Normen
AlVG 1977 §24 Abs1;
AlVG 1977 §33;
AVG §37;
AVG §39 Abs2;
AVG §45 Abs2;
AVG §45 Abs3;
NotstandshilfeV §2;
NotstandshilfeV §6;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
AlVG 1977 §24 Abs1;
AlVG 1977 §33;
AVG §37;
AVG §39 Abs2;
AVG §45 Abs2;
AVG §45 Abs3;
NotstandshilfeV §2;
NotstandshilfeV §6;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid sprach die belangte Behörde aus, dass der Bezug der Notstandshilfe des Beschwerdeführers gemäß § 24 Abs. 1, §§ 33, 38, 56 und 58 AlVG, § 2 NH-VO und § 66 Abs. 4 AVG mit 1. April 2013 mangels Notlage eingestellt werde, da das anrechenbare Einkommen seiner Lebensgefährtin trotz Berücksichtigung der gesetzlichen Freigrenzen den Anspruch auf Notstandshilfe übersteige.
Der Beschwerdeführer habe in seiner gegen den erstinstanzlichen Bescheid der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice (AMS) Wiener Neustadt vom 15. Mai 2013 gerichteten Berufung im Wesentlichen eingewendet, er habe bereits im Zuge der Antragstellung (am 7. Juli 2012) klargestellt, dass eine Lebensgemeinschaft nicht vorliege, da er seinen Hauptwohnsitz nach wie vor in P. habe und sich lediglich bei Frau C. R. in W. nebengemeldet habe - dies auf Anraten seiner Beraterin beim AMS Baden. Es liege jedoch keine Lebensgemeinschaft mit C. R. vor. Er habe bereits bei der Antragstellung den Beweisantrag auf seine Einvernahme bzw. die von C. R. gestellt. Die erstinstanzliche Behörde habe die Beweisanträge ignoriert und kein Ermittlungsverfahren durchgeführt. Eine Beurteilung, ob eine Lebensgemeinschaft vorliege, sei damit gar nicht möglich. Zur Beurteilung dieser Frage bedürfe es auch entsprechender Feststellungen über ein gemeinsames Wohnen. Er wohne an seinem Hauptwohnsitz in P, C. R. lebe gemeinsam mit ihrer Mutter H. R., mit welcher sie eine Wirtschaftsgemeinschaft führe, in W. Lediglich einmal in der Woche übernachte er bei C. R. Die Versorgung mit Gütern des täglichen Bedarfs, wie Nahrungsmittel, Hygieneartikel etc. übernehme jeder für sich. Die Zahlungen, die für das Wohnen aufgewendet werden, übernehme ebenfalls jeder für sich. Aufgrund der dargestellten Umstände lägen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass eine Lebensgemeinschaft gegeben sei. Lediglich aus dem Umstand, dass er bei C. R. einen Nebenwohnsitz begründet habe, könne für sich allein nicht abgeleitet werden, dass eine Lebens- bzw. Wirtschaftsgemeinschaft vorliege. (Zum Beweis dieser Umstände stellte der Beschwerdeführer in seiner Berufung den Antrag auf persönliche Einvernahme sowie Einvernahme von C. R. und H. R.)
Dem Beschwerdeführer sei vom AMS Baden ab 1. Mai 2010 für 273 Tage Arbeitslosengeld mit einer Bemessungsgrundlage von EUR 2.862,46 bis zum Höchstausmaß (bis 23. März 2011) zuerkannt worden. Im Anschluss daran habe er den Anspruch auf Notstandshilfe geltend gemacht. Im Antrag vom 23. März 2011 (gültig für 24. März 2011) habe er angegeben, ledig zu sein und an der Adresse in P. zu wohnen.
Am 22. März 2013 habe er erklärt, dass er einen zweiten Wohnsitz in W. habe und sich überwiegend dort aufhalte. Am 25. März 2013 habe er sich beim AMS Wiener Neustadt gemeldet und angegeben, dass er nach W. übersiedelt und in W. mit seiner Lebensgefährtin, Frau C. R, wohnhaft sei. Diese Aussage habe er durch seine Unterschrift bestätigt.
