VwGH 2010/15/0012

VwGH2010/15/001225.7.2013

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofrätin Dr. Büsser sowie die Hofräte MMag. Maislinger, Mag. Novak und Dr. Sutter als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ebner, über die Beschwerde des Ing. Mag. S in W, vertreten durch Dr. Herbert Eichenseder, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Auerspergstraße 2/4, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Innsbruck, vom 14. August 2009, Zlen. RV/0196-I/08, RV/0543-I/08, betreffend Haftung für Kapitalertragsteuer 1998 und 1999, zu Recht erkannt:

Normen

12010E063 AEUV Art63;
62003CJ0513 van Hilten-van der Heijden VORAB;
BWG 1993 §38 Abs5;
EStG 1988 §93;
EStG 1988 §95 Abs2;
EStG 1988 §95 Abs4 Z3;
EStG 1988 §95 Abs4;
EStG 1988 §95 Abs5;
EStG 1988 §95 Abs6;
EStG 1988 §95 Abs7;
EStG 1988 §95;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit "Haftungs- und Zahlungsbescheid" vom 3. Februar 2000 schrieb das Finanzamt der B Bank die von Kapitalerträgen aus ausländischen Forderungswertpapieren betreffend die Jahre 1998 und 1999 einzubehaltende und abzuführende Kapitalertragsteuer vor. Als der zum Abzug Verpflichtete werde die B Bank zur Haftung für diese Kapitalertragsteuer in Höhe von 55,662.404 ATS herangezogen und aufgefordert, diesen Betrag zu entrichten.

Begründend führte das Finanzamt im Wesentlichen aus, der Wegfall einer kuponauszahlenden Stelle im Inland beende bei ausländischen Forderungswertpapieren die Abzugspflicht für die Erhebung der Kapitalertragsteuer. Die Meldung dieses Umstandes gelte als Veräußerung und löse daher einen fiktiven Zufluss und somit auch den Kapitalertragsteuerabzug für die anteiligen Erträge gemäß § 95 Abs. 4 Z 3 zweiter Satz EStG 1988 aus.

Laut der beim Finanzamt am 28. Oktober 1999 eingegangenen Mitteilung sei einem Kunden beim Erwerb von ausländischen Nullkuponanleihen für die bereits verstrichene Laufzeit die Kapitalertragsteuer gutgeschrieben worden. Die Wertpapiere seien aber nicht im Depot belassen, sondern regelmäßig einige Tage bzw. Wochen nach dem Erwerb auf Wunsch des Kunden diesem in effektiven Stücken ausgehändigt worden. Für die zum Zeitpunkt der Aushändigung aufgelaufenen Zinsen sei zum Zeitpunkt der Entnahme Kapitalertragsteuer weder einbehalten noch abgeführt worden.

Da sohin der gesetzlichen Abzugs- und Abfuhrverpflichtung nicht entsprochen worden sei, habe die B Bank als die zum Abzug Verpflichtete den Haftungstatbestand des § 95 Abs. 2 EStG 1988 verwirklicht.

Die B Bank erhob gegen diesen Bescheid Berufung.

Mit Berufungsvorentscheidung vom 18. Oktober 2000 wies das Finanzamt die Berufung als unbegründet ab.

Die B Bank beantragte die Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz.

Der Beschwerdeführer erklärte mit Schriftsatz vom 20. November 2001 seinen Beitritt zur Berufung.

Die belangte Behörde wies mit Bescheid vom 11. November 2003 die Berufung als unbegründet ab und änderte den erstinstanzlichen Bescheid ab; die Höhe der Abgabe betrage nunmehr für das Jahr 1998 394.412,38 EUR und für das Jahr 1999 3,460.597,08 EUR.

Mit hg. Erkenntnis vom 17. April 2008, 2006/15/0067 (früher 2005/14/0058), wurde der Bescheid der belangten Behörde vom 11. November 2003 wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Begründend wurde - unter Verweis auf das hg. Erkenntnis vom 19. Dezember 2007, 2005/13/0075, im Wesentlichen ausgeführt, dass bereits der Wortlaut der Bestimmung des § 95 Abs. 4 Z 3 EStG 1988, die von der "Meldung des Eintritts von Umständen" spricht, welche die Abzugspflicht beenden oder begründen, mit dem rein faktischen Vorgang einer Depotentnahme nicht ohne weiteres in Einklang zu bringen ist, entscheidende Bedeutung aber dem Umstand zukommt, dass sich durch eine Depotentnahme allein der Status des Wertpapiers in Bezug auf die Abzugspflicht (anders als bei einer Befreiungserklärung oder Widerrufserklärung oder auch bei einem Wechsel in der persönlichen Steuerpflicht) nicht ändert. Solcherart begründet die Depotentnahme für sich keine Kapitalertragsteuerpflicht.

