatzbewilligung bereits rechtskräftig vorgelegen seien. Bei richtiger rechtlicher Beurteilung wäre für die Entscheidung über den Bauplatzbewilligungsantrag die Bezirksverwaltungsbehörde zuständig gewesen. Dadurch, dass die Landesregierung diese Unzuständigkeit nicht erkannt habe, habe sie den angefochtenen Bescheid mit einer inhaltlichen Rechtswidrigkeit belastet. Vorsichtshalber werde überdies die Unzuständigkeit der Landesregierung geltend gemacht.
54 Da der Erstrevisionswerberin keine Parteistellung im Bauplatzbewilligungsverfahren zukam, erübrigt es sich, an dieser Stelle auf dieses Revisionsvorbringen einzugehen.
55 Unabhängig davon ist Folgendes festzustellen: Bei einem Bauplatzbewilligungsverfahren, wie dem gegenständlichen, handelt es sich nicht um ein Verfahren gemäß § 11 BO, ist doch - wie sich aus § 11 Abs. 3 leg. cit. ergibt - die rechtskräftig erteilte Bauplatzbewilligung (ebenso wie die rechtskräftig erteilte Baubewilligung) lediglich eine Voraussetzung für die Stattgebung des Enteignungsantrages und nicht Teil des Verfahrens nach § 11 leg. cit. Gemäß § 54 Abs. 1 Z 1 und § 55 Abs. 1 BO ist daher für die Durchführung des Verfahrens und die Entscheidung über einen Antrag auf Bauplatzbewilligung als Baubehörde erster Instanz der Bürgermeister (bzw. in Städten mit eigenem Statut der Magistrat) zuständig, und es sind diese Aufgaben von der Gemeinde im eigenen Wirkungsbereich zu besorgen (vgl. dazu auch Hans Neuhofer, Oberösterreichisches Baurecht7 § 16 Oö. BauO 1994 Rz 4).
56 Die Revision erweist sich daher, soweit sie von der Erstrevisionswerberin gegen den erstangefochtenen Bescheid erhoben wurde, als unbegründet, weshalb sie insoweit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
57 Zum zweitangefochtenen Bescheid (Baubewilligung):
58 Wenn die Revisionswerberinnen mit derselben Argumentation wie in den gegen den erstangefochtenen Bescheid gerichteten Revisionsausführungen vorbringen, dass die Gemeindebehörden (auch) für die Erteilung der gegenständlichen Baubewilligung keine Zuständigkeit gehabt hätten und hiefür in erster Instanz die Bezirksverwaltungsbehörde zuständig gewesen wäre, sind sie auf die oben dargestellten Erwägungen zu verweisen, wonach die rechtskräftig erteilte Baubewilligung lediglich eine Voraussetzung für die Stattgebung des Enteignungsantrages und nicht Teil des Verfahrens nach § 11 BO ist. Gemäß § 54 Abs. 1 Z 1 und § 55 Abs. 1 BO ist daher für die Durchführung des Verfahrens und die Entscheidung über einen Antrag auf Erteilung einer Baubewilligung als Baubehörde erster Instanz der Bürgermeister (bzw. in Städten mit eigenem Statut der Magistrat) zuständig, und es sind diese Aufgaben von der Gemeinde im eigenen Wirkungsbereich zu besorgen.
59 Im Hinblick darauf erübrigt es sich, auf die von der Revision bekämpften Ausführungen der Landesregierung im zweitangefochtenen Bescheid, wonach die Revisionswerberinnen mit ihrem Berufungsvorbringen der Unzuständigkeit der Gemeindebehörden „präkludiert“ seien, einzugehen, zumal sich die Landesregierung in ihrer weiteren Bescheidbegründung mit diesem Vorbringen ohnedies auseinandergesetzt hat.
