VwGH Ro 2015/09/0003

VwGHRo 2015/09/000310.9.2015

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok sowie die Hofräte Dr. Rosenmayr, Dr. Bachler, Dr. Doblinger und Mag. Feiel als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag.a Höhl, über die Revision des X Y in Z, vertreten durch Dr. Thomas Stoiberer, Rechtsanwalt in 5400 Hallein, Davisstraße 7, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. November 2014, W208 2012879- 1/3E, betreffend Einleitung eines Disziplinarverfahrens nach dem Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Finanzen; weitere Partei: Bundesminister für Finanzen),

Normen

12010P/TXT Grundrechte Charta;
ArbVG §101;
ArbVG;
ASGG §50 Abs2;
ASGG §61 Abs1 Z5;
AVG §8 impl;
BDG 1979 §103 Abs4 Z2;
BDG 1979 §123 Abs1;
BDG 1979 §123 Abs2;
BDG 1979 §123;
B-VG Art133 Abs1 Z1;
B-VG Art133 Abs8;
MRK Art6 Abs1;
PBVG 1996 §70 Abs1;
PBVG 1996 §70 Abs3;
PTSG 1996 §17 Abs9;
PVG 1967 §28 Abs1;
PVG 1967 §41 Abs2;
VwGG §21 Abs1 Z3;
VwGG §22;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;
12010P/TXT Grundrechte Charta;
ArbVG §101;
ArbVG;
ASGG §50 Abs2;
ASGG §61 Abs1 Z5;
AVG §8 impl;
BDG 1979 §103 Abs4 Z2;
BDG 1979 §123 Abs1;
BDG 1979 §123 Abs2;
BDG 1979 §123;
B-VG Art133 Abs1 Z1;
B-VG Art133 Abs8;
MRK Art6 Abs1;
PBVG 1996 §70 Abs1;
PBVG 1996 §70 Abs3;
PTSG 1996 §17 Abs9;
PVG 1967 §28 Abs1;
PVG 1967 §41 Abs2;
VwGG §21 Abs1 Z3;
VwGG §22;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;

 

Spruch:

I. den Beschluss gefasst:

Die Revisionsbeantwortung der Disziplinaranwältin wird zurückgewiesen.

II. zu Recht erkannt:

Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der Revisionswerber steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund. Er ist der Österreichischen Post Aktiengesellschaft zur Dienstleistung zugewiesen und als Personalvertreter Vorsitzender eines Vertrauenspersonenausschusses.

Mit Schreiben vom 6. Dezember 2013 forderte das Personalamt Salzburg als Dienstbehörde diesen Vertrauenspersonenausschuss im Hinblick auf die Disziplinaranzeige vom selben Tag unter Fristsetzung auf, der disziplinären Verfolgung des Revisionswerbers gemäß § 70 Abs. 1 Post-Betriebsverfassungsgesetz (PBVG) zuzustimmen, was dieser mit Beschluss vom 20. Dezember 2013 ablehnte.

Über die mangels Zustimmung erhobene Klage stellte das Landesgericht Salzburg als Arbeits- und Sozialgericht mit Urteil vom 29. Jänner 2014 fest, dass die dem Revisionswerber vorgeworfene Handlung, dass er sich am 19. Juli 2013 einer namentlich genannten Kollegin von hinten genähert habe, als diese an Poststücken gearbeitet habe, ihr auf die Schultern gegriffen und sich an sie gedrückt habe, wobei diese das Verhalten als unangenehm und unerwünscht empfunden habe, nicht in Ausübung seines Mandats als Vorsitzender des Vertrauenspersonenausschusses erfolgt sei. Der dagegen erhobenen Berufung gab das Oberlandesgericht Linz mit Urteil vom 23. April 2014 keine Folge; die außerordentliche Revision wies der Oberste Gerichtshof mit Beschluss vom 22. Juli 2014, 9 ObA 71/14b, zurück.

Den von der Disziplinarkommission am 20. Februar 2014 gefassten (ersten) Einleitungsbeschluss behob das Bundesverwaltungsgericht mit rechtskräftigem Erkenntnis vom 28. April 2014 ersatzlos, was es im Wesentlichen damit begründete, dass weder ein rechtskräftiges Feststellungsurteil noch die Zustimmung des Vertrauenspersonenausschusses vorliege.

