VwGH 2008/07/0106

VwGH2008/07/010626.6.2008

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger und die Hofräte Dr. Beck, Dr. Hinterwirth, Dr. Enzenhofer und Dr. Sulzbacher als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Chlup, über die Beschwerde des A G in Z, vertreten durch Dr. Peter Rosenthal, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Vogelweiderstraße 55, gegen den Bescheid des Landesagrarsenates beim Amt der Salzburger Landesregierung vom 28. März 2008, Zl. LAS-3/44/5-2008, betreffend Wiederaufnahme eines agrarbehördlichen Verfahrens, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §69 Abs1 Z1;
AVG §69 Abs2;
AVG §69 Abs3;
VwRallg;
AVG §69 Abs1 Z1;
AVG §69 Abs2;
AVG §69 Abs3;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus dem angefochtenen Bescheid, der Sachverhaltsdarstellung des den Beschwerdeführer betreffenden hg. Erkenntnisses vom 31. März 2005, 2004/07/0037, und der Beschwerde geht folgender Sachverhalt hervor:

Der Beschwerdeführer ist Eigentümer der Liegenschaft EZ. 150 GB E. Mit Übergabevertrag vom 14. Dezember 1987 übergab der Vater des Beschwerdeführers als Eigentümer der an der Agrargemeinschaft T Wald- und Weidegemeinschaft anteilsberechtigten Liegenschaft Ogut, EZ. 16, aus dem Gutsbestand dieser Liegenschaft dem Beschwerdeführer die Grundstücke 21 und 22 je Bfl. Gemäß Punkt XV des Vertrages wurde vereinbart, dass eine Übertragung von Nutzungs- und Anteilsrechten im Sinne des § 38 des Salzburger Flurverfassungs-Landesgesetzes (FLG) und § 4 des Wald- und Weideservitutengesetzes (WWSG) nicht erfolge.

Mit Bescheid der Agrarbehörde Salzburg (AB) vom 6. Mai 1988 wurde diese Vereinbarung des Übergabevertrages vom 14. Dezember 1987 gemäß § 38 FLG und § 3 des Salzburger Einforstungsrechtegesetzes (EFRG) agrarbehördlich genehmigt.

Dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft.

In weiterer Folge wurde der Übergabevertrag grundbücherlich durchgeführt und für die vertragsgegenständlichen Grundstücke 21 und 22 je Bfl die Liegenschaft EZ. 150 eröffnet. Diese beiden Grundstücke wurden im Sinne der vertraglichen Vereinbarungen ohne jegliche agrarische Rechte von der Liegenschaft EZ. 16 zur neuen Liegenschaft EZ. 150 abgeschrieben.

Am 13. Dezember 2005 langte bei der AB der Antrag des Beschwerdeführers auf Wiederaufnahme des mit Bescheid der AB vom 6. Mai 1988 abgeschlossenen Verfahrens ein. Der Beschwerdeführer begründete seinen Wiederaufnahmeantrag im Wesentlichen damit, dass er den gegenständlichen Übergabevertrag im Vertrauen darauf abgeschlossen habe, vom Übergeber weitere Grundflächen aus der Liegenschaft EZ 16 KG E zu erhalten. Nach seinen Angaben habe es Zusagen des Übergebers gegeben, wonach er als dessen Erbe die zur übergebenen Hofstelle dazugehörigen Nutzflächen im Ausmaß von ca. 7,5 ha erhalten solle. Diese mündlichen Zusagen seien nach den Angaben des Antragsstellers jedoch nicht eingehalten worden und somit sei das Zustandekommen des agrarbehördlichen Genehmigungsbescheides erschlichen worden.

Mit Bescheid der AB vom 3. Oktober 2007 wurde dieser Antrag gemäß § 69 Abs. 2 AVG in Verbindung mit § 1 Agrarverfahrensgesetz 1950 (AgrVG 1950) wegen Verspätung zurückgewiesen.

