VwGH 2013/03/0070

VwGH2013/03/007028.11.2013

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Handstanger, Dr. Lehofer, Mag. Nedwed und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde der E GmbH (vormals B GmbH) in F, vertreten durch Haslinger/Nagele & Partner Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Mölker Bastei 5, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie vom 26. April 2013, Zl BMVIT-53.618/0002-IV/L2/2013, betreffend Aussetzung eines Verfahrens in einer luftfahrtrechtlichen Angelegenheit, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §37;
AVG §38;
AVG §39 Abs2;
LuftfahrtG 1958 §32;
LuftfahrtG 1958 §44 Abs4 Z2;
StGB §156;
VwRallg;
ZLPV 2006 §4;
AVG §37;
AVG §38;
AVG §39 Abs2;
LuftfahrtG 1958 §32;
LuftfahrtG 1958 §44 Abs4 Z2;
StGB §156;
VwRallg;
ZLPV 2006 §4;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

A. Angefochtener Bescheid

1. Mit dem bekämpften Bescheid setzte die belangte Behörde das Verfahren über die Berufung der beschwerdeführenden Partei vom 27. Jänner 2011 gegen den Bescheid der Austro Control Österreichische Zivilluftfahrt GmbH vom 12. Jänner 2011 gemäß § 38 AVG bis zur rechtskräftigen Entscheidung des unter der Zl 20 St 67/10t gegen G W anhängigen Strafverfahrens aus.

2. Zum Verfahrensgang hielt die belangte Behörde begründend fest, dass mit dem Erstbescheid die Erteilung einer Genehmigung einer Zivilluftfahrerschule F abgewiesen worden sei. Diese Entscheidung sei mit (trotz Verbesserungsauftrag) nicht behobenen organisatorischen Mängeln bzw Ausstattungsmängeln sowie mit diversen Verfehlungen des vorgesehenen Geschäftsführers (Accountable Manager) der Zivilluftfahrerschule (Zuwiderhandlung gegen diverse luftfahrtrechtliche Vorschriften) begründet worden.

In der dagegen eingebrachten Berufung sei zu den von der Erstbehörde festgestellten Mängeln ausführlich Stellung genommen worden, ferner seien die von der Erstbehörde angeführten Zuwiderhandlungen gegen Rechtsvorschriften seitens des vorgesehenen Geschäftsführers G W bestritten worden. Die Berufung beinhalte ferner einen Eventualantrag, dass für den Fall, dass die Entscheidung der zuständigen Behörde im Berufungsverfahren sich gegen eine Nominierung des Genannten als Accountable Manager ausspricht, Mag. C W als Accountable Manager der Zivilluftfahrerschule namhaft gemacht werde.

Im Februar 2011 habe die Erstbehörde die belangte Behörde darüber informiert, dass gegen den vorgesehenen Geschäftsführer der Zivilluftfahrerschule G W ein Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Salzburg (unter der Zl 20 St 67/10t) anhängig sei, was nachfolgend von der Staatsanwaltschaft auch gegenüber der belangten Behörde mehrfach (zuletzt durch ein Telefonat am 24. April 2013) bestätigt worden sei. Nach Auskunft der Staatsanwaltschaft hätten sich die Ermittlungen auf Tätigkeiten des G W im Zusammenhang mit der Leitung einer Zivilluftfahrerschule bezogen und würden mögliche Verstöße ua gegen §§ 146 f StGB sowie § 156 und § 158 StGB beinhalten.

