Normen
BAO §276 Abs7;
BAO §97 Abs1 lita;
VwGG §42 Abs2 Z2;
VwRallg;
BAO §276 Abs7;
BAO §97 Abs1 lita;
VwGG §42 Abs2 Z2;
VwRallg;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird insoweit, als er die Umsatz- und Körperschaftsteuer für die Jahre 2001 bis 2003 sowie die Umsatzsteuerfestsetzung für die Monate Jänner bis Juli 2005 betrifft, wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.
Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Bei der beschwerdeführenden GmbH fanden die Streitjahre betreffende Außenprüfungen statt, die in Berichten vom 26. Juni 2006 und 3. Juli 2006 zu Feststellungen u.a. über nicht betrieblich veranlasste Kfz-Kosten, über Aufwendungen für ein dem Geschäftsführer und seiner Familie zur Verfügung gestelltes und als "notwendiges Privatvermögen" der GmbH zu wertendes Einfamilienhaus und über Rechnungsmängel im Zusammenhang mit dem Vorsteuerabzug auf Grund von Rechnungen einer Baugesellschaft führten.
2 Auf der Grundlage dieser Berichte fertigte das Finanzamt mit 5. Juli 2006 - jeweils unter Wiederaufnahme des Verfahrens - neue Erledigungen betreffend Umsatz- und Körperschaftsteuer für das Jahr 2001 aus, wobei die zweite dieser Erledigungen mit Erledigung vom 10. Juli 2006 berichtigt wurde. Mit sieben weiteren Erledigungen vom 10. Juli 2006 wurde die Umsatzsteuer für die Monate Jänner bis Juli 2005, mit jeweils zwei Erledigungen von 13. und vom 17. Juli 2006 die Umsatz- und Körperschaftsteuer für die Jahre 2002 und 2003 festgesetzt. Zuletzt ergingen mit 26. Juli 2006 fünf Bescheide, mit denen die Beschwerdeführerin für die Jahre 2001 bis 2005 zur Haftung für Kapitalertragsteuer herangezogen wurde.
3 Mit Schriftsatz vom 14. August 2006 erhob Dkfm. L. als steuerlicher Vertreter der Beschwerdeführerin "Berufung gegen Umsatzsteuer und Körperschaftsteuer 2001-2003 sowie Kapitalertragssteuer 2001-2005, USt-Nachschau 1-7/2005". Nach abweisenden Berufungsvorentscheidungen des Finanzamtes beantragte die Beschwerdeführerin die Vorlage der Berufung an die belangte Behörde, welche die Berufung mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet abwies.
4 Dagegen richtet sich die vorliegende, zuletzt im Oktober und Dezember 2015 durch weitere Schriftsätze ergänzte Beschwerde, in der die Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird. Die Beschwerdepunkte (§ 28 Abs. 1 Z 4 VwGG) wurden in Befolgung eines Mängelbehebungsauftrages mit Schriftsatz vom 28. Mai 2012 wie folgt formuliert:
"Der Beschwerdeführer erachtet sich durch die angefochtenen Bescheide in seinem gesetzlich gewährleisteten subjektiven Recht auf Erlassung fehlerfreier Bescheide, insbesondere auf Anerkennung der von der (Baugesellschaft) ausgestellten Rechnungen gem. § 11 UStG und dem damit verbundenen Recht auf Vorsteuerabzug, weiters auf Anerkennung der Liegenschaft (mit dem Einfamilienhaus) als Betriebsvermögen und dem damit verbundenen Recht auf Vorsteuerabzug aus Anschaffungs- und Umbaukosten sowie die laufenden Kosten, weiters auf Anerkennung der KFZ als Betriebsvermögen und dem damit verbunden(en) Recht auf Geltendmachung der daraus resultierenden Betriebsausgaben verletzt, wobei der Bescheid sowohl an Rechtswidrigkeit des Inhaltes als auch an Rechtswidrigkeit in Folge Verletzung von Verfahrensvorschriften leidet."
5 Die belangte Behörde hat die Akten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet. Von der Gelegenheit, zu den letzten ergänzenden Schriftsätzen Stellung zu nehmen, hat der Referent der belangten Behörde - nun als Richter des Bundesfinanzgerichtes - nicht Gebrauch gemacht.
6 Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
7 Im ergänzenden Schriftsatz vom 17. Oktober 2015 wird auf die beim Finanzamt schon seit September 2004 aktenkundige Zustellvollmacht des Dkfm. L. verwiesen und vorgebracht, mit Ausnahme der Bescheide vom 26. Juli 2006 betreffend die Haftung für Kapitalertragsteuer seien die erstinstanzlichen Bescheide vom Juli 2006 - im Übrigen auch die unangefochten gebliebenen Wiederaufnahmebescheide - unter Missachtung der Zustellvollmacht nicht an den Bevollmächtigten, sondern an die Beschwerdeführerin adressiert gewesen. Dies entspricht, soweit anhand der von der belangten Behörde vorgelegten Akten und der von der Beschwerdeführerin vorgelegten Kopien überprüfbar, den Tatsachen. Die Beschwerdeführerin bringt weiters vor, die Erledigungen seien mangels Postvollmacht damaliger Mitarbeiter vom Geschäftsführer behoben worden und eine Heilung des Zustellmangels sei nicht eingetreten, weil die Originale der Zustellstücke Dkfm. L. nicht zugekommen seien.