Die belangte Behörde hielt dem Beschwerdeführer mit Schreiben vom 21. Oktober 2008 vor, er habe regelmäßig einige Tage bzw. Wochen nach dem Erwerb die streitgegenständlichen Nullkuponanleihen aus einem Depot bei der B Bank entnommen, welche ihm in effektiven Stücken physisch ausgehändigt worden seien. Die B Bank habe keine Kenntnis von einem Depotwechsel. Nach der Aktenlage sei sohin kein Depotwechsel erfolgt, der Beschwerdeführer habe demnach die Nullkuponanleihen auf kein weiteres Depot bei einem Kreditinstitut, insbesondere nicht bei der B Bank, eingebracht. Sollte diese Feststellung nicht zutreffend sein, so werde der Beschwerdeführer um ein detailliertes Vorbringen unter Beilage zweckdienlicher Unterlagen zum Nachweis seiner Ausführungen, insbesondere zu Angaben über das neue Depot und das depotführende Kreditinstitut samt Nachweis des Depotwechsels ersucht.

Eine Äußerung des Beschwerdeführers hiezu erfolgte nicht.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung (neuerlich) als unbegründet ab und änderte den erstinstanzlichen Bescheid wiederum (wie im Bescheid vom 11. November 2003) ab.

Begründend führte die belangte Behörde - nach Schilderung des Verfahrensganges - im Wesentlichen aus, im vorliegenden Fall sei zunächst strittig, ob die Entnahme von ausländischen Forderungswertpapieren (Nullkuponanleihen) aus einer inländischen kuponauszahlenden Stelle bzw. einem Bankdepot eine Veräußerung im Sinne des § 95 Abs. 4 Z 3 EStG 1988 sei und als solche eine Kapitalertragsteuerpflicht begründe. Der Gesetzgeber habe nunmehr durch die Änderung des § 95 Abs. 4 Z 3 iVm § 124b Z 144 EStG 1988 (BGBl. I Nr. 65/2008) ausdrücklich angeordnet, dass eine Entnahme aus dem Depot rückwirkend zum 1. Jänner 1998 als Veräußerung gelte, welche eine Verpflichtung zum Kapitalertragsteuerabzug begründe. Die als Reaktion auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. Dezember 2007, 2005/13/0075, ergangene Ergänzung des § 95 Abs. 4 und Einfügung des § 95 Abs. 7 EStG 1988 normiere die Beibehaltung der bisherigen Verwaltungspraxis einer Kapitalertragsteuer-Gutschrift bei unterjährigem Erwerb von KESt-pflichtigen Zerobonds. Die Entnahme aus dem Depot sei ausdrücklich als Veräußerung qualifiziert worden. Der neuen Rechtslage zufolge versteuere der Veräußerer eines Forderungswertpapiers Stückzinsen pro rata temporis gemäß § 27 Abs. 2 EStG 1988, welche nach § 95 Abs. 4 Z 3 EStG 1988 der Kapitalertragsteuer unterlägen. Da der Erwerber den nächsten Kupon zur Gänze bzw. den gesamten Unterschiedsbetrag gemäß § 27 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 (also Tilgungs- bzw. Veräußerungserlös abzüglich Emissionswert) mit Kapitalertragsteuer besteuere, erhalte dieser im Zeitpunkt des Kaufes eine Gutschrift auf jene Zinsen, die er dem Veräußerer bezahle.

Die Regelung des § 95 Abs. 4 EStG 1988 bestimme den Zeitpunkt des Abzuges bzw. der Einbehaltung der Kapitalertragsteuer.

Da die Behörde das im Zeitpunkt der Erlassung ihres Bescheides geltende Recht anzuwenden habe, ergebe sich aus der nunmehr gegebenen, auf den strittigen Zeitraum zurückwirkenden Gesetzeslage, dass zum einen die Erwerbe der Nullkuponanleihen durch den Beschwerdeführer in den Jahren 1998 und 1999 gemäß § 95 Abs. 7 EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 65/2008 Kapitalertragsteuergutschriften begründeten und zum anderen die in unmittelbarer zeitlicher Nähe anschließenden Entnahmen der strittigen Nullkuponanleihen aus dem Depot als (fiktive) Veräußerungen iSd § 95 Abs. 4 Z 3 EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 65/2008 eine Verpflichtung der B Bank zum Kapitalertragsteuerabzug bewirkt hätten.

Die vom Beschwerdeführer regelmäßig einige Tage bzw. Wochen nach dem Erwerb aus dem Depot entnommenen und von der B Bank ihm in effektiven Stücken ausgehändigten streitgegenständlichen Nullkuponanleihen seien von diesem in der Folge nicht auf ein anderes Depot übertragen worden; ein diesbezüglicher Vorhalt der belangten Behörde sei vom Beschwerdeführer (und der B Bank) unwidersprochen geblieben. Da sohin keine Depotübertragung bzw. kein Depotwechsel erfolgt sei, finde die Ausnahmebestimmung des § 124b Z 144 EStG 1988 keine Anwendung.

