VwGH 2011/08/0180

VwGH2011/08/018010.4.2013

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldstätten und die Hofräte Dr. Strohmayer und Dr. Lehofer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag.a Peck, über die Beschwerde der C H in F, vertreten durch Achammer & Mennel Rechtsanwälte OG in 6800 Feldkirch, Schloßgraben 10, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenats des Landes Vorarlberg vom 30. Mai 2011, Zl UVS-1-702/K3-2010, betreffend Übertretungen des ASVG (weitere Partei: Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz), zu Recht erkannt:

Normen

ASVG §4 Abs1 Z1;
ASVG §4 Abs2;
ASVG §4 Abs1 Z1;
ASVG §4 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung der Beschwerdeführerin gegen ein Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft F. vom 14. Juni 2010 insofern Folge, "als die verhängten Geldstrafen auf jeweils 2.500 Euro und die für den Fall ihrer Uneinbringlichkeit festgesetzten Ersatzfreiheitsstrafen auf jeweils 160 Stunden herabgesetzt werden". Im Übrigen wurde der Berufung keine Folge gegeben und das erstinstanzliche Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass die Tatbildumschreibung wie folgt zu lauten habe:

"(Die Beschwerdeführerin) ist als handelsrechtliche Geschäftsführerin der (H.) GmbH, F, (…), dafür verantwortlich, dass diese Firma in den unten angeführten Zeiträumen nachstehende Personen, bei welchen es sich um in der Krankenversicherung vollversicherte handelte, auf der Baustelle (B.) in R beschäftigt hat und diese nicht vor Arbeitsantritt beim zuständigen Träger der Krankenversicherung (Vorarlberger Gebietskrankenkasse) zur Pflichtversicherung als vollversicherte Person angemeldet hat:

  1. 1. (M.P.) vom 28.7.2008 bis 7.10.2008 und
  2. 2. (S.T.) vom 27.7.2008 bis 7.10.2008."

    Die Übertretungsnorm habe jeweils "§ 111 Abs 1 Z 1 iVm § 33 Abs 1 ASVG" zu lauten.

    Neben der Darlegung des Verwaltungsgeschehens und der Wiedergabe der in der mündlichen Verhandlung durchgeführten Zeugen- und Parteieneinvernahmen führte die belangte Behörde aus, es stehe folgender Sachverhalt fest:

    "Die Beschuldigte ist handelsrechtliche Geschäftsführerin der (H.) GmbH, F, (…), deren Geschäftszweig die Durchführung von Eisenverlegearbeiten ist. Diese Firma beschäftigte (M.P.) vom 28.07.2008 bis 07.10.2008 und (S.T.) vom 27.07.2008 bis 07.10.2008 auf der Baustelle (B.) in R als Eisenverleger. Diese zwei Personen wurden von der (H.) GmbH nicht vor Arbeitsantritt bei der Vorarlberger Gebietskrankenkasse zur vollversicherten Pflichtversicherung angemeldet, obwohl es sich bei diesen zwei Personen um in der Krankenversicherung vollversicherungspflichtige Personen handelte."

    Weiters führte die belangte Behörde aus, dass aufgrund des durchgeführten Beweisverfahrens feststehe, dass (M.P.) und (S.T.) in den jeweiligen Tatzeiträumen zwar als Arbeitnehmer der Firmen (I.) bzw. (K.) bei der Wiener Gebietskrankenkasse sozialversicherungsrechtlich gemeldet gewesen seien, diese beiden Personen aber nach dem wahren wirtschaftlichen Gehalt von der (H.) GmbH beschäftigt worden seien und auch von dieser Firma die entsprechende Entlohnung erhalten hätten. Diese Feststellung stütze sich beweiswürdigend insbesondere auf die Angaben von M.P. und S.T. sowie des Kontrollbeamten T.B., vor allem auf die ersten Angaben des M.P. und S.T. anlässlich der Kontrolle. Diesen Angaben sei mehr Glauben zu schenken als denen der Beschuldigten bzw. der Zeugenaussage des Vorarbeiters der H. GmbH, S.B.

