Normen
SPG 1991 §48a;
SPG 1991 §5a Abs1;
SPG 1991 §5b Abs1;
SPG 1991 §5b Abs3;
SPG 1991 §48a;
SPG 1991 §5a Abs1;
SPG 1991 §5b Abs1;
SPG 1991 §5b Abs3;
Spruch:
Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid der Landespolizeidirektion Tirol (belangte Behörde) wurde im Instanzenzug gemäß § 48a Sicherheitspolizeigesetz (SPG) von Amts wegen gegenüber der mitbeteiligten Partei und gegenüber der Revisionswerberin anlässlich des Meisterschaftsspiels der mitbeteiligten Partei gegen die Revisionswerberin (Regionalliga West, Saison 2013/2014) am 28. September 2013 im Fußballstadion K (K Arena = Grenzlandstadion) die besondere Überwachung durch Organe der Polizei im Umfang von 64 Polizeibeamten sowie Diensthundeführer und "Dokugruppe" in der Zeit zwischen 13.00 und 19.00 Uhr sowie Verlängerung bei Bedarf angeordnet.
Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, laut einer Gefährdungsprognose der Polizeiinspektion K dürfte von den Fans der mitbeteiligten Partei keine Gefahr ausgehen. Die Fans der Revisionswerberin seien hingegen als problematisch einzuschätzen, weswegen in der Vergangenheit bereits Spiele der Revisionswerberin abgesagt oder als "Geisterspiele" ausgetragen worden seien. Zuletzt sei es beim Spiel FC W gegen die Revisionswerberin in I zu größeren Ausschreitungen gekommen.
Laut einer Gefährdungsanalyse der belangten Behörde (szenekundiger Dienst) vom 24. September 2013 verfüge die mitbeteiligte Partei über keine organisierte Fan-Szene und seien die Anhänger der mitbeteiligten Partei ausschließlich "non-risk-Fans". Bis dato sei es noch nie zu nennenswerten Vorfällen mit diesen Fans gekommen. Jedoch werde seitens des szenekundigen Dienstes auf die seit Jahren bestehende Feindschaft zwischen den Anhängern der Revisionswerberin und Anhängern des FC W hingewiesen. Bei einem direkten Aufeinandertreffen der genannten Fangruppierungen sei es in der Vergangenheit immer wieder zu Problemen gekommen, wobei die Auseinandersetzungen stets im Stadionumfeld stattfänden. Zwar könne eine organisierte Anreise I Problemfans nahezu ausgeschlossen werden, jedoch könne davon ausgegangen werden, dass sich einige in der Umgebung wohnhafte Problemfans des FC W, größtenteils Mitglieder der Gruppierung "S U", im Stadion oder im Umfeld des Stadions (der mitbeteiligten Partei) aufhalten würden.
Weiters werde in dieser Gefährdungsanalyse ausgeführt, dass auf Grund der Tabellensituation angenommen werden könne, dass bei diesem Spiel eine Vielzahl von Fans aus S anreisen würden. Insgesamt sei mit 250 bis 400 Fans zu rechnen. Auf Grund der starken Verfeindungen mit den Tiroler Fans könne angenommen werden, dass alle Möglichkeiten ausgeschöpft würden, um mit Tiroler Fans eine Konfrontation zu schaffen. Der Einsatz von pyrotechnischen Gegenständen in dem und rund um das Stadion der mitbeteiligten Partei sei nach dieser Gefährdungsanalyse höchstwahrscheinlich.
Auf Grund dieser Gefährdungseinschätzungen und weil die baulichen Voraussetzungen des Stadions der mitbeteiligten Partei nicht für Risikospiele ausgelegt seien (es gebe keine festen baulichen Maßnahmen zur Trennung rivalisierender Fangruppen) habe die Bezirkshauptmannschaft K erwogen, dass es zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit bei diesem Fußballspiel erforderlich sei, die Veranstaltung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes in dem im Spruch des angefochtenen Bescheides angeführten Ausmaß zu überwachen.
Der Bürgermeister der Stadtgemeinde K habe mit Bescheid vom 26. September 2013 der Mitbeteiligten die Anmeldung der in Rede stehenden Veranstaltung gemäß § 7 Tiroler Veranstaltungsgesetz bescheinigt und gemäß § 8 dieses Gesetzes zahlreiche (Sicherheits)Auflagen vorgeschrieben, unter anderem die Einrichtung eines professionellen 25-köpfigen Securitydienstes und eines eigenen 20-köpfigen Ordnerdienstes während der Veranstaltung.