Dies wurde im Wesentlichen damit begründet, dass die 3-Jahres-Frist des § 69 Abs. 2 AVG angesichts der Bescheiderlassung im Jahre 1988 bereits abgelaufen sei, zumal der Antragsteller in seiner Eingabe keine Angaben darüber gemacht habe, wann er von dem Wiederaufnahmegrund erfahren habe. Schließlich sei Gegenstand des seinerzeitigen Genehmigungsverfahrens der im gegenständlichen Übergabevertrag schriftlich dokumentierte Inhalt des einvernehmlich zu Stande gekommenen Vertragswillens gewesen und hätten allenfalls getroffene mündliche Nebenabreden keine Auswirkungen auf das Ergebnis dieses Genehmigungsverfahrens gehabt. In diesem Zusammenhang verwies die AB auf den Punkt XVI des Übergabevertrages, wonach mündliche Nebenabreden nichtig seien.

Der Beschwerdeführer erhob Berufung und brachte vor, die AB verkenne die Rechtslage, weil der Wiederaufnahmeantrag auf die amtswegige Wiederaufnahme des "Zustimmungsverfahrens" zum Übergabevertrag vom 14. Dezember 1987 gerichtet sei. Genau für dieses amtswegige Wiederaufnahmeverfahren greife die in § 69 Abs. 2 AVG normierte dreijährige Absolutfrist nicht. Der Antrag auf amtswegige Wiederaufnahme sei auch nicht grundlos gestellt worden, weil die AB mit ihrem Bescheid vom 6. Mai 1988 nicht nur entgegen ihrer moralischen Verpflichtung sondern auch ihrer rechtlichen Verpflichtung des § 3 EFRG gehandelt habe, weil sie einen Übergabevertrag genehmigt habe, der zwar die Übereignung der Hofstelle, aber nicht die der entsprechenden landwirtschaftlichen Nutzflächen beinhaltet hätte. Diese Vorgangsweise, nämlich einen "Zustimmungsbescheid" zu einem solchen Übergabevertrag zu erlassen, grenze auch an Amtshaftung und könnte dementsprechende Amtshaftungsansprüche nach dem AHG begründen. Es liege eine Bescheiderschleichung vor. In diesem Zusammenhang zitierte der Beschwerdeführer Teile der Urteilsbegründung des Urteils des OLG Linz in der Arbeitsrechtssache des Beschwerdeführers gegen seinen Vater vom 30. September 2003 und meinte, daraus lasse sich eindeutig ableiten, dass dem Beschwerdeführer vom Übergeber rechtsverbindlich die Übereignung der landwirtschaftlichen Nutzflächen zur Hofstelle zugesagt worden sei. Die belangte Behörde als Berufungsbehörde möge im Zusammenhalt mit § 69 Abs. 1 und 3 AVG das "Zustimmungsverfahren" zum Übergabevertrag dahingehend wiederaufnehmen, als der Vertragspunkt II ergänzt und eine Bestimmung aufgenommen werde, wonach alle Liegenschaften inneliegend in der EZ 16 im Ausmaß von ca. 7,4370 ha mit zu übereignen seien.

Die belangte Behörde hielt darüber am 28. März 2008 eine mündliche Verhandlung ab und wies mit dem nunmehr in Beschwerde gezogenen Bescheid vom gleichen Tag die Berufung als unbegründet ab.

Dies wurde damit begründet, dass der Umstand, wonach die im gegenständlichen Fall geltende 3-Jahres-Frist hinsichtlich des gestellten Wiederaufnahmeantrages jedenfalls versäumt worden sei, offenkundig vom Beschwerdeführer selbst nicht bestritten, sondern anerkannt werde. Er verweise aber darauf, dass die Behörde beim Erschleichungstatbestand an diese Frist nicht gebunden wäre und seiner Auffassung nach eine Erschleichung aus Sicht des Übergebers vorläge. Damit übersehe der Beschwerdeführer aber, dass er nach Versäumung seiner für ihn geltenden Frist keinen Rechtsanspruch mehr darauf habe, dass die Behörde von ihrem Recht, ein Verfahren wiederaufzunehmen, Gebrauch mache.

