VwGH Ra 2015/03/0060

VwGHRa 2015/03/00601.9.2015

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Handstanger und Mag. Samm als Richter, unter Beiziehung des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Revision des *****, gegen den Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 23. Juni 2015, Zl W179 2105646-1/2E, betreffend Zurückweisung einer Beschwerde iA LFG, im Umlaufweg den Beschluss gefasst:

Normen

AVG §56;
AVG §58 Abs1;
AVG §58;
B-VG Art130 Abs1 Z1;
B-VG Art133 Abs4;
LuftfahrtG 1958 §35 Abs2;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;
VwGVG 2014 §7;
AVG §56;
AVG §58 Abs1;
AVG §58;
B-VG Art130 Abs1 Z1;
B-VG Art133 Abs4;
LuftfahrtG 1958 §35 Abs2;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;
VwGVG 2014 §7;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Verwaltungsgericht die Beschwerde des Revisionswerbers gegen die Erledigung der Austro Control

Österreichische Gesellschaft für Zivilluftfahrt mbH (ACG) vom 16. Dezember 2014 betreffend ein flugmedizinisches Tauglichkeitszeugnis als unzulässig zurück und erklärte die Revision für nicht zulässig.

Begründend führte das Verwaltungsgericht - auf das Wesentliche zusammengefasst - Folgendes aus:

Bei der angefochtenen Erledigung, die nicht als Bescheid bezeichnet und nicht in Spruch und Begründung gegliedert sei, wobei eine Rechtsmittelbelehrung fehle, handle es sich ihrem gesamten Inhalt nach mangels Fehlens eines eindeutigen normativen Inhalts nicht um einen Bescheid. Vielmehr sprächen die gewählte Briefform, die verwendeten Höflichkeitsfloskeln und die Wendung, es werde "mitgeteilt", nicht zuletzt aber auch der Umstand, dass bereits vor der in Rede stehenden Erledigung das aktuelle Tauglichkeitszeugnis mit den strittigen Auflagen ausgestellt worden sei, für das Vorliegen eines bloßen Informationsschreibens.

Mangels Vorliegens eines Bescheids sei die gegen die Erledigung gerichtete Beschwerde unzulässig.

Die Revision sei mangels Vorliegens einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nicht zulässig.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.

Nach Art 133 Abs 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art 133 Abs 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art 133 Abs 9 B-VG).

Nach § 34 Abs 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art 133 Abs 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

Nach § 34 Abs 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs 3 VwGG) zu überprüfen.

In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art 133 Abs 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme:

Im Revisionsfall ist die Bescheidqualität der in Beschwerde gezogenen Erledigung der ACG strittig.

Gemäß Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit. Gegenstand eines Bescheidbeschwerdeverfahrens iSd Art 130 Abs 1 Z 1 B-VG bzw § 7 VwGVG kann nur ein Bescheid sein; bestehen Zweifel, ob es sich bei einer Erledigung um einen Bescheid handelt, ist die Bescheidqualität der Erledigung zu klären.

Bescheide nach § 56 AVG sind individuelle, hoheitliche Erledigungen der Verwaltungsbehörde, durch die in bestimmten Verwaltungssachen in einer förmlichen Weise über Rechtsverhältnisse materiellrechtlicher oder formellrechtlicher Art abgesprochen wird, sei es dass Rechtsverhältnisse festgestellt, sei es, dass sie gestaltet werden. Die näheren Vorschriften, welche Bestandteile ein Bescheid einer Verwaltungsbehörde aufzuweisen hat, finden sich in §§ 58 ff AVG; darunter ist insbesondere auch das Erfordernis genannt, dass jeder Bescheid als solcher zu bezeichnen ist und eine Rechtsmittelbelehrung zu enthalten hat.

Nach der ständigen Rechtsprechung ist das Fehlen der Bezeichnung als Bescheid für die Qualifikation einer Erledigung als Bescheid dann unerheblich, wenn eine an eine bestimmte Person gerichtete Erledigung die Bezeichnung der Behörde, den Spruch und die Unterschrift oder auch die Beglaubigung enthält.

Auf die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid kann aber nur dann verzichtet werden, wenn sich aus dem Spruch eindeutig ergibt, dass die Behörde nicht nur einen individuellen Akt der Hoheitsverwaltung gesetzt hat, sondern auch, dass sie normativ, also entweder rechtsgestaltend oder rechtsfeststellend eine Angelegenheit des Verwaltungsrechtes entschieden hat (für die Wertung als Bescheid ist ein strenger Maßstab anzulegen).

Der normative Inhalt muss sich aus der Formulierung der behördlichen Erledigung, also in diesem Sinn auch aus der Form der Erledigung ergeben. Die Wiedergabe einer Rechtsansicht, von Tatsachen, sowie Hinweise auf Vorgänge des Verfahrens, Rechtsbelehrungen und dergleichen können nicht als verbindliche Erledigung, also nicht als Spruch im Sinne des § 58 Abs 1 AVG gewertet werden.

In jedem Fall, in dem der Inhalt einer Erledigung (also ihr Wortlaut und ihre sprachliche Gestaltung) Zweifel über den Bescheidcharakter entstehen lässt, ist somit die ausdrückliche Bezeichnung als Bescheid für den Bescheidcharakter der Erledigung essentiell. Für die Beurteilung als Bescheid sind die objektiven Merkmale eines Schriftstückes maßgebend und nicht die subjektive Absicht der Behörde, von der das Schriftstück ausgegangen ist.

Sofern es daher an der für einen Bescheid vorgeschriebenen Form mangelt, muss deutlich erkennbar sein, dass die Behörde dennoch den (objektiv erkennbaren) Willen hatte, gegenüber einer individuell bestimmten Person die normative Erledigung einer Verwaltungsangelegenheit vorzunehmen. Ist diese deutliche Erkennbarkeit nicht gegeben, ist - wie erwähnt - die ausdrückliche Bezeichnung der Erledigung als Bescheid essentiell (vgl zum Ganzen VwGH vom 19. Dezember 2013, 2013/03/0145, mwN).

Vor dem dargestellten Hintergrund ist die Beurteilung, ob einer konkreten Erledigung Bescheidqualität zukommt, regelmäßig das Ergebnis einer alle Umstände des Einzelfalls berücksichtigenden Beurteilung.

Von daher ist die Zulässigkeit einer Revision gegen derartige Entscheidungen - die die Leitlinien der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs beachten - im Regelfall nicht gegeben.

Dass dies im vorliegenden Revisionsfall anders zu beurteilen wäre, die Revision also - wegen Abweichens von den dargestellten Leitlinien durch das Verwaltungsgericht entgegen dessen Ausspruch -

zulässig ist, zeigt die Revision nicht auf, für ein Abweichen von diesen Leitlinien bestehe auch kein Anhaltspunkt. Ihr Hinweis auf § 35 Abs 2 LFG, wonach gegebenenfalls von der Aufsichtsbehörde ein Antrag auf Ausstellung eines Tauglichkeitszeugnisses mit Bescheid abzuweisen ist, ändert (selbst wenn die Ausstellung eines Bescheids rechtswidrig verweigert worden wäre - was vorliegendenfalls nicht zu prüfen ist) nichts daran, dass die Bescheidqualität einer strittigen Erledigung an den oben dargelegten Kriterien zu messen ist.

Die Revision war daher zurückzuweisen. Diese Entscheidung konnte gemäß § 15 Abs 4 iVm § 12 Abs 1 Z 1 lit a VwGG im Umlaufweg getroffen werden.

Wien, am 1. September 2015

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