Mit Schreiben vom 2. November 2012 habe die Beschwerdeführerin Säumnisbeschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erhoben. Infolge der Vornahme organisatorischer Änderungen auf Beschwerdeführerseite habe die belangte Behörde mit Schreiben vom 20. Februar 2013 gegenüber dem Verwaltungsgerichtshof um eine Erstreckung der Frist nach § 36 Abs 2 VwGG ersucht. Die belangte Behörde habe die beschwerdeführende Partei ersucht, zu den ihr bislang nicht bekannt gegebenen Organisationsänderungen im Hinblick auf mögliche Auswirkungen auf das gegenständliche Verfahren Informationen bereit zu stellen. Ferner sei der beschwerdeführenden Partei mitgeteilt worden, dass die belangte Behörde beabsichtige, das gegenständliche Berufungsverfahren bis zur rechtskräftigen Erledigung des gegen G W derzeit unter der genannten Geschäftszahl anhängigen Strafverfahrens gemäß § 38 AVG formell auszusetzen. Im Hinblick auf den im Rahmen des Berufungsverfahrens gestellten Eventualantrag (Benennung von Mag. C W als verantwortlichen Geschäftsführer der Zivilluftfahrerschule im Fall einer Ablehnung des G W in dieser Funktion durch die belangte Behörde) sei gegenüber der Beschwerdeführerin angeregt worden, bei der Erstbehörde einen neuen Antrag unter Benennung eines geeigneten Geschäftsführers einzubringen. Mit Schreiben vom 18. April 2013 habe die Beschwerdeführerin mitgeteilt, dass die vorgenommenen Organisationsänderungen aus deren Sicht keine Auswirkungen auf das anhängige Verfahren hätten, zumal im Fall der Erteilung der beantragten Genehmigung der Betrieb der Schule wie beantragt aufgenommen werden könnte. Im Übrigen habe sich die beschwerdeführende Partei gegen die Aussetzung des Verfahrens nach § 38 AVG gewendet.

Aus rechtlicher Sicht wurde festgehalten, dass gemäß § 44 Abs 1 des Luftfahrtgesetzes, BGBl Nr 253/1957, die Ausbildung von Zivilluftfahrern nur im Rahmen von Zivilluftfahrerschulen zulässig sei. Nach Abs 4 dieser Bestimmung hätten Bewerber um eine Genehmigung einer Zivilluftfahrerschule unbeschadet der nach einer gemäß § 44 Abs 2 leg cit erlassenen Verordnung zu erfüllenden Voraussetzung jedenfalls ihre Verlässlichkeit (§ 32 leg cit) nachzuweisen. Gemäß § 4 Abs 1 der Zivilluftfahrt-Personalverordnung 2006, BGBl II Nr 205, sei ein Bewerber als verlässlich iSd § 32 des Luftfahrtgesetzes insbesondere dann nicht anzusehen, wenn er Alkohol oder Suchtgift missbrauche oder wenn er sich einer schweren Zuwiderhandlung oder wiederholter Zuwiderhandlungen gegen die Zoll- oder Verkehrsvorschriften oder gegen die Vorschriften zum Schutz der körperlichen Sicherheit schuldig gemacht habe. Die zuletzt genannte Ministerialverordnung sei auf der Grundlage des § 44 Abs 2 des Luftfahrtgesetzes erlassen worden.

Die beschwerdeführende Partei habe in ihrer Stellungnahme vom 18. April 2013 nunmehr zugestanden, dass gegen den von ihr namhaft gemachten Geschäftsführer bzw verantwortlichen Betriebsleiter ein Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Salzburg anhängig sei. Die in diesem Schreiben enthaltenen Angaben zum Inhalt und Umfang des gegenständlichen Strafverfahrens seien jedoch um einige wesentliche Elemente zu ergänzen bzw zu berichtigen. Zum einen sei festzuhalten, dass sich der "Konkurs eines Unternehmens von Herrn W", auf den im Wesentlichen das gegenständliche Strafverfahren zurückzuführen sei, auf den Betrieb einer Zivilluftfahrschule (betrieben unter dem Namen B bzw J GmbH) bezogen habe. Ferner hätten sich die Angaben der beschwerdeführenden Partei, wonach die Vorwürfe gegen G W im Wesentlichen entkräftet worden seien und es einzig zu einer förmlichen Einstellung des Ermittlungsverfahrens bisher nicht gekommen sei, als nicht zutreffend erwiesen. Nach Auskunft der Staatsanwaltschaft Salzburg (Telefonat am 24. April 2013) sei keineswegs davon auszugehen, dass das vorliegende Strafverfahren gleichsam kurz vor der Einstellung stehe. Vielmehr sei das ausgesprochen umfangreiche Ermittlungsverfahren in seinen wesentlichen Elementen nach wie vor anhängig. Die Angaben der beschwerdeführenden Partei bezüglich einer teilweisen Einstellung gründeten sich im Wesentlichen auf die Tatsache, dass sich einige der zahlreichen gegen G W eingebrachten Anzeigen als nicht haltbar erwiesen hätten, was aber auf den wesentlichen Kern des Strafverfahrens keinen Einfluss habe. Damit sei zusammenfassend festzuhalten, dass gegen den vorgesehenen Geschäftsführer der beantragten Zivilluftfahrerschule, G W, das schon angesprochene Ermittlungsverfahren bei der Staatsanwaltschaft Salzburg wegen möglichen Verstoßes gegen die §§ 156 bzw 158 StGB anhängig sei. Die ihm zur Last gelegten Handlungen bezögen sich im Wesentlichen auf die Tätigkeiten als Verantwortlicher für den Betrieb einer Zivilluftfahrerschule. Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft würden sich als ausgesprochen umfangreich gestalten.