Ein Verstoß gegen die gemeinschaftsrechtliche (jetzt: unionsrechtliche) Grundfreiheit des Kapitalverkehrs könne von der belangten Behörde nicht erkannt werden; es liege weder eine Besteuerung unabhängig vom Zufluss noch aufgrund eines Wegzugs vor.

Gemäß § 95 Abs. 2 EStG 1988 hafte der zum Abzug Verpflichtete dem Bund für die Einbehaltung und Abfuhr der Kapitalertragsteuer. Der Tatbestand der Haftung für Kapitalertragsteuer stelle als solcher nur auf die objektive Pflichtverletzung ab. Die Geltendmachung der Haftung nach § 224 BAO iVm § 95 Abs. 2 EStG 1988 stehe im Ermessen der Behörde. Die B Bank spreche sich sowohl gegen eine KESt-Abzugsverpflichtung anlässlich der Depotentnahmen als auch gegen die von der Abgabenbehörde durchgeführte Berechnung der KESt-Beträge nach der finanzmathematischen Methode aus. Der Beschwerdeführer habe sich hiezu auch auf die Kapitalertragsteuer-Richtlinien bezogen, welche eine lineare Berechnungsmethode als zulässig betrachteten.

Erlässe seien für die belangte Behörde keine maßgebende Rechtsquelle. Ein im Einzelnen erlassgetreues Verhalten sei aber gegebenenfalls im Rahmen der Ermessensübung zur Erlassung eines Haftungsbescheides zu berücksichtigen.

Das Finanzamt und die B Bank hätten im vorliegenden Fall mit unterschiedlicher Berechnungsmethode errechnete Kapitalerträge dem Beschwerdeführer als Erwerber der Wertpapiere als "vorweg rückgängig gemachten Kapitalertrag" zugerechnet und als Kapitalertragsteuergutschriften iSd § 95 Abs. 6 EStG 1988 angesehen. Der Verwaltungsgerichtshof habe in seinem Erkenntnis vom 19. Dezember 2007, 2005/13/0075, die Auffassung nicht geteilt, dass bezahlte Stückzinsen beim Erwerber einen negativen Kapitalertrag darstellen und zu einer Kapitalertragsteuergutschrift führen würden, da diese Ansicht (vor der rückwirkenden Gesetzesänderung mit BGBl. I Nr. 65/2008) im Gesetz keine Stütze finde.

Die "KESt-Richtlinien" hätten jedoch auf Grundlage der vor BGBl. I Nr. 65/2008 gegebenen Rechtslage ausdrücklich vorgesehen, dass vom Veräußerer verrechnete anteilige Kapitalerträge beim Erwerber einen "vorweg rückgängig gemachten Kapitalertrag" darstellten und zu einer Kapitalertragsteuergutschrift in Bezug auf den Erwerber führten. Seien in den strittigen Jahren sowohl das Finanzamt als auch die "KESt-Richtlinien" von der vom Verwaltungsgerichtshof nicht geteilten Ansicht der Zulässigkeit solcher Kapitalertragsteuergutschriften ausgegangen, so kämen für eine Haftung in Ausübung des Ermessens jedenfalls nur die Unterschiedsbeträge zwischen linearer und finanzmathematischer Berechnung der Kapitalertragsteuergutschrift in Frage.

Die zu beurteilenden Erwerbstransaktionen würden verschiedenste Nullkuponanleihen betreffen, die alle mit einer langen (Rest‑)Laufzeit und hoher Verzinsung ausgestattet gewesen seien. Zum Zeitpunkt des Erwerbes durch Kunden der B Bank seien die Kurswerte dieser Anleihen dementsprechend niedrig gewesen (zwischen 47,65% und 3,07% des Nominalwertes). Es liege auf der Hand, dass in solchen Fällen eine lineare Verteilung der Zinsen (auf Laufzeiten bis zu 30 Jahre) zu rechnerischen Werten führe, die von der tatsächlichen Wertentwicklung weit entfernt seien. Die nach der linearen Methode berechneten Gutschriften an Kapitalertragsteuer hätten bei den Erwerben des Jahres 1998 das (beinahe) Zwei- bis (über) Sechsfache und bei den Erwerben des Jahres 1999 das (über) Drei- bis (über) Vierfache jenes Betrages ausgemacht, der sich auf Basis einer finanzmathematisch berechneten Zinsabgrenzung ergeben hätte. Diese Differenz ergebe sich daraus, dass nach der finanzmathematischen Berechnungsmethode die Zinskurve einen progressiven Verlauf habe. Werde eine Anleihe am Beginn der Laufzeit veräußert, würden im Kaufpreis nach der finanzmathematischen Methode relativ wenig Zinsen abgegolten werden, während die lineare Methode im Vergleich hiezu wesentlich höhere Zinsen ergebe.