In der Folge habe er eine Lohnbescheinigung seiner Lebensgefährtin für die Monate Dezember 2012 bis Februar 2013 vorgelegt. Es sei auch eine Lohnbescheinigung für März 2013 angefordert worden. Diese habe ein Nettoentgelt für den vollen Monat März 2013 in Höhe von EUR 1.818,93 enthalten. Weiters habe er eine Kreditbestätigung vom 4. April 2013 vorgelegt, wonach die Lebensgefährtin und deren Mutter einen Wohnbaukredit mit hypothekarischer Besicherung für Wohnraumschaffung im Dezember 2004 aufgenommen hätten und die monatliche Rate EUR 616,94 betrage. Von einer Klärung, wie die Zahlungsanteile zwischen der Lebensgefährtin und der Mutter aufgeteilt seien, habe die belangten Behörde abgesehen, weil die Kreditrückzahlung bis zur maximalen Freigrenze (50 %) berücksichtigt worden sei (würde die Lebensgefährtin einen geringeren Anteil leisten, wäre die Anrechnung höher). Der Beschwerdeführer selbst hätte eine monatliche Kreditzahlung in Höhe von EUR 356,00 für einen am 15. Mai 2007 aufgenommenen Kredit mit dem Verwendungszweck "Konsumkredit" belegt.
Laut Abfrage beim Zentralen Melderegister seien folgende Meldedaten des Beschwerdeführers gespeichert: ab 3. Dezember 2003 Hauptwohnsitz in P. bei Unterkunftsgeberin T. P.; ab 22. März 2013 Nebenwohnsitz in W. bei Unterkunftsgeberin H. R.
Aufgrund dieses Sachverhaltes sei dem Beschwerdeführer die Notstandshilfe von 22. bis 31. März 2013 in Höhe von EUR 1,39 täglich unter Berücksichtigung des Einkommens der Lebensgefährtin vom Februar 2013 und der gesetzlichen Freigrenzen zuerkannt und ausbezahlt worden. Mit dem verfahrensgegenständlichen erstinstanzlichen Bescheid der regionalen Geschäftsstelle des AMS Wiener Neustadt vom 15. Mai 2013 sei der Leistungsbezug mit 1. April 2013 mangels Notlage eingestellt worden.
Aufgrund der Berufung sei ein ergänzendes Ermittlungsverfahren erfolgt. Der Beschwerdeführer habe niederschriftlich am 13. Juni 2013 beim AMS Wiener Neustadt erklärt, dass er mit C. R. keine Lebensgemeinschaft habe, er sei ihr Freund. Er wisse nicht, wie groß die Wohnung sei. Sie bestehe aus einem Zimmer, das als Wohn-Schlafzimmer genutzt werde. Seine Wäsche werde von ihm selbst in P. (Hauptwohnsitz) gewaschen, genauso koche er für sich selbst in P. Einkaufen gingen sie gemeinsam, allerdings zahle jeder seine Lebensmittel selbst. Eingekauft werde auch nur einmal im Monat. Seine Lebensmittel für einen Tag seien bei C. R. im Kühlschrank untergebracht. Er halte sich ca. einmal im Monat bei ihr in W. auf. An diesem Tag werde die Freizeitgestaltung gemeinsam absolviert. Er habe in der Wohnung von C. R. keinerlei Kleidungsstücke, allerdings seien Körperhygieneartikel (Zahnbürste, Duschgel) bei ihr vorhanden.
Er habe sich deshalb an der Adresse bei C. R. angemeldet, weil ihm dies von der Beraterin in Baden geraten worden sei, denn der Weg zum AMS Wiener Neustadt sei kürzer als von P. zum AMS Baden.
Am 14. Juni 2013 habe die Beraterin des AMS Baden dazu erklärt, dass sie einen derartigen Rat nicht erteilt habe. Der Beschwerdeführer hätte erklärt, dass er sich an zwei Tagen in der Woche bei seiner Freundin in W. aufhalte. Bei der Vorsprache am 8. März 2013 in Baden mit Freundin, so die Betreuerin weiter, hätte diese jedoch erklärt, dass er sich sicherlich an fünf Tagen in der Woche bei ihr aufhalte. Daraufhin hätte sie den Beschwerdeführer informiert, dass, wenn er sich überwiegend in W. aufhalte, die regionale Geschäftsstelle in Wiener Neustadt für ihn zuständig wäre.
