VwGH 2013/11/0089

VwGH2013/11/008924.7.2013

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldstätten und die Hofräte Dr. Schick und Dr. Grünstäudl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Henk, über die Beschwerde des H O in L, vertreten durch Mag. Christian Aigner, Rechtsanwalt in 4810 Gmunden, Marktplatz 16, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 22. Oktober 2012, Zl. VwSen- 523239/5/Bi/Th, betreffend Umschreibung eines ausländischen Führerscheines (weitere Partei: Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie), zu Recht erkannt:

Normen

FSG 1997 §23 Abs3;
FSG 1997 §23 Abs3;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit im Instanzenzug ergangenem Bescheid vom 22. Oktober 2012 wies der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich den Antrag des Beschwerdeführers auf "Umschreibung" seines ausländischen Führerscheins (des Führerscheins der nigerianischen Republik vom 27. April 2010) gemäß § 23 Abs. 3 FSG ab.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, zu der die belangte Behörde die Verwaltungsakten vorgelegt hat.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde in dem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

1. Das FSG lautet (auszugsweise):

"Ausländische Lenkberechtigungen

§ 23.

...

(3) Dem Besitzer einer in einem Nicht-EWR-Staat erteilten Lenkberechtigung ist ab Vollendung des 18. Lebensjahres auf Antrag eine Lenkberechtigung im gleichen Berechtigungsumfang zu erteilen, wenn:

1. der Antragsteller nachweist, dass er sich zum Zeitpunkt der Erteilung der ausländischen Lenkberechtigung in dem betreffenden Staat während mindestens sechs Monaten aufhielt oder dort seinen Wohnsitz (§ 5 Abs. 1 Z 1) hatte; dieser Nachweis entfällt, wenn der Antragsteller die Staatsbürgerschaft des Ausstellungsstaates des Führerscheines besitzt und bei Begründung des Wohnsitzes (§ 5 Abs. 1 Z 1) in Österreich die ausländische Lenkberechtigung bereits besessen hat und die Behörde keine Zweifel am tatsächlichen Vorliegen des Wohnsitzes (§ 5 Abs. 1 Z 1) oder sechsmonatigem Aufenthaltes in dem betreffenden Staat zum Zeitpunkt des Erwerbes der Lenkberechtigung hat.

2. der Antragsteller seinen Wohnsitz (§ 5 Abs. 1 Z 1) nach Österreich verlegt hat oder während seines Auslandsaufenthaltes behalten hat,

3. keine Bedenken hinsichtlich der Verkehrszuverlässigkeit bestehen sowie die gesundheitliche Eignung gemäß § 8 nachgewiesen ist und

4. entweder die fachliche Befähigung durch eine praktische Fahrprüfung gemäß § 11 Abs. 4 nachgewiesen wird oder

5. angenommen werden kann, dass die Erteilung seiner Lenkberechtigung unter den gleichen Voraussetzungen erfolgt ist, unter denen sie in Österreich erteilt wird. Der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie hat mit Verordnung festzulegen, in welchen Staaten für welche Lenkberechtigungen eine derartige Gleichartigkeit besteht. ..."

2. Die Beschwerde ist begründet.

2.1. Die belangte Behörde stützt den angefochtenen Bescheid einerseits auf die Annahme, der vom Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren vorgelegte Führerschein sei laut dem Untersuchungsbericht des Bundeskriminalamtes (betreffend die urkundentechnische Untersuchung des vorgelegten Führerscheins) ohne Zweifel nicht echt, sondern eine Totalfälschung, andererseits führt sie in der Bescheidbegründung aus, der Beschwerdeführer habe glaubhaft dargelegt, er hätte den Führerschein in Nigeria bei der zuständigen Behörde rechtmäßig erworben und damit die Fahrzeuge gelenkt, für die er gültig sei, die Aussagen des Beschwerdeführers seien glaubhaft und realistisch, es sei ihm nicht vorwerfbar, dass er eine Fälschung erhalten habe.

Rechtlich führt die belangte Behörde aus, der vorgelegte Führerschein sei kein echtes Dokument, weshalb nicht von der Erteilung einer ausländischen Lenkberechtigung ausgegangen werden könne. Eine "Umschreibung" sei daher ausgeschlossen gewesen.

2.2.1. Richtig ist zunächst, dass gemäß 23 Abs. 3 erster Halbsatz FSG die Erteilung einer (österreichischen) Lenkberechtigung den Besitz einer in einem Nicht-EWR-Staat erteilten Lenkberechtigung voraussetzt. Nur wenn das Ermittlungsverfahren ergibt, dass der Antragsteller Besitzer einer solchen Lenkberechtigung ist, kann ihm nach der letztzitierten Bestimmung die Lenkberechtigung erteilt werden. Daraus folgt, dass die Führerscheinbehörde in ihrer Beweiswürdigung nachvollziehbar darzulegen hat, ob sie auf Grund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens davon ausgeht, der Antragsteller sei im Besitz der genannten ausländischen Lenkberechtigung oder ob dies ihrer Meinung nach nicht der Fall sei. Zu letztgenanntem Ergebnis kann die belangte Behörde in einem Fall, in dem ihr ein ausländischer Führerschein vorgelegt wird, insbesondere dann gelangen, wenn triftige Gründe gegen die Echtheit dieses Dokumentes sprechen. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist wichtigstes Beweismittel zwar regelmäßig der Führerschein, also die über die Berechtigung von der ausländischen Kraftfahrbehörde ausgestellte Urkunde. Der Beweis für das Bestehen einer ausländischen Lenkberechtigung kann aber auch auf jede andere Weise erbracht werden, die geeignet ist, die Überzeugung vom Besitz der genannten Lenkberechtigung zu verschaffen. Wenn die Behörde - wie im vorliegenden Fall auf Grund des Ergebnisses einer kriminaltechnischen Untersuchung des Führerscheines - davon ausgehen muss, dass es sich bei dem ihr vorgelegten Führerschein um eine Fälschung handelt, hat sie dies dem Antragsteller bekannt zu geben und ihn aufzufordern, andere geeignete Unterlagen vorzulegen, insbesondere solche betreffend die von ihm absolvierte Ausbildung und die von ihm erfolgreich abgelegte Prüfung. Insoweit trifft die Partei im Erteilungsverfahren eine spezifische Mitwirkungsobliegenheit, deren Verletzung zur Versagung der beantragten Lenkberechtigung führen kann (vgl. zum Ganzen 24. Mai 2011, Zl. 2011/11/0045 mwN.).

2.2.2. Die Begründung des angefochtenen Bescheides lässt erkennen, dass die belangte Behörde entgegen der dargelegten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes die Rechtsauffassung vertritt, schon der Umstand, dass der vorgelegte Führerschein nicht echt sei, schließe die beantragte "Umschreibung", also die Erteilung einer österreichischen Lenkberechtigung, aus.

Ausgehend von dieser verfehlten Rechtsansicht hat die belangte Behörde, obwohl sie dem Beschwerdeführer ausdrücklich Glaubwürdigkeit zugesteht, jede weiteren Erwägungen dazu, ob nicht bereits die als glaubwürdig erachteten Angaben des Beschwerdeführers für das Bestehen einer nigerianischen Lenkberechtigung sprechen, unterlassen.

2.3. Aus diesen Gründen war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

3. Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 24. Juli 2013

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