Die im Kaufpreis der Nullkuponanleihen abgegoltenen anteiligen Zinsen hätten für Zwecke der Kapitalertragsteuergutschriften berechnet bzw. geschätzt werden müssen. Jede Schätzung müsse zum Ziel haben, ein Näherungsergebnis zu erreichen, das der Wirklichkeit weitest möglich entspreche. Dazu sei eine geeignete Schätzungsmethode zu wählen. Das Abgabenrecht knüpfe im Bereich des Kapitalertragsteuerabzuges bei Forderungswertpapieren an den wirtschaftlich geprägten Begriff des Kapital(zins)ertrags an. Die kalkulatorischen Zinsen für den Kapitalertragsteuerabzug seien daher grundsätzlich nach finanzmathematischen Methoden zu ermitteln.

Die Formulierung in den KESt-Richtlinien 1993, dass "keine Bedenken" gegen eine lineare Abgrenzung bestünden, impliziere kein Anhalten bzw. keine Aufforderung des Steuerpflichtigen zu einer bestimmten Vorgangsweise, zumal die Vereinfachungsbestimmung in den zusammengefassten "Übergangsbestimmungen" offenkundig administrative Erleichterungen in der Übergangsphase bezweckt habe. Wenn aber die lineare Verteilungsmethode zu einem wirtschaftlich völlig realitätsfremden Resultat führe, könne sich eine Bank mit ihren einschlägigen Kenntnissen und Erfahrungen im Bank- und Wertpapiergeschäft nicht auf die Bindungswirkung von Richtlinienaussagen stützen, um eine Rückforderung von offensichtlich sachlich nicht gerechtfertigten KESt-Gutschriften zu vermeiden. In Anbetracht dieser Umstände stelle das Vorgehen der Abgabenbehörde, anstatt der linearen Berechnung von Stückzinsen eine finanzmathematische Berechnung vorzunehmen, keine Verletzung des Grundsatzes von Treu und Glauben dar.

Auch treffe es nicht zu, dass die KESt-Richtlinien 1993 die lineare Methode der Zinsabgrenzung als einzige Methode der Abgrenzung für zulässig erklärt hätten, vielmehr sei die Richtlinienaussage so formuliert, dass gegen eine lineare Berechnung - offenkundig aus Vereinfachungsgründen - keine Bedenken bestünden. Diese Formulierung lasse aber keinesfalls die Schlussfolgerung zu, dass zur Abgrenzung zeitanteiliger Kapitalerträge bei vorzeitigen Verkäufen von Nullkuponanleihen ausschließlich die lineare Methode heranzuziehen sei. Es handle sich hiebei um keine Verpflichtung, sondern um ein bloßes Dürfen, sofern sich die Ergebnisse im gesetzlichen Rahmen bewegten. Entsprechend der Formulierung des Erlasstextes stelle die pauschale bzw. vereinfachte lineare Ermittlung der Stückzinsen eine zulässige Schätzungsmethode dar. Führe diese Methode aber wie hier bei Anleihen mit langen Laufzeiten und hohen Zinssätzen offensichtlich zu wirtschaftlich nicht mehr vertretbaren Ergebnissen, so dürfe sich eine sachkundige Bank nicht auf eine Richtlinienaussage berufen, um eine - unbestritten sachlich zutreffende - Korrektur von KESt-Gutschriften hintanzuhalten. Selbst dann, wenn eine vereinfachte lineare Berechnung in vielen Fällen den Anforderungen an eine Schätzung entsprechen möge, könne den Ausführungen in den KESt-Richtlinien kein Anspruch auf deren ausschließliche Anwendung unterstellt werden, wenn daraus absolut realitätsfremde Ergebnisse resultierten.

Zum Zeitpunkt der Erlassung der Kapitalertragsteuer-Richtlinien (und den diesen vorangegangenen Zinsertragsteuer-Richtlinien) seien Nullkuponanleihen noch kaum bzw. mit geringem Volumen am Markt gewesen. Auch sei die pauschale lineare Abgrenzung bei den damaligen EDV-Rahmenverhältnissen oftmals die einzige Möglichkeit gewesen, damit auch kleinere Kreditinstitute ihren Steuereinbehaltungs- und Abfuhrpflichten hätten nachkommen können. Offensichtlich habe die in den KESt-Richtlinien 1993 übernommene Bestimmung den Zweck verfolgt, Erleichterungen für die Abgrenzungsschwierigkeiten in der Übergangsphase von der Zinsertragsteuer (10%) zur Kapitalertragsteuer (22%) zu schaffen.

Selbst vom Bundesministerium für Finanzen sei in einer Anfragebeantwortung (vom 23. Juli 1996) die Auskunft erteilt worden, dass eine exakte Berechnung der zeitanteiligen Kapitalerträge möglich sei und die im Erlass dargestellte vereinfachte Abgrenzung hinter eine angestrebte genaue Berechnung zurückzutreten habe.