Unabhängig davon werde aber festgestellt, dass die ehemalige Motivation des Beschwerdeführers zum Abschluss des Übergabevertrages, nämlich die Zusage, weitere landwirtschaftliche Flächen zu erhalten, nicht Gegenstand der agrarbehördlichen Genehmigung gewesen sei, sondern nur der vorliegende Vertragstext, nämlich dass eine Übertragung von Nutzungs- und Anteilsrechten im Sinne des § 38 FLG und § 4 WWSG nicht erfolge. Nur dieser Punkt sei der agrarbehördlichen Genehmigung unterlegen und nicht der Übergabevertrag in seiner Gesamtheit. Diese Bestimmung des Übergabevertrages sei auch derart eindeutig, dass sie keinerlei Interpretationen zulasse, wobei zusätzlich im Punkt XVI des Vertrages ausdrücklich noch verankert worden sei, dass mündliche Nebenabreden nichtig seien und jede Änderung oder Ergänzung der Schriftform und beiderseitiger Unterfertigung bedürften. Der Vertragswille sei daher eindeutig fixiert gewesen. Dem Beschwerdeführer wäre es damals jederzeit frei gestanden, den Übergabevertrag nicht zu unterfertigen oder mit entsprechenden Zusätzen zu versehen, was aber offenkundig nicht geschehen sei. Eindeutig sei aus dem Vertragstext ableitbar, dass der Beschwerdeführer zum damaligen Zeitpunkt nicht Eigentümer der landwirtschaftlichen Flächen werden sollte, dem Eigentümer sei daher offenkundig die Disposition über seine landwirtschaftlichen Flächen weiterhin vorbehalten. So habe auch das OLG Linz in seinem Urteil vom 30. September 2003 die Rechtsansicht des Erstgerichtes bestätigt, wonach die Übergabe der zum Gastgewerbebetrieb samt Privatzimmervermietung gehörigen Grundstücke und Gebäude nicht mit dem landwirtschaftlichen Bereich des Gutes gleichzusetzen sei und habe daran unter anderem auch die Leistungspflicht des Übergebers hinsichtlich der finanziellen Abgeltung der für die Landwirtschaft erbrachten Leistungen geknüpft. Ausdrücklich sei dabei auch festgehalten worden, dass die Verarbeitung der landwirtschaftlichen Erzeugnisse aus der Landwirtschaft im Gastgewerbebetrieb daran nichts ändere.

Von einer Erschleichung bzw. strafbaren Handlung könne daher von Seiten des Übergebers hinsichtlich des gegenständlichen agrarbehördlichen Verfahrens überhaupt keine Rede sein, wobei im Übrigen die Vertragsvorlage offenkundig nicht durch den Übergeber sondern durch den damaligen Vertragsverfasser erfolgt und der Vertrag auch an diesen wieder rückübermittelt worden sei. Schließlich habe auch der Verwaltungsgerichtshof schon in seinem die Verfahrensparteien betreffenden Erkenntnis vom 31. März 2005, 2004/07/0037 sinngemäß ausgeführt, dass die Agrarbehörde Verträge nur mit dem Inhalt, den sie aufwiesen, genehmigen oder aber von der Genehmigung absehen könne. Keinesfalls könne sie aber den Inhalt eines zur Genehmigung vorgelegten Vertrages ändern. Genau das strebe der Beschwerdeführer aber an, gehe es ihm doch in erster Linie um eine Abänderung des Übergabevertrages vom 14. Dezember 1987.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der der Beschwerdeführer Rechtswidrigkeit des Inhaltes, hilfsweise Rechtswidrigkeit wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend macht.

Der Beschwerdeführer rügt die Rechtsansicht der belangten Behörde, Gegenstand des agrarbehördlichen "Zustimmungsverfahrens" sei ausschließlich Punkt XV des Vertrages gewesen, der die Übertragung von Nutzungs- und Anteilsrechten geregelt habe. Weiters entspreche es nicht den Tatsachen, dass die 3-Jahres-Frist bereits abgelaufen sei; hätte die belangte Behörde ein diesbezügliches Ermittlungsverfahren durchgeführt, wäre ihr mit Sicherheit aufgefallen, dass die begehrten Grünlandflächen im Jahr 2003 an die Geschwister des Beschwerdeführers übereignet worden seien. Weiters sei der Wiederaufnahmegrund des Erschleichens des Bescheides dem Beschwerdeführer erst im Jahr 2006, nämlich durch Erhalt der Übergabeunterlagen aus dem Salzburger Landesarchiv, bekannt geworden.