60 Die Revision bringt vor, dass gemäß § 11 Abs. 3 BO die Zustimmung des Grundeigentümers (für einen Baubewilligungsantrag) nur bei Vorliegen eines Enteignungsantrages entbehrlich sei. Wenn die Landesregierung die Auffassung vertrete, dass das Bauvorhaben in das Gebäude und in die über das Grundstück der Erstrevisionswerberin verlaufende Zufahrt geteilt werden könne und hinsichtlich der Zufahrt keine Eigentümerzustimmung erforderlich sei, so lasse sie den Grundsatz der Einheitlichkeit eines Bauvorhabens außer Acht und komme es nicht darauf an, ob das Bauvorhaben technisch teilbar sei, sondern darauf, ob es auf einem einheitlichen Bauwillen beruhe. An der Einheitlichkeit des Bauwillens (der Bauwerber) in Bezug auf das Gebäude samt der Aufschließungsstraße bestünden keine Zweifel, hätten doch die Bauwerber sogar die (immissionsverursachenden) Müllbehälter in einer Entfernung von rund 100 m vom Hauptgebäude in unmittelbarer Nähe zur Grundstücksgrenze direkt an der Aufschließungsstraße geplant. Bei ihrer Argumentation übersehe die Landesregierung vor allem, dass im Falle der Teilung des Bauvorhabens in die Aufschließungsstraße einerseits und in das Gebäude andererseits die Bewilligung für das Gebäude allein mangels einer Straßenaufschließung und eines Nachweises der Stellplätze gar nicht erteilt werden könnte. Entgegen der Auffassung der Landesregierung wäre daher zu überprüfen gewesen, ob ein Antrag eingebracht worden sei, der den Anforderungen des § 14 Abs. 1 BO iVm § 36 Oö. Straßengesetz gerecht werde.
61 Ferner habe die Landesregierung außer Acht gelassen, dass ein Enteignungsantrag gemäß § 36 Abs. 1 Oö. Straßengesetz die Glaubhaftmachung enthalten müsse, dass „dieser“ in offensichtlich geeigneter Weise, aber erfolglos, versucht habe, eine entsprechende privatrechtliche Vereinbarung über die Grundabtretung zu erwirken. Nach den Feststellungen der Landesregierung seien jedoch diese Voraussetzungen offensichtlich ohnedies nicht erfüllt. Da sohin die Tatbestandsvoraussetzungen zur Ersetzung des Zustimmungserfordernisses des Eigentümers nicht erfüllt seien, wäre das Bauansuchen abzuweisen gewesen.
62 Auch dieses Vorbringen ist nicht zielführend.
63 Vorauszuschicken ist, dass ‑ worauf die Landesregierung im angefochtenen Bescheid insoweit zutreffend hingewiesen hat ‑ § 28 Abs. 2 Z 2 leg. cit. das Erfordernis der Zustimmung des (vom Bauwerber verschiedenen) Eigentümers (Miteigentümers) des Baugrundstückes im Baubewilligungsverfahren auf den Neu‑, Zu‑ und Umbau bzw. Abbruch eines Gebäudes einschränkt. Hiebei ist die Parteistellung des (Mit‑)Eigentümers des Baugrundstücks auf die Teilnahme am Baubewilligungsverfahren bezüglich der Frage beschränkt, ob die liquid erforderliche, dem Baubewilligungsantrag als Beleg anzuschließende Zustimmung durch ihn vorliegt oder nicht. Darüber hinaus könnte dem Grundeigentümer die Parteistellung auch hinsichtlich einer sein Eigentum unmittelbar betreffenden Auflage zukommen (vgl. aus der ständigen hg. Judikatur etwa die Erkenntnisse vom 27. August 1996, Zl. 96/05/0064, und vom 29. Jänner 2008, Zl. 2007/05/0222, mwN).