Die B Bank sei daher im Rahmen des Ermessens (§ 95 Abs. 2 EStG 1988) zur Haftung heranzuziehen. Die Haftung erscheine angemessen und zweckmäßig, da sich diese als Bank mit ihren einschlägigen Kenntnissen und Erfahrungen im Bank- und Wertpapiergeschäft im Hinblick auf die aufgezeigte Differenz zwischen den Ergebnissen der beiden Berechnungsmethoden nicht auf das Vertrauen auf die Bindungswirkung von Richtlinienaussagen hätte zurückziehen dürfen. Es sei allgemein bekannt und dem Bankgeschäft, insbesondere dem Wertpapiergeschäft geradezu immanent, dass bei der Berechnung von Zinserträgen finanzmathematische Methoden verwendet würden. Die finanzmathematische Methode sei zur Ermittlung der im Kaufpreis von Nullkuponanleihen enthaltenen Zinsen geeignet. Die wirtschaftliche Widersinnigkeit einer linearen Berechnungsmethode von zeitanteiligen Kapitalerträgen, welche zu einem wirtschaftlich völlig wirklichkeitsfremden Ergebnis führe, habe offensichtlich sein müssen, weil diese dazu geführt habe, dass Steuerbeträge gutzuschreiben gewesen seien, die in einer unverhältnismäßigen Relation zum inneren Wert (Kaufpreis) des Wertpapiers gestanden seien.

Das in Österreich gegebene strenge Bankgeheimnis, auf welchem insbesondere das von den Banken zu ihren Kunden aufgebaute Vertrauensverhältnis beruhe, stehe in der Regel einer Steuererhebung beim Schuldner der Kapitalertragsteuer entgegen. Die Person des Steuerschuldners (der Käufer der Anleihen) sei der Abgabenbehörde auf Grund des Bankgeheimnisses bei Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides nicht bekannt gewesen, sodass es vor diesem Hintergrund nicht unbillig erscheine, der B Bank entsprechende Verpflichtungen aufzuerlegen und sie in die Haftungspflicht zu nehmen, wenn wie in diesem Fall die Unverhältnismäßigkeit der Kapitalertragsteuer-Gutschrift habe auffallen müssen. Im Hinblick auf die Einbringlichkeit sei die Heranziehung der B Bank zur Haftung zweckmäßiger als die Heranziehung ihrer Kunden bzw. des Beschwerdeführers.

Die B Bank sei auch zur Haftung für den KESt-Abzug bei Depotentnahme heranzuziehen. Der B Bank sei zwar zugute zu halten, dass der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 19. Dezember 2007, 2005/13/0075, entgegen der zum Zeitpunkt der Depotentnahmen geübten Verwaltungspraxis die Entnahme aus einem Depot nicht als einen der Kapitalertragsteuer unterliegenden Vorgang angesehen habe; im Gegenzug habe er jedoch bei einem Erwerb von Nullkuponanleihen eine KESt-Gutschrift verneint. Die als Reaktion auf das Erkenntnis ergangene Änderung des § 95 Abs. 4 und die Einfügung des § 95 Abs. 7 EStG 1988 normiere die Beibehaltung der bisherigen Verwaltungspraxis zum einen durch Vornahme einer Kapitalertragsteuer-Gutschrift bei unterjährigem Erwerb von KESt-pflichtigen Zerobonds und zum anderen durch Qualifizierung einer Depotentnahme als kapitalertragsteuerpflichtige Veräußerung, sodass ein korrespondierendes Gutschrift-Lastschrift-System wiederum gewährleistet sei. Nachdem eine zum Zeitpunkt der Depotentnahme unterlassene KESt-Abfuhr bei gleichzeitiger (vorzeitiger) KESt-Gutschrift zum Zeitpunkt des Erwerbes und Depotbegründung eine Ungleichheit zur Folge hätte, die vom Gesetzgeber nicht gewollt sei, sei der B Bank im Rahmen des Ermessens eine Haftung aufzuerlegen.

§ 95 Abs. 5 Z 1 EStG 1988 sehe eine unmittelbare Inanspruchnahme des Empfängers der Kapitalerträge u.a. nur dann vor, wenn der zum Abzug Verpflichtete die Kapitalerträge nicht vorschriftsmäßig gekürzt habe. Den Fall, dass der Abzugspflichtige für rückgängig gemachte Kapitalerträge zu hohe Kapitalertragsteuer-Gutschriften erteilt habe, erwähne § 95 Abs. 5 EStG 1988 jedoch nicht. Das Vorbringen des Beschwerdeführers, dem Empfänger der Kapitalerträge sei die Kapitalertragsteuer vom Betriebsfinanzamt des zum Abzug Verpflichteten zwingend vorzuschreiben, weil der zum Abzug Verpflichtete die Kapitalerträge nicht vorschriftsmäßig gekürzt habe, könne sohin der Berufung zu keinem Erfolg verhelfen.

Die Ermittlung der Kapitalertragsteuer durch die B Bank sei daher dahin zu berichtigen, dass dieser nunmehr an Stelle der linearen die finanzmathematische Berechnung zu Grunde gelegt werde. Der Bescheid des Finanzamtes werde dahin abgeändert, dass die strittigen Kapitalertragsteuer-Beträge auf Basis der vom Finanzamt vorgenommenen Nachschau in Verbindung mit der nachgereichten Aufstellung - neben den außer Streit stehenden buchhalterischen Differenzen - neu berechnet werde.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der die Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom 30. November 2009, B 739/09-3, B 1139/09-3, abgelehnt und die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten hat.

