VwGH 2012/17/0243

VwGH2012/17/024311.9.2015

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky, Senatspräsident Dr. Köhler und Hofrätin Mag.a Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag.a Schubert-Zsilavecz, über die Beschwerde des M H in B, vertreten durch Dr. Patrick Ruth, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Kapuzinergasse 8/4, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenats Wien vom 12. Jänner 2012, Zl UVS- 06/22/10309/2010-11, betreffend Übertretung des GSpG, zu Recht erkannt:

Normen

EURallg;
GSpG 1989 §52 Abs1 Z1;
VStG §9 Abs1;
EURallg;
GSpG 1989 §52 Abs1 Z1;
VStG §9 Abs1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1.1. Mit erstinstanzlichem Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wien vom 27. Oktober 2010 wurde der Beschwerdeführer, ein slowenischer Staatsbürger, als handelsrechtlicher Geschäftsführer der B GmbH gemäß § 9 Abs 1 VStG schuldig erkannt, dafür verantwortlich zu sein, dass an einer Reihe von näher genannten Tatorten jeweils verschiedene Spielgeräte betriebsbereit aufgestellt gewesen seien und dadurch die "§ 1 Abs 1, 2 Abs 1, 3, 12a und 52 Abs 1 Zi 1 Glücksspielgesetz idgF iVm § 9 VStG" verletzt worden seien. Es wurde eine Strafe von EUR 5.000,-- verhängt.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die dagegen erhobene Berufung des Beschwerdeführers als unbegründet ab und setzte dementsprechend gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG den Kostenbeitrag für das Berufungsverfahren mit EUR 1.000,-- fest.

1.2. Begründend gab die belangte Behörde zunächst eingehend das Berufungsvorbringen und den Gang der mündlichen Verhandlung wieder und stellte sodann die ihrer Auffassung nach anwendbaren Vorschriften des GSpG dar. Der mögliche Höchsteinsatz an den Geräten habe EUR 0,50 betragen. Es seien keine Glücksspielautomaten oder Glücksspielapparate im Sinn des GSpG vorgelegen, da das Ergebnis der Ausspielungen durch die Verbindung der Terminals mit Geräten in der Steiermark zentralseitig herbeigeführt worden sei. Es seien die Erfordernisse des § 12a GSpG in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung erfüllt gewesen. Der Beschwerdeführer sei als handelsrechtlicher Geschäftsführer der B GmbH gemäß § 9 Abs 1 VStG für die Übertretungen verantwortlich, zumal die B GmbH eine umsatzabhängige Vergütung für die Duldung des Betriebs der Geräte in ihren Lokalen erhalten habe (und sie auch das Inkasso und die Auszahlung von Gewinnen vorgenommen habe). Es sei somit ein "Unternehmerisch-Zugänglich-Machen" der Ausspielungen im Sinn des § 52 Abs 1 GSpG vorgelegen. Dabei sei es auch unerheblich, ob die betreffenden Geräte mit einem zentralen Server oder Glücksspielgeräten, welche irgendwo disloziert aufgestellt seien, vernetzt gewesen seien. Ausschlaggebend sei, dass die Entscheidung über das Spielergebnis nicht durch den betreffenden Apparat getroffen worden sei, weil es sich sonst nach § 2 Abs 3 GSpG um eine Ausspielung mit einem Glücksspielautomaten gehandelt hätte.

1.3. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde vor dem Verfassungsgerichtshof. Mit Beschluss vom 11. Juni 2012, B 285/12-3, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der Beschwerde ab und trat sie antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof gemäß Art 144 Abs 3 B-VG zur Entscheidung ab.

1.4. In der über Verfügung des Verwaltungsgerichtshofes ergänzten Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

1.5. Das ins Verfahren eingetretene Verwaltungsgericht Wien hat die Verwaltungsakten vorgelegt, von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand genommen und die Abweisung der Beschwerde beantragt.

2. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

2.1. Gemäß § 79 Abs 11 VwGG in der Fassung BGBl I Nr 122/2013 sind, soweit durch das Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz (VwGbk-ÜG) nicht anderes bestimmt ist, in den mit Ablauf des 31. Dezember 2013 beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerdeverfahren die bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Bestimmungen weiter anzuwenden. Dies trifft auf den vorliegenden Fall zu.

2.2. In der Beschwerde werden wie schon im Verwaltungsstrafverfahren nicht zuletzt auch unionsrechtliche Bedenken gegen die Anwendung des GSpG vorgetragen.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in diesem Zusammenhang ausgeführt hat, hat der unabhängige Verwaltungssenat (nunmehr das Verwaltungsgericht) zur Ermöglichung der Beurteilung, ob Unionsrecht unmittelbar anwendbar ist, Feststellungen dazu zu treffen, ob die Monopolregelung den unionsrechtlichen Vorgaben entspreche (vgl VwGH vom 15. Dezember 2014, Ro 2014/17/0121, vom 24. April 2015, Ro 2014/17/0126, und vom 29. Mai 2015, Ro 2014/17/0049). Gemäß § 43 Abs 2 VwGG wird auf die Entscheidungsgründe der genannten Erkenntnisse verwiesen.

Derartige Feststellungen fehlen im vorliegenden Verfahren. Die belangte Behörde war ihrer auch durch die im angefochtenen Bescheid gegebene Begründung, für die Durchführung von Glücksspielen mit Glücksspielapparaten liege kein Monopol, sondern "ein (sehr restriktives) Konzessionssystem" vor, nicht enthoben. Auch eine solche Rechtslage bewirkt eine Beschränkung der Grundfreiheiten nach dem AEUV, sodass die nach der Rechtsprechung des EuGH für deren Rechtfertigung erforderlichen Voraussetzungen gegeben sein müssen.

2.3. Der angefochtene Bescheid war aus den dargelegten Gründen aufgrund der Rechtswidrigkeit seines Inhalts gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG aufzuheben, sodass sich ein Eingehen auf die in der Revision weiters vorgebrachten Erwägungen erübrigt.

2.4. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl II Nr 455/2008 (§ 4 VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl II Nr 518/2013 in der Fassung BGBl II Nr 8/2014).

Wien, am 11. September 2015

Stichworte