Keine Anrechnung ausländischer Quellensteuer bei negativem Einkommen des Gruppenträgers
Beachte:
VwGH-Beschwerde zur Zl. 2011/15/0112 eingebracht. Mit Erk. vom 23.2.2015 als unbegründet abgewiesen.
Entscheidungstext
Der Unabhängige Finanzsenat hat über die Berufung der PTG, vertreten durch DTW, vom 19. Mai 2010 gegen die Bescheide des Finanzamtes L vom 10. Mai 2010 betreffend Körperschaftsteuer Gruppe 2008 und Feststellung Gruppenträger 2008 entschieden:
Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.
Die angefochtenen Bescheide bleiben unverändert.
Entscheidungsgründe
1. Beim Gruppenträger (GT), der Firma PTG (Bw.), wurde die auf ausländische Einkünfte entfallende anrechenbare ausländische Steuer iHv 32.596,70 € im Feststellungsbescheid GT für 2008 vom 10. Mai 2010 nicht festgesetzt und im Körperschaftsteuerbescheid Gruppe 2008 vom 10. Mai 2010 nicht gegengerechnet.
2. Mit Schreiben vom 9. Juni 2010 wurde gegen den Feststellungsbescheid GT 2008 und Körperschaftsteuerbescheid Gruppe 2008 (beide vom 10. Mai 2010) Berufung eingelegt (Auszug und Zusammenfassung).
a. Beantragt werde
- die erklärungsgemäße Festsetzung der anrechenbaren ausländischen Steuer iHv 32.596,70 € im Feststellungsbescheid GT 2008 und
- die entsprechende Herabsetzung der festgesetzten Körperschaftsteuer Gruppe 2008.
b. Im Feststellungsbescheid GT 2008 seien zwar die erklärten ausländischen Einkünfte iHv 217.311,30 €, nicht aber die anrechenbare Steuer iHv 32.596,70 € festgestellt worden. Im Körperschaftsteuerbescheid Gruppe 2008 sei diese anrechenbare Steuer nicht berücksichtigt und die Körperschaftsteuer iHv 2.184.828,78 € (nach Berücksichtigung der KESt des Gruppenmitgliedes LTG) festgesetzt worden.
c. Der GT habe sein Einkommen mit der Maßgabe zu ermitteln, dass die Sonderausgaben vom zusammengefassten Ergebnis abzuziehen seien. Daher seien die anrechenbaren eigenen Quellensteuern auf das zusammengefasste Ergebnis zu beziehen. Es bestehe im Ergebnis beim GT kein Unterschied, ob eigene oder von Gruppenmitgliedern (GM) zugerechnete ausländische Quellensteuern anzurechnen seien.
d. Der GT weise 2008 ein Einkommen iHv 8.739.945,13 € auf, mit einer KÖSt iHv 2.184.986,28 €. Die ausländischen Einkünfte würden 217.311,30 € betragen, sodass die anrechenbare ausländische Steuer iHv 32.596,70 € den anrechenbaren Höchstbetrag nicht übersteige und in voller Höhe auf die österreichische KÖSt anzurechnen sei.
Die KÖSt der Gruppe betrage 2008 daher 2.152,232,08 €.
3. Am 10. Juni 2010 wurde die Berufung gegen den Feststellungsbescheid GT 2008 und Körperschaftsteuer Gruppe 2008 dem Unabhängigen Finanzsenat zur Entscheidung vorgelegt.
4. Sonstiges: Der Feststellungsbescheid GT 2008 weist ein Einkommen iHv - 4.075.519,97 € auf. Die ausländischen Einkünfte betreffen nach den von der steuerlichen Vertretung eingeholten Auskünften Zinsen aus Indonesien.
Über die Berufung wurde erwogen:
1. Strittig ist ausschließlich ob ein GT in der Gruppe bei eigenen Verlusten Quellensteuer aus ausländischen Einkünften anrechnen kann, wenn sich ein positives Gesamteinkommen der Gruppe ergibt.
