VwGH 2013/10/0140

VwGH2013/10/014022.10.2013

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Lukasser, Dr. Hofbauer und Dr. Fasching als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Uhlir, über die Beschwerde des A R in P, vertreten durch Freimüller/Noll/Obereder/Pilz & Partner Rechtsanwälte GmbH in 1080 Wien, Alserstraße 21, gegen den Bescheid des Senates der Technischen Universität Wien vom 25. April 2013, Zl. 20028.00/159/11, betreffend Zulassung zum Doktoratsstudium an der Technischen Universität Wien (weitere Partei: Bundesminister für Wissenschaft und Forschung), zu Recht erkannt:

Normen

FHStG 1993 §5 Abs3;
FHStG 1993 §6 Abs4 idF 2011/I/074;
QSRG 2011;
UniversitätsG 2002 §64 Abs4 idF 2009/I/081;
UniversitätsG 2002 §64 Abs4;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Die Technische Universität Wien hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu zahlen

Begründung

Mit Bescheid des Vizerektors für Lehre der Technischen Universität Wien vom 9. Oktober 2012 wurde der Beschwerdeführer infolge seines Antrages vom 7. September 2011 auf Grund seines an der Fachhochschule Oberösterreich im Jahr 2010 abgeschlossenen Studiums "Software Engineering" ab dem Wintersemester 2012/13 als ordentlicher Studierender zum Doktoratsstudium der Technischen Wissenschaften an der Technischen Universität Wien (Fakultät für Informatik) zugelassen. Weiters wurde ausgesprochen, dass der Beschwerdeführer zur Herstellung der vollen Gleichwertigkeit seines Studiums mit einem fachlich in Frage kommenden Studium während des Doktoratsstudiums zusätzlich die Prüfungen "Formale Methoden der Informatik 4h/6 ECTS", "Diskrete Mathematik 2h/3 ECTS" und "Mathematische Methoden des Visual Computing 2h/3 ECTS" abzulegen habe.

Gegen den zweitgenannten Spruchpunkt erhob der Beschwerdeführer Berufung, die mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde abgewiesen wurde.

Begründend führte die belangte Behörde zusammengefasst aus, der Rechtsauffassung des Beschwerdeführers, wonach er gemäß der Verordnung des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung vom 6. September 2007, BGBl. II Nr. 238/2007, als Absolvent der Studienrichtung "Software Engineering (Studienkennzahl 0454)", ohne Auflagen zum Studium zugelassen werden müsse, könne nicht gefolgt werden. Die genannte Verordnung sei nämlich im Zusammenhang mit § 64 Abs. 4 Universitätsgesetz 2002 (UG) zu sehen, wonach das Rektorat berechtigt sei, die Feststellung der Gleichwertigkeit eines Studiums mit der Auflage von Prüfungen zu verbinden, die während des jeweiligen Doktoratsstudiums abzulegen seien.

Zur Wahrung der den Universitäten nach dem UG gewährten Autonomie sei es grundsätzlich möglich, "ergänzende Vorschreibungen von Prüfungen" vorzunehmen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift und legte die Akten des Verfahrens vor.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Das Universitätsgesetz 2002, BGBl. I Nr. 120/2002, idF BGBl. I Nr. 52/2013 (UG), lautet auszugsweise:

"Verfahren der Zulassung zum Studium

§ 60. (1) Das Rektorat hat Personen, welche die Zulassungsvoraussetzungen erfüllen, auf Grund ihres Antrages mit Bescheid zum jeweiligen Studium an dieser Universität zuzulassen.

Zulassung zu ordentlichen Studien

§ 63. (1) Die Zulassung zu einem ordentlichen Studium setzt voraus:

1. die allgemeine Universitätsreife;

Allgemeine Universitätsreife

§ 64.

(4) Der Nachweis der allgemeinen Universitätsreife für die Zulassung zu Doktoratsstudien gilt jedenfalls durch den Nachweis des Abschlusses eines fachlich in Frage kommenden Diplomstudiums oder Masterstudiums, eines fachlich in Frage kommenden Fachhochschul-Diplomstudienganges oder Fachhochschul-Masterstudienganges gemäß § 5 Abs. 3 Fachhochschul-Studiengesetz, oder eines anderen gleichwertigen Studiums an einer anerkannten inländischen oder ausländischen postsekundären Bildungseinrichtung als erbracht. Wenn die Gleichwertigkeit grundsätzlich gegeben ist und nur einzelne Ergänzungen auf die volle Gleichwertigkeit fehlen, ist das Rektorat berechtigt, die Feststellung der Gleichwertigkeit mit der Auflage von Prüfungen zu verbinden, die während des jeweiligen Doktoratsstudiums abzulegen sind. Für eine Zulassung zu einem 'PhD'-Doktoratsstudium können im Curriculum qualitative Bedingungen vorgeschrieben werden.

