Normen
BAO §19 Abs1;
BAO §205 Abs5;
BAO §211;
BAO §212 Abs1;
BAO §212 Abs2;
BAO §214;
UGB §142;
BAO §19 Abs1;
BAO §205 Abs5;
BAO §211;
BAO §212 Abs1;
BAO §212 Abs2;
BAO §214;
UGB §142;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit zwei Eingaben vom 7. September 2011 beantragte der Beschwerdeführer die Neuberechnung und Festsetzung von Stundungszinsen jeweils mit 0 EUR.
Der Beschwerdeführer brachte dazu vor, für die Zeit vom 4. Juni 2009 bis 28. März 2010 sowie für die Zeit vom 29. März 2010 bis 8. Juni 2010 seien Stundungszinsen festgesetzt worden. Während dieser Stundungszeiträume sei das Abgabenkonto des Beschwerdeführers mit einem Betrag von insgesamt 59.835,62 EUR (Einkommensteuer 1993 und 1998) belastet gewesen. Diese Beträge seien später herabgesetzt worden. Weiter hätten - nach dem Vorbringen des Beschwerdeführers - in jenem Zeitraum Abgabenschuldigkeiten der X KG, deren Gesamtrechtsnachfolger der Beschwerdeführer aufgrund des Beschlusses des Handelsgerichtes Wien vom 4. März 2004 (sinngemäße Anwendung des § 142 HGB) sei, mit einem Betrag von insgesamt 17.354,92 EUR (Saldo aus Umsatzsteuer 1992, 1993 und 1995) dem Rechtsbestand angehört. Diese Beträge seien aufgrund einer Berufungsentscheidung der belangten Behörde in ein Guthaben von insgesamt 33.562,13 EUR geändert worden. Es sei sohin zu einer weiteren Herabsetzung von im Stundungszeitraum dem Beschwerdeführer zuzurechnenden Abgabenschulden gekommen, sodass der gesamte Herabsetzungsbetrag den Stundungsbetrag jedenfalls übersteige.
Gleiches gelte für die Zeit vom 11. Jänner 2005 bis 8. März 2005 sowie für die Zeit vom 5. April 2005 bis 28. Dezember 2005. Während dieser Stundungszeiträume sei das Abgabenkonto des Beschwerdeführers mit einem Betrag von insgesamt 60.554,65 EUR (Einkommensteuer 1993 und 1998) belastet gewesen. Diese Beträge seien in der Folge herabgesetzt worden. Auch hätten wiederum Abgabenschuldigkeiten der X KG im Stundungszeitraum dem Rechtsbestand angehört (17.354,92 EUR; Saldo aus Umsatzsteuer 1992, 1993 und 1995). Diese Abgabenschulden seien in der Folge mit Berufungsentscheidung der belangten Behörde in ein Guthaben von insgesamt 33.562,13 EUR geändert worden. Es sei sohin zu einer Herabsetzung gekommen, welche den Stundungsbetrag jedenfalls übersteige.
Mit Bescheiden vom 21. und 28. Februar 2012 änderte das Finanzamt die Bescheide über die Festsetzung der Stundungszinsen gemäß § 212 Abs. 2 BAO ab. Dabei berücksichtigte das Finanzamt nur Herabsetzungen betreffend die auf dem Abgabenkonto des Beschwerdeführers verbuchten Abgaben, nicht aber die am Abgabenkonto der X KG verbuchten Abgaben. Begründend führte das Finanzamt hiezu aus, Zahlungserleichterungen könnten sich nur auf Abgaben erstrecken, die gemäß § 213 BAO zusammengefasst verbucht würden. Abgabenherabsetzungen könnten daher nur dann Auswirkungen auf die Bemessungsgrundlage der Stundungszinsen haben, wenn sie mit jenen Abgaben, die Gegenstand der Zahlungserleichterung gewesen seien, zusammengefasst verbucht worden seien. Die unter der Steuernummer der X KG verbuchten Abgaben hätten, ungeachtet der Gesamtrechtsnachfolge, einen anderen Abgabenschuldner betroffen, weshalb sie nicht zusammengefasst mit jenen des Beschwerdeführers zu verbuchen gewesen seien.