Am 8. September 2014 fasste die Disziplinarkommission den (zweiten - verfahrensgegenständlichen) Beschluss auf Einleitung eines Disziplinarverfahrens gegen den Revisionswerber gemäß § 123 Abs. 1 Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 (BDG 1979) wegen der dargestellten Vorwürfe.

In seiner Sitzung vom 6. November 2014 erteilte der Vertrauenspersonenausschuss die Zustimmung zur disziplinären Verfolgung des Revisionswerbers.

Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde des Revisionswerbers gegen den Einleitungsbeschluss vom 8. September 2014 ab. Begründend führte es zusammengefasst aus, dass der in einem öffentlichrechtlichen Dienstverhältnis stehende Revisionswerber als Vorsitzender des Vertrauenspersonenausschusses gemäß § 70 Abs. 1 PBVG wegen Äußerungen oder Handlungen nur mit Zustimmung des Organs, dem er angehöre, dienstrechtlich zur Verantwortung gezogen werden dürfe. Im vorliegenden Fall sei die verweigerte Zustimmung des Vertrauenspersonenausschusses durch das rechtskräftige Urteil nach § 70 Abs. 3 PBVG substituiert worden. Eine Zustimmung des Vertrauenspersonenausschusses sei nicht mehr notwendig gewesen. Der Einleitungsbeschluss sei somit weder von einer unzuständigen Behörde gefasst worden, noch sei der Revisionswerber in seinem Recht auf den gesetzlichen Richter verletzt worden. Ein näheres Eingehen auf das Argument der Disziplinaranwältin, durch die nachträglich erteilte Zustimmung sei ein Zustimmungsmangel geheilt, erübrige sich daher.

Die Zulässigkeit der Revision begründete das Bundesverwaltungsgericht mit dem Fehlen von Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zur Frage, ob eine rechtskräftige Feststellung durch das zuständige Gericht eine rechtswidrig verweigerte Zustimmung des Vertrauenspersonenausschusses gemäß § 70 Abs. 3 PBVG ersetze, wie das in der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs angenommen werde.

Der Verfassungsgerichtshof hat die Behandlung der gegen dieses Erkenntnis an ihn erhobenen Beschwerde mit Beschluss vom 19. Februar 2015, E 1998/2014-5, abgelehnt und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

Die in der danach gemäß § 26 Abs. 4 VwGG eröffneten Frist erhobene Revision macht Rechtswidrigkeit des Inhalts des angefochtenen Erkenntnisses geltend. Die Disziplinaranwältin erstattete eine Revisionsbeantwortung.

Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Aktenvorlage erwogen:

Zu I.: Parteien im Verfahren über eine Revision gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichts wegen Rechtswidrigkeit gemäß Art. 133 Abs. 1 Z 1 B-VG sind neben dem Revisionswerber, der belangten Behörde des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht sowie in den Fällen des § 22 zweiter Satz VwGG dem zuständigen Bundesminister oder der Landesregierung, gemäß § 21 Abs. 1 Z 4 VwGG die Personen, die durch eine Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses oder eine Entscheidung in der Sache selbst in ihren rechtlichen Interessen berührt werden (Mitbeteiligte).

Auch wenn der Disziplinaranwältin (im vorliegenden Fall in § 103 Abs. 4 Z 2 BDG 1979) das Recht eingeräumt ist, gegen die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts gemäß Art. 133 Abs. 8 B-VG Revision an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben, kommen ihr in Bezug auf den hier in Rede stehenden Gegenstand des Verfahrens keine eigenen subjektiv öffentlichen Rechte zu. Die von ihr erstattete Gegenschrift war daher mangels Parteistellung in einem Verfahren über eine Revision des Disziplinarbeschuldigten vor dem Verwaltungsgerichtshof zurückzuweisen (vgl. das zu einer vergleichbaren landesgesetzlichen Bestimmung ergangene Erkenntnis vom 9. September 2014, Ro 2014/09/0049, mwN). Interessen der Dienstbehörde können im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof durch den zuständigen Bundesminister geltend gemacht werden (§ 21 Abs. 1 Z 3 VwGG).