Wenn sich die beschwerdeführende Partei auf § 4 der Zivilluftfahrt-Personalverordnung 2006 berufe und anführe, dass dem G W keines der dort angeführten Delikte (Alkohol/Suchtgiftmissbrauch, Verstoß gegen Verkehrsvorschriften etc) zur Last gelegt werde, übersehe sie, dass es sich bei der Aufzählung in § 4 leg cit nicht um eine taxative, sondern um eine demonstrative handle, was durch die Verwendung des Wortes "insbesondere" im normativen Text verdeutlicht werde. Der Bestimmung könne daher nicht entnommen werden, dass andere Verstöße bei der Beurteilung der Verlässlichkeit außer Betracht zu bleiben hätten; vielmehr sei bei der Beurteilung der Verlässlichkeit vom Gesamtverhalten des Betreffenden auszugehen. Nach den luftfahrtrechtlichen Vorschriften handle es sich bei einem verantwortlichen Geschäftsführer (bzw nach der Diktion der Verordnung EU Nr 1178/2011 bei einem verantwortlichen Betriebsleiter ("Accountable Manager")) um jene Person, die für die Einhaltung der Sicherheitsvorschriften einschließlich der ausreichenden Finanzierung der Tätigkeiten der Ausbildungsorganisation verantwortlich sei. Von besonderer Bedeutung sei diese Verpflichtung nicht zuletzt im Lichte der besonderen Verantwortung einer Zivilluftfahrerschule gegenüber ihren Flugschülern. Aus der Sicht der belangten Behörde habe G W in der Vergangenheit als Verantwortlicher einer Zivilluftfahrerschule (gerade) in diesem Zusammenhang möglicherweise Straftaten gesetzt, was unmittelbare Auswirkungen auf die Beurteilung seiner Eignung als Geschäftsführer für die nunmehr von der beschwerdeführenden Partei beantragte Ausbildungsorganisation habe. Sollte es auf Grund des anhängigen Ermittlungsverfahrens bei der Staatsanwaltschaft zu einer rechtskräftigen Verurteilung von G W (etwa wegen Verstoßes gegen § 156 StGB oder § 158 StGB) kommen, wäre seine Eignung zur ordnungsgemäßen Erfüllung der Verpflichtungen eines verantwortlichen Geschäftsführers (Accountable Manager) zu verneinen und der entsprechende Antrag abzuweisen. Damit sei jedenfalls von einer Präjudizialität des anhängigen Strafverfahrens für das vorliegende Berufungsverfahren auszugehen.

Der Stellungnahme vom 18. April 2013 sei auch insofern zu widersprechen, als die beschwerdeführende Partei dort das Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Salzburg nicht als ein anhängiges Verfahren iSd § 38 AVG einstufe. Die von der beschwerdeführenden Partei ins Treffen geführte Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes habe nämlich kein Strafverfahren, sondern eine "möglicherweise einzubringende Klage" einer Staatsanwaltschaft wegen Nichtigkeit einer Ehe bei einem Zivilgericht betroffen. Im Gegensatz dazu sei bei einem Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft in einem Strafverfahren aber von einem anhängigen Verfahren über eine Vorfrage iSd § 38 AVG auszugehen. Gemäß Art 90a B-VG seien Staatsanwälte Organe der Gerichtsbarkeit. Ein formelles Ermittlungsverfahren einer Staatsanwaltschaft wie im vorliegenden Fall sei daher als ein bei der zuständigen Verwaltungsbehörde oder Gericht anhängiges Verfahren anzusehen, zumal auch § 1 Abs 2 StPO 1975 ausdrücklich normiere, dass das Strafverfahren beginne, sobald Kriminalpolizei oder Staatsanwaltschaft gegen eine bekannte oder unbekannte Person ermitteln würden. Davon gehe auch die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs aus (Hinweis auf VwGH vom 14. Dezember 2011, 2011/17/0233). Die Auffassung der beschwerdeführenden Partei würde auch dem wesentlichen Zweck des § 38 AVG - der Verfahrensökonomie - völlig zuwider laufen. Folgte man dieser Auffassung, wäre die belangte Behörde bis zu einer allfälligen Erhebung einer Anklage oder Einstellung des staatsanwaltschaftlichen Verfahrens verpflichtet, gleichsam parallel zur Staatsanwaltschaft eigene Ermittlungen über mögliche Verfehlungen von G W anzustellen. Die damit verbundenen negativen Auswirkungen im Hinblick auf die Verfahrensökonomie, welche die Bestimmung des § 38 AVG gerade hintanhalten sollten, wären angesichts des Umfanges der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen im vorliegenden Fall besonders augenfällig.