(4a) Der Nachweis der allgemeinen Universitätsreife für die Zulassung zu einem Doktoratsstudium kann auch durch den Abschluss eines Bachelorstudiums erbracht werden, wenn das Bachelorstudium innerhalb der vorgesehenen Studienzeit und mit besonderem Studienerfolg abgeschlossen wurde. Nähere Regelungen hat das Rektorat zu erlassen.

…"

Das Fachhochschul-Studiengesetz, BGBl. Nr. 340/1993 idF

BGBl. I Nr. 74/2011, lautet auszugsweise:

"Akademische Grade

§ 6.

(4) Der erfolgreiche Abschluss eines Fachhochschul-Masterstudienganges oder eines Fachhochschul-Diplomstudienganges berechtigt zu einem facheinschlägigen Doktoratsstudium an einer Universität, das im Falle einer im Vergleich mit den facheinschlägigen Master- oder Diplomstudien an den Universitäten kürzeren Regelstudiendauer des Fachhochschul-Masterstudienganges oder des Fachhochschul-Diplomstudienganges um den Differenzzeitraum verlängert wird.

(5) Für die jeweils in Betracht kommenden Doktoratsstudien hat die zuständige Bundesministerin oder der zuständige Bundesminister eine entsprechende Verordnung zu erlassen. Der im Falle einer Verlängerung gemäß Abs. 4 festzulegende Gesamtumfang der Grundlagenfächer, der fachspezifischen Ergänzungsfächer und der Vertiefungsfächer hat sich an den fachspezifischen Anforderungen der Dissertation zu orientieren.

…"

Die Verordnung des Bundesministers für Wissenschaft und Forschung über das Doktoratsstudium der technischen Wissenschaften für Absolventinnen und Absolventen von Fachhochschul-Studiengängen technischer Richtung, BGBl. II Nr. 238/2007 (im Folgenden: Verordnung), lautet auszugsweise:

"Zulassung zum Doktoratsstudium

§ 1. Absolventinnen und Absolventen der nachstehenden Fachhochschul-Masterstudiengänge haben das Recht auf Zulassung zum Doktoratsstudium der technischen Wissenschaften:

Studiengangskennzahl Bezeichnung

0454 Software Engineering

…"

2. Dem angefochtenen Bescheid liegt die Auffassung zu Grunde, das Rektorat (bzw. im Instanzenzug die belangte Behörde) sei nach Maßgabe des § 64 Abs. 4 UG befugt, die Gleichwertigkeit des vom Beschwerdeführer absolvierten Fachhochschulstudiums festzustellen bzw. die Feststellung der Gleichwertigkeit mit der Auflage von abzulegenden Prüfungen zu verbinden.

Dagegen bringt der Beschwerdeführer zusammengefasst vor, er habe aufgrund des von ihm absolvierten Fachhochschulstudiums nach den Bestimmungen des § 64 Abs. 4 UG und "§ 5 Abs. 3" (nunmehr: § 6 Abs. 4) FHStG im Zusammenhalt mit § 1 der Verordnung das Recht auf Zulassung zum Doktoratsstudium ohne jegliche Auflagen.

3. Mit diesem Vorbringen ist der Beschwerdeführer im Recht.

3.1. Der Beschwerdeführer ist unstrittig Absolvent des Fachhochschul-Masterstudienganges "Software Engineering" (Studiengangskennzahl 0454).

3.2. § 64 Abs. 4 erster Satz UG legt Studien fest, deren Abschluss als Nachweis der Universitätsreife für die Zulassung zu Doktoratsstudien gilt, wobei nach dem Wortlaut der Bestimmung zwei Gruppen von Studien unterschieden werden: Die erste Gruppe umfasst die fachlich in Frage kommenden Diplom- oder Masterstudien sowie die fachlich in Frage kommenden Fachhochschul-Diplom- oder Masterstudiengänge gemäß § 5 Abs. 3 (nunmehr: § 6 Abs. 4) FHStG; die zweite Gruppe umfasst "andere" (mit den Studien der ersten Gruppe) gleichwertige Studien an einer anerkannten inländischen oder ausländischen postsekundären Bildungseinrichtung.