8 Auch die angefochtene Erledigung sei nicht an Dkfm. L. adressiert worden, wobei in diesem Fall nicht feststehe, ob das - nicht mehr auffindbare - Original Dkfm. L. oder dem Beschwerdeverfasser zugekommen sei. Die Hinterlegung der an die Beschwerdeführerin gerichteten Sendung nach einem Zustellversuch an ihrer Adresse ist aktenkundig.
9 Der Umstand, dass auch die belangte Behörde die Zustellvollmacht des Dkfm. L. missachtet hat, begründet mit Rücksicht auf die aktenkundige Zustellung an das Finanzamt als Partei des Berufungsverfahrens (§ 276 Abs. 7 BAO i.d.F. vor dem FVwGG 2012) keine Zweifel daran, dass die Erledigung als Bescheid wirksam geworden ist (vgl. in diesem Zusammenhang etwa das Erkenntnis vom 17. Dezember 2013, 2013/09/0011, m.w.N.).
10 Gegenteiliges gilt für die erstinstanzlichen Bescheide betreffend Umsatz- und Körperschaftsteuer, die aus den im Schriftsatz vom 17. Oktober 2015 aufgezeigten Gründen mangels Erfüllung der Voraussetzungen des § 97 Abs. 1 lit. a BAO unwirksam blieben, sodass die belangte Behörde zur inhaltlichen Erledigung der dagegen gerichteten Berufung nicht zuständig war (vgl. etwa das Erkenntnis vom 17. Dezember 2008, 2006/13/0082, und die dort zitierte Vorjudikatur).
11 Der angefochtene Bescheid war daher insoweit, als er die Umsatz- und Körperschaftsteuer für die Jahre 2001 bis 2003 sowie die Umsatzsteuerfestsetzung für die Monate Jänner bis Juli 2005 betrifft, gemäß § 42 Abs. 2 Z 2 VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufzuheben.
12 Der Bestätigung der ordnungsgemäß zugestellten Bescheide über Haftung für Kapitalertragsteuer hält die Beschwerdeführerin u. a. entgegen, die Annahme verdeckter Ausschüttungen gründe sich auf die Gewährung von Vorteilen an den Geschäftsführer, der aber nicht Gesellschafter der Beschwerdeführerin sei. Auch sei die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu der Frage, ob die Kapitalertragsteuer in Fällen einer verdeckten Ausschüttung der Gesellschaft vorgeschrieben werden könne, widersprüchlich und die Begründung einer diesbezüglichen Ermessensentscheidung unterblieben.
13 Dieses Vorbringen führt die Beschwerde, soweit sie sich gegen die Entscheidung über die Haftung für Kapitalertragsteuer richtet, schon deshalb nicht zum Erfolg, weil dieser Teil des angefochtenen Bescheides von den in fristgerechter Befolgung des Mängelbehebungsauftrages geltend gemachten Beschwerdepunkten nicht erfasst ist. Die "Bemerkungen zum Beschwerdepunkt" im Schriftsatz vom 17. Oktober 2015 vermengen Beschwerdepunkte und -gründe und setzen sich in Widerspruch zur ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wenn in ihnen die Auffassung vertreten wird, das im Schriftsatz vom 28. Mai 2012 einleitend geltend gemachte "Recht auf Erlassung fehlerfreier Bescheide" sei als (alle Bescheidteile erfassender) Beschwerdepunkt "klar, bestimmt und passend" (vgl. dazu etwa den Beschluss vom 23. Februar 2011, 2008/13/0123, m.w.N.).
14 Es trifft im Übrigen auch nicht zu, dass das Finanzamt und die belangte Behörde, wie es im Schriftsatz vom 17. Oktober 2015 heißt, den Geschäftsführer der Beschwerdeführerin "ins Blitzblaue zum Gesellschafter erklärt" hätten und damit einem "Tatsachenirrtum" erlegen seien. Die angefochtene Entscheidung beruht in diesem Punkt ausdrücklich darauf, dass die Ehefrau des Geschäftsführers - die sich nach den getroffenen Feststellungen auch an der Benützung der Fahrzeuge beteiligte und das Haus mitbewohnte - und seine Schwägerin je zur Hälfte an der Beschwerdeführerin beteiligt waren (Seite 10 des angefochtenen Bescheides, worauf auf Seite 11 verwiesen wird). Entgegen der im Schriftsatz vom 17. Oktober 2015 vertretenen Auffassung besteht weiters auch kein "Judikaturwiderspruch" zwischen den - die Vorschreibung der Kapitalertragsteuer in Fällen einer verdeckten Ausschüttung betreffenden - Erkenntnissen vom 29. März 2012, 2008/15/0170, 0171, und vom 28. Mai 2015, Ro 2014/15/0046, von denen sich das zweite vielmehr auf das erste stützt.
15 In Bezug auf die Haftung für Kapitalertragsteuer war die Beschwerde aber schon aus dem zuvor genannten Grund gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
16 Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.
17 Die zitierten Bestimmungen über das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof waren gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG in der bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Fassung anzuwenden.
Wien, am 1. Juni 2016
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