VwGH Ra 2014/20/0047

VwGHRa 2014/20/004710.12.2015

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Beck und die Hofräte Mag. Eder und Dr. Schwarz als Richter, unter Beiziehung der Schriftführerin MMag. Ortner, in den Rechtssachen der Revision 1. der N D (prot. zur hg. Zl. Ra 2015/20/0047), und 2. des R D (prot. zur hg. Zl. Ra 2015/20/0048), beide in M, beide vertreten durch DDr. Paul Hopmeier, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Rathausstraße 15, gegen die Erkenntnisse des Bundesverwaltungsgerichtes jeweils vom 22. April 2014, Zl. G306 1420209-1/10E (zu 1.) und Zl. G306 1420208-1/15E (zu 2.), jeweils betreffend Angelegenheiten nach dem AsylG 2005, den Beschluss gefasst:

Normen

AsylG 2005 §3 Abs1;
EMRK Art3;
AsylG 2005 §3 Abs1;
EMRK Art3;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).

Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

Die Behandlung der gegen die angefochtenen Erkenntnisse des Bundesverwaltungsgerichtes erhobene Beschwerde der Revisionswerber hat der Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom 11. Juni 2015, E 511-512/2014-5, mit der Begründung abgelehnt, dass das Bundesverwaltungsgericht weder eine grundrechtswidrige Gesetzesauslegung vorgenommen habe, noch ihm grobe Verfahrensfehler unterlaufen seien, die eine vom Verfassungsgerichtshof aufzugreifende Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würden. Mit Beschluss vom 5. August 2015, E 511- 512/2014-17, hat der Verfassungsgerichtshof über Antrag der Revisionswerber die Behandlung der Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

In der nun vorliegenden außerordentlichen Revision wird zunächst - bezugnehmend auf die Erstrevisionswerberin - geltend gemacht, das angefochtene Erkenntnis widerspreche jener Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach sich das Bundesverwaltungsgericht im Rahmen der Begründung seiner Entscheidung insbesondere damit auseinandersetzen müsse, ob der Zugang zu notwendigen medizinischen Behandlungen nicht nur grundsätzlich, sondern auch angesichts der konkreten Kosten und der Erreichbarkeit ärztlicher Organisationen im konkreten Fall möglich sei. Unter Darstellung der maßgebenden persönlichen Verhältnisse der Erstrevisionswerberin sei in diesem Zusammenhang auch zu prüfen, mit welcher Wahrscheinlichkeit beim Unterbleiben einer weiteren Therapie mit einem Wiederanstieg der Erkrankung zu rechnen sei und welche Auswirkungen auf den Gesundheitszustand als reale Gefahr damit verbunden wären.

Dem sind die Feststellungen des Bundesverwaltungsgerichtes entgegen zu halten, wonach die Kehlkopferkrankung der Erstrevisionswerberin in Mazedonien behandelbar sei und alle mazedonischen Staatsbürger Zugang zum öffentlichen Gesundheitssystem hätten. Weiters stellte das Bundesverwaltungsgericht fest, dass sich Personen, welche länger nicht in Mazedonien gewohnt hätten, nach ihrer Rückkehr bei einem "Fonds" melden könnten und gemäß Angaben des Krankenversicherungsfonds ab dem gleichen Tag versichert seien. Zudem ist das Bundesverwaltungsgericht in seinen Erwägungen davon ausgegangen, dass die Erstrevisionswerberin im Herkunftsstaat grundsätzlich in der Lage sein werde, mit der Unterstützung ihres Mannes und der vier leiblichen Kinder sowie der staatlichen und privaten Sozialeinrichtungen ein Auskommen zu erlangen. Das - erstmals in der Revision erstattete - Vorbringen, aufgrund der mittlerweile erfolgten Ausreise der Töchter aus Mazedonien hätte die Erstrevisionswerberin ebendort keine familiäre Unterstützung, widerspricht dem im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof zu beachtenden Neuerungsverbot.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat im Allgemeinen kein Fremder ein Recht, in einem fremden Aufenthaltsstaat zu verbleiben, bloß um dort medizinisch behandelt zu werden, und zwar selbst dann nicht, wenn er an einer schweren Krankheit leidet oder selbstmordgefährdet ist. Dass die Behandlung im Zielland nicht gleichwertig, schwerer zugänglich oder kostenintensiver ist, ist unerheblich, solange es grundsätzlich Behandlungsmöglichkeiten im Zielstaat bzw. in einem bestimmten Teil des Zielstaats gibt. Nur bei Vorliegen außergewöhnlicher Umstände führt die Abschiebung zu einer Verletzung von Art. 3 EMRK. Solche liegen etwa vor, wenn ein lebensbedrohlich Erkrankter durch die Abschiebung einem realen Risiko ausgesetzt würde, unter qualvollen Umständen zu sterben (vgl. den hg. Beschluss vom 15. Oktober 2015, Ra 2015/20/0218 bis 0221, mwN).

