VwGH Ra 2015/11/0095

VwGHRa 2015/11/009525.11.2015

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldstätten und die Hofräte Dr. Schick und Dr. Grünstäudl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Krawarik, über die Revision der revisionswerbenden Partei S H in B, vertreten durch Heinzle - Nagel Rechtsanwälte in 6900 Bregenz, Gerberstraße 4, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 4. August 2015, Zl. LVwG-670009/8/Sch/Bb, betreffend Erteilung der Lenkberechtigung (belangte Behörde: Bezirkshauptmannschaft Gmunden), den Beschluss gefasst:

Normen

AVG §46;
B-VG Art133 Abs4;
FSG 1997 §24 Abs1 Z1;
VwGG §34 Abs1;
AVG §46;
B-VG Art133 Abs4;
FSG 1997 §24 Abs1 Z1;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1.1. Mit dem angefochtenen Erkenntnis hat das Verwaltungsgericht (unter gleichzeitiger Stattgabe einer Säumnisbeschwerde) den Antrag des Revisionswerbers auf (Wieder‑)Erteilung der Lenkberechtigung für die Klassen AM und B gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 8 Abs. 2 FSG abgewiesen und ausgesprochen, dass gegen diese Entscheidung eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

1.2. Begründet wurde dieses Erkenntnis zusammengefasst damit, dass dem (am 9. Juni 1993 geborenen) Revisionswerber im Juli 2012 erstmals die Lenkberechtigung, befristet bis 30. Juli 2013, erteilt worden sei, und zwar mit der Auflage einerseits ärztlicher Kontrolluntersuchungen (Vorlage von Laborwerten (Drogenscreening) im Abstand von drei Monaten jeweils binnen 3 Tagen nach behördlicher Aufforderung) und andererseits einer ärztlichen Nachuntersuchung vor Ablauf der Befristung. Der behördlichen Aufforderung vom 5. Juni 2013 zur Durchführung der genannten ärztlichen Kontrolluntersuchung sei der Revisionswerber nicht nachgekommen.

Laut amtsärztlichem Gutachten vom 22. Juli 2014 bestehe beim Revisionswerber ein Zustand nach "Polytoxikomanie", weil er wiederholt Cannabis, Speed, Kokain und Benzodiazepine konsumiert habe. Der Revisionswerber sei trotz mehrmaliger Aufforderung seitens des Amtsarztes nicht zur Urinabgabe erschienen, eine solche mache daher nach den amtsärztlichen Angaben nunmehr keinen Sinn mehr. Um die Abstinenz nachzuweisen, sei dem Revisionswerber die Durchführung einer Haaranalyse zunächst vom Amtsarzt angeboten und dann mit Verfahrensanordnung des Verwaltungsgerichts vom 1. Juli 2015 aufgetragen worden, wobei das Kopfhaar des Revisionswerbers zumindest 3 cm lang zu sein habe (das entspreche etwa jener Haarlänge, die auf dem zum verfahrensgegenständlichen Antrag zugehörigen Foto des Revisionswerbers ersichtlich sei). Dem habe der Revisionswerber nicht entsprochen.

Vor diesem Hintergrund verwies das Verwaltungsgericht auf ein im angefochtenen Erkenntnis wiedergegebenes amtsärztliches Gutachten, wonach die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen beim Revisionswerber die nachweisliche Drogenfreiheit kontinuierlich über sechs Monate voraussetze, was sich fallbezogen (Nichterfüllung der ursprünglichen Auflage des Drogenscreenings) nicht mehr durch einen Urintest (dieser könne nur ein zeitlich punktuelles Ergebnis darstellen, nicht aber den Abstinenznachweis über einen längeren Zeitraum erbringen), sondern nur durch eine Haaranalyse (diese decke je nach Haarlänge einen mehrere Monate umfassenden Zeitraum lückenlos ab) nachweisen lasse.