Zu den von der beschwerdeführenden Partei angeführten Fällen, in welchen die Verlässlichkeit von G W durch die Erstbehörde oder die belangte Behörde angeblich bestätigt worden seien, sei festzuhalten, dass allen Fällen die Tatsache zugrunde liege, dass

G W über einen gültigen Zivilluftfahrerschein verfüge. Die Frage, ob bei dem Genannten weiters die zur Erhaltung des Zivilluftfahrerscheins gebotene Verlässlichkeit vorliege, obliege allein der dafür zuständigen Erstbehörde. Selbst eine möglicherweise fehlerhafte Beurteilung der Erstbehörde in Bezug auf den Zivilluftfahrerschein würde die belangte Behörde aber nicht davon entbinden, die für die Ausübung der Funktion eines verantwortlichen Geschäftsführers (Accountable Manager) einer Zivilluftfahrerschule durch den Genannten erforderliche Verlässlichkeit des Genannten eigenständig zu prüfen.

B. Beschwerdeverfahren

1. Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde, in eventu wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben, sowie - wiederum in eventu - in der Sache selbst zu entscheiden (der Berufung der beschwerdeführenden Partei stattzugeben und die begehrte Genehmigung zu erteilen), und - abermals in eventu - den Bescheid der Erstbehörde aufzuheben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an diese zurückzuverweisen.

2. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

C. Erwägungen

1. Der Einwand, die belangte Behörde sei zur Erlassung des angefochtenen Bescheides nicht zuständig gewesen, versagt. Die belangte Behörde hat in ihrem Antrag auf Verlängerung der Frist des § 36 Abs 2 VwGG zur Nachholung des versäumten Bescheides das Vorliegen von in der Sache gelegenen Gründen nachgewiesen, die eine Erlassung des bekämpften Bescheides innerhalb der ursprünglich gesetzten Nachholungsfrist (die infolge der Zustellung der entsprechenden Verfügung vom 12. November 2012 an die belangte Behörde mit 26. November 2012 am 26. Februar 2013 endete) nicht möglich machte (dies wird auch im angefochtenen Bescheid nachvollziehbar dargelegt), und ferner den bekämpften Bescheid innerhalb der von ihr beantragten Fristverlängerung bis 26. April 2013 erlassen. Auch hat der Verwaltungsgerichtshof erst in der Folge - und nicht bereits vor dem zuletzt genannten Zeitpunkt - mit Beschluss vom 26. Juni 2013, 2012/03/0154-7, das Verfahren über die Säumnisbeschwerde eingestellt und dabei der beschwerdeführenden Partei einen iSd § 55 Abs 1 zweiter Satz VwGG gekürzten Aufwandersatz zugesprochen.

2. Entgegen der Beschwerde ist es auch nicht rechtswidrig, wenn die belangte Behörde nicht über den einen anderen Geschäftsführer (Mag. C W) nennenden Eventualantrag der beschwerdeführenden Partei vor deren (auf G W lautenden) Hauptantrag entschieden hat. Nach der Rechtsprechung ist ein Eventualantrag im Verwaltungsverfahren durchaus zulässig. Das Wesen eines solchen Antrags liegt darin, dass er unter der aufschiebenden Bedingung gestellt wird, dass der Primärantrag erfolglos bleibt. Wird bereits dem Primärantrag stattgegeben, so wird der Eventualantrag gegenstandlos. Wird ein Eventualantrag aber vor dem Eintritt des Eventualfalles erledigt, belastet dies die Erledigung mit Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit (vgl VwGH vom 10. September 2004, 2004/12/0016, VwSlg A 16.443/2004). Die belangte Behörde war daher vor Erledigung des Primärantrages zur Entscheidung über den Eventualantrag nicht zuständig (vgl VwGH vom 20. März 2007, 2005/03/0141).