Die besondere Überwachung des Vorhabens sei im Sinne des § 27a SPG aus der Sicht vor Durchführung dieser Veranstaltung erforderlich, auch wenn es bei Spielen der Mannschaften der mitbeteiligten Parteien und der Revisionswerberin (am 9. Mai 2013 in S und am 25. Oktober 2012 in K; Letzteres sei ein sogenanntes "Geisterspiel" gewesen) zu keinen "nennenswerten Vorfällen" gekommen sei.
An der dargestellten Erforderlichkeit der Überwachung könne auch nichts ändern, dass diese - negative - Prognose der Sicherheitsbehörde letztlich nicht eingetreten sei.
Dass die mitbeteiligte Partei als veranstaltender Verein alleine nicht in der Lage sei bzw. gewesen sei, die mit Grund befürchteten Ausschreitungen hintanzuhalten bzw. zu befrieden, bedürfe keiner weiteren Erörterung. Die Voraussetzung für die Einhebung von Überwachungsgebühren sei vorgelegen, weil es sich um ein Vorhaben gehandelt habe, für das die Zuschauer ein Entgelt/Eintrittsgeld zu entrichten hätten.
§ 5b Abs. 3 zweiter Satz SPG stelle nach der Intention des Gesetzes nicht auf strafrechtliches Verhalten ab, sondern lediglich darauf, wer als Verursacher die Überwachung erforderlich mache, somit verschulde. Dies sei im vorliegenden Fall ausschließlich die Revisionswerberin bzw. die diesem Verein zuzurechnende Fangemeinde. Wie angeführt, verfüge die mitbeteiligte Partei über keine organisierte Fanszene, die Fans der mitbeteiligten Partei seien ausschließlich "non-risk-Fans". Dagegen sei das Verhalten der Fans bzw. der der Revisionswerberin bekannten Fangruppen der Revisionswerberin als Verein und somit als juristische Person zumindest zum weitaus überwiegenden Teil zuzurechnen. Dass Fanverhalten dem Fußballverein zuzurechnen sei, ergebe sich auch daraus, dass es immer wieder vorkomme, dass der veranstaltende Fußballverein wegen Fehlverhaltens seiner Fans vom Strafsenat der Österreichischen Bundesliga zu einer (hohen) Geldstrafe verurteilt werde.
Zum Vorbringen der Revisionswerberin, sie sei nicht richtiger Bescheidadressat, führte die belangte Behörde aus, den im § 5b Abs. 3 zweiter Satz SPG genannten Personen müsse bereits im Verfahren gemäß § 48a SPG Parteistellung nach § 8 AVG eingeräumt werden. Nur auf diese Weise sei es dem letztendlich Kostentragungspflichtigen möglich, die angeordnete Überwachung selbst oder die Höhe der Zahl der vorgeschriebenen Überwachungsorgane zu bekämpfen. Könnten diese Personen nämlich den Beweis und die Zurechnung von für die Entscheidung über ihre Verpflichtungen wesentlichen Handlungen verfahrensrechtlich nicht in Frage stellen, weil eine Bindung an eine andere Entscheidung aus einem Verfahren vorliege, zu welchem diese aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen keinen Zugang hätten, wäre deren Anspruch auf Gehör verletzt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die gemäß § 4 Abs. 2 VwGbk-ÜG erhobene Revision (nach Ausweis der Ausfertigung des angefochtenen Bescheides wurde die Zustellung des Bescheides iSd § 2 Abs. 2 VwGbk-ÜG vor Ablauf des 31. Dezember 2013 veranlasst und der angefochtene Bescheid iSd § 2 Abs. 3 VwGbk-ÜG erst am 27. Februar 2014 zugestellt; vgl. zur Anwendung des § 4 Abs. 2 VwGbk-ÜG auf andere Verwaltungsbehörden nach § 2 Abs. 2 leg. cit. den hg. Beschluss vom 29. April 2014, Zl. Ro 2014/04/0040).