Zu II.: Die Revision ist aus den vom Verwaltungsgericht ausgeführten Gründen zulässig. Sie ist jedoch nicht berechtigt.

Die Revision wendet sich ausschließlich gegen die Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts, das rechtskräftige Feststellungsurteil substituiere die Zustimmung zur disziplinären Verfolgung durch das Personalvertretungsorgan. Der Revisionswerber bringt dazu im Wesentlichen vor, das Feststellungsurteil könne nur Voraussetzung dafür sein, dass das Personalvertretungsorgan verpflichtet sei, die nach dem Gesetz notwendige Zustimmung zu erteilen. Auch aus der vom Bundesverwaltungsgericht zitierten Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (offenbar bezogen auf das Urteil vom 17. Dezember 2007, 8 ObA 76/07w) lasse sich die angenommene Substituierung der Zustimmung nicht ableiten, werde doch auch darin darauf verwiesen, dass die Personalvertretungs-Aufsichtskommission einen gesetzwidrigen Beschluss nur aufheben, nicht aber die gesetzwidrig verweigerte Zustimmung ersetzen könne. Die Sanierung einer zustimmungslosen Verfolgung durch eine nachträgliche Zustimmung des Personalvertretungsorgans sei in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs nur in jenen Fällen angenommen worden, in welchen der Einleitungsbeschluss unbekämpft in Rechtskraft erwachsen sei. Dies liege hier aber gerade nicht vor.

Die maßgeblichen Bestimmungen des Post-Betriebsverfassungsgesetz - PBVG, BGBl. Nr. 326/1996 in der Fassung BGBl. I Nr. 35/2012 lauten (auszugsweise):

"Dienstrechtliche Verantwortung

§ 70. (1) Mitglieder von Personalvertretungsorganen sowie von Wahlausschüssen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis stehen, dürfen wegen Äußerungen oder Handlungen nur mit Zustimmung des Organs, dem sie angehören, dienstrechtlich zur Verantwortung gezogen werden.

(2) ...

(3) Kommt das Personalvertretungsorgan zu dem Ergebnis, dass die Äußerungen oder Handlungen nicht in Ausübung des Mandates erfolgt sind, so hat es die Zustimmung zu erteilen. Erteilt das Personalvertretungsorgan die Zustimmung nicht, hat das Gericht auf Grund einer Klage festzustellen, ob die Äußerungen oder Handlungen nicht in Ausübung des Mandates erfolgt sind."

Die Revisionsausführungen sind zwar insofern im Recht, als eine Heilung des Mangels einer zunächst fehlenden Zustimmung im weiteren Disziplinarverfahren durch eine nachträglich erteilte Zustimmung nach der - zum Bundes-Personalvertretungsgesetz (PVG) ergangenen - Rechtsprechung davon abhängt, dass der Einleitungsbeschluss bereits in Rechtskraft erwachsen ist (siehe dazu das Erkenntnis vom 18. Dezember 2001, 99/09/0089; vgl. auch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 24. September 1982, B 139/79, VfSlg 9489); das Verwaltungsgericht nahm - entgegen den Revisionsausführungen - eine solche Heilung jedoch ohnedies nicht an, sondern ließ diese Frage ausdrücklich offen (S 24 des angefochtenen Erkenntnisses).

Wie aber bereits zu § 28 Abs. 1 PVG judiziert (siehe das Erkenntnis vom 18. Oktober 1990, 90/09/0104, mwN) ist es grundsätzlich erforderlich, dass die Zustimmung des Ausschusses vor Einleitung des Disziplinarverfahrens vorliegt, was im Hinblick auf den insoweit gleichen Gesetzeswortlaut "dienstrechtlich zur Verantwortung gezogen werden" auch für den Bereich des § 70 Abs. 1 PBVG gilt. Es kommt im hier zu entscheidenden Fall somit wesentlich darauf an, ob das Gerichtsurteil, mit dem festgestellt wird, dass die Äußerungen oder Handlungen nicht in Ausübung des Mandats erfolgt sind, die (verweigerte) Zustimmung des Personalvertretungsorgans ersetzt.

