VwGH 2011/15/0112

VwGH2011/15/011230.10.2014

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofrätin Dr. Büsser sowie die Hofräte MMag. Maislinger, Mag. Novak und Dr. Sutter als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zaunbauer-Jenkins, über die Beschwerde der P GmbH in L, vertreten durch die Deloitte Tax Wirtschaftsprüfungs GmbH in 1010 Wien, Renngasse 1, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Linz, vom 29. April 2011, Zlen. RV/0744-L/10, RV/0752-L/10, betreffend Körperschaftsteuer Gruppe 2008 und Feststellung Gruppenträger 2008, zu Recht erkannt:

Normen

BAO §92 Abs1 litb;
DBAbk Indonesien 1988 Art11 Abs1;
DBAbk Indonesien 1988 Art24 Abs3 litb;
KStG §24a Abs1 Z1;
KStG §24a;
KStG §9 Abs1;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2014:2011150112.X00

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die beschwerdeführende GmbH ist Gruppenträger einer steuerlichen Unternehmensgruppe iSd § 9 KStG 1988. Ihr Einkommen betrug laut "Feststellungsbescheid Gruppenträger 2008" - 4,075.519,97 EUR. Die ausländischen Einkünfte (aus Indonesien bezogene Zinsen) wurden im angeführten Feststellungsbescheid erklärungsgemäß mit 217.311,30 EUR ausgewiesen.

Im "Körperschaftsteuerbescheid Gruppe 2008" wurde die Körperschaftsteuer bei einem Gruppeneinkommen von 8,739.945,13 EUR mit 2,184.828,78 EUR festgesetzt, die ausländische Steuer wurde nicht in Anrechnung gebracht.

In ihrer gegen den "Feststellungsbescheid Gruppenträger" und den "Körperschaftsteuerbescheid Gruppe" erhobenen Berufung vertrat die Beschwerdeführerin die Ansicht, dass die von ihr geleisteten eigenen Quellensteuern auf das zusammengefasste Ergebnis der gesamten Gruppe anzurechnen seien.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung abgewiesen.

Begründend führt die belangte Behörde aus, die beantragte Steueranrechnung basiere auf Art. 24 des Abkommens zwischen der Republik Indonesien und der Republik Österreich zur Vermeidung der Doppelbesteuerung. Nach den Bestimmungen des Musterabkommens, die sich auch in den meisten DBA fänden, dürfe der anzurechnende Betrag den Teil der vor der Anrechnung ermittelten Steuer nicht übersteigen, der auf die aus dem Ausland bezogenen Einkünfte entfalle.

Die steuerlichen Einkünfte der Gruppenmitglieder und des Gruppenträgers seien gesondert zu ermitteln, bevor sie dem Gruppenträger als Gruppeneinkommen zugerechnet werden. Auch das Ergebnis des Gruppenträgers sei nach den Vorschriften des § 9 Abs. 6 und 7 KStG 1988 zu ermitteln. Gemäß § 7 Abs. 2 zweiter Satz KStG 1988 erfolge die Ergebnisermittlung individuell getrennt von der Ergebnisermittlung der Beteiligungskörperschaften.

Bezüglich des Gruppenträgers bestünde keine ausdrückliche gesetzliche Verankerung zur Vorgangsweise bei der Anrechnung. Ein Teil der Lehre vertrete die Ansicht, dass der Anrechnungshöchstbetrag nur vom zusammengefassten Ergebnis zu ermitteln sei (Hinweis auf Stefaner/Weninger in Lang/Schuch/Staringer, KStG, § 9, Rz. 162, Quantschnigg u. a., Gruppenbesteuerung, S. 429).

Dagegen komme ein anderer Teil der Lehre zum Ergebnis, dass der Gruppenträger den Anrechnungshöchstbetrag ohne Berücksichtigung der zugerechneten Ergebnisse der Gruppenmitglieder zu ermitteln habe (Hinweis auf Damböck u. a., 2006, Gruppenbesteuerung, S. 102, Wiesner u.a., Gruppenbesteuerung, 2005, S. 114, Wilpinger, FJ 2006, 173, Pkt. 3.3).

