VwGH 2013/03/0100

VwGH2013/03/010028.11.2013

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Handstanger, Dr. Lehofer, Mag. Nedwed und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerden des R S in W, vertreten durch Prof. Dipl. Ing. Mag. Andreas O. Rippel, Rechtsanwalt in 1130 Wien, Maxingstraße 34, gegen die Bescheide der Landespolizeidirektion Wien jeweils vom 24. Juli 2013, Zlen A3/46.368/2013 und A3/46.261/2013, betreffend Entziehung eines Waffenpasses und einer Waffenbesitzkarte, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §37;
AVG §39 Abs2;
AVG §45 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z1;
WaffG 1996 §25 Abs3;
WaffG 1996 §8 Abs1;
WaffG 1996 §8 Abs6 Z2;
WaffG 1996 §8 Abs6;
WaffV 02te 1998 §4 Abs3;
WaffV 02te 1998 §5 Abs1;
WaffV 02te 1998 §5 Abs2;
AVG §37;
AVG §39 Abs2;
AVG §45 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z1;
WaffG 1996 §25 Abs3;
WaffG 1996 §8 Abs1;
WaffG 1996 §8 Abs6 Z2;
WaffG 1996 §8 Abs6;
WaffV 02te 1998 §4 Abs3;
WaffV 02te 1998 §5 Abs1;
WaffV 02te 1998 §5 Abs2;

 

Spruch:

Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 2.692,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit den angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheiden entzog die belangte Behörde dem Beschwerdeführer gemäß § 25 Abs 3 iVm § 8 Abs 1 und 6 WaffG die ihm ausgestellten waffenrechtlichen Urkunden (Waffenpass und Waffenbesitzkarte).

Begründend führte sie im Wesentlichen aus, am 27. Juli 2012 sei in den Wohnräumlichkeiten des Beschwerdeführers eine Überprüfung gemäß § 25 WaffG hinsichtlich der sicheren Verwahrung seiner Waffen vorgenommen worden. Dabei habe der Beschwerdeführer den Erhebungsbeamten nur zwei von drei Safes, welche zur Verwahrung seiner drei Schusswaffen der Kategorie B gedient hätten, zugänglich gemacht. Dass ihm die Ermöglichung der Überprüfung des dritten Behältnisses (wegen eines behaupteten dringenden Arzttermins) nicht zumutbar gewesen wäre, habe der Beschwerdeführer nicht nachgewiesen. Die belangte Behörde gehe vielmehr davon aus, dass es dem Beschwerdeführer an jeglicher Bereitschaft mangle, die gesetzlich vorgeschriebene Überprüfung hinsichtlich der Verwahrung der Waffen zu ermöglichen. Da sohin aus Gründen, die in der Person des Beschwerdeführers gelegen seien, eine Feststellung über die Art der Verwahrung seiner Faustfeuerwaffen nicht möglich gewesen sei, gelte der Beschwerdeführer gemäß § 8 Abs 6 WaffG nicht mehr als verlässlich.

Dagegen wenden sich die vorliegenden, wegen des sachlichen und rechtlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Entscheidung verbundenen Beschwerden mit den Anträgen, die angefochtenen Bescheide wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes, hilfsweise wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragte, die Beschwerden als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Gemäß § 25 Abs 3 Waffengesetz 1996, BGBl I Nr 12/1997 idF BGBl I Nr 43/2010 (WaffG), hat die Behörde waffenrechtliche Urkunden zu entziehen, wenn sich ergibt, dass der Berechtigte nicht mehr verlässlich ist. Von einer Entziehung auf Grund einer nicht sicheren Verwahrung ist abzusehen, wenn das Verschulden des Berechtigten geringfügig ist, die Folgen unbedeutend sind und der ordnungsgemäße Zustand innerhalb einer von der Behörde festgesetzten, zwei Wochen nicht unterschreitenden Frist hergestellt wird.