Schließlich sei der Bescheid erschlichen worden, weil der AB zur Zeit der Genehmigung verschwiegen worden sei, dass der Beschwerdeführer den Vertrag ausschließlich unterzeichnet habe, weil ihm die Übereignung der landwirtschaftlichen Nutzflächen zu einem späteren Zeitpunkt vom Vater rechtsverbindlich selbst vor Zeugen in Aussicht gestellt worden sei. Die AB hätte den Übergabevertrag nach den einschlägigen landesrechtlichen Bestimmungen dahingehend zu überprüfen gehabt, ob der Vertragsinhalt den Erhalt einer leistungsfähigen Landwirtschaft überhaupt möglich mache. Schließlich seien auch die Ausführungen betreffend die amtswegige Verfügung der Wiederaufnahme nicht erklärlich, da es bei dem aufgezeigten Straftatbestand der Bescheiderschleichung mit einer massiven wirtschaftlichen Schädigung des Beschwerdeführers wohl mehr als angebracht erscheine, dass die belangte Behörde ihrer gesetzlichen Verpflichtung der amtswegigen Wiederaufnahme nachkommen hätte müssen.

Die gemäß § 1 AgrVG 1950 im Agrarverfahren anzuwendende Bestimmung des § 69 AVG hat folgenden Wortlaut:

"Wiederaufnahme des Verfahrens

§ 69

(1) Dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens ist stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist und:

1. der Bescheid durch Fälschung einer Urkunde, falsches Zeugnis oder eine andere gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt oder sonst wie erschlichen worden ist oder

2. ...

(2) Der Antrag auf Wiederaufnahme ist binnen zwei Wochen bei der Behörde einzubringen, die den Bescheid in erster Instanz erlassen hat. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Antragsteller von dem Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt hat, wenn dies jedoch nach der Verkündung des mündlichen Bescheides und vor Zustellung der schriftlichen Ausfertigung geschehen ist, erst mit diesem Zeitpunkt. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Bescheides kann der Antrag auf Wiederaufnahme nicht mehr gestellt werde. Die Umstände, aus welchen sich die Einhaltung der gesetzlichen Frist ergibt, sind vom Antragsteller glaubhaft zu machen.

(3) Unter den Voraussetzungen des Abs. 1 kann die Wiederaufnahme des Verfahrens auch von Amtswegen verfügt werden. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Bescheides kann die Wiederaufnahme auch von Amtswegen nur mehr aus den Gründen des Abs. 1 Z. 1 stattfinden.

(4) ..."

Unstrittig ist, dass der Bescheid der AB vom 8. Mai 1988 im Jahr 1988 rechtskräftig wurde. Die Agrarbehörden gingen in Bezug auf die absolute 3-Jahres-Frist des § 69 Abs. 2 AVG daher zutreffend davon aus, dass diese Frist zwischenzeitig verstrichen ist. Der Antrag des Beschwerdeführers auf Wiederaufnahme des Verfahrens war daher verspätet.

Daran vermag der Hinweis in der Beschwerde, wonach es zu einer Übereignung von Grundflächen an die Geschwister des Beschwerdeführers im Jahr 2003 gekommen sei ebenso wenig etwas zu ändern wie die - offenbar erstmals in der Beschwerde aufgestellte -

Behauptung, der Wiederaufnahmegrund des Erschleichens des Bescheides sei dem Beschwerdeführer erst im Jahre 2006 bekannt geworden. Auf den Zeitpunkt der Kenntnis des Wiederaufnahmegrundes kommt es nämlich nur bei der im zweiten Satz des § 69 Abs. 2 AVG genannten Frist von zwei Wochen zur Stellung eines Wiederaufnahmeantrages an, nicht aber bei der im dritten Satz dieser Bestimmung festgelegten absoluten Frist von drei Jahren.

Lediglich eine amtswegige Wiederaufnahme aus den Gründen des § 69 Abs. 1 Z 1 AVG wäre jenseits dieser 3-Jahres-Frist möglich. Selbst wenn der Antrag des Beschwerdeführers auf Wiederaufnahme des Verfahrens als bloße Anregung zu einer amtswegigen Wiederaufnahme verstanden werden sollte, verletzte ihn der angefochtene Bescheid aber nicht in Rechten, weil nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes der Partei eines Verfahrens ein Rechtsanspruch auf amtswegige Wiederaufnahme nicht zusteht (vgl. unter vielen die hg. Erkenntnisse vom 21. September 2007, 2006/05/0273, vom 27. März 2007, 2006/07/0012, und vom 26. Juni 1996, 95/07/0229).

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, dass die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 26. Juni 2008

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