Normen
62005CJ0432 Unibet VORAB;
B-VG Art131 Abs1 Z1;
GSpG 1989 §53;
VStG §39;
VwGG §34 Abs1;
Spruch:
1. den Beschluss gefasst:
Die Beschwerde der Zweit- und der Drittbeschwerdeführerin wird zurückgewiesen,
und
2. zu Recht erkannt:
Die Beschwerde der Erstbeschwerdeführerin wird als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführenden Parteien haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1.1. Mit erstinstanzlichem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft L vom 14. Mai 2010 wurde die Beschlagnahme von neun sogenannten Internet Terminals mit näher genannten Seriennummern gemäß §§ 52 und 53 Glücksspielgesetz 1989 und § 32 Tiroler Veranstaltungsgesetz 2003 angeordnet.
Die Erstbeschwerdeführerin ist die Eigentümerin der beschlagnahmten Geräte. Diese waren im Wettlokal der Zweitbeschwerdeführerin aufgestellt, die hiefür von der Drittbeschwerdeführerin, die die mit den Geräten zugänglichen Spiele veranstaltete und in deren Namen und auf deren Rechnung die Einsätze entgegen genommen und Gewinne ausbezahlt wurden, ein monatliches, umsatzabhängiges Entgelt bezog.
1.2. Den Berufungen der beschwerdeführenden Parteien gegen diesen Beschlagnahmebescheid gab die belangte Behörde mit Bescheid vom 8. Februar 2011 insoweit statt, als die Beschlagnahme nur auf das Glücksspielgesetz 1989 in der Fassung BGBl. I Nr. 141/2008 und nicht auch zusätzlich auf § 32 Tiroler Veranstaltungsgesetz 2003 gestützt wurde.
1.3. Gegen diesen Bescheid erhoben die beschwerdeführenden Parteien zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom 19. September 2011, B 479/11-3 und B 543/11-3, ablehnte und die Beschwerde antragsgemäß gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat. Die Beschwerde wurde zur hg. Zl. 2011/17/0275 protokolliert. Mit hg. Erkenntnis vom 5. November 2014 wurde der Bescheid vom 8. Februar 2011 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.
1.4. Die beschwerdeführenden Parteien hatten am 21. Mai 2010 einen (mit verschiedenen Schriftsätzen mehrfach ergänzten bzw. berichtigten) Antrag auf Ausfolgung der beschlagnahmten Geräte gestellt.
Über diesen Antrag wurde mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft L vom 4. Juni 2010 entschieden. Der Antrag wurde abgewiesen, wobei die Bezirkshauptmannschaft ebenfalls auf §§ 52 und 53 Glücksspielgesetz 1989 und § 32 Tiroler Veranstaltungsgesetz 2003 verwies.
1.5. Aufgrund der Berufung der beschwerdeführenden Parteien erging der hier angefochtene Bescheid, mit dem die belangte Behörde die Berufung abwies und den erstinstanzlichen Spruch lediglich dahin gehend berichtigte, dass die Beschlagnahme ausschließlich auf § 53 Abs. 1 GSpG gestützt würde.
Begründend verwies die belangte Behörde darauf, dass der Berufungsbescheid der belangten Behörde vom 8. Februar 2011 den beschwerdeführenden Parteien am 28. Februar 2011 zugestellt worden sei; die Beschlagnahme sei somit rechtskräftig geworden. Ergänzend führte die belangte Behörde aber auch in Auseinandersetzung mit den Argumenten der beschwerdeführenden Parteien aus, weshalb die Beschlagnahme zulässig gewesen sei.
1.6. Auch gegen diesen Bescheid erhoben die beschwerdeführenden Parteien zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Mit Beschluss vom 19. September 2011, B 543/11-3, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der Beschwerde ab und trat sie dem Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG zur Entscheidung ab.
1.7. In der über Verfügung des Verwaltungsgerichtshofes ergänzten Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhalts bzw. Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde und infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.
