VwGH Ra 2015/03/0032

VwGHRa 2015/03/00329.9.2015

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Handstanger und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Revisionen des Ing. C H in H, vertreten durch Dr. Thomas Jappel, Rechtsanwalt in 1090 Wien, Hörlgasse 12, gegen 1. den Beschluss des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom 5. Februar 2015, Zl LVwG-SW-12-0035, betreffend Zurückweisung einer Beschwerde iA GGBG (protokolliert zu hg Ra 2015/03/0032), und 2. gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Niederösterreich vom 5. Februar 2015, Zl LVwG-SW-12-0035/1, betreffend Abweisung eines Wiedereinsetzungsantrags iA GGBG (protokolliert zu hg Ra 2015/03/0033), (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landespolizeidirektion Niederösterreich), zu Recht erkannt:

Normen

12010P/TXT Grundrechte Charta Art47;
AVG §66 Abs4;
AVG §71;
AVG §72;
B-VG Art151 Abs51 Z8;
MRK Art6;
VStG §31 Abs3;
VStG §31;
VwGbk-ÜG 2013 §3 Abs7;
VwGVG 2014 §28 Abs1;
VwGVG 2014 §33;
VwGVG 2014 §44 Abs1;
VwGVG 2014 §44 Abs2;
VwGVG 2014 §44 Abs3 Z4;
VwGVG 2014 §44 Abs3;
VwGVG 2014 §44 Abs4;
VwGVG 2014 §44 Abs5;
VwGVG 2014 §50;
12010P/TXT Grundrechte Charta Art47;
AVG §66 Abs4;
AVG §71;
AVG §72;
B-VG Art151 Abs51 Z8;
MRK Art6;
VStG §31 Abs3;
VStG §31;
VwGbk-ÜG 2013 §3 Abs7;
VwGVG 2014 §28 Abs1;
VwGVG 2014 §33;
VwGVG 2014 §44 Abs1;
VwGVG 2014 §44 Abs2;
VwGVG 2014 §44 Abs3 Z4;
VwGVG 2014 §44 Abs3;
VwGVG 2014 §44 Abs4;
VwGVG 2014 §44 Abs5;
VwGVG 2014 §50;

 

Spruch:

Die Revision gegen den Beschluss vom 5. Februar 2015 wird als unbegründet abgewiesen.

Der Revisionswerber hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Der Revision gegen das Erkenntnis vom 5. Februar 2015 wird Folge gegeben; das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1. Mit einem dem Revisionswerber am 30. Mai 2012 zugestellten Straferkenntnis der belangten Behörde vom 9. Mai 2012 war dem Revisionswerber angelastet worden, als bestellter verantwortlicher Beauftragter eines näher genannten Güterbeförderungsunternehmens näher konkretisierte Übertretungen des GGBG durch Beförderung gefährlicher Güter am 21. September 2011 zu verantworten; über ihn wurden drei Geldstrafen von jeweils EUR 750,-- und eine weitere Geldstrafe von EUR 120,-- (bzw jeweils Ersatzfreiheitsstrafen) verhängt.

Am 5. Juli 2012 beantragte der Revisionswerber die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung einer Berufung gegen das genannte Straferkenntnis und verband damit die Berufung. Mit Bescheid vom 8. August 2012 wies die belangte Behörde den Wiedereinsetzungsantrag ab. Dagegen erhob der Revisionswerber fristgerecht am 27. August 2012 Berufung und beantragte die Anberaumung einer mündlichen Berufungsverhandlung und die Abänderung des angefochtenen Bescheids dahin, dass die Wiedereinsetzung bewilligt werde.

Da über die Berufung mit Ablauf des 31. Dezember 2013 noch nicht entschieden worden war, ging die Zuständigkeit zur Weiterführung des Berufungs- (nunmehr: Beschwerde-)verfahrens gemäß Art 151 Abs 51 Z 8 B-VG auf das Verwaltungsgericht über.

