Normen
EStG 1988 §34 Abs3;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 610,60 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin machte in ihrer Arbeitnehmerveranlagung für das Jahr 2008 einen Betrag von 27.101,26 EUR als "Sonstige außergewöhnliche Belastung" geltend. Dieser Betrag resultiere aus "unerwartet aufwendigen Gerichtsverfahrenskosten als Folge einer Scheidung in einem anhängigen Obsorge-, Unterhalts- und Vermögensaufteilungsverfahren, zu dem ich aus 'familienrechtlichsittlicher Verpflichtung' rechtlich verhalten bin". Das Gerichtsverfahren sei noch nicht zur Gänze abgeschlossen.
Mit der Begründung, dass die geltend gemachten Aufwendungen weder aus tatsächlichen, rechtlichen noch sittlichen Gründen zwangsläufig erwachsen seien, berücksichtigte das Finanzamt die Kosten im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung nicht.
Der dagegen erhobenen Berufung gab die belangte Behörde mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid keine Folge. Streitgegenständlich sei - so die Ausführungen der belangten Behörde im Erwägungsteil des angefochtenen Bescheides - die Berücksichtigung von Kosten der Rechtsverfolgung im Zusammenhang mit einem Vermögensaufteilungsverfahren beim Bezirksgericht W, Zahl 7 C 124/05y, im Anschluss an eine einvernehmliche Scheidung, weil die Beschwerdeführerin nachträglich eheliches Sparvermögen aufgefunden habe, das in die neu zu ermittelnde Aufteilungsmasse einzubeziehen sei. Die Beschwerdeführerin habe zunächst den zur Zahl 7 C 2/06h beim Bezirksgericht W abgeschlossenen Scheidungsfolgenvergleich angefochten, sei allerdings mit ihrer Klage in sämtlichen Instanzen nicht durchgedrungen (Anm.: Nach der im angefochtenen Bescheid wiedergegebenen Sachverhaltsschilderung in der Berufung stand der als außergewöhnliche Belastung geltend gemachte Betrag von rund 27.101 EUR im Zusammenhang mit diesem Anfechtungsverfahren). Einem Rekurs gegen den (sodann) im Vermögensaufteilungsverfahren 7 C 124/05y ergangenen Beschluss des Bezirksgerichtes W habe das Landesgericht mit Beschluss vom "1.9.(richtig wohl: 12.) 2009, 43 R 723/09f" Folge gegeben und die Sache an das Erstgericht zurückverwiesen (die Feststellung, die Beschwerdeführerin habe die Vermögensverhältnisse zur Gänze gekannt, sei nämlich nicht mängelfrei erfolgt, eine Bindung an das Anfechtungsverfahren 7 C 2/06h bestehe nicht).
Dass das Anfechtungsverfahren 7 C 2/06h der Beschwerdeführerin vom Bezirksgericht W "aufgezwungen" worden wäre, lasse sich den von der Beschwerdeführerin vorgelegten Unterlagen nicht entnehmen. Prozesskosten in einem Zivilrechtsstreit seien nach der Rechtsprechung nicht als außergewöhnliche Belastung abziehbar, wenn sie lediglich die Folge einer Klagsführung durch den Steuerpflichtigen darstellten oder sonst die Folge eines vom Steuerpflichtigen gesetzten Verhaltens seien, wovon u.a. dann auszugehen sei, wenn der Steuerpflichtige geklagt werde und im Prozess unterliege. Nicht abzugsfähig seien etwa die Kosten im Zusammenhang mit einer einvernehmlichen Ehescheidung. Auch eine Vereinbarung über die gesetzlichen vermögensrechtlichen Ansprüche im Verhältnis zueinander im Fall einer Scheidung nach § 55a Abs. 2 EheG gehe auf einen freiwilligen Entschluss zurück. Die Beschwerdeführerin bringe zwar vor, sie habe "diese Vereinbarung zwar abgeschlossen, dies sei aber einerseits nicht freiwillig erfolgt und sie sei andererseits von ihrem damaligen Ehemann getäuscht worden;" dieses Vorbringen, welches auch Gegenstand des Anfechtungsverfahrens gewesen sei, decke sich allerdings nicht mit den diesbezüglichen rechtskräftigen Feststellungen der Gerichte.