Die belangte Behörde schließe sich letzterer Ansicht an. Auch eine allfällige Entlastung (unmittelbare Entlastung, Rückerstattung) aus dem Quellenstaat knüpfe an den jeweiligen Empfänger der DBA-begünstigten Einkünfte an und sei völlig unabhängig von der nach der österreichischen Gruppenbesteuerung vorgesehenen innerstaatlichen Zurechnung der Gruppenmitgliedseinkünfte.

Soweit sich die Beschwerdeführerin darauf stütze, dass die Sonderausgaben erst beim Gruppeneinkommen abzuziehen seien und der Anrechnungshöchstbetrag deshalb nicht vom Einkommen des Gruppenträgers abhängig gemacht werde, sei ihr zu entgegnen, dass der Abspruch über die anrechenbaren Steuern im Feststellungsbescheid ausdrücklich in § 24a Abs. 1 Z 1 und 2 KStG 1988 normiert sei. Daraus ergebe sich, dass die anrechenbare Steuer vor Ermittlung des Gesamteinkommens errechnet werden müsse. Dagegen führte ein Abstellen des maßgeblichen Anrechnungsbetrages auf das Gruppeneinkommen zu unlösbaren Widersprüchen, weil in der Feststellung des Gruppenträgers dann nicht mehr eine errechnete "anrechenbare Steuer" angesetzt werden könnte, sondern diese mit der vollen Steuerbelastung anzuerkennen und u.U. später wieder zu kürzen wäre, sodass die inhaltlichen Darstellungen des Feststellungsbescheides jegliche rechtliche (Bindungs)Relevanz verlören.

Gegen diesen Bescheid wendet sich die Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Gemäß Art. 24 Abs. 3 des Übereinkommens vom 24. Juli 1986 zwischen der Republik Österreich und der Republik Indonesien zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen, BGBl. Nr. 454/1988, im Folgenden DBA, wird die Doppelbesteuerung in Österreich in Bezug auf Zinsen (Art. 11 DBA) wie folgt vermieden:

"b) Bezieht eine in Österreich ansässige Person Einkünfte, die nach Artikel 8 Absatz 1 und den Absätzen 2 der Artikel 10, 11 oder 12 in Indonesien besteuert werden dürfen, so rechnet Österreich auf die vom Einkommen dieser Person zu erhebende Steuer den Betrag an, der der in Indonesien gezahlten Steuer entspricht. Der anzurechnende Betrag darf jedoch den Teil der vor der Anrechnung ermittelten Steuer nicht übersteigen, der auf die aus Indonesien bezogenen Einkünfte entfällt."

Nach Artikel 11 Abs. 1 DBA dürfen Zinsen, die aus einem Vertragsstaat stammen, und an eine im anderen Vertragsstaat ansässige Person gezahlt werden, im anderen Staat besteuert werden. Diese Zinsen dürfen nach Abs. 2 conv. cit. jedoch auch in dem Staat, aus dem sie stammen, nach dem Recht dieses Staates besteuert werden; die Steuer darf aber, wenn der Nutzungsberechtigte der Zinsen eine im anderen Vertragsstaat ansässige Person ist, 10 von Hundert des Bruttobetrages der Zinsen nicht übersteigen.

Nach § 9 Abs. 1 KStG 1988 idF ab dem Steuerreformgesetz 2005, BGBl. I Nr. 57/2004, können finanziell verbundene Körperschaften unter näher bestimmten Voraussetzungen eine Unternehmensgruppe bilden. Dabei wird das steuerlich maßgebende Ergebnis des jeweiligen Gruppenmitglieds dem steuerlich maßgebenden Ergebnis des beteiligten Gruppenmitglieds bzw. Gruppenträgers zugerechnet. Die Gruppenbesteuerung beinhaltet eine rein steuerliche Ergebniszurechnung des untergeordneten Gruppenmitglieds an das finanziell ausreichend beteiligte übergeordnete Gruppenmitglied bzw. den Gruppenträger. Unbeschränkt steuerpflichtige Gruppenmitglieder haben zunächst unabhängig von anderen Gruppenmitgliedern das "eigene Einkommen" nach allgemeinen ertragsteuerlichen Grundsätzen zu ermitteln (vgl. Wiesner/Kirchmayr/Mayr, Gruppenbesteuerung2, K40).