Am 19. Juni 2013 habe - so die belangte Behörde weiter - C.R. niederschriftlich beim AMS Wiener Neustadt erklärt, dass sie beim AMS Baden bei einem Gespräch anwesend gewesen sei, sonst habe sie immer am Gang gewartet (max. sei sie zwei bis drei Mal mitgefahren). Dieses Gespräch habe am 8. März 2013 stattgefunden (laut Eintragung in der EDV). Es sei bei diesem Termin mit dem Beschwerdeführer die Möglichkeit einer Pflegehelferausbildung abgeklärt worden. C. R. sei von der Betreuerin zu diesem Gespräch hinzugezogen worden, um abzuklären, ob sich der Beschwerdeführer bei ihr behördlich melden könne. Laut Betreuerin sei es einfacher, zum AMS Wiener Neustadt zu gelangen, als von P. zum AMS in Baden. Es sei gefragt worden, ob dies irgendwelche Probleme nach sich ziehen würde. Dies sei von der Betreuerin verneint worden. C. R. habe bei diesem Gespräch auch nicht erwähnt, dass sich der Beschwerdeführer fünf Tage in der Woche bei ihr befinde. Der Beschwerdeführer habe ein Haus in P. und halte sich in diesem Haus überwiegend auf. Er sei maximal einmal in der Woche bei ihr. Es handle sich um keine Lebensgemeinschaft, er sei nur ihr Freund. Die Lebensmittel würden getrennt bezahlt. Sie wasche auch keine Wäsche für ihn. Die Wäsche werde von ihm in P. gewaschen. Es werde auch nicht gemeinsam gekocht. Die Freizeitgestaltung erfolge gemeinsam an diesen Tagen (ca. einmal wöchentlich). Sie könne nicht sagen, wie groß ihre Wohnung sei. Sie bestehe aus einem Wohn-Schlafzimmer.
Gemäß § 6 NH-VO sei das Einkommen der Lebensgefährtin zur Beurteilung der Notlage heranzuziehen. Im gegebenen Fall habe die belangte Behörde zu beurteilen, ob das AMS Wiener Neustadt zu Recht vom Bestehen einer Lebensgemeinschaft des Beschwerdeführers mit C. R. ausgegangen sei.
Das Wesen einer Lebensgemeinschaft bestehe in einem eheähnlichen Zustand, der dem typischen Erscheinungsbild des ehelichen Zusammenlebens entspreche. Dazu gehöre im Allgemeinen die Geschlechts-, Wohnungs- und (vor allem) Wirtschaftsgemeinschaft, wobei aber, wie auch bei einer Ehe, das eine oder andere Merkmal weniger ausgeprägt sein oder ganz fehlen könne. Es komme hiebei regelmäßig auf die Gesamtumstände des Einzelfalles an, wobei der Wirtschaftsgemeinschaft überragende Bedeutung zukomme. Darunter sei zu verstehen, dass beide Partner einander Beistand und Dienste leisteten und an den zur Bestreitung des Unterhaltes, der Zerstreuung und Erholung zur Verfügung stehenden Gütern teilnehmen ließen, etwa auch die Freizeit weitgehend gemeinsam verbrächten. Der Begriff der Lebensgemeinschaft beschränke sich allerdings nicht auf die rein materielle Seite. Es handle sich um eine aus einer seelischen Gemeinschaft und dem Zusammengehörigkeitsgefühl heraus entstandene Bindung. Lebensgemeinschaft sei nicht nur ein äußerer Zustand, sondern sie setze auch eine innere Einstellung der Partner voraus, die sich freilich im Allgemeinen nur aus äußeren Anzeichen erschließen lassen werde.
