VwGH Ra 2015/05/0006

VwGHRa 2015/05/000624.3.2015

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger und den Hofrat Dr. Enzenhofer sowie die Hofrätin Dr. Pollak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Lorenz, über die Revision 1. des G R und

2. der M R, beide in K, beide vertreten durch Dr. Philipp Dumfarth, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Stelzhamerstraße 2/26, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich vom 4. November 2014, Zl. LVwG-150133/10/DM/FE, betreffend einen Beseitigungsauftrag (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht:

Gemeinderat der Marktgemeinde Oberkappel, 4144 Oberkappel, Marktstraße 4; weitere Partei: Oberösterreichische Landesregierung), den Beschluss gefasst:

Normen

12010P/TXT Grundrechte Charta Art47;
BauO OÖ 1994 §49 Abs1;
BauRallg;
B-VG Art133 Abs4;
EMRK Art6;
ROG OÖ 1994 §30 Abs2;
ROG OÖ 1994 §30 Abs3 Z5;
ROG OÖ 1994 §30 Abs5;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §39 Abs2 Z6;
12010P/TXT Grundrechte Charta Art47;
BauO OÖ 1994 §49 Abs1;
BauRallg;
B-VG Art133 Abs4;
EMRK Art6;
ROG OÖ 1994 §30 Abs2;
ROG OÖ 1994 §30 Abs3 Z5;
ROG OÖ 1994 §30 Abs5;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §39 Abs2 Z6;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Gemäß § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen (§ 34 Abs. 1a zweiter Satz leg. cit.).

In der vorliegenden Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme:

Nach dem klaren Gesetzeswortlaut des § 30 Abs. 5 Oö. Raumordnungsgesetz 1994 (im Folgenden: ROG), LGBl. Nr. 114/1993, idF LGBl. Nr. 90/2013 dürfen im Grünland nur Bauten und Anlagen errichtet werden, die nötig sind, um dieses bestimmungsgemäß zu nutzen.

"Bestimmungsgemäß" bedeutet dabei, dass die bauliche Anlage zur widmungsgemäßen Nutzung des Grundstückes notwendig ist. Nach der hg. Rechtsprechung ist an diesen Begriff ein strenger Maßstab anzulegen, eine bloße "Nützlichkeit" der Bauten und Anlagen ist nicht ausreichend (vgl. etwa das Erkenntnis vom 30. Jänner 2014, Zl. 2013/05/0223, mwN).

In seinem Erkenntnis vom 7. März 2000, Zl. 99/05/0253, hat der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt, dass die Bestimmungen des ROG über die besondere Ausweisung von Flächen, die Grünland sind, sofern sie nicht für die Land- und Forstwirtschaft bestimmt sind und nicht zum Ödland gehören, im Zusammenhalt mit § 30 Abs. 5 ROG dahin auszulegen sind, dass auf einer mit einer Sonderwidmung im Grünland versehenen Fläche - wie dies auch hier der Fall ist - nur Bauten und Anlagen errichtet werden dürfen, die nötig sind, um diese Fläche bestimmungsgemäß, nämlich im Sinn der vorgesehenen Sonderwidmung, zu nutzen.

Hiebei sind auf einer solchen Fläche nur Bauten oder bauliche Anlagen zulässig, die allein für die Nutzung im Sinn der vorgesehenen Sonderwidmung des Grünlandes als nötig angesehen werden können; eine nur teilweise Nutzung zu diesem Zweck erfüllt hingegen diese Voraussetzung nicht (vgl. dazu auch das hg. Erkenntnis vom 6. November 2013, Zl. 2012/05/0082).

Ferner hat der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt, dass die Widmung "Grünland-Trenngrün" im Wesentlichen aus öffentlichen Interessen, wie der Schaffung entsprechender Freiflächen bei Aneinandergrenzen von verschiedenen Widmungskategorien zur Hintanhaltung von Immissionsbeeinträchtigungen, geschaffen wird (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 3. April 2003, Zl. 2002/05/1520, mwN).