Für die Behandlung dieser Revision gelten gemäß § 4 Abs. 5 VwGbk-ÜG die Bestimmungen des VwGG, BGBl. Nr. 10/1985, in der bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Fassung (abgesehen von der gegenständlich nicht in Betracht kommenden Ablehnung der Beschwerde gemäß § 33a VwGG) sinngemäß.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die vorliegende Revision erwogen:
1. Die maßgeblichen Bestimmungen des Sicherheitspolizeigesetzes (SPG) lauten:
"Überwachungsgebühren
§ 5a. (1) Für besondere Überwachungsdienste durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes, die auf Grund der Verwaltungsvorschriften für Vorhaben mit Bescheid angeordnet oder bewilligt werden, sind Überwachungsgebühren einzuheben, wenn es sich um die Überwachung von Vorhaben handelt, die - wenn auch nur mittelbar - Erwerbsinteressen dienen, oder um Vorhaben, für die die Zuseher oder Besucher ein Entgelt zu entrichten haben oder die nicht jedermann zur Teilnahme offenstehen.
...
Entrichtung der Überwachungsgebühren
§ 5b. (1) Die Überwachungsgebühren sind, wenn sie nicht ohne weiteres entrichtet werden, von jener Behörde vorzuschreiben, die die Überwachung anordnet oder bewilligt. Sie fließen der Gebietskörperschaft zu, die den Aufwand der mit der Überwachung betrauten Organe zu tragen hat.
...
(3) Die Verpflichtung zur Entrichtung von Überwachungsgebühren trifft denjenigen, der das Vorhaben, dessen Überwachung bewilligt oder angeordnet wurde, durchführt. Wurde die Überwachung von einer anderen Person beantragt oder durch das Verschulden einer anderen Person verursacht, so sind die Überwachungsgebühren von dieser zu tragen. Treffen die Voraussetzungen auf mehrere Beteiligte zu, so trifft alle die Verpflichtung zur Entrichtung zu ungeteilter Hand.
...
Besonderer Überwachungsdienst
§ 27a. Den Sicherheitsbehörden obliegt im Rahmen des Streifen- und Überwachungsdienstes (§ 5 Abs. 3) die besondere Überwachung gefährdeter Vorhaben, Menschen oder Sachen in dem Maße, in dem der Gefährdete oder der für das Vorhaben oder die Sache Verantwortliche nicht bereit oder in der Lage ist, durch zumutbare Vorkehrungen den erforderlichen Schutz zu gewährleisten und die dadurch entstehende Gefahr im Interesse der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit nicht hingenommen werden kann.
...
Anordnung von Überwachungen
§ 48a. Soferne eine besondere Überwachung im Rahmen des Streifen- und Überwachungsdienstes nach § 27a erforderlich ist und die Voraussetzungen für die Einhebung der Überwachungsgebühren (§ 5a Abs. 1) vorliegen, hat die Sicherheitsbehörde die Überwachung von Amts wegen oder auf Antrag desjenigen, der das Vorhaben durchführt, mit Bescheid anzuordnen."
2. Die Revision bringt gegen den angefochtenen Bescheid zunächst vor, auf Grund der §§ 27a, 48a und 5b Abs. 3 SPG könne Bescheidadressat einer besonderen Überwachung von Amts wegen nur der Veranstalter des gegenständlichen Fußballspieles und somit die mitbeteiligte Partei sein. Jedoch lägen nicht die rechtlichen Voraussetzungen vor, den Überwachungsbescheid an die Revisionswerberin zu übermitteln.
Die belangte Behörde begründete den Umstand, dass der angefochtene Bescheid auch gegenüber der Revisionswerberin erlassen wurde, mit der Auffassung, den in § 5b Abs. 3 zweiter Satz SPG genannten Personen müsse bereits im Verfahren nach § 48a SPG Parteistellung eingeräumt werden, da es diesen nur auf diese Weise als letztendlich Kostentragungspflichtigen möglich sei, die angeordnete Überwachung selbst bzw. die Zahl der vorgeschriebenen Überwachungsorgane zu bekämpfen.
Diese Auffassung erweist sich vor dem Hintergrund der hg. Rechtsprechung zur Entrichtung von Überwachungsgebühren als zutreffend:
So kann eine Überwachung schon begrifflich nur vor oder allenfalls während des Vorhabens angeordnet werden. Die Rechtmäßigkeit eines rechtskräftigen, die Überwachung anordnenden Bescheides ist aus Anlass eines Beschwerdefalles betreffend die Entrichtung der Überwachungsgebühren für diese rechtskräftig angeordnete Überwachung jedoch nicht mehr zu untersuchen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. Dezember 2013, Zl. 2013/01/0060, mwN). Die Rechtmäßigkeit einer rechtskräftigen bescheidmäßigen Anordnung einer Überwachung, in der auch die Anzahl der einzusetzenden Sicherheitsorgane angegeben wurde, kann, wenn sie unbekämpft gelassen wurde, im Verfahren zur Vorschreibung von Überwachungsgebühren nicht mehr releviert werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. Juni 2003, Zlen. 98/01/0201 bis 0204). In diesem Verfahren ist alleine zu untersuchen, ob der Vorschreibung der Überwachungsgebühren zu Recht der entsprechende Gebührensatz zugrunde gelegt wurde (vgl. das hg. Erkenntnis vom 2. April 2009, Zl. 2007/05/0038).
Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit einer Anordnung einer Überwachung nach § 48a SPG ist einerseits, dass der für das Vorhaben Verantwortliche nicht bereit oder in der Lage ist, durch zumutbare Vorkehrungen den erforderlichen Schutz zu gewährleisten und die dadurch entstehende Gefahr im Interesse der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit nicht hingenommen werden kann, und andererseits, dass die Voraussetzungen des § 5a Abs. 1 SPG für die Einhebung von Überwachungsgebühren gegeben sind (vgl. das hg. Erkenntnis vom 10. Jänner 2011, Zl. 2010/17/0253).
In diesem Zusammenhang ist (mit der belangten Behörde) auf § 5b Abs. 3 zweiter Satz SPG hinzuweisen. Wenn die Überwachung von einer anderen Person beantragt oder durch das Verschulden einer anderen Person verursacht wurde, sind die Überwachungsgebühren nach dieser Bestimmung von dieser Person zu tragen.
Daher ist es nicht als rechtswidrig zu erkennen, dass die belangte Behörde den Bescheid über die Anordnung der Überwachung nach § 48a SPG auch der Revisionswerberin, die für eine Entrichtung der Überwachungsgebühren nach § 5b Abs. 3 zweiter Satz SPG in Betracht kommt, zugestellt hat. Dadurch wurde der Revisionswerberin bereits in diesem Stadium die Möglichkeit gegeben, sich gegen die Anordnung der Überwachung, insbesondere gegen die vorgeschriebene Anzahl der einzusetzenden Sicherheitsorgane zu wenden.
3. Die Revision bringt darüber hinaus gegen die dem angefochtenen Bescheid zugrunde liegende Prognoseentscheidung vor, ein Verschulden der Revisionswerberin im Sinne des § 5b Abs. 3 zweiter Satz SPG sei nicht gegeben. So hätten diese bzw. deren Fans keinerlei Verhalten gesetzt, welches eine besondere Überwachung verschuldet hätte. Auch sei es bei dem gegenständlichen Fußballspiel, dessen besondere Überwachung angeordnet worden sei, zu keinerlei sicherheitsgefährdenden Vorfällen gekommen.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Entscheidung über die Überwachung nach § 48a SPG um eine Prognoseentscheidung, bei der die Behörde auf Grund von in der Vergangenheit liegenden Ereignissen auf die Notwendigkeit der Überwachung zu schließen hat (vgl. wiederum das hg. Erkenntnis vom 10. Jänner 2011, Zl. 2010/17/0253, mwN).
Schon aus diesem Grund kann der Ablauf der Veranstaltung, zu welcher die besondere Überwachung (wie oben ausgeführt zu Recht vor der Veranstaltung) angeordnet wurde, eine Rechtswidrigkeit der Prognoseentscheidung nicht dartun.
Darüber hinaus hat die belangte Behörde ihre Prognoseentscheidung im angefochtenen Bescheid schlüssig und nachvollziehbar begründet. Gegen die dieser Prognoseentscheidung zugrunde liegenden Feststellungen (insbesondere der Einschätzung, dass die Fans der Revisionswerberin als problematisch einzuschätzen, weswegen in der Vergangenheit bereits Spiele der Revisionswerberin abgesagt oder als "Geisterspiele" ausgetragen worden seien) bringt die Revision nichts Stichhältiges vor. Insoweit die Revision diesbezüglich vorbringt, die belangte Behörde habe nicht berücksichtigt, dass die mitbeteiligte Partei veranstaltungsrechtlich verpflichtet worden sei, einen professionellen 25-köpfigen Securitydienst und einen eigenen 20- köpfigen Ordnerdienst einzurichten, ist darauf hinzuweisen, dass dieser Umstand in der Begründung des angefochtenen Bescheides berücksichtigt wurde.
4. Da somit bereits der Inhalt der Revision erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Revision gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 22. Mai 2014
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