Für die Annahme einer Wirtschaftsgemeinschaft genüge die Mitfinanzierung der Miete der gemeinsamen Wohnung durch den Notstandshilfe beanspruchenden Partner. Werde die Miete zur Gänze von dem nicht die Notstandshilfe beanspruchenden Lebensgefährten getragen, bedeutete dies einen noch größeren Beitrag zur gemeinsamen Lebensführung durch diesen. Auch wenn dadurch kein "gemeinsames Wirtschaften" in dem Sinne erfolge, dass jeder Lebensgefährte (s)einen Teil beitrage, liege in der Übernahme der gesamten Wohnkosten durch denjenigen Partner, der nicht die Notstandshilfe beanspruche, genau jene finanzielle Unterstützung des anderen, welche eine Lebensgemeinschaft kennzeichne und die die Anrechnung des Partnereinkommens sachlich rechtfertige.
Im gegebenen Fall lägen eindeutige äußere Anzeichen und Indizien vor, die für eine Lebensgemeinschaft und auch für das Merkmal der Wirtschaftsgemeinschaft sprächen. Dass der Beschwerdeführer bereits früher seinen Lebensmittelpunkt in W. gehabt habe, werde durch folgende Feststellungen bestärkt:
Postsendungen, adressiert an seine Adresse in P, kämen mit dem Vermerk "verzogen" zurück; ein eingeschriebener Brief, adressiert an den Beschwerdeführer an seine Adresse in P, sei nach W. nachgesandt worden; zum Arzt gehe er in W. - die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung stamme von einer Ärztin in W. Er tätige Eigenbewerbungen in W. und Umgebung, so bewerbe er sich bei der Gemeinde W. und im Krankenhaus Neunkirchen; er wolle eine Pflegehelferausbildung in W. beginnen; er habe bereits im Mai 2012 gesagt, dass er nach W. übersiedeln wolle. Er habe erklärt, dass C. R. seine "Freundin" sei und habe am 22. März 2013 mit seiner Unterschrift die Aussage bestätigt, dass er nach W. übersiedelt sei, dort mit seiner Lebensgefährtin wohne und sich dort überwiegend aufhalte.
All diese Feststellungen und Tatsachen ließen den Schluss zu, dass der Beschwerdeführer seinen Lebensmittelpunkt - zumindest nachweislich ab 22. März 2013 - in W. habe und mit seiner "Freundin" ab diesem Zeitpunkt eine Lebensgemeinschaft führe. Erst nachdem dem Beschwerdeführer das Einkommen der Lebensgefährtin auf seinen Notstandshilfeanspruch angerechnet worden sei und sich der Tagsatz der Notstandshilfe drastisch reduziert habe, gingen beide davon aus, dass keine Lebensgemeinschaft vorliege.
Die behördliche Meldung eines Wohnsitzes - egal ob Hauptwohnsitz oder Nebenwohnsitz - für sich alleine reiche nicht aus, um das Bestehen einer Lebensgemeinschaft festzustellen. Entscheidend sei jedoch, wo sich der Mittelpunkt der Lebensinteressen befinde, wo man sich aufhalte. Festgestellt worden sei, dass widersprüchliche Angaben bezüglich des zeitlichen Aufenthaltes des Beschwerdeführers bei C. R. vorlägen: So habe der Beschwerdeführer erklärt, sich einen Tag, dann zwei Tage in der Woche und zuletzt nur mehr einen Tag im Monat bei C. R. aufzuhalten. Diese führe an, dass er einen Tag in der Woche bei ihr verbringe. Die Beraterin beim AMS Baden habe angegeben, C. R. habe gesagt, er halte sich an mindestens fünf Tagen in der Woche bei ihr auf. Er selbst führe an, dass er - zumindest ab 22. März 2013 - nach W. gezogen sei und an der Adresse seiner Lebensgefährtin wohne. Die belangte Behörde gehe daher davon aus, dass er zumindest ab 22. März 2013 den Mittelpunkt seiner Lebensinteressen in W. an der Adresse seiner Lebensgefährtin habe; dies trotz Weiterbestehen des Hauptwohnsitzes in P. und Begründung eines Nebenwohnsitzes in W.