64 Die in § 28 Abs. 2 Z 2 BO geforderte Zustimmung des Grundeigentümers (Miteigentümers) ist jedoch ‑ wie § 11 Abs. 3 BO ausdrücklich normiert ‑ dann nicht erforderlich, wenn vom Bauwerber vor der Erteilung der Baubewilligung ein Enteignungsantrag im Sinne des § 11 Abs. 1 leg. cit. gestellt wurde und dieser ‑ wie sich aus § 11 Abs. 3 zweiter Satz leg. cit. ergibt ‑ nicht zurückgezogen oder rechtskräftig abgewiesen wurde, also wenn das Enteignungsverfahren noch nicht rechtskräftig beendet ist. Wird dem Enteignungsantrag rechtskräftig stattgegeben, dann verliert der Grundeigentümer sein Eigentumsrecht, wird der Enteignungsantrag zurückgezogen oder rechtskräftig abgewiesen, dann wird die erteilte Baubewilligung unwirksam (§ 11 Abs. 3 zweiter Satz BO).
65 Die Revision stellt nicht in Abrede, dass ‑ wie im angefochtenen Bescheid festgestellt wurde ‑ die Bauwerber am 11. Oktober 2010, somit vor Erteilung der Baubewilligung an sie, einen Enteignungsantrag bei der Bezirkshauptmannschaft L gestellt haben, und behauptet nicht, dass dieser zurückgezogen oder rechtskräftig abgewiesen worden sei. Ob dieser Antrag (in formeller oder materieller Hinsicht) zielführend erscheint, ist ‑ entgegen der von der Revision vertretenen Auffassung ‑ nicht im gemeindebehördlichen Baubewilligungsverfahren, sondern im Enteignungsverfahren zu beurteilen. Da somit im Zeitpunkt der Erteilung der Baubewilligung der Enteignungsantrag betreffend die oben genannten, vom Bauvorhaben in Anspruch genommenen Teilflächen des Grundstückes Nr. 2346/1 anhängig war, stand bereits deshalb das Fehlen der Zustimmung der Erstrevisionswerberin (und der Maria B.) als Grundeigentümerin der Erteilung der Baubewilligung an die Bauwerber nicht entgegen. Im Hinblick darauf braucht nicht darauf eingegangen zu werden, ob das Bauvorhaben in das Bürogebäude sowie in den (über die genannten Grundstücksteilflächen der Erstrevisionswerberin verlaufenden) Zufahrtsweg „teilbar“ ist und daher auch deshalb gemäß § 28 Abs. 2 Z 2 BO mangels des Baues eines Gebäudes in diesem Grundstücksbereich die Zustimmung des Grundeigentümers (Miteigentümers) nicht erforderlich war.
66 Die Revisionswerberinnen bringen vor, dass auf ihren Grundstücken, wie sie im Bauverfahren eingewendet hätten, durch die ca. 170 m lange Zufahrtsstraße Lärm- und Abgasbeeinträchtigungen zu erwarten seien, die zu einer unzumutbaren und für das gegebene Maß der Widmung erheblich überschreitenden Beeinträchtigung durch Abgase und Lärm führten, zumal das von der Erstrevisionswerberin bebaute und bewohnte Grundstück Nr. 1279/6 sogar an drei Seiten direkt an die Straße angrenzen solle. Wenn auch Immissionen, die sich im Rahmen des in einer Widmungskategorie üblichen Ausmaßes hielten, von Nachbarn hinzunehmen seien, so sei bei Vorliegen besonderer Umstände oder außergewöhnlicher Verhältnisse, durch die besondere Beeinträchtigungen zu erwarten seien, deren Ausmaß amtswegig zu ermitteln und einer Beurteilung zu unterziehen. Im gegenständlichen Fall lägen derartige besondere Verhältnisse bereits deshalb vor, weil einerseits die zum Bauvorhaben gehörige Zufahrtsstraße ungewöhnlich lang sei und andererseits die Grundstücke der Revisionswerberinnen an zwei Straßen, eines davon sogar direkt an drei Seiten an eine Straße, angrenzten. Bei derartigen Verhältnissen bedürfe die Immissionssituation einer besonderen Überprüfung. Die Landesregierung erachte sich zwar in der Lage, auf Grund der „allgemeinen Lebenserfahrung“ das Ausmaß der zu erwartenden Beeinträchtigungen auf den Grundstücken der Revisionswerberinnen einzuschätzen. Zur Beurteilung der komplexen Immissionssituation sei jedoch die Aufnahme des Sachverständigenbeweises geboten. Die Unterlassung der ‑ amtswegigen ‑ Einholung des notwendigen Gutachtens belaste daher den Bescheid mit einem wesentlichen Verfahrensmangel.