    Die Durchführung des gegenständlichen Auftrags (Verlegung von Bewehrungsstahl beim Bauvorhaben B. in R) sei im Rahmen eines Werkvertrags von der E. GmbH an die H. GmbH vergeben worden. Die Angabe der Beschwerdeführerin, M.P. und S.T. seien von der Firma I. zur Verfügung gestellt worden, sei nicht glaubhaft. Einerseits könne die Beschwerdeführerin keine Erklärung dafür abgeben, dass M.P. und S.T. nicht nur - wie sonst üblich - zwei oder drei Tage von der Firma I. zur Verfügung gestellt worden seien, sondern über Monate für die H. GmbH gearbeitet hätten. Andererseits habe die Beschwerdeführerin insofern widersprüchliche Angaben gemacht, als sie zunächst behauptet habe, die Firma I. habe das Geld, mit dem sie M.P. und S.T. bezahlt habe, von der H. GmbH erhalten, und dann berichtigend ausgesagt habe, die Firma I. habe dieses Geld von der Firma B. erhalten. Letzteres sei aber schon deshalb unschlüssig, da M.P. und S.T. ihre Arbeitsleistung ja für die H. GmbH und nicht für die Firma B. erbracht hätten.

    Weiters habe die Beschwerdeführerin trotz Aufforderung durch die belangte Behörde keine Unterlagen über Geldleistungen von der H. GmbH an die Firma K. betreffend die Überlassung von M.P. und S.T. durch die Firma K. vorgelegt. Die belangte Behörde gehe daher beweiswürdigend davon aus, dass tatsächlich keine diesbezüglichen Geldleistungen erfolgt seien. Schließlich hätten M.P. und S.T. am Kontrolltag gar nicht gewusst, dass sie seit Mitte August bei der Firma K. sozialversicherungsrechtlich gemeldet seien. S.T. habe überdies auch nicht gewusst, dass er zuvor bei der Firma I. gemeldet gewesen sei, und angegeben, dass er niemanden von der Firma I. bzw. K. kenne. M.P. habe zwar die Firma I. insofern gekannt, als er angegeben habe, dass diese Firma sein Dienstgeber sei; M.P. habe aber gleichzeitig ausgeführt, keine Personen von dieser Firma (mit Ausnahme des S.T.) zu kennen. Die zeugenschaftlichen Angaben von M.P., er habe mit X. (von der Firma I.) in Wien telefoniert und dieser habe ihm einen Vorschuss gegeben, sei - im Hinblick auf die gegenteiligen Angaben von M.P. am Kontrolltag - nicht glaubwürdig. In diesem Zusammenhang sei auch auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshof hinzuweisen, "wonach erste Angaben am ehesten der Wahrheit" entsprächen.

    M.P. und S.T. hätten übereinstimmend am Kontrolltag angegeben, dass sie das Einstellungsgespräch mit S.B. von der H. GmbH gehalten hätten. Demgegenüber sei die Aussage von S.B., dass M.P. und S.T. selber auf die Baustelle gekommen seien, nicht glaubwürdig, habe doch S.B. selbst nicht einmal angeben können, warum diese beiden Arbeiter "selber" auf die Baustelle kommen hätten sollen. Weiters hätten M.P. und S.T. ausgeführt, sie hätten die Entlohnung monatlich von S.B. erhalten. Die diesbezüglichen Angaben von S.B. seien hingegen widersprüchlich. So habe dieser einerseits angegeben, er habe das Geld, welches er nur einmal an M.P. gegeben habe, von X. erhalten, und andererseits habe er ausgeführt, er habe dieses Geld von der Beschwerdeführerin erhalten. Im Übrigen liege insofern eine unschlüssige Aussage von S.B. vor, als er angegeben habe, er habe von der Beschwerdeführerin zweimal Geld erhalten - nämlich einmal EUR 5.000,- und einmal EUR 3.000,- - und andererseits behauptet habe, er habe dieses Geld nur einmal (im Gesamten) an M.P. überreicht. Weiters habe S.B. selbst ausgeführt, dass er die Regieberichte von M.P. und S.T. geschrieben habe, die Abrechnung der von M.P. und S.T. geleisteten Arbeitsstunden der Beschwerdeführerin gegeben habe und von dieser das Geld - einmal EUR 5.000,- und einmal EUR 3.000,- - erhalten habe, welches er dann M.P. gegeben habe. Dazu komme, dass sich die Beschwerdeführerin weder im erstinstanzlichen Verfahren noch in der Berufung dahingehend verantwortet habe, dass M.P. und S.T. von der Firma I. bzw. der Firma K. zur Verfügung gestellt worden seien.