Nach § 8 Abs 1 WaffG ist ein Mensch verlässlich, wenn er voraussichtlich mit Waffen sachgemäß umgehen wird und keine Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass er Waffen missbräuchlich oder leichtfertig verwenden wird (Z 1), mit Waffen unvorsichtig umgehen oder diese nicht sorgfältig verwahren wird (Z 2) oder Waffen Menschen überlassen wird, die zum Besitz solcher Waffen nicht berechtigt sind (Z 3). Gemäß § 8 Abs 6 WaffG gilt ein Mensch schließlich als nicht verlässlich, wenn aus Gründen, die in seiner Person liegen, die Feststellung des für die Verlässlichkeit maßgeblichen Sachverhaltes nicht möglich war. Als solcher Grund gilt jedenfalls, wenn der Betroffene sich anlässlich der Überprüfung seiner Verlässlichkeit weigert, der Behörde Waffen, die er nur auf Grund der nach diesem Bundesgesetz ausgestellten Urkunde besitzen darf, samt den zugehörigen Urkunden vorzuweisen (Z 1) oder die sichere Verwahrung der in Z 1 genannten Waffen nachzuweisen, obwohl auf Grund bestimmter Tatsachen Zweifel daran bestehen, dass er die Waffen sicher verwahrt (Z 2).

2. Die Beschwerden machen im Wesentlichen gleichlautend geltend, der Beschwerdeführer habe den Erhebungsbeamten anlässlich der waffenrechtlichen Überprüfung vom 27. Juli 2012 sämtliche Waffen vorgewiesen, für deren Verwahrung er drei Safes in seiner Wohnung nutze. Zum Zeitpunkt der Kontrolle hätten sich diese Waffen allerdings nur in einem Safe befunden, den die Erhebungsbeamten zu Gesicht bekommen hätten. Der Beschwerdeführer habe lediglich zur Information des kontrollierenden Beamten angegeben, seine Schusswaffen überwiegend in einem anderen (besonders massiven und sicheren) Standtresor im Keller zu verwahren. Er sei der Rechtsauffassung, dass lediglich aufgrund dieser Information gegenüber den Beamten keine Verpflichtung seinerseits bestanden habe, auch diesen Safe (in dem sich die Waffen zum Überprüfungszeitpunkt nicht befunden hätten) besichtigen zu lassen. Die Mitwirkungsverpflichtung des Beschwerdeführers bei der Feststellung seiner Verlässlichkeit sei auch nicht uneingeschränkt, sondern nur in dem von der Sache her notwendigen Maße gegeben. Die sichere Verwahrung der Waffen sei nur nachzuweisen, wenn aufgrund bestimmter Tatsachen Zweifel daran bestünden, dass der Beschwerdeführer die Waffen sicher verwahre. Ein derartiger Zweifel sei aber weder im Verwaltungsverfahren dargetan noch im angefochtenen Bescheid auch nur mit einem einzigen Wort erwähnt worden.

3.1. Vorweg ist festzuhalten, dass die belangte Behörde - trotz Anführens auch von § 8 Abs 1 WaffG - die Annahme der mangelnden waffenrechtlichen Verlässlichkeit des Beschwerdeführers ausschließlich auf seine Weigerung gestützt hat, den Erhebungsbeamten einen dritten Safe im Keller seines Hauses zu zeigen. Deshalb sei, so die wesentliche Begründung des angefochtenen Bescheides, eine Feststellung über die Art der Verwahrung der Faustfeuerwaffen nicht möglich gewesen.