Entgegen der im Rahmen des Revisionsvorbringens gemäß § 28 Abs. 3 VwGG vertretenen Auffassung liegt insoweit keine uneinheitliche hg. Judikatur zum Anwendungsbereich des § 30 Abs. 5 ROG vor. Auch stehen der in dieser Bestimmung normierte Grundsatz, dass die Bauten und Anlagen zur widmungsgemäßen Nutzung des Grundstückes notwendig sein müssen, und die zu dieser Bestimmung ergangene hg. Judikatur in keinem Widerspruch zu der im hg. Erkenntnis vom 14. Mai 1991, Zl. 90/05/0067, getroffenen Aussage, dass auf Grundflächen mit der Widmung "Grünland-Trenngrün" jene Bauten und Anlagen errichtet werden dürfen, welche die Funktion der Grünfläche, bei Aneinandergrenzen verschiedener Widmungskategorien durch eine Freifläche Immissionsbeeinträchtigungen hintanzuhalten, nicht beeinträchtigen; und zwar bereits deshalb, weil dieses Erkenntnis zu der mit Inkrafttreten des ROG am 1. Jänner 1994 außer Kraft getretenen Vorgängerbestimmung des § 18 Abs. 5 des Oberösterreichischen Raumordnungsgesetzes, LGBl. Nr. 18/1972, ergangen ist, die einen von § 30 Abs. 5 ROG verschiedenen Regelungsinhalt hatte.

Vor dem Hintergrund der genannten Judikatur zeigt die Revision mit ihrer Auffassung, dass das verfahrensgegenständliche Schutzdach auf dem Grundstück mit der Widmung "Trenngrün" (§ 30 Abs. 3 Z 5 ROG) - dieses hat laut den im angefochtenen Erkenntnis getroffenen Feststellungen eine Gesamtfläche von 502 m2 - für die Erhaltung und Pflege (z.B. Mähen, Abtransport des Mähgutes) des Grundstückes notwendig sei und zum Schutz der dafür nötigen Gerätschaften benötigt werde, keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung auf.

Im Rahmen ihres Vorbringens gemäß § 28 Abs. 3 VwGG macht die Revision auch geltend, dass das Verwaltungsgericht u.a. ein im Verwaltungsakt befindliches und den Revisionswerbern nicht zur Kenntnis gebrachtes raumplanerisches Amtssachverständigengutachten vom 8. Juni 2004 berücksichtigt habe. Dieses vor mehr als zehn Jahren erstellte Gutachten betreffe nicht das verfahrensgegenständliche Schutzdach, sondern eine andere bauliche Anlage, und es stelle sich die über den gegenständlichen Fall hinausgehende Frage, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen ein solches Gutachten in den Verfahrensakt einbezogen werden dürfe.

Zu dieser Verfahrensrüge ist Folgendes zu bemerken:

Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG können nicht nur solche des materiellen, sondern auch des Verfahrensrechtes sein. Eine solche Bedeutung kommt der Entscheidung jedenfalls dann zu, wenn tragende Grundsätze des Verfahrensrechtes auf dem Spiel stehen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 20. November 2014, Ra 2014/07/0052, mwN).

Die Zulässigkeit der Revision setzt neben einem eine grundsätzliche Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG aufwerfenden Verfahrensmangel voraus, dass die Revision von der Lösung dieser geltend gemachten Rechtsfrage abhängt. Davon kann im Zusammenhang mit einem Verfahrensmangel aber nur dann ausgegangen werden, wenn auch die Relevanz des Mangels für den Verfahrensausgang dargetan wird, das heißt, dass dieser abstrakt geeignet sein muss, im Falle eines mängelfreien Verfahrens zu einer anderen - für den Revisionswerber günstigeren - Sachverhaltsgrundlage zu führen (vgl. etwa den hg. Beschluss vom 9. Oktober 2014, Ra 2014/18/0036 bis 0039).

Die Revision zeigt mit ihren gemäß § 28 Abs. 3 VwGG erstatteten Ausführungen die Relevanz des behaupteten Mangels für den Verfahrensausgang nicht auf. Auch verletzt allein der Umstand, dass in einem Verfahren - neben anderen Ermittlungsergebnissen - ein mehr als zehn Jahre altes Gutachten Berücksichtigung gefunden hat, keine tragenden Grundsätze des Verfahrens im vorgenannten Sinn.

Von der Durchführung der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden, weil die Revisionswerber schon beim Verwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung hätten beantragen können, dies aber unterlassen haben (vgl. dazu etwa die hg. Erkenntnisse vom 28. Februar 2014, Zl. 2011/03/0192, und vom 23. Dezember 2014, Ra 2014/11/0036). Abgesehen davon konnte von der beantragten Verhandlung jedoch auch deshalb Abstand genommen werden, weil der entscheidungsrelevante Sachverhalt hier geklärt ist und in der vorliegenden Revision zur Zulässigkeit entsprechend Art. 133 Abs. 4 B-VG Rechtsfragen aufgeworfen wurden, zu deren Lösung im Sinne der Judikatur des EGMR eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 27. August 2014, Zl. 2013/05/0169, mwH auf die Judikatur des EGMR).

Die vorliegende Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 24. März 2015

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