Begründend führte der Verfassungsgerichtshof unter anderem aus, soweit die Beschwerde insofern verfassungsrechtliche Fragen berühre, als die Verfassungswidrigkeit der den angefochtenen Bescheid tragenden Rechtsvorschriften behauptet werde, lasse ihr Vorbringen vor dem Hintergrund der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zur Zulässigkeit rückwirkender Reaktionen des Gesetzgebers auf höchstgerichtliche Rechtsprechung zwecks Wiederherstellung des bisherigen Rechtszustandes und angesichts der Vertretbarkeit der bisherigen - den beteiligten Kreisen bekannten - Rechtsauffassung der Finanzverwaltung die behauptete Rechtsverletzung, die Verletzung eines anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes oder die Verletzung in einem sonstigen Recht wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes als so wenig wahrscheinlich erkennen, dass sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg habe.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die für das verwaltungsgerichtliche Verfahren ergänzte Beschwerde erwogen:

Gemäß § 93 Abs. 1 EStG 1988 (insoweit in der Stammfassung BGBl. Nr. 400/1988) wird bei inländischen Kapitalerträgen (Abs. 2) sowie bei im Inland bezogenen Kapitalerträgen aus Forderungswertpapieren (Abs. 3) die Einkommensteuer durch Abzug vom Kapitalertrag erhoben (Kapitalertragsteuer).

In Abs. 3 leg.cit. werden zunächst die betroffenen Forderungswertpapiere aufgezählt, insbesondere Wertpapiere, die ein Forderungsrecht verbriefen. Weiter wird normiert, dass die Kapitalerträge im Inland bezogen sind, wenn sich die kuponauszahlende Stelle (§ 95 Abs. 3 Z 2 EStG 1988) im Inland befindet.

Gemäß § 95 Abs. 2 EStG 1988 ist Schuldner der Kapitalertragsteuer der Empfänger der Kapitalerträge. Die Kapitalertragsteuer ist durch Abzug einzubehalten. Der zum Abzug Verpflichtete (Abs. 3) haftet dem Bund für die Einbehaltung und Abfuhr der Kapitalertragsteuer.

Nach § 95 Abs. 3 Z 2 EStG 1988 ist bei im Inland bezogenen Kapitalerträgen aus Forderungswertpapieren die kuponauszahlende Stelle zum Abzug der Kapitalertragsteuer verpflichtet. Kuponauszahlende Stelle ist - neben einem inländischen Emittenten, der an den Kuponinhaber solche Kapitalerträge auszahlt - die Bank (das Kreditinstitut), die (das) an den Kuponinhaber Kapitalerträge im Zeitpunkt der Fälligkeit und anteilige Kapitalerträge anlässlich der Veräußerung des Wertpapiers auszahlt.

Gemäß § 95 Abs. 4 EStG 1988 hat der zum Abzug Verpflichtete die Kapitalertragsteuer im Zeitpunkt des Zufließens der Kapitalerträge abzuziehen. Für Zwecke der Einbehaltung der Kapitalertragsteuer gelten Kapitalerträge aus Forderungswertpapieren im Zeitpunkt der Fälligkeit der Kapitalerträge und im Zeitpunkt des Zufließens (§ 19) anteiliger Kapitalerträge anlässlich der Veräußerung des Wertpapiers oder des Wertpapierkupons als zugeflossen. Die Meldung des Eintritts von Umständen, die die Abzugspflicht beenden oder begründen (insbesondere Befreiungserklärung oder Widerrufserklärung), oder die Zustellung eines Bescheides im Sinne des § 94 Z 5 letzter Satz gilt als Veräußerung (Z 3 idF BGBl. Nr. 12/1993).

Gemäß § 95 Abs. 5 EStG 1988 ist dem Empfänger der Kapitalerträge die Kapitalertragsteuer ausnahmsweise vorzuschreiben, wenn der zum Abzug Verpflichtete die Kapitalerträge nicht vorschriftsmäßig gekürzt hat (Z 1) oder der Empfänger weiß, dass der Schuldner die einbehaltene Kapitalertragsteuer nicht vorschriftsmäßig abgeführt hat und dies dem Finanzamt nicht unverzüglich mitteilt (Z 2).

Werden Kapitalerträge rückgängig gemacht, dann sind von dem zum Abzug Verpflichteten die entsprechenden Beträge an Kapitalertragsteuer gutzuschreiben. Die gutgeschriebene Kapitalertragsteuer darf die von den rückgängig gemachten Kapitalerträgen erhobene oder zu erhebende Kapitalertragsteuer nicht übersteigen (§ 95 Abs. 6 EStG 1988).