Selbst wenn die (behauptete) Täuschung über die ehelichen Vermögensverhältnisse nicht mehr als die Folge des - auch von der Beschwerdeführerin nicht in Frage gestellten - freiwilligen Entschlusses zur Ehescheidung angesehen werden sollte, sei daraus für die Beschwerdeführerin nichts zu gewinnen:
Zum einen sei die Beschwerdeführerin im Anfechtungsverfahren als Klägerin und nicht als Beklagte aufgetreten. Die Prozessführung sei ihr nicht von ihrem geschiedenen Ehemann aufgezwungen worden. Zur Behauptung, der Beschwerdeführerin sei die Prozessführung vom Erstrichter aufgezwungen worden, der das Vermögensaufteilungsverfahren nicht vor dem Vergleichsanfechtungsverfahren habe durchführen wollen, hätten sich aus den vorgelegten Beweismitteln keine "Rückschlüsse" gewinnen lassen. Sollte das Vergleichsanfechtungsverfahren auf Grund einer durch den Erstrichter im Vermögensaufteilungsverfahren geäußerten Rechtsansicht von der Beschwerdeführerin angestrebt worden sein, hätte sie die damit verbundenen Kosten vermeiden können, indem sie eine allfällige dieser Rechtsansicht folgende Entscheidung des Erstgerichts - vor Klagsführung im Anfechtungsverfahren - im Rechtsmittelweg bekämpft hätte.
Zum anderen sei die Beschwerdeführerin mit ihrem Begehren im Anfechtungsverfahren in allen Instanzen nicht durchgedrungen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die dagegen erhobene Beschwerde nach Aktenvorlage und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:
§ 34 EStG 1988 räumt dem unbeschränkt Steuerpflichtigen einen Rechtsanspruch auf Abzug außergewöhnlicher Belastungen bei der Ermittlung des Einkommens ein, wenn folgende, im Gesetz aufgezählte Voraussetzungen gleichzeitig erfüllt sind:
- 1. Sie müssen außergewöhnlich sein (Abs. 2).
- 2. Sie müssen zwangsläufig sein (Abs. 3).
- 3. Sie müssen die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen wesentlich beeinträchtigen (Abs. 4).
Die Belastung erwächst dem Steuerpflichtigen gemäß § 34 Abs. 3 leg. cit. zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann. Aus dieser Bestimmung ergibt sich dabei mit aller Deutlichkeit, dass freiwillig getätigte Aufwendungen nach § 34 EStG ebenso wenig Berücksichtigung finden können wie Aufwendungen, die vom Steuerpflichtigen vorsätzlich herbeigeführt wurden, oder die sonst die Folge eines Verhaltens sind, zu dem sich der Steuerpflichtige aus freien Stücken entschlossen hat. Es entspricht der vom Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung vertretenen Auffassung, dass Prozesskosten im Allgemeinen nicht zwangsläufig im Sinne des § 34 EStG 1988 erwachsen (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 22. März 2010, Zl. 2010/15/0005, mwN). Eine allgemeine Regel lasse sich aber vor allem dann nicht aufstellen, wenn dem Steuerpflichtigen die Prozessführung als beklagte Partei aufgezwungen wird (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 19. Dezember 2000, 99/14/0294).
In der Beschwerde wird im Wesentlichen vorgebracht, die Prozesskosten in dem zur Zahl 7 C 2/06h geführten Anfechtungsverfahren seien deshalb zwangsläufig erwachsen, weil "das Erstgericht vermeinte, dass nur in einem Anfechtungsverfahren die Vorfragen gelöst werden könnten" (was inzwischen durch die Rekursentscheidung vom 1. Dezember 2009, 43 R 723/09f, widerlegt worden sei). Der Beschwerdeführerin sei daher ein Zivilprozess vom Erstgericht "insoweit aufgezwungen worden, als der streitige Zivilprozess zur notwendigen Vorbedingung für das vorher schon anhängig gemachte Außerstreitverfahren gemacht worden war".
Dieses - im Übrigen auch in der Beschwerde im Wesentlichen nur auf Behauptungsebene bleibende - Vorbringen, aus dem sich die (vor Gericht ohnedies auch anwaltlich vertretene) Beschwerdeführerin aus subjektiven Gründen veranlasst gesehen haben mag, das streitige Anfechtungsverfahren einzuleiten, ändert nichts daran, dass die strittigen Prozesskosten der Beschwerdeführerin nicht durch Klage eines Prozessgegners aufgezwungen wurden, wobei die Prozessführung überdies erfolglos blieb. Für die Anerkennung der in Rede stehenden Prozesskosten als außergewöhnliche Belastung bietet sich damit kein Anhaltspunkt.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.
Wien, am 18. September 2013
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