2. Nach § 1 Abs 2 Z 1 KStG 1988 sind juristische Personen des privaten Rechts körperschaftsteuerpflichtig. Die unbeschränkte Steuerpflicht erstreckt sich auf alle in- und ausländischen Einkünfte iSd § 2 EStG 1988.
Nach § 2 Abs 1 EStG 1988 ist der Einkommensteuer das Einkommen zugrundezulegen, das der Steuerpflichtige innerhalb eines Kalenderjahres bezogen hat. Einkommen ist nach § 2 Abs 2 EStG 1988 der Gesamtbetrag der Einkünfte aus den im einzelnen aufgezählten Einkunftsarten, nach Ausgleich mit Verlusten, die sich aus den einzelnen Einkunftsarten ergeben und nach Abzug der Sonderausgaben.
Die Körperschaftsteuer wird bei unbeschränkt Steuerpflichtigen gem. § 24 Abs 1 KStG 1988 nach Ablauf des Kalenderjahres (Veranlagungszeitraum) nach dem Einkommen veranlagt, das der Steuerpflichtige in diesem Veranlagungszeitraum bezogen hat. Die Vorschriften des EStG über die Veranlagung und Entrichtung der Steuer sind nach § 24 Abs 3 KStG sinngemäß anzuwenden.
3. Bezieht eine in Österreich ansässige Person Einkünfte, die nach dem Artikel 11 (Zinsen) des DBA Indonesien dort besteuert werden dürfen, so rechnet Österreich nach Art 24 des Abkommens zwischen der Republik Indonesien und der Republik Österreich zur Vermeidung der Doppelbesteuerung (BGBl 454/1988 vom 12. August 1988) auf die vom Einkommen dieser Person zu erhebende Steuer den Betrag an, der der in Indonesien gezahlten Steuer entspricht. Der anzurechnende Betrag darf jedoch den Teil der vor der Anrechnung ermittelten Steuer nicht übersteigen, der auf die aus Indonesien bezogenen Einkünfte entfällt.
4. Die Frage, ob ein GT Quellensteuer bei eigenem negativen Jahresergebnis anrechnen kann, wurde vom UFS bereits untersucht und ablehnend beschieden (zB UFS 30.3.2010, RV/1386-L/09), auf diese Entscheidung wird ausdrücklich verwiesen. Zusammengefasst hat der UFS dabei folgende rechtliche Position eingenommen:
- Die Steueranrechnung basiert auf der Anwendung des jeweiligen DBA im fraglichen Zeitraum. Nach den Bestimmungen des Musterabkommens, die sich auch in den meisten DBA finden, darf dabei der anzurechnende Betrag den Teil der vor der Anrechnung ermittelten Steuer nicht übersteigen, der auf die aus dem Ausland bezogenen Einkünfte entfällt.
- Die steuerlichen Ergebnisse (Einkommen) der GM und des GT werden gesondert ermittelt, bevor sie dem GT als Gruppeneinkommen zugerechnet werden. Auch das Ergebnis des GT ist nach den Vorschriften des § 9 Abs 6 und 7 KStG 1988 zu ermitteln (Quantschnigg ua., Gruppenbesteuerung, S. 139 ff). Gemäß § 7 Abs 2 zweiter Satz KStG 1988 erfolgt seine Ergebnisermittlung individuell (Damböck u.a., Gruppenbesteuerung, S. 97) - meist nach § 5 Abs 1 EStG - getrennt von der Ergebnisermittlung der Beteiligungskörperschaften. Die Steuersubjektivität der einzelnen GM bleibt erhalten und die einzelnen Kapitalgesellschaften sind auch weiterhin abkommensberechtigt (Lang/Schuch/Staringer, KStG, § 9, Rz 156, 160). Das Einkommen des GT und der GM ist dem GT zuzurechnen, der an den GM nach § 9 Abs 4 KStG 1988 beteiligt ist. Die Summe des jeweiligen Einkommens ist beim GT unter Anwendung der Bestimmungen auf das zusammengefasste Ergebnis des § 7 Abs 2 KStG 1988 zu versteuern, Sonderausgaben sind unter Berücksichtigung der Bestimmungen des § 2 Abs 2a, 2b und 8 EStG für das zusammengefasste Ergebnis zu berücksichtigen.