3. Wenn sich die Beschwerde gegen die auf § 38 AVG gestützte Aussetzung des Berufungsverfahrens wendet, ist ihr ebenfalls kein Erfolg beschieden.

3.1.1. Die vorliegend einschlägigen Regelungen im Luftfahrtgesetz, BGBl Nr 353/1957 idF vor der Novelle BGBl I Nr 108/2013 (LFG), lauten (auszugsweise):

"B. Schulung von zivilem Luftfahrtpersonal

Ausbildung von zivilem Luftfahrtpersonal

§ 44. (1) Die Ausbildung von Zivilluftfahrern ist nur im Rahmen von Zivilluftfahrerschulen zulässig. § 103 ist sinngemäß anzuwenden.

(2) Der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie hat nach Maßgabe der Erfordernisse der Sicherheit der Luftfahrt und unter Bedachtnahme auf Art und Umfang der erforderlichen Ausbildung die Arten von Zivilluftfahrerschulen einschließlich deren Ausbildungsbefugnisse, die Erforderlichkeit eines Registrierungs- oder Genehmigungsverfahrens vor Aufnahme der Ausbildungstätigkeit (§§ 45, 46), die Voraussetzungen für eine solche Registrierung oder Genehmigung sowie die im Rahmen der Ausbildungstätigkeit einzuhaltenden Verpflichtungen mit Verordnung zu bestimmen.

(3) Die Austro Control GmbH oder eine auf Grund einer Übertragung gemäß § 140b zuständige Behörde kann auf der Grundlage der Verordnungen gemäß § 36 Abs. 2 und Abs. 2 für die jeweiligen Arten von Zivilluftfahrerscheinen und damit verbundener Berechtigungen Ausbildungsinhalte einschließlich der von den Zivilluftfahrerschulen zu beachtenden Lehrpläne festlegen und in luftfahrtüblicher Weise kundmachen.

(4) Der Bewerber um eine Registrierung oder Genehmigung einer Zivilluftfahrerschule hat unbeschadet der nach einer Verordnung gemäß Abs. 2 zu erfüllenden Voraussetzungen jedenfalls

  1. 1. einen Wohnsitz oder Sitz im Inland zu haben, und
  2. 2. seine Verlässlichkeit (§ 32) nachzuweisen.

    ..."

    "Verläßlichkeit

§ 32. Ein Bewerber um einen Zivilluftfahrerschein ist dann als verläßlich anzusehen (§ 30 Abs. 1 lit. b), wenn auf Grund seines bisherigen Verhaltens anzunehmen ist, daß er den aus diesem Bundesgesetz sich ergebenden Verpflichtungen nachkommen wird."

3.1.2. § 4 der Zivilluftfahrt-Personalverordnung 2006, BGBl II Nr 205/2006 (ZLPV), lautet auszugsweise:

"Verlässlichkeit

§ 4. (1) Als verlässlich im Sinne der §§ 28, 32 und 51 LFG ist ein Bewerber insbesondere dann nicht anzusehen, wenn er Alkohol oder Suchtgifte missbraucht oder wenn er sich einer schweren Zuwiderhandlung oder wiederholter Zuwiderhandlungen gegen die Zoll- oder Verkehrsvorschriften oder gegen die Vorschriften zum Schutz der körperlichen Sicherheit schuldig gemacht hat.

(2) Bei Vorliegen von Verfehlungen im Sinne von Abs. 1 ist auf die seither verstrichene Zeit und auf das Verhalten des Bewerbers während dieser Zeit Bedacht zu nehmen."