Die übereinstimmenden Angaben, dass jeder für sich alleine aufkomme, koche und wasche, würden den Schluss zulassen, dass diese Angaben abgesprochen seien. Sie würden als Schutzbehauptung gewertet, da auch erklärt worden sei, dass dennoch gemeinsam eingekauft werde, Hygieneartikel vorhanden seien und die gemeinsamen Tage - wie viele auch immer - gemeinsam verbracht würden und dies alles in einer kleinen Wohnung mit einem Wohn-Schlafzimmer. Die Lebensgefährtin habe auch erklärt, dass sie ein paar Mal mit dem Beschwerdeführer bei seinen Vorsprachen und Terminen beim AMS Baden dabei gewesen sei und am Gang auf ihn gewartet habe. Es bestehe nach Ansicht der belangten Behörde auch eine Bindung, die aus einer seelischen Gemeinschaft und einem Zusammengehörigkeitsgefühl heraus entstanden sei. Sie leisteten einander Beistand und Dienste, die auch für ein Zusammenleben typisch seien. Darüber hinaus verbrächten sie gemeinsame Zeit miteinander in einer Wohnung, die aus einem Wohn-Schlafzimmer bestehe, sohin auf engstem Raum.
Auch die Angabe in der Berufung, dass die Zahlungen, die für das Wohnen aufgewendet werden, jeder für sich übernehme, bestätige das Bestehen einer Wirtschaftsgemeinschaft. C. R. käme sohin für die Kosten ihrer Wohnung zur Gänze selber auf und unterstütze dadurch den Beschwerdeführer finanziell, dies bedeutete einen großen Beitrag zur gemeinsamen Lebensführung. Trotz der Angaben des Beschwerdeführers und C. R. in den Niederschriften vom 13. und 19. Juni 2013 überwögen im vorliegenden Fall jene Indizien, die für eine Lebensgemeinschaft - zumindest ab 22. März 2013 - mit den Merkmalen der Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft sprächen. Es sei daher das Einkommen von C. R. für die Beurteilung der Notlage ab 1. April 2013 als eine der Anspruchsvoraussetzungen für die Gewährung der Notstandshilfe des Beschwerdeführers heranzuziehen. Es errechnete sich sohin ein täglicher Anrechnungsbetrag in der Höhe von EUR 33,33. Da dieser Betrag die fiktive Notstandshilfe des Beschwerdeführers in der Höhe von täglich EUR 32,72 übersteige, sei ersichtlich, dass Notlage als unabdingbare Voraussetzung für die Gewährung der Notstandshilfe ab 1. April 2013 nicht gegeben gewesen sei. Aufgrund der Anrechnung des Einkommens der Lebensgefährtin des Beschwerdeführers vom Monat März 2013 habe ab 1. April 2013 daher kein Anspruch auf Notstandshilfe bestanden. Die belangte Behörde sei zur Ansicht gelangt, dass der Bezug der Notstandshilfe ab 1. April 2013 gemäß § 24 Abs. 1 iVm § 33 AlVG und § 2 NH-VO mangels Notlage einzustellen gewesen sei.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Die Beschwerde rügt, die belangte Behörde stütze das Vorliegen einer Lebensgemeinschaft und insbesondere das Vorliegen einer Wirtschaftsgemeinschaft, wie sie selbst ausführe, im Wesentlichen auf äußere Indizien, jedoch nicht auf "handfeste" Beweisergebnisse. Sie habe es trotz des in der Berufung gestellten Beweisantrages des Beschwerdeführers auf Einvernahme von H. R., der Mutter von C. R., nicht für notwendig erachtet, H. R. zu befragen, wobei mit keinem Wort im angefochtenen Bescheid begründet werde, warum man den Beweisantrag missachtet habe.