- GT und GM nehmen zunächst völlig unabhängig voneinander eine Einkommensermittlung nach § 7 Abs 2 KStG vor.
- Bezüglich des GT besteht keine ausdrückliche gesetzliche Verankerung zur Vorgangsweise bei der Anrechnung. Aus der in KStR 418 enthaltenen Regelung wurden im Schrifttum unterschiedliche Schlüsse gezogen.
In KStR 418 wird die Vorgangsweise beim GT bei DBA mit Anrechnungsmethode folgendermaßen beschrieben: Da der GT sein Einkommen mit der Maßgabe zu ermitteln hat, dass die Sonderausgaben vom zusammengefassten Ergebnis abzuziehen sind, sind beim GT die anrechenbaren eigenen Quellensteuern auf das zusammengefasste Ergebnis zu beziehen. Im Ergebnis besteht beim GT daher kein Unterschied, ob eigene oder von Gruppenmitgliedern zugerechnete ausländische Quellensteuern anzurechnen sind.
(1) Ein Teil der Lehre hat daraus den Schluss gezogen, dass der Anrechnungshöchstbetrag nur vom zusammengefassten Ergebnis (Einkommen 2) zu ermitteln ist (Stefaner/Weninger in Lang/Schuch/Staringer, KStG, § 9, Rz 162; Quantschnigg u.a., Gruppenbesteuerung, S. 429).
(2) Dagegen kommt ein anderer Teil der Lehre zum Ergebnis, dass der GT den Anrechnungshöchstbetrag ohne Berücksichtigung der zugerechneten Ergebnisse der GM (vom Einkommen 1) zu ermitteln hat (Damböck u.a., 2006, Gruppenbesteuerung, S. 102; Wiesner u.a., Gruppenbesteuerung, 2005, S. 114; Wilplinger FJ, 2006, 173, Pkt. 3.3).
Der Unabhängige Finanzsenat schließt sich der Rechtsansicht an, wonach der Anrechnungshöchstbetrag auf der Ebene der Einkommensermittlung des eigenen Einkommens (Einkommen 1) des GT (ohne Miteinbeziehung der Ergebnisse der Gruppenmitglieder) berechnet werden muss.
Nicht nur die Ergebnisse der Gruppenmitglieder, sondern auch die Ergebnisermittlung des GT erfolgt nach dem KStG zunächst individuell, also abgesondert von der Ermittlung der Beteiligungskörperschaften und vom Gruppenergebnis (Wilplinger, FJ 2006, 173, Pkt 3.3). Die Abkommensberechtigung ist nach Ansicht des UFS daher zweifelsfrei auf die jeweiligen GM und den GT selbst und nicht auf die Unternehmensgruppe zu beziehen. Zu verweisen ist darauf, dass auch eine allfällige Entlastung (unmittelbare Entlastung, Rückerstattung) aus dem Quellenstaat an den jeweiligen Empfänger der DBA-begünstigten Einkünfte (GM, GT) anknüpft und völlig unabhängig von der nach der österreichischen Gruppenbesteuerung vorgesehenen innerstaatlichen Zurechnung der Gruppenmitgliedseinkünfte ist (Lang/Schuch/Staringer/Stefaner, Grundfragen der Gruppenbesteuerung, 2007, S. 380 ff.). Würden im Bereich der Ergebnisermittlung und Anrechnung von Quellensteuern GM und GT unterschiedlich behandelt, wäre dies wohl in systematischer Hinsicht nicht begründbar. Zu ermitteln sind nach der bestehenden Rechtslage in einem ersten Schritt die "Einkommen" der GM und des GT ("Einkommen 1"). Diese sind in einem zweiten Schritt beim GT zusammenzufassen ("Einkommen 2"). Der Anrechnungshöchstbetrag kann sich auch beim GT nur auf jenes Einkommen beziehen, das sich auf der ersten Ebene (als "Einkommen 1") ergibt. Daran ändert die Formulierung in § 9 Abs 6 Z 2 KStG 1988 nichts, wonach Sonderausgaben vom zusammengefassten Ergebnis abgezogen werden. Dies stellt lediglich eine Sonderregel für die Verrechnung der Sonderausgaben dar, ändert aber nichts an der getrennten Ermittlung der Einkommen (1 und 2) auf den verschiedenen Ebenen.
5. Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die ausländische Quellensteuer nach den DBA nur soweit anrechenbar ist, als der anzurechnende Betrag den Teil der vor der Anrechnung ermittelten Steuer nicht übersteigt, der auf die im Ausland bezogenen Einkünfte entfällt. Da der GT für 2008 ein negatives Einkommen von - 4.075.519,95 € erklärt hat, entfällt darauf keine inländische Körperschaftsteuer, sodass eine Anrechnung nicht Platz greifen kann.
Soweit die Bw. ihre Argumentation, die von der h.M. nicht geteilt wird, darauf stützt, dass die Sonderausgaben erst beim Gruppeneinkommen abzuziehen sind und deshalb der Anrechnungshöchstbetrag nicht vom Einkommen des GT abhängig gemacht wird, ist ihr zu entgegnen, dass die Absprache über die anrechenbaren Steuern im Feststellungsbescheid ausdrücklich in § 24a Abs 1 Z 1 und 2 KStG 1988 normiert ist. Daraus ergibt sich, dass die anrechenbare Steuer vor Ermittlung des Gruppeneinkommens errechnet werden muss. Dagegen würde ein Abstellen des maßgeblichen Anrechnungsbetrages auf das Gruppeneinkommen, wie dies von der Bw: vertreten wird, zu unlösbaren Widersprüchen führen, weil in der Feststellung des GT dann nicht mehr eine errechnete "anrechenbare Steuer" angesetzt werden könnte, sondern diese mit der vollen Steuerbelastung anzuerkennen und später (uU.) wieder zu kürzen wäre (s dazu Brugger, SWI 2010, 466, betreffend die Unterstellung der vollen Steuerbelastung der anrechnungsbegünstigten Einkünfte), sodass die inhaltlichen Darstellungen des Feststellungsbescheides jegliche rechtliche (Bindungs)Relevanz verlieren würden. Es wäre im Gegenteil geradezu unverständlich, im Feststellungsbescheid GT - wie dies im Artikel von Brugger angenommen wird - einen (fiktiven Höchst-)Betrag an anrechenbarer Steuer auszuweisen, der sich später (aufgrund des bis dahin nicht bekannten Gruppenergebnisses) in jede Richtung hin (bis hin zu einer Nichtanrechnung bei negativem Gruppenergebnis, trotz ausgewiesenem positiven Anrechnungsbetrag im Feststellungsbescheid) wieder ändern könnte.
Soweit die Bw. ihre Rechtsansicht darauf stützt, dass die Sonderausgaben vom zusammengefassten Ergebnis abzuziehen seien und deswegen die anrechenbaren Quellensteuern auf dieses Gesamtergebnis gestützt werden müssten, ist ergänzend festzuhalten, dass die Bw. im gegenständlichen Fall gar keine Sonderausgaben geltend gemacht hat. Selbst wenn die Sonderausgaben ebenfalls "fiktiv" beim Einkommen des GT zur Berechnung der "anrechenbaren Steuer" (entgegen dem Gesetzeswortlaut) geltend zu machen wären, könnte die Bw. im gegenständlichen Fall nicht beschwert sein, weil im Jahr 2008 gar keine Sonderausgaben anfallen. Die fiktive Berechnung des Einkommens des GT (Einkommen 1) könnte durch Sonderausgaben daher gar keine Veränderung erfahren.
Die Berufung war aus den bezeichneten Gründen abzuweisen.
Beilage: 1 Anonymisierungsliste
Linz, am 29. April 2011
Zusatzinformationen | |
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Materie: | Steuer, Finanzstrafrecht Verfahrensrecht |
betroffene Normen: | § 1 Abs. 2 Z 1 KStG 1988, Körperschaftsteuergesetz 1988, BGBl. Nr. 401/1988 |
Verweise: |