Soweit die Revisionswerber die mit einer Behandlung der Erstrevisionswerberin in Mazedonien verbundenen Kosten ins Treffen führen, wird überdies kein im vorliegenden Fall unter dem Gesichtspunkt des Art. 3 EMRK wesentlicher Aspekt angesprochen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 7. Oktober 2003, 2002/01/0379).

Weiters bringt die Revision im Hinblick auf den Zweitrevisionswerber zu ihrer Zulässigkeit vor, das angefochtene Erkenntnis stehe im "Widerspruch zu jener allgemeinen (und herkunftsländerübergreifenden) Rechtsprechung des VwGH", wonach sich "das Bundesverwaltungsgericht im Rahmen der Begründung seiner Entscheidung eingehend mit dem Vorbringen des Asylwerbers zu seinen Verfolgungsgründen auseinander setzen" müsse, und zwar "vor allem auch als es sich durch Beischaffung der erforderlichen Länderinformationen und Anfragebeantwortungen das notwendige Wissen zu verschaffen" habe, "um das Vorbringen des Asylwerbers in angemessener Weise beurteilen zu können".

Mit diesen Ausführungen zur Zulässigkeit der Revision wird nicht hinreichend dargetan, von welcher konkreten Rechtsfrage das rechtliche Schicksal der Revision abhängen soll.

Es entspricht der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass sich das Revisionsmodell nach dem Willen des Verfassungsgesetzgebers an der Revision nach den §§ 500 ff ZPO orientieren (vgl. RV 1618 BlgNR 24. GP , 16). Ausgehend davon ist der Verwaltungsgerichtshof als Rechtsinstanz tätig, zur Überprüfung der Beweiswürdigung ist er im Allgemeinen nicht berufen. Auch kann einer Rechtsfrage nur dann grundsätzliche Bedeutung zukommen, wenn sie über den konkreten Einzelfall hinaus Bedeutung besitzt (vgl. etwa den hg. Beschluss vom 17. März 2015, Ra 2015/01/0027, mwN).

Die nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung vorgenommene einzelfallbezogene Beurteilung des Bundesverwaltungsgerichtes, wonach die behauptete Furcht des Zweitrevisionswerbers - aufgrund seiner Unterstützung einer Oppositionspartei in Mazedonien mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit aus den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen verfolgt zu werden - nicht begründet sei, erweist sich als nicht unvertretbar.

Eine zur Zulässigkeit der Revision führende Rechtsfrage im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG wird mit diesem Vorbringen im Übrigen auch deshalb nicht aufgezeigt, weil sich das Bundesverwaltungsgericht in der Begründung seiner abweisenden Entscheidung entscheidungswesentlich auch auf die ausreichende und nicht bestrittene Schutzfähigkeit und -willigkeit des Staates der Republik Mazedonien stützt.

In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

Wien, am 10. Dezember 2015

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