VwGH Ra 2014/07/0103

VwGHRa 2014/07/010326.2.2015

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger und die Hofräte Dr. N. Bachler und Mag. Haunold als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Artmann, über die Revision *****, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich vom 17. September 2014, Zl. LVwG-550332/3/WIM/SB/BD, betreffend Zurückweisung und Abweisung eines Antrages auf Wiederaufnahme des Verfahrens in einer Angelegenheit nach dem Wasserrechtsgesetz 1959 (mitbeteiligte Partei: Wassergenossenschaft O, vertreten durch den Obmann Dr. H S in S; belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht:

Bezirkshauptmannschaft B), den Beschluss gefasst:

Normen

AVG §69 Abs1 Z1;
AVG §69 Abs3;
B-VG Art133 Abs4;
B-VG Art133 Abs6 Z1;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;
AVG §69 Abs1 Z1;
AVG §69 Abs3;
B-VG Art133 Abs4;
B-VG Art133 Abs6 Z1;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft B vom 13. Juni 1978 wurde die bei der Gründungsversammlung der künftigen Genossenschaftsmitglieder am 5. April 1978 getroffene freie Vereinbarung betreffend die Bildung der Wassergenossenschaft O anerkannt.

Mit dem laut Akteninhalt mit 25. März 2013 datierten, im angefochtenen Erkenntnis und in der Revision als Schreiben vom 25. April 2013 bezeichneten Schreiben sowie weiteren, in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Erkenntnisses im Einzelnen dargelegten, im Zeitraum vom 10. Mai 2013 bis 10. Juli 2014 erfolgten Eingaben beantragten die Revisionswerber die Wiederaufnahme des Verfahrens zur Gründung der Wassergenossenschaft O. Begründend führten sie im Wesentlichen aus, dass dem Anerkennungsbescheid kein gültiger Gründungsbeschluss zugrunde liege und das Gründungsprotokoll gefälscht worden sei.

Dieser Antrag unter Miteinbeziehung der genannten Schreiben wurde mit Bescheid der BH vom 1. August 2014, insofern er sich auf den Wiederaufnahmegrund des § 69 Abs. 1 Z 2 AVG stützte, "als unbegründet abgewiesen und als verspätet zurückgewiesen"; insofern sich der Antrag auf den Wiederaufnahmegrund des § 69 Abs. 1 Z 1 AVG stützte, wurde er als unbegründet abgewiesen.

Die dagegen von den Revisionswerbern erhobene Beschwerde wurde mit dem angefochtenen Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich (LVwG) vom 17. September 2014 als unbegründet abgewiesen.

In seinen Erwägungen hielt das LVwG unter anderem fest, dass die objektive Frist für den Wiederaufnahmeantrag abgelaufen sei, weshalb der Antrag als unzulässig zurückzuweisen gewesen sei. Eine amtswegige Wiederaufnahme des Verfahrens iSd § 69 Abs. 1 Z 1 AVG habe im gegenständlichen Fall auch nicht in Betracht gezogen werden können, weil die dafür maßgeblichen Anhaltspunkte fehlten. Unter Hinweis auf ein Schreiben der BH vom 20. Oktober 2011 und den erstinstanzlichen Bescheid der BH vom 1. August 2014 führte das LVwG aus, die Behörden hätten den Sachverhalt eingehend geprüft und es hätten sich "keine Anhaltspunkte für das Vorliegen gefälschter Protokolle insbesondere eines gefälschten Gründungsprotokolles" ergeben. Auch die Staatsanwaltschaft Ried im Innkreis habe wegen Übertretungen nach §§ 302 und 293 StGB ermittelt und die Verfahren nach § 190 Z 2 StPO eingestellt. Die vorgebrachten Wiederaufnahmegründe, es würden gerichtlich strafbare Handlungen vorliegen (Fälschung des Gründungsprotokolls und Vorbringen, dass dem Anerkennungsbescheid kein gültiger Gründungsbeschluss zugrunde liege), seien somit eingehend geprüft worden. Der Tatbestand für die amtswegige Wiederaufnahme iSd § 69 Abs. 1 Z 1 AVG liege nicht vor.

Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.

2. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

3. In der Revision wird zu deren Zulässigkeit ausgeführt, bei der in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichthofes noch keiner abschließenden Klärung zugeführten zentralen Rechtsfrage gehe es im Wesentlichen darum, ob bzw. in welchem Umfang die Behörde das Vorliegen einer gerichtlich strafbaren Handlung (Wiederaufnahmegrund des § 69 Abs. 1 Z 1 AVG) von Amts wegen auch dann selbst einer genauen Prüfung zu unterziehen habe, wenn ein seitens der Staatsanwaltschaft eingeleitetes Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts verschiedener nach dem StGB pönalisierter Delikte eingestellt worden sei. Das LVwG verkenne die bisherige einschlägige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, andererseits existiere noch keine Rechtsprechung zu einem ähnlichen Sachverhalt. Das Vorliegen eines strafgerichtlichen Urteils stelle keine Voraussetzung für die Wiederaufnahme dar. Umgekehrt könne die Einstellung des Verfahrens durch die Staatsanwaltschaft gemäß § 190 Z 2 StPO keine Bindungswirkung dahingehend entfalten, dass die Behörde automatisch vom Nichtvorliegen eines strafbaren Verhaltens ausgehen dürfe.

4. Mit diesem Vorbringen werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.

Damit von einer Rechtsfrage gesprochen werden kann, der im Beschwerdefall im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt, muss sie sich inhaltlich auf eine durch den angefochtenen Bescheid mögliche Rechtsverletzung beziehen und sich daher innerhalb der Sache des Verwaltungsverfahrens bewegen (vgl. den hg. Beschluss vom 23. April 2014, Zl. Ro 2014/07/0008). Die Zulässigkeit einer Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG setzt voraus, dass die in dieser Bestimmung genannte Rechtsfrage eine solche ist, durch deren Lösung im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes ein Eingriff in subjektive Rechte des Revisionswerbers im Sinne des Art. 133 Abs. 6 Z 1 B-VG zumindest möglich ist (vgl. den hg. Beschluss vom 12. August 2014, Zl. Ra 2014/06/0015).

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes liegt die Beurteilung, ob ein Verfahren von Amts wegen wieder aufgenommen wird, im Ermessen der Behörde. Ein Rechtsanspruch auf amtswegige Wiederaufnahme besteht nicht (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 26. Juni 2008, Zl. 2008/07/0106, und vom 22. Oktober 2013, Zl. 2013/10/0165, jeweils mwN).

Das Nichterfolgen einer amtswegigen Wiederaufnahme des Verfahrens iSd § 69 Abs. 1 Z 1 AVG konnte die Revisionswerber somit nicht in ihren Rechten verletzen. Schon deshalb zeigt das gemäß § 28 Abs. 3 VwGG erstattete Vorbringen der Revisionswerber keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung auf.

Darüber hinaus ist für das Aufzeigen einer Rechtsfrage als Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung darzulegen, warum das rechtliche Schicksal der Revision von dieser Frage abhängen sollte (vgl. den hg. Beschluss vom 27. Oktober 2014, Zl. Ro 2014/04/0061, mwN).

Das LVwG hat das Nichtinbetrachtziehen einer amtswegigen Wiederaufnahme des Verfahrens gemäß § 69 Abs. 1 Z 1 AVG nicht allein mit der Einstellung des vor der Staatsanwaltschaft Ried im Innkreis anhängig gewesen Verfahrens, sondern in erster Linie mit der eingehenden Prüfung des Sachverhalts durch die Behörden und insbesondere dem Hinweis auf das Schreiben der BH vom 20. Oktober 2011 begründet. Dass es sich dabei um keine tragfähige Begründung für das Nichterfolgen einer amtswegigen Wiederaufnahme handelte, wird in der Revision im Rahmen der Gründe des § 28 Abs. 3 VwGG ebenso wenig vorgebracht wie eine in diesem Zusammenhang bestehende Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung (vgl. zur Zurückweisung einer Revision bei Vorliegen einer tragfähigen Alternativbegründung auch den hg. Beschluss vom 16. Dezember 2014, Zl. Ra 2014/11/0095, mwN).

Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 26. Februar 2015

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