Der Revisionswerber argumentiert in diesem Zusammenhang mit dem Verfahren vor der Personalvertretungs-Aufsichtskommission und der darauf Bezug nehmenden Begründung im Urteil des Obersten Gerichtshofs vom 17. Dezember 2007, 8 ObA 76/07w.

Dieses Vorbringen ist jedoch gleich aus mehreren Gründen verfehlt:

Zunächst übersehen diese Ausführungen, dass mit den zitierten Passagen im angesprochenen Urteil das Verfahren nach dem PVG dargestellt wird. Die Personalvertretung der im Bereich der (vormals) Post- und Telegraphenverwaltung beschäftigten Bediensteten unterlag jedoch auch vor Erlassung des PBVG, das sich - mit Ausnahme der Struktur der Arbeitnehmervertretung - weitgehend am Arbeitsverfassungsgesetz (ArbVG) orientiert (vgl. auch Gahleitner in Gahleitner/Mosler, Arbeitsverfassungsrecht, Band 25, Rz 14 zu § 33 ArbVG) nicht den Bestimmungen des PVG (siehe dazu auch IA 166, BlgNR XX. GP). Weder der Personalvertretungs-Aufsichtskommission noch der diese in Folge der Schaffung der Verwaltungsgerichte erster Instanz ablösenden Personalvertretungsaufsichtsbehörde (siehe zu deren Befugnissen im Rahmen der Rechtskontrolle durch die öffentliche Gerichtsbarkeit RV 2247 BlgNR XXIV. GP , 7) kamen bzw. kommen im Rahmen des PBVG Kompetenzen zu. Die Aufhebung eines Beschlusses eines Ausschusses nach dem PBVG durch die Personalvertretungs-Aufsichtskommission kommt daher nicht in Betracht.

Überdies hat der Oberste Gerichtshof in den weiteren Ausführungen des bereits wiederholt zitierten Urteils 8 ObA 76/07w aus der Bestimmung des § 70 Abs. 3 letzter Satz PBVG, wonach für den Fall, dass das Personalvertretungsorgan die Zustimmung nicht erteilt, das Gericht auf Grund einer Klage festzustellen hat, ob die Äußerungen oder Handlungen in Ausübung des Mandats erfolgt sind, sehr wohl abgeleitet, "dass das Gericht durch die bindende Feststellung, dass eine Handlung oder Äußerung (nicht) in Ausübung des Mandats erfolgt ist, die fehlende Zustimmung des Personalvertretungsorgans substituiert."

Diese Auslegung ist auch aus folgenden Erwägungen zu teilen:

Vorweg ist festzuhalten, dass es sich bei Klagen nach dem PBVG um Arbeitsrechtssachen nach § 50 Abs. 2 Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz (ASGG) handelt (siehe den Beschluss des Obersten Gerichtshofs vom 27. Februar 2012, 9 ObA 4/12x; vgl. auch Neumayr in Zeller Kommentar zum Arbeitsrecht2 (2011), Rz 26 zu § 50 ASGG). Die Verbindlichkeit der Feststellung des über eine solche Klage ergangenen ersten Urteils des Gerichts erster Instanz wird gemäß § 61 Abs. 1 Z 5 ASGG durch die Erhebung einer Berufung nicht gehemmt.

Für das Ergebnis einer Substitution der (verweigerten) Zustimmung durch das Urteil des Gerichts spricht zunächst bereits der Wortlaut des letzten Satzes des § 70 Abs. 3 PBVG - zur Formulierung dieser Bestimmung sind den Materialien keine Erwägungen zu entnehmen. Danach hat das Gericht seine Feststellung auf Grund einer Klage dann zu treffen, wenn das Personalvertretungsorgan die Zustimmung nicht erteilt.

Anders als im Verfahren nach dem PVG kommt es durch das Gerichtsurteil nicht zu einer Aufhebung eines Beschlusses des Ausschusses, mit dem die Zustimmung verweigert wurde. Eine solche Aufhebung des Beschlusses des Dienststellenausschusses durch die Personalvertretungs-Aufsichtskommission eröffnet nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes im Rahmen des PVG dem Personalvertretungsorgan jedoch überhaupt erst die Möglichkeit, in derselben Sache einen dem Gesetz entsprechenden Beschluss zu fassen (vgl. das Erkenntnis vom 6. Juni 1991, 91/09/0054, VwSlg 13454 A/1991). Eine solche formelle Aufhebung einer verweigerten Zustimmung ist im PBVG - wie bereits dargestellt - nicht vorgesehen.