Gerade durch die Einvernahme dieser Zeugin wäre es möglich gewesen, nicht nur durch das Sammeln von Indizien, sondern durch das Vorliegen eines entsprechenden Zeugenbeweises abzuklären, ob der Beschwerdeführer mit der Tochter von H. R. tatsächlich eine Lebensgemeinschaft gehabt habe bzw. ob sein Lebensmittelpunkt in W. anzunehmen sei. Die Einvernahme der Zeugin hätte ergeben, dass die Freundin des Beschwerdeführers mit ihrer Mutter in einer kleinen Zweizimmerwohnung auf engstem Raum zusammenlebe, sodass überhaupt kein Platz für eine dritte Person bestehe und daher keine Wohngemeinschaft anzunehmen sei; ebenso hätte die Einvernahme dieser Zeugin ergeben, dass auch keine Wirtschaftsgemeinschaft bestanden habe bzw. auf Dauer beabsichtigt gewesen sei und von einem eheähnlichen Zustand keine Rede sein könne, was aber Voraussetzung für das Vorliegen einer Lebensgemeinschaft sei. Es hätte sich auch durch die Einvernahme der Zeugin ergeben, dass ein eheähnliches Zusammengehörigkeitsgefühl zwischen C. R. und dem Beschwerdeführer nicht bestanden habe. Insoweit sei daher auch eine Relevanz des vorliegenden Verfahrensfehlers (Unterlassung der Einvernahme der beantragten Zeugin) gegeben, da dieser Verfahrensfehler letzten Endes eine mangelhafte Beweiswürdigung ergeben habe.
Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerde einen relevanten Verfahrensmangel auf.
Gemäß § 37 AVG ist Zweck der Ermittlungsverfahrens, den für die Erledigung einer Verwaltungssache maßgebenden Sachverhalt festzustellen und den Parteien Gelegenheit zur Geltendmachung ihrer Rechte und rechtlichen Interessen zum geben. Soweit die Verwaltungsvorschriften hierüber keine Anordnungen enthalten, hat die Behörde nach § 39 Abs. 2 AVG von Amts wegen vorzugehen und unter Beobachtung der in diesem Teil enthaltenen Vorschriften den Gang des Ermittlungsverfahrens zu bestimmen.
Die Behörde hat die Pflicht, für die Durchführung aller zur Klarstellung des Sachverhaltes erforderlichen Beweise zu sorgen und auf das Parteienvorbringen, soweit es für die Feststellung des Sachverhaltes von Bedeutung sein kann, einzugehen. Die Behörde darf sich über erhebliche Behauptungen und Beweisanträge nicht ohne Ermittlungen und ohne Begründung hinwegsetzen (vgl. dazu Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze, Band I2, E 84 zu § 39 AVG).
In Fällen, in denen - wie hier - widersprechende Beweisergebnisse vorliegen und in denen der Glaubwürdigkeit von Personen für die Beweiswürdigung besondere Bedeutung zukommt, ist es im Interesse der Erforschung der materiellen Wahrheit erforderlich, die in Frage kommenden Personen förmlich als Zeugen bzw. als Parteien niederschriftlich zu vernehmen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 11. Dezember 2013, Zl. 2013/08/0164, mwN).
Die belangte Behörde ließ hingegen den in der Berufung gestellten Beweisantrag des Beschwerdeführers auf Einvernahme (auch) der Mutter von C. R. außer Acht, da sie ihn weder in der Darstellung der Berufung erwähnt, noch in weiterer Folge begründet, warum auf ihn nicht einzugehen gewesen wäre. Die Notwendigkeit der förmlichen Einvernahme von H. R. als Zeugin lag im vorliegenden Fall jedoch auf der Hand, weil von dieser Zeugin die Schilderung persönlicher Wahrnehmungen zu den Umständen des Zusammenlebens des Beschwerdeführers mit C. R. zu erwarten war. Die belangte Behörde hätte somit H. R. als Zeugin vernehmen und dem Beschwerdeführer zu den gewonnenen Ermittlungsergebnissen rechtliches Gehör einräumen müssen.
Hätte die belangte Behörde dem gestellten Beweisantrag entsprochen, hätte sie bezüglich des Vorliegens einer Lebensgemeinschaft zwischen dem Beschwerdeführer und C. R. zu einem anderen Ergebnis gelangen können, weshalb dem Verfahrensmangel Relevanz zukommt.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der (auf "Altfälle" gemäß § 3 Z 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013 idF BGBl. II Nr. 8/2014, weiter anzuwendenden) VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.
Wien, am 23. September 2014
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