3.2.1. § 38 AVG idF BGBl I Nr 33/2013 hat folgenden Wortlaut:

"§ 38. Sofern die Gesetze nicht anderes bestimmen, ist die Behörde berechtigt, im Ermittlungsverfahren auftauchende Vorfragen, die als Hauptfragen von anderen Verwaltungsbehörden oder von den Gerichten zu entscheiden wären, nach der über die maßgebenden Verhältnisse gewonnenen eigenen Anschauung zu beurteilen und diese Beurteilung ihrem Bescheid zugrunde zu legen. Sie kann aber auch das Verfahren bis zur rechtskräftigen Entscheidung der Vorfrage aussetzen, wenn die Vorfrage schon den Gegenstand eines anhängigen Verfahrens bei der zuständigen Verwaltungsbehörde bzw. beim zuständigen Gericht bildet oder ein solches Verfahren gleichzeitig anhängig gemacht wird."

3.2.2. Nach der ständigen Rechtsprechung (vgl dazu und zum Folgenden etwa VwGH vom 30. Jänner 2013, 2012/03/0072, mwH) ist präjudiziell - und damit Vorfragenentscheidung im verfahrensrechtlich relevanten Sinn - nur eine Entscheidung, die

(1.) eine Rechtsfrage betrifft, deren Beantwortung für die Hauptfragenentscheidung unabdingbar - dh eine notwendige Grundlage - ist, und (2.) diese in einer die Verwaltungsbehörde bindenden Weise regelt. Ob die Präjudizialität der Entscheidung gegeben ist, hat die zur Hauptfragenentscheidung zuständige Behörde an Hand der diesen Verfahrensgegenstand betreffenden Verwaltungsvorschriften zu prüfen. Dass es sich bei der Vorfrage um eine Frage handeln muss, über die von der anderen Behörde als Hauptfrage zu entscheiden ist, ergibt sich daraus, dass der besondere prozessökonomische Sinn der Vorschrift des § 38 AVG nur dann erreicht werden kann, wenn die andere Entscheidung, deren Ergehen abgewartet wird, in der Folge die Behörde bindet, wobei eine solche Bindungswirkung jedoch immer nur eine Entscheidung über eine Hauptfrage entfaltet. Die gegenseitige Bindung der Gerichte und der Verwaltungsbehörden erstreckt sich nur so weit, wie die Rechtskraft reicht, dh sie erfasst nur den Inhalt des Spruchs, nicht aber die Entscheidungsgründe.

Die materielle Rechtskraft des Schuldspruches einer verurteilenden Entscheidung eines Strafgerichts bewirkt, dass dadurch - vorbehaltlich einer allfälligen Wiederaufnahme des Strafverfahrens - mit absoluter Wirkung, somit gegenüber jedermann, bindend festgestellt ist, dass die schuldig gesprochene Person die strafbare Handlung entsprechend den konkreten Tatsachenfeststellungen des betreffenden Urteils rechtswidrig und schuldhaft begangen hat. Im Fall einer verurteilenden Entscheidung durch ein Strafgericht besteht daher eine Bindung der Verwaltungsbehörde in der Frage, ob ein gerichtlich zu ahndender Tatbestand erfüllt wurde. Durch die gerichtliche Verurteilung wird in einer für die Verwaltungsbehörde bindenden Weise über die Begehung der Tat abgesprochen. An eine rechtskräftige Verurteilung wäre die Behörde insofern gebunden, als damit die Tatsache der Handlungen und Unterlassungen, derentwegen die Verurteilung erfolgte, feststeht. Eine eigene Beurteilung durch die Behörde ist damit nicht mehr zulässig, diese ist verpflichtet, die so entschiedene Frage ihrem Bescheid zugrunde zu legen. Im Falle eines freisprechenden Urteils kommt diese Bindungswirkung verurteilender Entscheidungen der Strafgerichte nicht zum Tragen. Der Verwaltungsgerichtshof hat etwa ausgesprochen, dass in diesem Fall die Verwaltungsbehörde dann - wenn dies für die von ihr zu entscheidende Angelegenheit wesentlich ist - die Frage, ob ein vom Gericht zu ahndender Tatbestand vorlag, selbständig zu beurteilen hat. Auch bezüglich des von der Verwaltungsbehörde festzustellenden maßgebenden Sachverhalts (vgl § 37 AVG) besteht keine Bindung an die von einem Strafgericht in einem freisprechenden Urteil getroffenen Feststellungen. Vorfrage ist also immer eine Frage, deren Beantwortung ein unentbehrliches Tatbestandselement für die Entscheidung der Hauptfrage bildet (vgl etwa VwGH vom 29. September 1993, 92/03/0220).