Gegen diese Bescheide erhob der Beschwerdeführer Berufung. Die Umsatzsteuerschulden der X KG seien mit Ablauf des 4. März 2004 dem Beschwerdeführer zuzurechnen gewesen, sodass sie mit den unmittelbar den Beschwerdeführer betreffenden Abgabenschulden zusammengefasst zu verbuchen gewesen wären. Wenn das Finanzamt dies - etwa aus EDV-technischen Gründen - unterlassen habe, so sei dies für die Ermittlung der Auswirkungen von Abgabenherabsetzungen auf die Stundungszinsenbemessungsgrundlage unbeachtlich.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, wenn der Beschwerdeführer vorbringe, die verbuchte Umsatzsteuer 1992, 1993 und 1995 der X KG wäre mit den unmittelbar den Beschwerdeführer betreffenden Verbindlichkeiten zu verbuchen gewesen, so übersehe er, dass diese Umsatzsteuer bereits am 3. August 1998 und somit lange vor Eintritt der Gesamtrechtsnachfolge am Abgabenkonto der X KG zu verbuchen gewesen sei. Auch der Einwand, dass ab dem 4. März 2004 diese Umsatzsteuerschulden der X KG im Wege der Gesamtrechtsnachfolge zu Umsatzsteuerschulden des Beschwerdeführers geworden seien, sei schon deshalb nicht zutreffend, weil der Saldo am Abgabenkonto der X KG am 4. März 2004 "EUR 0,00" betragen habe; die in Rede stehende Umsatzsteuer sei - entgegen dem Antragsvorbringen - bereits durch Tilgung erloschen gewesen. Mangels Vorliegens der Voraussetzung der Minderung einer auf dem Abgabenkonto gebuchten Abgabenschuldigkeit seien diese Herabsetzungsbeträge zu Recht nicht im Rahmen der Neuberechnung der Stundungszinsen berücksichtigt worden.
Gegen diesen Bescheid wendet sich die Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde sowie Einbringung einer Replik des Beschwerdeführers erwogen hat:
Gemäß § 19 Abs. 1 BAO gehen bei Gesamtrechtsnachfolge die sich aus Abgabenvorschriften ergebenden Rechte und Pflichten des Rechtsvorgängers auf den Rechtsnachfolger über.
Gesamtrechtsnachfolge liegt insbesondere bei einer Übernahme gemäß § 142 UGB vor (vgl. - unter Hinweis auf Entscheidungen des OGH sowie auf hg. Rechtsprechung - Ritz, BAO5, § 19 Tz 1; vgl. auch den - den Beschwerdeführer betreffenden - hg. Beschluss vom 13. April 2005, 2005/13/0004).
Im Verfahren ist unstrittig, dass der Beschwerdeführer Rechtsnachfolger der X KG ist. Damit gingen gemäß § 19 Abs. 1 BAO die sich aus Abgabenvorschriften ergebenden Rechte und Pflichten der X KG auf den Beschwerdeführer über. Insbesondere ist der Beschwerdeführer damit dazu verpflichtet, Abgaben der X KG (welche allenfalls im Zuge von Rechtsmitteln oder sonstigen Maßnahmen (§§ 293 ff BAO) erhöht werden könnten) zu tragen; dem Beschwerdeführer stehen anderseits die sich aus nachträglichen Herabsetzungen von Abgaben betreffend die X KG ergebenden Gutschriften zu.
Gemäß § 212 Abs. 1 BAO kann die Abgabenbehörde auf Ansuchen des Abgabepflichtigen für Abgaben, hinsichtlich derer ihm gegenüber auf Grund eines Rückstandsausweises (§ 229 BAO) Einbringungsmaßnahmen für den Fall des bereits erfolgten oder späteren Eintrittes aller Voraussetzungen hiezu in Betracht kommen, den Zeitpunkt der Entrichtung der Abgaben hinausschieben (Stundung) oder die Entrichtung in Raten bewilligen, wenn bestimmte Voraussetzungen gegeben sind. Eine vom Ansuchen abweichende Bewilligung von Zahlungserleichterungen kann sich auch auf Abgaben, deren Gebarung mit jener der den Gegenstand des Ansuchens bildenden Abgaben zusammengefasst verbucht wird (§ 213 BAO), erstrecken.