1.8. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt, im vorliegenden Verfahren auf die Erstattung einer Gegenschrift verzichtet und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
2. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
2.1. Im Beschwerdefall sind gemäß § 79 Abs. 11 VwGG in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 122/2013 die bis zum Ablauf des 31. Dezember 2013 geltenden Bestimmungen des VwGG weiter anzuwenden.
2.2. Zur Zurückweisung der Beschwerde der Zweit- und der Drittbeschwerdeführerin:
Die mit den beschlagnahmten Geräten zugänglichen Spiele wurden von der Drittbeschwerdeführerin veranstaltet und waren im Wettlokal der Zweitbeschwerdeführerin aufgestellt; diese erhielt ein monatliches, umsatzabhängiges Entgelt von der Drittbeschwerdeführerin.
Die Zweit- und die Drittbeschwerdeführerin waren somit nach der hg. Rechtsprechung auch zutreffend Adressaten des Beschlagnahmebescheids, der im hg. Verfahren zur Zl. 2011/17/0275 beschwerdegegenständlich war (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom 24. Juni 1997, Zl. 94/17/0388, vom 28. Juni 2011, Zl. 2011/17/0122, oder vom 15. September 2011, Zl. 2011/17/0133). Dem hier vorliegenden Verfahren liegt jedoch ein Ausfolgungsantrag hinsichtlich der beschlagnahmten Gegenstände zu Grunde.
Ein Anspruch auf Ausfolgung von beschlagnahmten Gegenständen im Falle einer unwirksamen Beschlagnahme oder der Aufhebung eines zunächst wirksam erlassenen Beschlagnahmebescheids steht dem Berechtigten zu (vgl. z.B. Raschauer, Allgemeines Verwaltungsrecht3, Rz 1303 ff, Thienel/Schulev-Steindl, Verwaltungsverfahren5, 263, und zur Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts auf Eigentum das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes Slg. 11.820/1988). Als ein solcher Berechtigter kommt jedenfalls der Eigentümer der Sache in Betracht. Den nach der hg. Rechtsprechung neben dem Eigentümer als Adressaten des Beschlagnahmebescheids in Betracht kommenden weiteren Parteien kommt zwar ein Berufungsrecht gegen den Beschlagnahmebescheid zu; daraus folgt jedoch noch nicht ihre Legitimation zur Geltendmachung eines Herausgabeanspruches. Der Zweit- und der Drittbeschwerdeführerin kommt vielmehr mangels dinglicher Berechtigung an den beschlagnahmten Geräten kein derartiger Anspruch zu. Sie können daher durch den angefochtenen Bescheid, der ihre Berufung gegen den abweislichen erstinstanzlichen Bescheid abgewiesen hat, nicht in einem Recht verletzt sein.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist eine auf Art. 131 Abs. 1 Z 1 B-VG gestützte Beschwerde nur dann zulässig, wenn zumindest die Möglichkeit besteht, dass der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid im Rahmen des von ihm geltend gemachten Beschwerdepunktes in einem gesetzlich normierten subjektiven Recht verletzt wurde (vgl. etwa die hg. Beschlüsse vom 2. Juli 1981, Slg. 10.511/A, verstärkter Senat, vom 24. Jänner 1995, Zl. 93/04/0161, und vom 17. Juni 2014, Zl. 2012/04/0161). Dies gilt auch, wenn - wie im Beschwerdefall - die Beschwerdeführer als Partei des Verwaltungsverfahrens behandelt wurden (vgl. neuerlich den eben genannten Beschluss vom 2. Juli 1981).
Es fehlt somit hinsichtlich der Zweit- und der Drittbeschwerdeführerin die gemäß Art. 131 Abs. 1 Z 1 B-VG erforderliche Prozessvoraussetzung der Möglichkeit der Verletzung in dem als verletzt behaupteten subjektiven Recht.
Die Beschwerde der Zweit- und der Drittbeschwerdeführerin war daher gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG als unzulässig zurückzuweisen.