Mit dem Erkenntnis vom 19. Dezember 2007, 2005/13/0075, VwSlg. 8299 F, hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass sich die Erteilung einer Kapitalertragsteuergutschrift an den Erwerber zum Zeitpunkt der Anschaffung der Nullkuponanleihe als rechtlich nicht gedeckt erweist. Damit war auch die von der belangten Behörde vertretene Meinung, die Belastung mit Kapitalertragsteuer anlässlich der Depotentnahme sei auch unter dem Aspekt der Rückverrechnung der (anlässlich des Erwerbs der Nullkuponanleihen) erteilten Gutschrift zu sehen, nicht mehr stichhältig. Der Wortlaut der Bestimmung des § 95 Abs. 4 Z 3 EStG 1988, die von der "Meldung des Eintritts von Umständen" spricht, die die Abzugspflicht beenden oder begründen, ist nicht ohne weiteres mit dem rein faktischen Vorgang einer Depotentnahme in Einklang zu bringen. Durch eine Depotentnahme allein ändert sich der Status des Wertpapiers in Bezug auf die Abzugspflicht nicht.

Mit BGBl. I Nr. 65/2008 trat in § 95 Abs. 4 Z 3 EStG 1988 an die Stelle des zweiten Satzes folgender Satz:

"Die Meldung des Eintritts von Umständen, die die Abzugspflicht beenden oder begründen (insbesondere Befreiungserklärung oder Widerrufserklärung), die Zustellung eines Bescheides im Sinne des § 94 Z 5 letzter Satz, die Entnahme aus dem Depot oder die Übertragung auf ein anderes Depot, ausgenommen auf ein inländisches Depot desselben Steuerpflichtigen beim selben Kreditinstitut gilt als Veräußerung."

Gemäß § 124b Z 144 EStG 1988 trat diese Bestimmung mit 1. Jänner 1998 in Kraft. Depotübertragungen im Sinne des § 95 Abs. 4 Z 3 EStG 1988 vor dem 1. Jänner 2008 galten aber nicht als Veräußerung.

Weiter wurde dem § 95 EStG 1988 folgender Abs. 7 angefügt:

"Eine Gutschrift von Kapitalertragsteuer für Kapitalerträge im Sinne des Abs. 4 Z 3 hat durch die kuponauszahlende Stelle (Abs. 3 Z 2) in folgenden Fällen zu erfolgen:

1. Bei Übernahme eines Wertpapiers durch eine in Abs. 3 Z 2 erster und zweiter Teilstrich genannte Institution zur Verwahrung und Verwaltung, sofern es sich bei dieser nicht um einen Drittverwahrer im Sinne des § 3 Depotgesetz handelt, und wenn für die Kapitalerträge ein Kapitalertragsteuerabzug vorzunehmen ist. Eine Gutschrift steht bei Depotübertragungen von einem inländischen Depot auf ein anderes inländisches Depot desselben Steuerpflichtigen beim selben Kreditinstitut nicht zu.

2. Bei Meldung des Eintritts von Umständen, die die Abzugspflicht begründen."

§ 95 Abs. 7 EStG 1988 idF BGBl. I Nr. 65/2008 trat mit 1. Jänner 1998 in Kraft. Für Depotübertragungen im Sinne des § 95 Abs. 4 Z 3 vor dem 1. Jänner 2008 steht eine Gutschrift nicht zu (§ 124b Z 145 EStG 1988).

In den Erläuterungen zum Initiativantrag (674/A 23. GP, 4) wurde hiezu ausgeführt:

"Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 19. 12. 2007, 2005/13/0075 ausgeführt, dass die seit Einführung der Kapitalertragsteuer praktizierte Anwendung des Gutschrift-Lastschriftsystems bei der Verrechnung von Stückzinsen im Zuge der Kapitalertragsteuerabrechnung keine rechtliche Deckung hat. Die derzeitige Praxis (EStR 2000, Rz 7758 ff) sieht vor, dass bei Verkauf eines Wertpapiers für bereits entstandene aber noch nicht fällige Zinserträge beim Veräußerer Kapitalertragsteuer einbehalten wird. Umgekehrt erhält der Erwerber eine Gutschrift in gleicher Höhe. Werden die Zinserträge später fällig, das kann bei einer Nullkuponanleihe erst nach mehreren Jahren sein, werden die während der gesamten Laufzeit der Nullkuponanleihe aufgelaufenen Zinsen der KESt unterworfen. Beim Erwerber werden dadurch auch Zinsen der Kapitalertragsteuer unterworfen, die bereits beim Veräußerer aufgelaufen sind. Dadurch, dass der Erwerber des Wertpapiers für die eingekauften 'Stückzinsen' beim Erwerb eine KESt-Gutschrift erhalten hat, wird er bei Fälligkeit der Zinsen im Ergebnis nur mit der KESt belastet, die auf die während seines Behaltezeitraumes entstandenen Zinsen entfällt. Diese Vorgangsweise hat sich dem Grunde nach bewährt und stellt für die abzugsverpflichteten Banken als verwaltungsökonomische Art der Vollziehung dar.