Nach § 212 Abs. 2 BAO sind für Abgabenschuldigkeiten, die den Betrag von insgesamt 750 EUR übersteigen, Stundungszinsen in Höhe von viereinhalb Prozent über dem jeweils geltenden Basiszinssatz pro Jahr zu entrichten; Stundungszinsen, die den Betrag von 50 EUR nicht erreichen, sind nicht festzusetzen. Im Fall der nachträglichen Herabsetzung einer Abgabenschuld hat (in der hier noch anwendbaren Fassung vor dem FVwGG 2012: auf Antrag des Abgabepflichtigen) die Berechnung der Stundungszinsen unter rückwirkender Berücksichtigung des Herabsetzungsbetrages zu erfolgen.
§ 212 Abs. 2 BAO war mit BGBl. Nr. 787/1974 neu gefasst worden. Nach den Erläuterungen zur Regierungsvorlage (1299 BlgNR 13. GP 3) sollte durch die Neufassung "klargestellt werden, daß jede nachträgliche Herabsetzung einer Abgabenschuld, die auf die Stundungszinsenberechnung und -anforderung Einfluß hat, bei der Berechnung der Stundungszinsen zu berücksichtigen ist, und zwar ohne Unterschied, ob die Fälligkeit der betreffenden Abgabenschuld vor oder nach der Bewilligung der in Betracht kommenden Zahlungserleichterungen liegt."
Stundungszinsen bilden den wirtschaftlichen Ausgleich für den Zinsverlust, den der Abgabengläubiger dadurch erleidet, dass er die geschuldete Abgabenleistung nicht bereits am Tag der Fälligkeit erhält (vgl. das hg. Erkenntnis vom 11. März 1992, 90/13/0239, mwN).
Zahlungserleichterungsbescheide iSd § 212 BAO sind antragsgebundene Verwaltungsakte, wobei aber Abgaben, die mit den vom Ansuchen erfassten Abgaben zusammengefasst verbucht werden, miteinbezogen werden können. Laut den Erläuterungen zur Regierungsvorlage zum BGBl. Nr. 151/1980 (128 BlgNR 15. GP 33) sollte entsprechend der bisherigen Verwaltungsübung (ausdrücklich und klarstellend) eine derartige Einbeziehung - über den Antrag hinaus - vorgesehen werden. Eine solche Vorgangsweise sei vor allem deshalb als sehr zweckmäßig anzusehen, weil ein möglichst umfassender Tilgungsplan einerseits vom Abgabepflichtigen der Übersichtlichkeit wegen leichter eingehalten und andererseits von der Abgabenbehörde besser überwacht werden könne. Dieses zuletzt genannten Umstandes wegen erweise sich überdies die vorgeschlagene Regelung als äußerst automationsgerecht.
§ 212 Abs. 1 BAO ermöglicht damit eine vom Ansuchen abweichende Einbeziehung von Abgaben für den Fall, dass die Gebarung dieser Abgaben zusammengefasst verbucht wird. § 212 Abs. 2 BAO differenziert hingegen nicht danach, ob die nachträglich herabgesetzte Abgabenschuld gemeinsam mit anderen (gestundeten) Abgaben verbucht wurde.
Nach den Erläuterungen soll jede nachträgliche Herabsetzung zu berücksichtigen sein, die auf die Stundungszinsenberechnung und -anforderung Einfluss hat, dies ohne Unterschied, ob die Fälligkeit der Abgabenschuld vor oder nach der Bewilligung der in Betracht kommenden Zahlungserleichterungen liegt. Auch Stoll führt aus (BAO-Kommentar, 2261), unter der nachträglichen Herabsetzung einer Abgabenschuld sei nicht nur eine Minderung einer solchen Schuld zu verstehen, die im Zeitpunkt der Bewilligung Gegenstand der Zahlungserleichterung war, sondern jede nachträgliche im Festsetzungswege wirksam gewordene Herabsetzung einer ursprünglich bestehenden oder später entstandenen Abgabenzahlungsverpflichtung, die objektiv zu einer ziffernmäßigen Verminderung des zugefristeten Rückstandes führt, der Grundlage der Stundungszinsenberechnung war.