2.1. Mit Beschluss vom 5. Februar 2015 wies das Verwaltungsgericht die Berufung (nunmehr: Beschwerde) gegen das eingangs genannte Straferkenntnis vom 9. Mai 2012 "gemäß § 31 Abs 4 VwGVG iVm § 63 Abs 5 AVG" als verspätet zurück und sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei.

In der Begründung stellte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen - ohne Eingehen auf den Wiedereinsetzungsantrag - darauf ab, dass die Berufung ausgehend von den unstrittigen (oben wiedergegebenen) Daten der Zustellung verspätet eingebracht worden sei.

Die ordentliche Revision sei mangels Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung iS der Art 133 Abs 4 B-VG unzulässig.

2.2. Gegen diesen Beschluss richtet sich die zur hg Zl Ra 2015/03/0032 protokollierte außerordentliche Revision.

Der Revisionswerber macht - auf das Wesentliche zusammengefasst - geltend, der angefochtene Beschluss widerspreche § 31 VStG in seiner zur Tatzeit geltenden Fassung: Da die zu Grunde liegende Straftat am 21. September 2011 begangen und der angefochtene Beschluss, der inhaltlich einer Bestätigung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses gleichkomme, am 26. März 2015 - also mehr als drei Jahre danach - zugestellt worden sei, sei Strafbarkeitsverjährung eingetreten. Der Beschluss weiche daher von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs ab. Zumindest aber fehle eindeutige Rechtsprechung zur Frage, ob die Zurückweisung einer verspäteten Berufung einer Bestätigung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses im dargestellten Sinn gleichkomme.

Zudem liege eine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung auch deshalb vor, weil das Verwaltungsgericht die Beschwerde "gemäß § 31 Abs 4 VwGVG" zurückgewiesen habe, eine solche Norm dem Rechtsbestand aber nicht angehöre, weshalb der angefochtene Beschluss unvertretbar sei und eine grundsätzliche Rechtsfrage berühre.

Das Verwaltungsgericht habe schließlich zu Unrecht von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung Abstand genommen, zumal die Voraussetzungen des § 44 VwGVG nicht vorgelegen seien.

3.1. Gleichfalls am 5. Februar 2015 entschied das Verwaltungsgericht - ohne Durchführung der beantragten mündlichen Berufungsverhandlung - mit Erkenntnis über die Beschwerde gegen die Abweisung des Wiedereinsetzungsantrags dahin, dass der Beschwerde gemäß § 50 VwGVG keine Folge gegeben werde; unter einem wurde ausgesprochen, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei.

Begründend führte das Verwaltungsgericht - soweit für das nunmehrige Revisionsverfahren von Bedeutung - Folgendes aus:

Der Versäumung der Berufungsfrist liege kein bloß minderer Grad des Versehens zu Grunde (was näher ausgeführt wurde). Gemäß § 44 Abs 3 Z 4 VwGVG könne die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung nicht zuletzt deshalb unterbleiben, weil dem Vorbringen des Revisionswerbers zu den Gründen der Fristversäumnis vollinhaltlich Glauben geschenkt worden sei. Die ordentliche Revision sei nicht zulässig, weil im gegenständlichen Verfahren keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu lösen gewesen sei.

3.2. Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die zur hg Zl Ra 2015/03/0033 protokollierte außerordentliche Revision.

Der Revisionswerber führt darin insbesondere aus, das Verwaltungsgericht sei insofern von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs abgewichen, als es keine mündliche Verhandlung durchgeführt habe. Die Voraussetzungen des § 44 Abs 3 VwGVG für ein Absehen von einer mündlichen Verhandlung seien nicht erfüllt, zumal der Revisionswerber die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt habe.

4. Die belangte Behörde erstattet eine Revisionsbeantwortung, in der sie den Revisionen entgegentrat.

5. Der Verwaltungsgerichtshof hat über die - auf Grund ihres sachlichen und persönlichen Zusammenhangs zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbundenen - Revisionen erwogen:

Die Revisionen sind - zur Klarstellung der Rechtslage (Ra 2015/03/0032) bzw wegen Abweichens von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs (Ra 2015/03/0033) - zulässig.