Des Weiteren wäre eine nach dem Gesetz gebotene Zustimmung durch das Organ nach § 70 Abs. 1 PBVG vom Dienstgeber auch nach einem Urteil nicht durchsetzbar. Während ein Personalvertretungsorgan nach dem PVG gemäß § 41 Abs. 2 PVG bei dauernder Verletzung seiner Pflichten durch die Aufsichtsbehörde aufgelöst werden kann, fehlt es für den Bereich des PBVG an einer solchen Regelung.

Unter diesem Blickwinkel, und weil dem Gesetzgeber nicht zugedacht werden kann, dass er dem Dienstgeber in diesem Zusammenhang eine nicht effektuierbare Klageführung auferlegen wollte, kann § 70 Abs. 3 PBVG bei verständiger Auslegung nur dahingehend gedeutet werden, dass nach der gerichtlichen Feststellung, dass die Äußerungen oder Handlungen nicht in Ausübung des Mandats erfolgt sind, eine (weitere) Zustimmung des Personalvertretungsorgans zur disziplinären Verfolgung seines Mitglieds nicht mehr erforderlich ist.

Auch der vom Revisionswerber - unter Berufung auf Ausführungen im Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 28. April 2014 - angestrengte Vergleich mit Formulierungen von Bestimmungen des ArbVG führt zu keinem anderen Ergebnis, liegen diesen doch andere Regelungsinhalte zu Grunde. So kann nach § 120 ArbVG, der gemäß § 71 PBVG für Arbeitnehmer in einem vertraglichen Dienstverhältnis mit der Maßgabe gilt, dass anstelle der Organe nach dem ArbVG die Organe nach dem PBVG treten, ein Betriebsratsmitglied nur nach vorheriger Zustimmung durch das Gericht gekündigt oder entlassen werden. In jenen Fällen obliegt die Beendigung des Dienstverhältnisses jedoch dem Arbeitgeber, der dazu (unmittelbar) die Zustimmung des Gerichts benötigt. Mitglieder von Personalvertretungsorganen in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis werden hingegen - wie alle Beamte im Bereich der Österreichischen Post Aktiengesellschaft - gemäß § 17 Abs. 9 Poststrukturgesetz von einer dafür beim Bundesministerium für Finanzen eingerichteten (unabhängigen) Disziplinarkommission disziplinär zur Verantwortung gezogen.

§ 101 ArbVG hingegen regelt mit der Mitwirkung des Betriebsrats bei Versetzungen einen gänzlich anderen - mit § 70 PBVG nicht vergleichbaren - Sachverhalt.

Zusammenfassend ist daher festzuhalten: Erteilt ein Personalvertretungsorgan nach dem PBVG zu Unrecht nicht die Zustimmung zur dienstrechtlichen Verfolgung seines Mitglieds, ersetzt das auf Grund einer Klage ergehende Feststellungsurteil nach § 70 Abs. 3 PBVG die andernfalls erforderliche Zustimmung des Personalvertretungsorgans gemäß § 70 Abs. 1 PBVG. In diesem Fall kann das Ausschussmitglied sodann ohne weitere (neuerliche) Zustimmung durch das Personalvertretungsorgan dienstrechtlich zur Verantwortung gezogen werden.

Die Revision war somit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Von einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden. Weder greift die Einleitung eines Disziplinarverfahren in ein "civil right" im Sinn des Art. 6 EMRK ein, noch kommt mangels unionsrechtlichen Sachverhalts die Charta der Grundrechte der Europäischen Union (GRC) zur Anwendung (siehe das Erkenntnis vom 17. Februar 2015, Ra 2014/09/0007 ua). Zudem ließen die Revision und die Akten des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht erkennen, dass angesichts des geklärten, unstrittigen Sachverhalts und der allein zu lösenden Rechtsfrage eine weitere Klärung der Rechtssache durch eine mündliche Erörterung nicht zu erwarten war.

Wien, am 10. September 2015

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