67 Mit diesem Vorbringen zeigt die Revision eine Rechtswidrigkeit des zweitangefochtenen Bescheides auf.
68 Nach der hg. Judikatur (vgl. etwa das Erkenntnis vom 13. November 2012, Zl. 2009/05/0153, mwN) müssen Immissionen, die sich im Rahmen des in einer Widmungskategorie üblichen Ausmaßes halten, von den Nachbarn hingenommen werden, sofern dem nicht besondere Umstände entgegenstehen. Der Verwaltungsgerichtshof hat beispielsweise in seinem Erkenntnis vom 30. Jänner 2014, Zl. 2012/05/0045, (unter Bezugnahme auf Vorjudikatur) u.a. darauf hingewiesen, dass (etwa) das Abstellen auf Pflichtstellplätze in Bezug auf die Zulässigkeit von Immissionen im Zusammenhang mit Stellplätzen wohl als Richtschnur geeignet sein kann, aber nicht das alleinige Abgrenzungskriterium sein kann, und die Annahme für gerechtfertigt erachtet, dass eine mit einem Wohnhausbau verbundene geringe Anzahl von Stellplätzen eine schädliche Umwelteinwirkung nicht erwarten lässt, wenn dem nicht besondere Umstände entgegenstehen.
69 Gemäß § 3 Z 4 BTG müssen bauliche Anlagen in allen ihren Teilen nach dem jeweiligen Stand der Technik so geplant und errichtet werden, dass durch ihren Bestand und ihre Benützung schädliche Umwelteinwirkungen möglichst vermieden werden. Hiebei stellt § 3 Z 4 iVm § 2 Z 36 BTG eine Norm dar, die gesundheitlichen Belangen bzw. dem Schutz der Nachbarschaft gegen Immissionen dient. Auf die Einhaltung dieser Bestimmungen steht dem Nachbarn gemäß § 31 Abs. 4 BO ein durchsetzbares subjektives Recht zu. Das aus dem Zusammenhalt des § 3 Z 4 mit § 2 Z 36 BTG sich ergebende subjektive Recht eines Nachbarn auf Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen besteht daher auch dort, wo die Widmungskategorie keinen Immissionsschutz gewährt. Hiebei kommt es darauf an, dass keine Gefahren, erheblichen Nachteile oder Belästigungen für die Nachbarschaft durch ein Bauvorhaben herbeigeführt werden (vgl. zum Ganzen nochmals das oben zitierte Erkenntnis, Zl. 2009/05/0153, mwN).
70 Mit der gegenständlichen Baubewilligung wurde auch ein (laut der Beschreibung durch den bautechnischen Amtssachverständigen im erstinstanzlichen Verfahren) 6,00 m bis 8,00 m breiter befestigter Zufahrtsweg von der Grundstückszufahrt an der P.‑Straße bis zum Bürogebäude bewilligt. Da sich die Zufahrt auf dem zu bebauenden Areal selbst befindet und Teil des Bauvorhabens ist, kommt den Revisionswerberinnen als Nachbarn ein Mitspracherecht hinsichtlich der durch den Fahrzeugverkehr auf dieser ca. 170 m langen Zufahrt hervorgerufenen Immissionen zu (vgl.etwa das hg. Erkenntnis vom 13. Oktober 2010, Zl. 2010/06/0155, mwN).