5.1. Gemäß Art 151 Abs 51 Z 8 B-VG ist die Zuständigkeit zur Weiterführung des mit Ablauf des 31. Dezember 2013 beim UVS anhängigen Verfahrens auf das Verwaltungsgericht übergegangen.

Einleitend ist weiter festzuhalten, dass die Vorgangsweise, dass das Verwaltungsgericht mit dem angefochtenen Beschluss über die Zurückweisung des der Aktenlage nach verspäteten Rechtsmittels unabhängig vom bloß anhängigen, aber noch nicht bewilligten Wiedereinsetzungsantrag auf Grund der Aktenlage entschied, zulässig war: Mit Erkenntnis eines verstärkten Senats vom 23. Oktober 1986, Slg Nr 12275/A, wurde klargestellt und in der Folge in ständiger Rechtsprechung zu den einschlägigen Vorschriften des AVG erkannt, dass die Frage der Verspätung eines Rechtsmittels unabhängig von einem bloß anhängigen, aber noch nicht entschiedenen Wiedereinsetzungsantrag sogleich auf Grund der Aktenlage zu entscheiden ist. Wird die Wiedereinsetzung später bewilligt, tritt die Zurückweisungsentscheidung von Gesetzes wegen außer Kraft. Diese - insbesondere zu den §§ 71 und 72 AVG ergangene - Rechtsprechung wurde vom Verwaltungsgerichtshof auch auf die durch das VwGVG neu geschaffene Rechtslage übertragen (vgl VwGH vom 21. Oktober 2014, Ra 2014/03/0037).

5.2. Gemäß § 17 VwGVG sind auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art 130 Abs 1 B-VG die Bestimmungen des AVG - mit im Revisionsfall nicht relevanten Ausnahmen - anzuwenden, gemäß § 38 VwGVG in Verwaltungsstrafsachen zudem die Bestimmungen des VStG.

§ 44 VwGVG trifft Regelungen über die Durchführung einer mündlichen Verhandlung in Verfahren über Verwaltungsstrafsachen und bestimmt:

"Verhandlung

§ 44. (1) Das Verwaltungsgericht hat eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

(2) Die Verhandlung entfällt, wenn der Antrag der Partei oder die Beschwerde zurückzuweisen ist oder bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist.

(3) Das Verwaltungsgericht kann von einer Verhandlung absehen, wenn

1. in der Beschwerde nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet wird oder

2. sich die Beschwerde nur gegen die Höhe der Strafe richtet oder

3. im angefochtenen Bescheid eine 500 Euro nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde oder

4. sich die Beschwerde gegen einen verfahrensrechtlichen Bescheid richtet und keine Partei die Durchführung einer Verhandlung beantragt hat. Der Beschwerdeführer hat die Durchführung einer Verhandlung in der Beschwerde oder im Vorlageantrag zu beantragen. Den sonstigen Parteien ist Gelegenheit zu geben, einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.

(4) Soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nicht anderes bestimmt ist, kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen, wenn es einen Beschluss zu fassen hat, die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Sache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

(5) Das Verwaltungsgericht kann von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.

..."

Die vom Revisionswerber angesprochene Regelung des § 31 VStG

idF vor der Novelle BGBl I Nr 33/2013 lautete:

"Verjährung

§ 31. (1) Die Verfolgung einer Person ist unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von der Behörde keine Verfolgungshandlung (§ 32 Abs. 2 und 3) vorgenommen worden ist.

(2) Die Verjährungsfrist beträgt sechs Monate. Diese Frist ist von dem Zeitpunkt zu berechnen, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat; ist der zum Tatbestand gehörende Erfolg erst später eingetreten, so läuft die Frist erst von diesem Zeitpunkt.