    Nach Wiedergabe des § 33 Abs 1 und § 111 Abs 1 Z 1 und Abs 2 ASVG führte die belangte Behörde aus, aufgrund des festgestellten Sachverhalts stehe fest, dass die Beschwerdeführerin die ihr zur Last gelegte Tat sowohl in objektiver als auch subjektiver Hinsicht zu verantworten habe.

    Im vorliegenden Fall sei der zweite Strafsatz des § 111 Abs 2 ASVG (Strafrahmen EUR 2.180,- bis zu EUR 5.000,-) anzuwenden, da die Beschwerdeführerin eine einschlägige Vorstrafe aufweise (BH F, Zl X-9-2006/00092). Schutzzweck der Norm sei es, sicherzustellen, dass versicherungspflichtig beschäftigte Personen auch im gesetzlich vorgesehenen Ausmaß sozialversichert würden und die Sozialversicherungsbeiträge rechtzeitig und vollständig abgeführt würden. Diesem Schutzzweck sei im vorliegenden Fall in nicht unerheblichem Ausmaß zuwidergehandelt worden.

    Als Verschuldensform sei zumindest Fahrlässigkeit anzunehmen. Als erschwerend seien zwei weitere Vorstrafen - neben der den Strafsatz erhöhenden Vorstrafe - zu werten (BH F, Zlen. X-9- 2007/20955 und X-9-2008/16327). Milderungsgründe seien keine hervorgekommen. Zu ihren persönlichen Verhältnissen habe die Beschwerdeführerin angegeben, sie beziehe als Geschäftsführerin ein monatliches Nettoeinkommen in der Höhe von EUR 610,-. Sie sei Hälfteeigentümerin einer Wohnung, sie habe Schulden in der Höhe von EUR 125.000,-, davon EUR 90.000,- für die Wohnung. Sie habe keine Sorgepflichten. Ihr Ehemann habe ein eigenes Einkommen.

    Die Strafe sei herabzusetzen gewesen, da die Erstbehörde von sieben Vorstrafen ausgegangen sei, der Beschwerdeführerin aber tatsächlich nur drei Vorstrafen als strafsatzerhöhend bzw. erschwerend zur Last gelegt werden könnten.

    Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit seines Inhalts sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Antrag, ihn kostenpflichtig aufzuheben.

    Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Gemäß § 33 Abs 1 ASVG haben die Dienstgeber oder deren gemäß § 35 Abs 3 ASVG Bevollmächtigte jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden. Die An(Ab)meldung durch den Dienstgeber wirkt auch für den Bereich der Unfall- und Pensionsversicherung, soweit die beschäftigte Person in diesen Versicherungen pflichtversichert ist.

Gemäß § 35 Abs 1 ASVG gilt als Dienstgeber im Sinne dieses Bundesgesetzes derjenige, für dessen Rechnung der Betrieb (die Verwaltung, die Hauswirtschaft, die Tätigkeit) geführt wird, in dem der Dienstnehmer (Lehrling) in einem Beschäftigungs(Lehr)verhältnis steht, auch wenn der Dienstgeber den Dienstnehmer durch Mittelspersonen in Dienst genommen hat oder ihn ganz oder teilweise auf Leistungen Dritter an Stelle des Entgeltes verweist.

Gemäß § 111 Abs 1 Z 1 ASVG handelt ordnungswidrig, wer als Dienstgeber oder sonstige nach § 36 meldepflichtige Person (Stelle) oder als bevollmächtigte Person nach § 35 Abs 3 ASVG entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet.

§ 111 Abs 2 ASVG idF BGBl I Nr 150/2009 lautet:

"(2) Die Ordnungswidrigkeit nach Abs. 1 ist von der Bezirksverwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretung zu bestrafen, und zwar

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