VwGH 2013/06/0150

VwGH2013/06/015019.3.2015

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pallitsch und die Hofrätinnen Dr. Bayjones und Mag.a Merl als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Lehner, über die Beschwerde des Dr. R P (nunmehr: des ruhenden Nachlasses nach Dr. R P) in Wien, vertreten durch Mag. Marina Breitenecker, Dr. Christine Kolbitsch und Dr. Heinrich Vana, Rechtsanwälte in 1020 Wien, Taborstraße 10/2, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie vom 17. Juli 2013, Zl. BMVIT-326.600/0006-IV/ST3/20 13, betreffend Enteignung nach dem Bundesstraßengesetz 1971 (mitbeteiligte Partei: Republik Österreich, vertreten durch die ASFINAG Bau Management GmbH in 1030 Wien, Modecenterstraße 16), zu Recht erkannt:

Normen

B-VG Art132;
VwGG §27;
VwGG §36 Abs2 idF 1997/I/088;
VwGG §42 Abs2 Z2;
B-VG Art132;
VwGG §27;
VwGG §36 Abs2 idF 1997/I/088;
VwGG §42 Abs2 Z2;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Zur Vorgeschichte wird auf das hg. Erkenntnis vom 24. Februar 2009, Zl. 2005/06/0117, verwiesen. Mit diesem Erkenntnis wurde der Bescheid der belangten Behörde vom 23. April 2003, mit welchem dem Antrag der Mitbeteiligten vom 25. Februar 2002 auf (dauerhafte) Enteignung von im Eigentum des Beschwerdeführers (nunmehr: des ruhenden Nachlasses nach Dr. R P) stehenden Teilflächen der Grundstücke Nr. 126/35 und Nr. 126/38 sowie auf vorübergehende Inanspruchnahme von Teilflächen der Grundstücke Nr. 126/35 und Nr. 126/38 im Instanzenzug stattgegeben worden war, - mit hier nicht relevanten Ausnahmen - wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufgehoben.

Mit dem am 15. Juni 2012 beim Verwaltungsgerichtshof eingelangten Schriftsatz brachte der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang eine Säumnisbeschwerde ein und machte geltend, die belangte Behörde sei seit über sechs Monaten mit der Entscheidung säumig.

Der Verwaltungsgerichtshof forderte die belangte Behörde gemäß § 36 Abs. 2 VwGG zur Nachholung des versäumten Bescheides binnen drei Monaten auf. Diese Aufforderung vom 10. Juli 2012 wurde der belangten Behörde am 19. Juli 2012 zugestellt.

Mit Schriftsatz vom 1. Oktober 2012 beantragte die belangte Behörde mit näherer Begründung eine Fristverlängerung für die Nachholung des versäumten Bescheides; die Dauer des Verfahrens könne - so die belangte Behörde - nicht abgesehen werden.

Mit dem angefochtenen Bescheid, der dem Rechtsvertreter des Beschwerdeführers am 18. Juli 2013 zugestellt wurde, wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers als unbegründet ab. Der Verwaltungsgerichtshof stellte sodann mit Beschluss vom 7. August 2013 das Beschwerdeverfahren betreffend die Säumnis der belangten Behörde ein.

In der gegen den angefochtenen Bescheid erhobenen Beschwerde wird u.a. Unzuständigkeit der belangten Behörde geltend gemacht.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragte in ihrer Gegenschrift - ebenso wie die Mitbeteiligte -, die Beschwerde abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Auf den vorliegenden, mit Ablauf des 31. Dezember 2013 beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerdefall sind gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG die bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Bestimmungen des VwGG weiter anzuwenden.

Der Beschwerdeführer macht Unzuständigkeit der belangten Behörde geltend. Der Verwaltungsgerichtshof habe der belangten Behörde mit Beschluss vom 10. Juli 2012 aufgetragen, innerhalb einer Frist von drei Monaten den Bescheid zu erlassen. Die Gewährung einer Verlängerung für die Entscheidungsfrist sei dem Beschwerdeführer nicht zugestellt worden. Da somit die Entscheidungsfrist fruchtlos abgelaufen und damit die Zuständigkeit auf den Verwaltungsgerichtshof übergegangen sei, sei die belangte Behörde zur Erlassung des angefochtenen Bescheides erst nach Ablauf der Frist unzuständig gewesen. Daran ändere auch die trotz der verspäteten Nachholung des Bescheides erfolgte Einstellung des Säumnisbeschwerdeverfahrens nichts.

Dieses Vorbringen ist berechtigt.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes geht mit dem ergebnislosen Verstreichen der der säumigen Verwaltungsbehörde gemäß § 36 Abs. 2 VwGG gesetzten Frist die Zuständigkeit zur Entscheidung auf den Verwaltungsgerichtshof über. Erlässt die säumige Verwaltungsbehörde den Bescheid erst nach diesem Zuständigkeitsübergang, so ist diese Unzuständigkeit im Verfahren über die Beschwerde gegen diesen Bescheid vom Verwaltungsgerichtshof nicht von Amts wegen, sondern nur dann wahrzunehmen, wenn der Beschwerdeführer diesen Umstand ausdrücklich als Beschwerdepunkt geltend macht (vgl. u.a. das hg. Erkenntnis vom 23. Februar 2011, Zl. 2009/06/0127).

Im Beschwerdefall endete die der belangten Behörde zur Nachholung des versäumten Bescheides offenstehende Frist - zumal eine Verlängerung nicht zuerkannt wurde - am 18. Oktober 2012. Der angefochtene Bescheid wurde gegenüber den Parteien gemäß den vorgelegten Verwaltungsakten erst am 18. Juli 2013 erlassen. Damit war die belangte Behörde im Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides für die Angelegenheit nicht mehr zuständig, die Zuständigkeit war nach Ablauf der dreimonatigen Frist zur Nachholung des versäumten Bescheides auf den Verwaltungsgerichtshof übergegangen.

Wenn die belangte Behörde in ihrer Gegenschrift vorbringt, sie sei "offenkundig nicht unzuständig" gewesen, weil der Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 7. August 2013 das Verfahren betreffend die Säumnisbeschwerde eingestellt habe, verkennt sie die Rechtslage. Das Säumnisbeschwerdeverfahren ist sowohl bei fristgerechter als auch bei verspäteter Bescheiderlassung seit der Novelle des VwGG mit Bundesgesetz vom 13. August 1997, BGBl. I Nr. 88/1997, gemäß § 36 Abs. 2 dritter Satz VwGG einzustellen. Stellt der Verwaltungsgerichtshof das Verfahren über die Säumnisbeschwerde gemäß § 36 Abs 2 dritter Satz VwGG wegen Nachholung des versäumten Bescheides ein und wird der nachgeholte Bescheid in der Folge wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde vom Verwaltungsgerichtshof aufgehoben, so ist die belangte Behörde (beziehungsweise ab 1. Jänner 2014 das Verwaltungsgericht des Landes) zur neuerlichen Entscheidung in der Verwaltungssache zuständig (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 23. September 1998, Zl. 98/01/0277).

Da der Beschwerdeführer die Unzuständigkeit der belangten Behörde als Beschwerdepunkt geltend machte, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z 2 VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG weiter anzuwendenden §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455/2008 (siehe § 3 Z 1 VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014 in der Fassung BGBl. II Nr. 8/2014).

Wien, am 19. März 2015

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