Das saldierte Ergebnis aller Ebenen wird schließlich dem Gruppenträger zugerechnet und bei ihm besteuert. Damit wird im Rahmen der Gruppenbesteuerung vom Grundsatz der Individualbesteuerung abgegangen.

Die Beschwerde bringt vor, dass die Anrechnung ausländischer Quellensteuern nicht Teil der Einkommensermittlung ist, sondern erst auf Ebene des zusammengefassten Ergebnisses aller Gruppenmitglieder stattfinden kann. Dies sagt jedoch nichts darüber aus, welches Einkommen (das eigene Einkommen des Gruppenmitgliedes bzw. Gruppenträgers oder das saldierte Ergebnis aller Gruppenmitglieder) der Berechnung des Anrechnungshöchstbetrages zu Grunde zu legen ist.

Bei der Beantwortung dieser Frage ist davon auszugehen, dass Rechtsgrundlage der von der beschwerdeführenden Partei begehrten Anrechnung der ausländischen Steuer das eingangs angeführte DBA bildet. Da die Unternehmensgruppe nach innerstaatlichem Recht keine Steuersubjekteigenschaft besitzt, ist sie keine "in einem Vertragsstaat ansässige Person" im abkommensrechtlichen Sinn (vgl. Dommes/Schuch, Gruppenbesteuerung und Doppelbesteuerungsabkommen, in Lang et al, Grundfragen der Gruppenbesteuerung, 354). Hingegen behalten die Gruppengesellschaften trotz der Teilnahme an einer steuerlichen Unternehmensgruppe ihre Steuerrechtssubjektivität und bleiben daher abkommensberechtigt in Ansehung der von Österreich abgeschlossenen Doppelbesteuerungsabkommen.

Eine abkommensrechtliche Verpflichtung, die ausländische Steuer auf die vom Einkommen einer anderen Person (gegenständlich jener der Gruppenmitglieder) zu erhebende Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer anzurechnen, besteht nicht. Nach Art. 24 Abs. 3 lit. b DBA ist die ausländische Steuer auf die vom Einkommen "dieser" (nämlich der in Österreich ansässigen) Person zu erhebende Steuer anzurechnen. Dieser Umstand würde den österreichischen Gesetzgeber jedoch nicht daran hindern, ausländische Steuern in einem weitergehenden Umfang - beispielsweise im Zusammenhang mit der Besteuerung von Unternehmensgruppen - zur Anrechnung zuzulassen, als dies abkommensrechtlich geboten ist. Dies ist allerdings gegenständlich, wie die Bestimmung des § 24a KStG 1988 zeigt, nicht der Fall.

§ 24a KStG 1988 idF AbgÄG 2005, BGBl. I Nr. 161/2005, lautet auszugsweise:

"(1) 1. Das Ergebnis jedes unbeschränkt steuerpflichtigen Gruppenmitgliedes (§ 9 Abs. 2) ist mit Bescheid (§ 92 Abs. 1 lit. b der Bundesabgabenordnung) festzustellen. In diesem Bescheid ist abzusprechen über:

(2) Der Feststellungsbescheid im Sinne des Abs. 1 ergeht an das jeweilige Gruppenmitglied, den Gruppenträger und im Falle einer dem Gruppenmitglied unmittelbar übergeordneten Beteiligungsgemeinschaft den Minderbeteiligten. Der Feststellungsbescheid ist Grundlage für die Festsetzung der Körperschaftsteuer beim Gruppenträger. ..."

Die ErlRV zum AbgÄG 2005 (1187 BlgNR XXII. GP, 14) führen hiezu aus:

"Da die Besteuerung von Unternehmensgruppen, anders als die Organschaftsbesteuerung, nicht an eine enge gesellschaftsrechtliche Verflechtung der Mitglieder durch Ergebnisabführungsverträge anknüpft, scheint das Besteuerungsverfahren für Unternehmensgruppen regelungsbedürftig. Mit der Einführung eines neuen § 24a sollen alle das Besteuerungsverfahren der Unternehmensgruppen betreffenden Bestimmungen vereinigt werden (Grundlagenfeststellung, Veranlagung und Mindestkörperschaftsteuer) und ergänzend zu § 9 die Überschaubarkeit verbessert werden.

Das Besteuerungsverfahren soll bei der Unternehmensgruppe zweistufig erfolgen:

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