VwGH Ro 2014/10/0106

VwGHRo 2014/10/01068.10.2014

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stöberl sowie die Hofräte Dr. Lukasser und Dr. Hofbauer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Uhlir, in der Revisionssache des G K in W, vertreten durch Mag. Rudolf Siegel, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Dominikanerbastei 19/7, gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom 30. April 2014, Zl. VGW- 022/016/5729/2014-16, betreffend Übertretung des LMSVG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Magistrat der Stadt Wien), den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art133 Abs4;
VwGG §25a Abs1;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §34 Abs1a;
B-VG Art133 Abs4;
VwGG §25a Abs1;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §34 Abs1a;

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1. Mit dem angefochtenen Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes Wien vom 30. April 2014 wurde dem Revisionswerber zur Last gelegt, er habe es als Vorstand und damit als gemäß § 9 Abs. 1 VStG zur Vertretung nach außen berufenes Organ der L. reg. Gen.m.b.H. mit Sitz in Wien zu verantworten, dass diese Genossenschaft als Unternehmerin im Sinn des § 21 LMSVG am 15. November 2012 Lebensmittel, und zwar vier Packungen "Österreichische Dille Ursprungsland: Italien", in der vorliegenden Aufmachung ohne weitere Verarbeitung bestimmt für die Abgabe an den Letztverbraucher, durch Lieferung an die H. KG in Stockerau in Verkehr gesetzt habe, welche insofern eine zur Irreführung geeignete Angabe über die Eigenschaft des Lebensmittels enthalten hätten, als am 16. November 2012 in einer bestimmten Filiale der

H. KG in Wien das Etikett der Ware die Angabe "Österreichische Dille Ursprungsland: Italien" aufgewiesen habe, wobei die Angabe "Österreichische" in einem Schriftzug angegeben gewesen sei, der sich von der Angabe "Ursprungsland: Italien" wesentlich hervorgehoben habe; damit sei diese Aufmachung zur Täuschung der Verbraucher geeignet gewesen, obwohl es gemäß § 5 Abs. 2 Z. 1 LMSVG verboten sei, Lebensmittel mit zur Irreführung geeigneten Angaben (insbesondere zur Täuschung geeignete Angaben über die Eigenschaften des Lebensmittels, wie etwa Ursprung oder Herkunft) in Verkehr zu bringen oder zu bewerben.

Dadurch habe der Revisionswerber § 5 Abs. 2 Z. 1 iVm § 90 Abs. 1 Z. 1 LMSVG verletzt, weshalb über ihn eine Geldstrafe von EUR 220,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von 24 Stunden) festgesetzt wurde.

Gegenüber dem mit Beschwerde des Revisionswerbers bekämpften Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien vom 4. Juni 2013 änderte das Verwaltungsgericht Wien mit dem angefochtenen Erkenntnis den Tatzeitpunkt vom 16. November 2012 (dem Tag der Beanstandung des Lebensmittels in der Filiale der H. KG in Wien) auf den 15. November 2012 ab, weil das Ermittlungsverfahren vor dem Verwaltungsgericht ergeben hatte, dass die Lieferung durch die L. reg. Gen.m.b.H. schon am 15. November 2012 (in den späten Abendstunden) erfolgt war.

Die Revision gegen das angefochtene Erkenntnis ließ das Verwaltungsgericht zu, weil "nach der bisherigen Verwaltungspraxis mit Einstellung vorgegangen" worden sei und eine Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes fehle.

2. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden.

3.1. Eine die Zulässigkeit der Revision begründende Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung liegt vor, wenn die Entscheidung über die Revision von der Lösung dieser Rechtsfrage abhängt (vgl. etwa den hg. Beschluss vom 24. Juni 2014, Zl. Ra 2014/05/0004, mwN).

Voraussetzung für die Zulässigkeit der Revision im Sinne des Art. 133 Abs. 4 zweite Variante B-VG ("weil ... eine solche Rechtsprechung fehlt") ist das Fehlen von Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu einer konkreten Rechtsfrage.

3.2. Mit dem bloßen Hinweis der vorliegenden Zulassungsentscheidung des Verwaltungsgerichtes Wien auf fehlende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes und eine angeblich der vorliegenden Entscheidung entgegen stehende "bisherige Verwaltungspraxis" wird nicht konkret dargelegt, dass der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der Entscheidung über die Revision eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen hätte. Damit wird den Begründungserfordernissen nach § 25a Abs. 1 zweiter Satz VwGG nicht Genüge getan (vgl. dazu den hg. Beschluss vom 23. September 2014, Zl. Ro 2014/01/0033, mwN).

4. Aber auch die Ausführungen in der (ordentlichen) Revision zeigen keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung auf:

4.1. Darin behauptet der Revisionswerber, das angefochtene Erkenntnis weiche von der hg. Rechtsprechung ab, weil durch die Abänderung der Tatzeit eine verpönte, insbesondere mit Blick auf die Verfolgungsverjährung relevante Tatauswechslung stattgefunden habe. Die Berufungsbehörde (und damit nunmehr das Verwaltungsgericht) dürfe im Verwaltungsstrafverfahren nämlich die Tat nicht austauschen, wobei nach der Rechtsprechung zur Bestimmung der Sache des Berufungsverfahrens auf den in der Verfolgungshandlung erhobenen Tatvorwurf abzustellen sei.

4.2. Nach § 44a Z. 1 VStG hat der Spruch, wenn er nicht auf Einstellung lautet, "die als erwiesen angenommene Tat" zu enthalten.

Zur Erfüllung dieses Erfordernisses kommt es darauf an, dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorzuwerfen, dass dieser in die Lage versetzt ist, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und ihn rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden. Das an Tatort- und Tatzeitumschreibung zu stellende Erfordernis wird daher nicht nur von Delikt zu Delikt, sondern auch nach den jeweils gegebenen Begleitumständen in jedem einzelnen Fall ein verschiedenes, weil an den erwähnten Rechtschutzüberlegungen zu messendes sein (vgl. etwa das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053 = VwSlg. 11.894A).

Diese Rechtschutzüberlegungen sind auch bei der Prüfung der Frage anzustellen, ob innerhalb der Verjährungsfrist des § 31 Abs. 1 VStG eine taugliche Verfolgungshandlung im Sinn des § 32 Abs. 2 VStG vorliegt oder nicht. Das bedeutet, dass die dem Beschuldigten vorgeworfene Tat lediglich insoweit unverwechselbar konkretisiert sein muss, dass dieser in die Lage versetzt wird, auf den Vorwurf zu reagieren und damit sein Rechtsschutzinteresse zu wahren (vgl. aus der ständigen hg. Rechtsprechung etwa die Erkenntnisse vom 5. September 2013, Zl. 2013/09/0065, sowie vom 20. April 2006, Zl. 2004/15/0030, mwN).

4.3. Aufgrund der Umstände des vorliegenden Falls ist es nicht zweifelhaft, dass für den Revisionswerber als Beschuldigten die ihm vorgeworfene Tat von Anfang an in dem beschriebenen Sinn ausreichend konkretisiert war. Das vom Revisionswerber angenommene Abweichen des Verwaltungsgerichtes Wien von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegt daher nicht vor.

5. Mangels Vorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG war die Revision somit gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Wien, am 8. Oktober 2014

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