(3) Sind seit dem in Abs. 2 bezeichneten Zeitpunkt drei Jahre vergangen, so darf ein Straferkenntnis nicht mehr gefällt werden. Eine Strafe darf nicht mehr vollstreckt werden, wenn seit ihrer rechtskräftigen Verhängung drei Jahre vergangen sind. Die Zeit eines Verfahrens vor dem Verfassungsgerichtshof, vor dem Verwaltungsgerichtshof oder vor dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften sowie Zeiten, während deren die Strafvollstreckung unzulässig, ausgesetzt, aufgeschoben oder unterbrochen war, sind nicht einzurechnen."

Durch die Novelle BGBl I Nr 33/2013 erhielt § 31 VStG folgende - seit 1. Juli 2013 in Kraft stehende - Fassung:

"Verjährung

§ 31. (1) Die Verfolgung einer Person ist unzulässig, wenn gegen sie binnen einer Frist von einem Jahr keine Verfolgungshandlung (§ 32 Abs. 2) vorgenommen worden ist. Diese Frist ist von dem Zeitpunkt zu berechnen, an dem die strafbare Tätigkeit abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat; ist der zum Tatbestand gehörende Erfolg erst später eingetreten, so läuft die Frist erst von diesem Zeitpunkt.

(2) Die Strafbarkeit einer Verwaltungsübertretung erlischt durch Verjährung. Die Verjährungsfrist beträgt drei Jahre und beginnt in dem in Abs. 1 genannten Zeitpunkt. In die Verjährungsfrist werden nicht eingerechnet:

1. die Zeit, während deren nach einer gesetzlichen Vorschrift die Verfolgung nicht eingeleitet oder fortgesetzt werden kann;

2. die Zeit, während deren wegen der Tat gegen den Täter ein Strafverfahren bei der Staatsanwaltschaft, beim Gericht oder bei einer anderen Verwaltungsbehörde geführt wird;

3. die Zeit, während deren das Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung einer Vorfrage ausgesetzt ist;

4. die Zeit eines Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof, vor dem Verfassungsgerichtshof oder vor dem Gerichtshof der Europäischen Union.

..."

5.3. Nach der ständigen Judikatur zu § 31 VStG idF vor BGBl I Nr 33/2013 ist als "Straferkenntnis" im Sinn des § 31 Abs 3 erster Satz VStG auch die Bestätigung eines solchen durch die im Instanzenzug angerufene Berufungsbehörde zu verstehen (vgl die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze II2, § 31 VStG, unter E74 wiedergegebene Rechtsprechung). Es durfte daher auch ein erstinstanzliches Straferkenntnis bestätigender Berufungsbescheid nach Ablauf der Dreijahresfrist nach Beendigung der Tat nicht mehr erlassen werden.

Entgegen der Auffassung des Revisionswerbers kann daraus aber nicht abgeleitet werden, dass die Zurückweisung eines Rechtsmittels als verspätet nach Ablauf der genannten Dreijahresfrist unzulässig wäre: Voraussetzung für die inhaltliche Behandlung einer Berufung - sei es durch Bestätigung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses oder durch dessen Abänderung oder Aufhebung - ist, wie sich aus § 66 Abs 4 AVG ergibt, die Zulässigkeit und Rechtzeitigkeit des Rechtsmittels. Die Berufungsbehörde belastete ihre Entscheidung mit Rechtswidrigkeit, entschiede sie inhaltlich über eine verspätete Berufung (ständige Rechtsprechung, vgl die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2, § 66 AVG, unter E 107 wiedergegebene Rechtsprechung).

Die Zurückweisung einer verspäteten Berufung gegen ein Straferkenntnis kann daher einer - nach dem Gesagten im Fall des Verstreichens der genannten Dreijahresfrist unzulässigen - "Bestätigung" des Straferkenntnisses nicht gleichgehalten werden.