71 Der Gemeinderat vertrat in seiner die Berufung der Revisionswerberinnen gegen den erstinstanzlichen Baubewilligungsbescheid abweisenden Entscheidung in Bezug auf deren Vorbringen, dass die Immissionssituation in Anbetracht der ca. 170 m langen Zufahrtsstraße vom üblichen Ausmaß abweiche, die Auffassung, dass, auch wenn ein langer Zufahrtsweg zu den Stellplätzen gegeben sei, auf Grund der beantragten Nutzung („reine Büronutzung ohne betriebliche Tätigkeit“) und der damit verbundenen Fahrbewegungen mit Kraftfahrzeugen von kleiner/gleich 3,5 Tonnen keine das ortsübliche Ausmaß übersteigende Immissionsbelastung gegeben sein könne. Die Landesregierung bestätigte mit dem zweitangefochtenen Bescheid diese Beurteilung und führte in Bezug auf die von den Revisionswerberinnen befürchtete unzumutbare und gesundheitsgefährdende Belästigung durch Lärm und Abgase in Zusammenhang mit der Zufahrt aus, es sei ihnen zwar darin zuzustimmen, dass eine ca. 170 m lange Zufahrt zu einem Gebäude nicht den Regelfall eines Bauprojektes darstelle. Trotz dieses „besonderen Umstands“ könne jedoch angesichts der Nutzung des Gebäudes, nämlich als „Bürogebäude“ mit lediglich drei Büros und einer Betriebszeit von Montag bis Freitag, jeweils 7.00 bis 19.00 Uhr, und insgesamt nur fünf projektierten Freistellplätzen, bereits aufgrund der allgemeinen Lebenserfahrung davon ausgegangen werden, dass es hier zu relativ geringen Fahrbewegungen kommen werde und dadurch keine widmungsunüblichen Immissionen in der Widmungskategorie „MB - Eingeschränktes Gemischtes Baugebiet“ entstehen könnten.
72 Entgegen der Ansicht der Landesregierung können im vorliegenden Fall allerdings „besondere Umstände“ im oben genannten Sinn, die eine über das übliche Maß hinausgehende Immissionsbelastung der Revisionswerberinnen als Nachbarn durch Lärm und Abgase für möglich erscheinen lassen, in Anbetracht der projektierten verhältnismäßig langen Zufahrt sowie des Fehlens von konkreten Feststellungen über die Verwendung des Bürogebäudes (etwa allfällige Besucherfrequenz u.dgl.) und über die zu erwartende Anzahl der Fahrbewegungen nicht ausgeschlossen werden. Um das Ausmaß dieser Immissionsbelastung für die Revisionswerberinnen als Nachbarn beurteilen zu können, ist es unbedingt erforderlich, die voraussichtlichen Zahlen der Fahrzeugbewegungen festzustellen, wobei es auch von Relevanz ist, dass die Immissionsbelastungen an den Grundgrenzen der Revisionswerberinnen festgestellt werden (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 30. Jänner 2014, Zlen. 2012/05/0177, 0182, mwN). Der bloße Hinweis der Landesregierung auf eine „allgemeine Lebenserfahrung“ stellt für eine solche Beurteilung im gegenständlichen Fall jedenfalls keine tragfähige Grundlage dar.
73 Es wäre daher im gegenständlichen Fall erforderlich gewesen, unter Beiziehung eines Sachverständigen die voraussichtlichen Zahlen der Fahrzeugbewegungen auf diesem Zufahrtsweg und die daraus resultierende Immissionsbelastung an den Grundgrenzen der Revisionswerberinnen zu ermitteln sowie auf der Grundlage dieser ergänzenden Ermittlungen in medizinischer Hinsicht die Auswirkungen auf den menschlichen Organismus zu beurteilen (vgl. in diesem Zusammenhang nochmals das oben zitierte Erkenntnis, Ro 2014/05/0065).
74 Da die Landesregierung diese Mangelhaftigkeit des Berufungsbescheides mit dem zweitangefochtenen Bescheid nicht aufgriff, belastete sie ihren Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit, weshalb dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.
75 Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG, insbesondere § 52 Abs. 1 und § 53 Abs. 1 leg. cit., iVm §§ 3 und 4 der Verordnung BGBl. II Nr. 518/2013 idF BGBl. II Nr. 8/2014 iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am 29. September 2016
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