Der Verwaltungsgerichtshof schließt sich dieser - auf die Erläuterungen gestützten - Ansicht an. Entscheidend dafür, ob eine nachträgliche Herabsetzung einer Abgabenschuld rückwirkend betreffend die Stundungszinsen zu berücksichtigen ist, ist demnach, ob diese Herabsetzung auch zu einer Reduktion des Rückstandes führt, der Grundlage der Stundungszinsenberechnung war (bzw. - bei erstmaliger Berechnung - ist). Es ist also zu klären, ob die Grundlage der Stundungszinsenberechnung eine andere gewesen wäre, wenn die Abgabenschuld bereits ursprünglich entsprechend der nachträglichen Herabsetzung festgesetzt worden wäre.
Dies hängt aber vom Umfang der beantragten und bewilligten Zahlungserleichterung ab. Nach dem Inhalt der Verwaltungsakten erfolgte eine Stundung von Abgaben, die nicht den gesamten, sich auf dem Abgabenkonto des Beschwerdeführers ergebenden Rückstand umfasste (vgl. die Schilderung des Berufungsvorbringens in einer Berufungsentscheidung der belangten Behörde vom 10. März 2011: "In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung führte der Berufungswerber (Bw) aus, dass nur ein Betrag von EUR 74.734,79 antragsgegenständlich gewesen sei, sodass nur von diesem Betrag die Stundungszinsen berechnet werden könnten").
Dass auch Zahlungserleichterungen hinsichtlich jener Abgaben beantragt oder bewilligt worden seien, die auf dem Abgabenkonto der X KG gebucht wurden, behauptet der Beschwerdeführer nicht. Für bereits entrichtete Abgaben ist eine Bewilligung von Zahlungserleichterungen im Übrigen auch ausgeschlossen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 3. Juni 1992, 91/13/0127). Da die die KG betreffenden Abgabenschulden - auch in der Beschwerde unbestritten - bereits vor den hier zu beurteilenden Stundungszeiträumen durch Tilgung erloschen waren, schied eine Stundung im Hinblick auf diese Abgaben sohin von vornherein aus.
Wenn sich die Zahlungserleichterung lediglich auf bestimmte Abgaben (etwa: nur Einkommensteuer eines bestimmten oder mehrerer bestimmter Jahre) bezieht (vgl. Ritz, aaO, Tz 18, zu einer möglichen Bedingung einer Zahlungserleichterung, dass nicht einbezogene Abgaben zeitgerecht entrichtet werden), sind auch lediglich diese Abgaben (der aus diesen Abgaben resultierende Rückstand) Grundlage der Stundungszinsenberechnung. Für einen Rückstand aus anderen, nicht gestundeten Abgaben besteht keine Verpflichtung zur Entrichtung von Stundungszinsen. Eine nachträgliche Herabsetzung dieser anderen (nicht gestundeten) Abgaben hat damit auch keinen (rückwirkenden) Einfluss auf die Stundungszinsenberechnung. Soweit sich durch eine (Teil‑)Entrichtung von nicht gestundeten Abgaben und eine nachträgliche Herabsetzung dieser Abgaben (isoliert betrachtet) ein Differenzbetrag zu Gunsten des Abgabepflichtigen ergibt, wird dieses "Guthaben" zwar sodann - nach den Regeln des § 214 BAO - auch die gestundeten Abgabenschuldigkeiten vermindern, dies aber (in der Regel) erst mit dem Tag der Bekanntgabe des Bescheides über die Herabsetzung der Abgabe (vgl. Ritz, BAO4, § 211 Tz 14). Eine Rückwirkung betreffend Zinsen ist hier nicht ableitbar, der Gesetzgeber hat hiezu - allerdings eingeschränkt auf Einkommensteuer und Körperschaftsteuer - "Anspruchszinsen" (Gutschriftszinsen) vorgesehen (§ 205 Abs. 5 BAO).
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet in §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Die zitierten Bestimmungen über das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof waren gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG in der bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Fassung anzuwenden.
Wien, am 26. November 2014
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