Diese Rechtsprechung lässt sich auch auf die durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz neu geschaffene Rechtslage übertragen, zumal sich die für die oben dargestellten Erwägungen der Judikatur maßgeblichen Vorschriften nunmehr im VwGVG widerspiegeln: Die Zuständigkeit zur Weiterführung des vormals beim UVS anhängigen Berufungsverfahrens ist auf das Verwaltungsgericht übergegangen (Art 151 Abs 51 Z 8 B-VG; § 3 Abs 7 VwGbK-ÜG). Voraussetzung für eine inhaltliche Entscheidung der Verwaltungsgerichte über eine Beschwerde ist (weiterhin), dass diese nicht - etwa wegen Verspätung - zurückzuweisen ist (§ 28 Abs 1, § 50 VwGVG).

Entgegen der Auffassung des Revisionswerbers widerspricht der angefochtene Beschluss daher nicht § 31 VStG.

Dass die - aus einem offenkundigen Schreibfehler resultierende (§ 31 VwGVG weist keinen Abs 4 auf) - Wendung im Spruch des angefochtenen Beschlusses, die Beschwerde werde "gemäß § 31 Abs 4 VwGVG" zurückgewiesen, Rechte des Revisionswerbers verletzt, wird von der Revision nicht einmal ansatzweise dargelegt.

Entgegen der Auffassung des Revisionswerbers begründet es auch keinen Verfahrensfehler, dass das Verwaltungsgericht in dem dem angefochtenen Beschluss zu Grunde liegenden Verfahren keine mündliche Verhandlung durchgeführt hat, entfällt doch gemäß § 44 Abs 2 VwGVG die Verhandlung (unter anderem) dann, wenn die Beschwerde zurückzuweisen ist.

5.4. Anders verhält es sich mit der Revision gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts.

Die Revision macht geltend, dass das Verwaltungsgericht zu Unrecht keine mündliche Verhandlung über den Wiedereinsetzungsantrag durchgeführt habe, und ist damit im Recht:

Nach der Regelung des § 44 Abs 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht in Verfahren in Verwaltungsstrafsachen (grundsätzlich, vgl VwGH vom 31. Juli 2014, Ra 2014/02/0011) eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Diese kann unter den in § 44 Abs 2 bis 5 VwGVG genannten Voraussetzungen entfallen.

Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts konnte eine mündliche Verhandlung nicht nach § 44 Abs 3 Z 4 VwGVG unterbleiben, hat doch der Revisionswerber die Durchführung einer mündlichen Verhandlung explizit beantragt.

Voraussetzung für das Absehen von einer mündlichen Verhandlung iSd § 44 Abs 3 VwGVG ist jedenfalls, dass keine Partei die Durchführung einer Verhandlung beantragt hat. Da der Revisionswerber in der Berufung die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt hatte, liegen die Voraussetzungen des § 44 Abs 3 VwGVG nicht vor.

Das Absehen von einer mündlichen Verhandlung konnte aber auch nicht etwa auf § 44 Abs 4 VwGVG gestützt werden: Nach dieser Bestimmung kann das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrags von einer Verhandlung absehen, wenn es einen Beschluss zu fassen hat, die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Erklärung der Sache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art 6 Abs 1 EMRK noch Art 47 GRC entgegenstehen. Da das Verwaltungsgericht vorliegendenfalls nicht einen Beschluss zu fassen, sondern mit Erkenntnis zu entscheiden hatte, durfte es schon von daher nicht von der beantragten Verhandlung absehen (vgl VwGH vom 23. März 2015, Zl Ra 2014/08/0066).

5.5. Aus dem Gesagten folgt, dass die Revision gegen den angefochtenen Beschluss als unbegründet abzuweisen war, während das angefochtene Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben war.

Von der Durchführung einer seitens des Revisionswerbers beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs 2 Z 6 VwGG abgesehen werden (vgl VwGH vom 27. Juli 2007, 2006/10/0040). Durch die Aufhebung der Entscheidung über den Wiedereinsetzungsantrag ist die Durchführung einer mündlichen Verhandlung durch das Verwaltungsgericht gewährleistet.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 9. September 2015

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