2.3. Zur Beschwerde der Erstbeschwerdeführerin
2.3.1. Wie in der Sachverhaltsdarstellung erwähnt, wurde mit dem hg. Erkenntnis vom 5. November 2014, Zl. 2011/17/0275, der Bescheid der belangten Behörde vom 8. Februar 2011, mit dem die Berufung gegen die Anordnung der Beschlagnahme abgewiesen worden war, wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts aufgehoben.
Gemäß § 42 Abs. 3 VwGG ist das Beschlagnahmeverfahren mit der Aufhebung dieses Bescheides in die Lage zurück getreten, in die es sich vor Erlassung des Bescheides vom 8. Februar 2011 befunden hat.
Zu prüfen ist somit, welche Auswirkung dies auf die Rechtmäßigkeit des hier angefochtenen Bescheids hat, in dem sich die belangte Behörde u.a. auf die Rechtskraft dieses später rückwirkend aufgehobenen Bescheides berufen hat.
Ein Ausfolgungsantrag ist dann berechtigt, wenn kein Rechtsgrund (mehr) für die Beschlagnahme besteht. Im Beschwerdefall bestand ein solcher durch den erstinstanzlichen Beschlagnahmebescheid. Daher ist es im Beschwerdefall nicht maßgeblich, dass der Bescheid, auf den sich die belangte Behörde gestützt hat, mit dem unter Punkt 1.3. genannten hg. Erkenntnis vom 5. November 2014 aufgehoben wurde. Durch die Aufhebung des Bescheids vom 8. Februar 2011, mit dem die Berufung im Beschlagnahmeverfahren abgewiesen worden war, erweist sich zwar das Berufungsverfahren im Beschlagnahmeverfahren wieder als offen (und ist dieser Rechtszustand nach der hg. Rechtsprechung gemäß § 42 Abs. 3 VwGG auch rückwirkend als gegeben anzunehmen, vgl. die hg. Erkenntnisse vom 30. Juni 1994, Zl. 91/06/0174, oder vom 12. Dezember 2005, Zl. 2002/17/0179). Dies ändert jedoch nichts daran, dass der erstinstanzliche Bescheid nach wie vor einen Rechtsgrund für die Beschlagnahme bildete.
Da der Berufung gegen den Beschlagnahmebescheid vom 14. Mai 2010 keine aufschiebende Wirkung zukam, besteht für die Beurteilung des Ausfolgungsantrags kein Unterschied, ob das Berufungsverfahren im Beschlagnahmeverfahren im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheids noch anhängig war, oder die Berufung bereits rechtskräftig abgewiesen worden war. Einem Ausfolgungsantrag kann auch während des Laufes des Berufungsverfahrens über den Beschlagnahmebescheid nicht stattgegeben werden. Über die Frage der Rechtmäßigkeit der Beschlagnahme ist im Beschlagnahmeverfahren abzusprechen.
2.3.2. Soweit die beschwerdeführende Partei auch unionsrechtliche Einwendungen erhoben hat, ist sie darauf zu verweisen, dass die Frage der Unionsrechtskonformität der in Rede stehenden Beschlagnahme im Beschlagnahmeverfahren zu prüfen war. Die Wahrung der aus dem Unionsrecht ableitbaren Rechte hat nach der Rechtsprechung des EuGH im Rahmen des mitgliedstaatlichen Verfahrensrechts zu erfolgen. Die Einräumung eigener bzw. zusätzlicher Rechtsbehelfe, in denen über die Frage der Unionsrechtskonformität abzusprechen wäre, ist nach Unionsrecht nicht geboten (vgl. das Urteil des EuGH vom 13. März 2007, Rs C- 432/05 , Unibet, Rn 65).
2.3.3. Aus den dargelegten Erwägungen ergibt sich, dass die erstbeschwerdeführende Partei durch den angefochtenen Bescheid in ihren Rechten weder wegen der geltend gemachten noch wegen einer vom Verwaltungsgerichtshof aus eigenem aufzugreifenden Rechtswidrigkeit verletzt worden ist.
Ihre Beschwerde war infolgedessen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
2.4. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG aF in Verbindung mit § 3 Z 1 VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013, in der Fassung BGBl. II Nr. 8/2014.
Wien, am 15. Dezember 2014
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