Nur auf diese zweite Gruppe von Studien bezieht sich der zweite Satz des § 64 Abs. 4 UG, was sich schon aus der Verwendung des Begriffes "Gleichwertigkeit", mit dem erkennbar auf den im ersten Satz verwendeten Begriff des "gleichwertigen (Studiums)" Bezug genommen wird, ergibt; nur diese Studien unterliegen somit der Gleichwertigkeitsfeststellung.

Erhärtet wird dieses Gesetzesverständnis durch die Gesetzesmaterialien zur UG-Novelle, BGBl. I Nr. 81/2009 (RV 225 BlgNR 24. GP, S. 24), in denen es zu § 64 UG heißt:

"Schon bisher kann das Rektorat im Rahmen des Zulassungsverfahrens zum Doktoratsstudium die Feststellung der Gleichwertigkeit eines absolvierten Studiums mit einem für das Doktoratsstudium in Frage kommenden Diplom- oder Masterstudium, Fachhochschul-Diplom- oder Masterstudiengang mit der Auflage von Prüfungen verbinden, wenn die Gleichwertigkeit grundsätzlich gegeben ist und nur einzelne Ergänzungen auf die volle Gleichwertigkeit fehlen. …"

Demnach ging der Gesetzgeber erkennbar vom Gedanken aus, dass neben (facheinschlägigen) Diplom- oder Masterstudien und Fachhochschul-Diplom- oder Masterstudiengängen für die Zulassung zum Doktoratsstudium noch weitere Studien in Betracht kommen, sofern diese mit den genannten Studien gleichwertig sind bzw. nur einzelne Ergänzungen auf die volle Gleichwertigkeit fehlen.

Diese Rechtsauffassung kommt im Übrigen auch in einer in den Verwaltungsakten erliegenden, an den Vorsitzenden der belangten Behörde gerichteten, Stellungnahme des Bundesministeriums für Wissenschaft und Forschung vom 10. Mai 2013 zum Ausdruck.

Die von der belangten Behörde vertretene - gegenteilige - Auffassung, wonach der Gleichwertigkeitsfeststellung gemäß § 64 Abs. 4 zweiter Satz UG auch die oberwähnte erste Gruppe von Studien unterliege, erweist sich nach dem Gesagten als unzutreffend.

Durch den Abschluss eines fachlich in Frage kommenden Fachhochschul-Diplomstudienganges wird daher der Nachweis der allgemeinen Universitätsreife gemäß § 64 Abs. 4 UG erbracht (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. Juni 2007, Zl. 2007/10/0073).

3.3. Im Einklang mit dem dargestellten Regelungsgehalt des § 64 Abs. 2 UG normiert § 6 Abs. 4 iVm Abs. 5 FHStG, dass der erfolgreiche Abschluss eines Fachhochschul-Masterstudienganges oder eines Fachhochschul-Diplomstudienganges zu einem einschlägigen Doktoratsstudium "berechtigt"; der zweite Halbsatz der Bestimmung sieht lediglich für den Fall einer im Vergleich mit entsprechenden Universitätsstudien kürzeren Regelstudiendauer eine entsprechende Verlängerung des Doktoratsstudiums vor. Die in Betracht kommenden Doktoratsstudien bzw. der im Falle einer Verlängerung festzulegende Gesamtumfang der Grundlagenfächer, der fachspezifischen Ergänzungsfächer und der Vertiefungsfächer sind durch Verordnung der zuständigen Bundesministerin oder des zuständigen Bundesministers zu bestimmen.

Dementsprechend wird gemäß § 1 der - im Beschwerdefall maßgeblichen - Verordnung den Absolventinnen und Absolventen der dort genannten Fachhochschul-Masterstudiengänge das (an keine weiteren Voraussetzungen geknüpfte) Recht auf Zulassung zum Doktoratsstudium der technischen Wissenschaften eingeräumt (die §§ 2 und 3 der Verordnung enthalten Regelungen für verlängerte Doktoratsstudien).

3.4. Der Abschluss des in dieser Bestimmung genannten Fachhochschul-Masterstudienganges "Software Engineering" berechtigt den Beschwerdeführer demnach jedenfalls zum Doktoratsstudium der technischen Wissenschaften. Eine Gleichwertigkeitsprüfung bzw. die Auflage von Prüfungen im Sinne des § 64 Abs. 4 zweiter Satz UG kommt nicht in Betracht.

Indem die belangte Behörde dies verkannt hat, hat sie den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit behaftet.

4. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

5. Die Kostenentscheidung gründet auf den §§ 47 VwGG iVm mit der VwGH-AufwandersatzVO 2008, BGBl. II Nr. 455.

6. Angesichts der Erledigung der Beschwerde erübrigt sich eine Entscheidung über den Antrag, ihr die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Wien, am 22. Oktober 2013

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