Im Fall der Anhängigkeit eines Verfahrens zur Vorfrage steht es im Ermessen der Behörde, das Verfahren zu unterbrechen oder selbst die Vorfrage zu beurteilen. Im Rahmen der Ermessensübung wird dabei insbesondere der Aspekt der Raschheit, Einfachheit und Kostenersparnis einerseits, und der Aspekt möglichst richtiger und einheitlicher Entscheidung andererseits, zu berücksichtigen sein (vgl VwGH vom 9. November 1994, 93/03/0202). Der Verwaltungsgerichtshof hat wiederholt darauf hingewiesen, dass unter dem Gesichtspunkt der Verfahrensökonomie parallele Ermittlungsverfahren in einem gerichtlichen Strafverfahren und in einem Administrativverfahren unzweckmäßig bzw unwirtschaftlich sind, und der Gesichtspunkt der Verfahrensökonomie diesbezüglich nur dann nicht als vorrangig angesehen werden könnte, wenn die Behörde ohne oder zumindest ohne wesentliche Ermittlungsschritte zur selbständigen Beurteilung der Vorfrage in der Lage wäre (vgl VwGH vom 11. April 2000, 99/11/0349; VwGH vom 20. Februar 2001, 2001/11/0023; VwGH vom 27. September 2007, 2007/11/0074).

4. Nach § 1 Abs 2 StPO 1975, BGBl Nr 631/1975 idF BGBl I Nr 19/2004, beginnt das Strafverfahren ua dann, sobald die Staatsanwaltschaft zur Aufklärung des Verdachts einer Straftat gegen eine bekannte oder unbekannte Person ermittelt oder Zwang gegen eine verdächtige Person ausübt. Das Strafverfahren endet durch Einstellung oder Rücktritt von der Verfolgung durch die Staatsanwaltschaft oder durch gerichtliche Entscheidung.

Die von der Staatsanwaltschaft Salzburg geführten Ermittlungen richten sich nach den insofern unstrittigen Feststellungen gegen den als Geschäftsführer im Primärantrag in Aussicht genommenen G W und damit gegen eine bestimmte Person als Verdächtigen (vgl dazu Markel, § 1 StPO 1975, Rz 27, in: Fuchs/Ratz (Hrsg), Wiener Kommentar zur Strafprozessordnung (2009); Fabrizy, Die österreichische Strafprozessordnung, Kurzkommentar, 2011, Rz 7 zu § 1 StPO). Vor diesem Hintergrund kann - anders als die Beschwerde meint - nicht angenommen werden, dass angesichts dieses Verfahrens der Staatsanwaltschaft Salzburg kein behördliches Verfahren gegeben wäre, in dem iSd § 38 AVG die Hauptfrage betreffend den Vorwurf nach dem StGB im Lichte des § 1 Abs 2 letzter Satz StPO 1975 zu entscheiden ist. Die in der Beschwerde zitierte Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist insofern nicht einschlägig, als sich diese nicht auf die mit BGBl I Nr 19/2004 gegebene Rechtslage bezieht.

5.1. Entgegen der Beschwerde sind die von ihr eingeräumten staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen gegen diesen vom Primärantrag vorgesehenen Geschäftsführer wegen § 156 StGB nach der gemäß § 44 LFG iVm § 4 ZLPV gegebenen Rechtslage auch einschlägig.

5.2. § 156 StGB lautet:

"Betrügerische Krida

§ 156. (1) Wer einen Bestandteil seines Vermögens verheimlicht, beiseite schafft, veräußert oder beschädigt, eine nicht bestehende Verbindlichkeit vorschützt oder anerkennt oder sonst sein Vermögen wirklich oder zum Schein verringert und dadurch die Befriedigung seiner Gläubiger oder wenigstens eines von ihnen vereitelt oder schmälert, ist mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu bestrafen.

(2) Wer durch die Tat einen 50 000 Euro übersteigenden Schaden herbeiführt, ist mit Freiheitsstrafe von einem bis zu zehn Jahren zu bestrafen."