3.2. § 8 Abs 6 WaffG erlegt dem Betroffenen eine Mitwirkungsverpflichtung bei der Feststellung der waffenrechtlichen Verlässlichkeit auf. Ist die Feststellung des für die Verlässlichkeit maßgeblichen Sachverhaltes aus Gründen, die in der von der Überprüfung betroffenen Person liegen nicht möglich, so folgt aus § 8 Abs 6 erster Satz WaffG die unwiderlegliche Rechtsvermutung der waffenrechtlichen Unverlässlichkeit. Mit dieser Bestimmung wird die Mitwirkungsverpflichtung bei der Feststellung der Verlässlichkeit jedoch nicht uneingeschränkt, sondern "nur in dem von der Sache her notwendigen Maße" auferlegt (vgl VwGH 27. November 2012, 2011/03/0185, mwN). Der Tatbestand des § 8 Abs 6 Z 2 WaffG setzt, worauf die Beschwerde zutreffend hinweist, nicht nur die Weigerung des Betroffenen, die sichere Verwahrung der dort genannten Waffen nachzuweisen, sondern zusätzlich voraus, dass auf Grund bestimmter Tatsachen Zweifel daran bestehen, dass der Betroffene die Waffen sicher verwahrt. Tatsachen, die einen solchen Zweifel begründen könnten, führt die belangte Behörde aber weder im angefochtenen Bescheid an, noch sind solche aus dem Akteninhalt ersichtlich, sodass im vorliegenden Fall aus der Verwehrung des Zutrittes zum Standtresor im Keller des Hauses auch kein Verstoß gegen die in § 8 Abs 6 Z 2 WaffG besonders geregelte Mitwirkungspflicht des Beschwerdeführers abgeleitet werden kann.

3.3. Entgegen dem Beschwerdevorbringen ist die Behörde aber nicht nur im Falle des Bestehens von Zweifeln an der sicheren Verwahrung berechtigt, die Überprüfung einer solchen Verwahrung anzuordnen. Gemäß § 4 Abs 3 der 2. Waffengesetz-Durchführungsverordnung - 2. WaffV, BGBl II Nr 313/1998 idF BGBl II Nr 301/1998, hat im Zuge der Prüfung der Verlässlichkeit nach § 25 WaffG jedenfalls eine Überprüfung der sicheren Verwahrung des aktuellen Besitzstandes stattzufinden. Wirkt der Betroffene an derartigen Ermittlungen nicht mit, steht dies - insoweit die Ermittlungen ohne diese Mitwirkung nicht zum Ziel führen können - einer Verneinung seiner Verlässlichkeit gemäß § 8 Abs 6 erster Satz WaffG grundsätzlich nicht entgegen (vgl VwGH 26. April 2001, 2000/20/0387; dem Erkenntnis lag ein Sachverhalt zugrunde, bei dem der von der Überprüfung Betroffene den Erhebungsbeamten schon am Eingang seines Hauses mitgeteilt hatte, dass er nicht gewillt sei, den Zugang zu seinem Wandtresor, wo auch die Waffe verwahrt werde, zu ermöglichen).

3.4. Der vorliegende Fall ist allerdings dadurch gekennzeichnet, dass der Beschwerdeführer nach eigenen Angaben den Erhebungsbeamten anlässlich der waffenrechtlichen Überprüfung sämtliche Faustfeuerwaffen vorgewiesen und deren aktuellen (sicheren) Aufbewahrungsort gezeigt haben will. Der Begründung des angefochtenen Bescheides lässt sich nicht entnehmen, dass diese Behauptungen nicht zuträfen. Wäre aber davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer den Erhebungsbeamten alle Waffen, die er nur auf Grund der nach dem WaffG ausgestellten Urkunden besitzen/führen durfte, vorgewiesen hat und die Beamten sich von deren (aktuell) sicherer Verwahrung überzeugen konnten, so ließe sich die Schlussfolgerung der belangte Behörde, dem Beschwerdeführer habe es an jeglicher Bereitschaft gemangelt, die gesetzlich vorgeschriebene Überprüfung hinsichtlich der Verwahrung seiner Waffen zu ermöglichen, bzw es sei eine Feststellung über die Art der Verwahrung der Faustfeuerwaffen nicht möglich gewesen, nicht aufrecht erhalten. Dass der Beschwerdeführer sich aus behauptetem Zeitmangel weigerte, ein weiteres sicheres Behältnis (nach seinen unwiderlegten Angaben handelt es sich um einen besonders massiven und sicheren Standtresor im Keller) herzuzeigen, der neben anderen sicheren Behältnissen auch zur Verwahrung herangezogen werden kann und herangezogen wird, begründet bei dieser Sachlage keinen hinreichenden Grund, dem Beschwerdeführer die waffenrechtliche Verlässlichkeit abzusprechen.

4. Die angefochtenen Bescheide waren daher wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich im Rahmen des gestellten Begehrens auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl II Nr 455.

Wien, am 28. November 2013

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