Der Revisionswerber habe durch das aufgezeigte Verhalten der ihm im Verfahren zur Erteilung der Lenkberechtigung zukommenden Mitwirkungspflicht (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 24. Juli 2013, Zl. 2013/11/0089) nicht entsprochen. Durch das fehlende Mitwirken an der Haaranalyse habe er das Zustandekommen des gemäß § 8 FSG erforderlichen amtsärztlichen Gutachtens vereitelt, sodass sein Antrag auf Erteilung der Lenkberechtigung abzuweisen gewesen sei.

1.3. Dagegen richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision des Revisionswerbers.

2. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).

Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme:

2.1. Die Revision führt zu ihrer Zulässigkeit aus, dass das angefochtene Erkenntnis von den hg. Erkenntnissen vom 20. März 2013, Zl. 2013/11/0028, vom 20. November 2012, Zl. 2012/11/0132, und vom 18. März 2003, Zl. 2002/11/0209, abweiche. Dies trifft schon deshalb nicht zu, weil - anders als in den zitierten Erkenntnissen - das Verwaltungsgericht im vorliegenden Fall die Frage der Rechtmäßigkeit des vorgeschriebenen Drogenscreenings nicht mehr zu prüfen, sondern seiner Entscheidung zugrunde zu legen hatte, zumal die diesbezügliche Auflage bereits Teil der Lenkberechtigung vom Juli 2012 (die im vorliegenden Fall mit der Absolvierung der Fahrprüfung gemäß § 13 Abs. 1 FSG mit den genannten Einschränkungen als erteilt galt) war.

Entsprechendes gilt für das von der Revision ins Treffen geführte hg. Erkenntnis vom 13. August 2004, Zl. 2004/11/0063, das den - hier nicht vorliegenden - Fall einer Aufforderung gemäß § 24 Abs. 4 FSG betraf.

2.2. Zur Zulässigkeit der Revision wird weiter ausgeführt, es fehle Rechtsprechung zu den Fragen, ob einerseits aus der Nichtabsolvierung einer ärztlichen Kontrolluntersuchung "Bedenken an der gesundheitlichen Eignung abgeleitet werden können "und ob andererseits der "Auftrag zur Vorlage einer Haaranalytik trotz beträchtlichem Eingriff in die private Lebensführung durch den Zwang, das Kopfhaar wachsen lassen zu müssen, zulässig ist".

Dem ist zu erwidern, dass die entscheidungswesentliche Frage im vorliegenden Fall darin liegt, ob für die Beurteilung der Erteilungsvoraussetzung der gesundheitlichen Eignung (§ 3 Abs. 1 Z 3 FSG) im Rahmen der amtsärztlichen Begutachtung ein besonderer Befund über die Drogenabstinenz (§ 14 Abs. 1 und 5 FSG-GV), im Speziellen die Analyse eines oder mehrerer Haare des Revisionswerbers, "erforderlich" (§ 8 Abs. 2 erster Satz FSG) ist. Dies hat das Verwaltungsgericht aufgrund des von ihm als schlüssig angesehenen amtsärztlichen Gutachtens, nach welchem die Haaranalyse (im Vergleich zum Urintest) fallbezogen das einzig taugliche Untersuchungsmittel zur retrospektiven Beurteilung eines allfälligen Drogenkonsums des Revisionswerbers während der letzten Monate sei, bejaht. Dem ist der Revisionswerber nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung ist damit, da es sich um eine Frage der Beweiswürdigung handelt, nicht verbunden (vgl. etwa den hg. Beschluss vom 26. Februar 2014, Zl. Ro 2014/02/0039). Der Verwaltungsgerichtshof hat insbesondere auch bereits darauf hingewiesen, dass es sich bei der Bewertung der Tauglichkeit von Haaranalysen zur Feststellung einer Alkohol-(richtig: Suchtmittel‑)Abhängigkeit um eine Beweisfrage (Unbeschränktheit der Beweismittel) handelt, somit um keine Rechtsfrage, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt (vgl. den hg. Beschluss vom 16. Juni 2014, Zl. Ro 2014/11/0069).

3. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG - ohne weiteres Verfahren - zurückzuweisen.

Wien, am 25. November 2015

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