5.3. Vorauszuschicken ist, dass (anders, als offenbar die Beschwerde meint) dem § 4 ZLPV seinem Wortlaut nach nicht entnommen werden kann, dass ein anderes Fehlverhalten als das dort - angesichts des Wortes "insbesondere" - beispielsweise genannte bei der Beurteilung der Verlässlichkeit außer Betracht zu bleiben hätte; vielmehr ist bei dieser Beurteilung vom Gesamtverhalten des Betreffenden auszugehen (vgl VwGH vom 27. November 2008, 2006/03/0144, unter Hinweis auf VwGH vom 25. Juni 2003, 2002/03/0069).

Nach § 44 Abs 4 Z 2 LFG ist bei der Prüfung der Verlässlichkeit eines Bewerbers um eine Registrierung oder Genehmigung einer Zivilluftfahrschule die Bestimmung § 32 LFG relevant. Ausgehend vom § 32 LFG ist für die Frage der Verlässlichkeit maßgeblich, ob auf Grund des bisherigen Verhaltens dieses Bewerbers anzunehmen ist, dass er den aus diesem Bundesgesetz sich ergebenden Verpflichtungen nachkommen werde (vgl in diesem Sinne VwGH vom 28. März 2006, 2005/03/0209). Nichts anderes kann für eine Person geltend, die der Bewerber als Geschäftsführer (Accountable Manager) der Zivilluftfahrerschule namhaft macht. Bei der Verlässlichkeit iSd § 44 Abs 4 Z 2 LFG handelt es sich um eine Charaktereigenschaft, die grundsätzlich ohne Zuziehung von Sachverständigen von der Behörde zu beurteilen ist (insofern vergleichbar VwGH vom 25. Juni 2003, 2002/03/0069).

5.4. Entgegen der Beschwerde kann nicht gesagt werden, dass vorliegend eine Verwirklichung des Delikts nach § 156 StGB nicht geeignet wäre, die Zuverlässigkeit iSd § 32 LFG auszuschließen.

Schon die in Abs 1 enthaltene Strafdrohung (Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren) zeigt zudem, dass es sich bei einem § 156 StGB verwirklichenden Verhalten um ein gravierendes gegen fremdes Vermögen gerichtetes Fehlverhalten handelt (zu diesem Delikt vgl etwa Kirchbacher, § 156, in:

Höpfel/Ratz (Hrsg), Wiener Kommentar zum Strafgesetzbuch (2011); Fabrizy, Strafgesetzbuch, Kurzkommentar, 2013, § 156). Die Vertrauenswürdigkeit eines Geschäftsführers muss auch in Ansehung fremder Vermögenswerte bestehen, deren Schutz offensichtlich die sich aus § 156 StGB ergebenden (strafrechtlich bewehrten) Verbote zum Ziel haben (vgl - insofern vorliegend einschlägig - VwGH vom 27. Mai 2010, 2009/03/0147). In diesem Zusammenhang hat die Beschwerde die Verantwortung eines verantwortlichen Geschäftsführers (verantwortlichen Betriebsleiters bzw Accountable Manager) für die ausreichende Finanzierung der Tätigkeiten der Ausbildungsorganisation im Rahmen einer Zivilluftfahrerschule nicht in Abrede gestellt. Zudem beziehen sich nach den insofern unstrittigen Feststellungen die von G W möglicherweise verwirklichten Tathandlungen auf seine Tätigkeit als Verantwortlicher einer Zivilluftfahrerschule. Bei dieser Sachlage war die Behörde im Übrigen nicht gehalten, das von der Staatsanwaltschaft untersuchte Verhalten von G W im angefochtenen Bescheid noch näher darzustellen.

Dass die Staatsanwaltschaft Salzburg ihre Ermittlungen zum Zeitpunkt der Erlassung des bekämpften Bescheides bereits beendet hätte, bringt auch die Beschwerde nicht vor, weshalb sich die Verfahrensrüge, die belangte Behörde hätte bezüglich des im angefochtenen Bescheides genannten Telefonates mit der Staatsanwaltschaft Salzburg das Parteiengehör nicht gewahrt und die beschwerdeführende Partei hätte bei Wahrung des Parteiengehörs der Behörde (auch im Wege der Aufnahme dann beantragter Beweise) Informationen zur Kenntnis bringen können, wonach keine die Zuverlässigkeit von G W ausschließenden Umstände gegeben seien, als nicht zielführend erweist.

6. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

7. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet auf §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl II Nr 455.

Wien, am 28. November 2013

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