Die Rechtsgrundlage für die Gewährung von Gutschriften wurde - wie sich auch aus den seinerzeitigen Gesetzesmaterialien (ErlBem zur RegVlg des Endbesteuerungsgesetzes, 810 Blg XVIII GP) ergibt - im bisherigen § 95 Abs. 6 EStG 1988 gesehen, welcher von rückgängig gemachten Kapitalerträgen spricht (EStR 2000, Rz 7759).

Nunmehr hat jedoch der Verwaltungsgerichtshof im obzitierten Erkenntnis die Meinung vertreten, dass der in § 95 Abs. 6 EStG 1988 verwendete Begriff der 'rückgängig gemachten Kapitalerträge' nicht zur Gutschriftengewährung im Sinne der Stückzinsenabrechnung berechtigt. Die am Ende der Laufzeit einer Nullkuponanleihe von der kuponauszahlenden Stelle vom gesamten Unterschiedsbetrag gemäß § 27 Abs. 2 Z 2 EStG 1988 einbehaltene KESt ist nach Auffassung des VwGH insoweit zu Unrecht erfolgt, als sie auf Kapitalerträge entfällt, die bereits nach § 95 Abs. 4 Z 3 EStG 1988 beim Veräußerer der Nullkuponanleihe besteuert wurden. Der Anleger hat danach die Möglichkeit, sich die zu Unrecht einbehaltene KESt erstatten zu lassen.

Die Ergänzung des § 95 EStG 1988 durch einen Abs. 7 soll die Beibehaltung des bisher bewährten Systems sichern. Als Hauptanwendungsfall für eine KESt-Gutschrift (§ 95 Abs. 7 Z 1 EStG 1988) wird jede Übernahme eines Wertpapiers im Rahmen eines Verwahrungsvertrages (§ 1 Abs. 1 Z 5 BWG iVm § 957 ABGB), ausgenommen Drittverwahrung, festgelegt. Des Weiteren soll die derzeit geübte Praxis der Erteilung von KESt-Gutschriften bei Wegfall einer Kapitalertragsteuerbefreiung (§ 95 Abs. 7 Z 2 EStG 1988) sowie die Begründung der beschränkten oder unbeschränkten Steuerpflicht (§ 95 Abs. 7 Z 3 EStG 1988) festgeschrieben werden. Es sind dies folgende Fälle:

das (vom Verwaltungsgerichtshof beigeschaffte) Strafurteil keinen Hinweis darauf enthält, dass die Nullkuponanleihen auf ein anderes (ausländisches) Depot übertragen worden seien. Vielmehr geht daraus hervor, dass der Beschwerdeführer Angestellten der Kreditinstitute mitgeteilt hat, er wolle die Wertpapiere selbst verwahren, um Depotgebühren zu sparen bzw. um sie zu belehnen (betreffend die B Bank - Punkt IV des Strafurteils: er erwerbe die Papiere als Vorsorge für seinen Sohn und werde sie zwecks Ersparnis der Depotgebühren in seinem privaten Safe verwahren); tatsächlich habe er diese Wertpapiere "steuerfrei in der Schweiz" verkauft. Damit hat aber der Beschwerdeführer gegenüber den Banken lediglich die Entnahme aus dem Depot offen gelegt, was diese zum Abzug und zur Abfuhr der Kapitalertragsteuer verpflichtete.

Unverständlich sind die Ausführungen in der Beschwerde, wenn einerseits geltend gemacht wird, die Notwendigkeit zur vollständigen Offenbarung der Wertpapiertransanktion und Wertpapierveranlagung gegenüber dem inländischen Wohnsitzfinanzamt (bei Depotentnahme oder Depotübertragung) sei eine Behinderung der Freiheit des Kapitalverkehrs, und anderseits gerügt wird, die Bestimmungen betreffend die Kapitalertragsteuerpflicht bei Depotentnahmen würden anders als § 10 EU-QuStG keine Möglichkeit vorsehen, eine Bestätigung eines vom Wohnsitzfinanzamt in Österreich auf den Namen des wirtschaftlichen Eigentümers ausgestellte Bescheinigung vorzulegen; gerade eine derartige Bescheinigung würde ebenfalls eine Offenbarung der Wertpapierveranlagung erfordern. Zu wiederholen ist aber, dass eine Depotübertragung im hier zu beurteilenden Zeitraum nicht als Veräußerung galt.

Wenn der Beschwerdeführer zu § 240 Abs. 2 BAO (idF BGBl. I Nr. 65/2008) ausführt, diese Bestimmung sehe keine Möglichkeit der Erstattung betreffend Drittstaaten vor, überdies fehle der Rechtsanspruch auf einen Erstattungsantrag für Depotentnahmen, so ist neuerlich darauf zu verweisen, dass eine bloße Depotentnahme - als rein innerstaatlicher Vorgang - in keinem Zusammenhang mit den Grundfreiheiten steht.

Der Beschwerdeführer macht weiter geltend, es sei zu Unrecht ein Haftungsbescheid gegenüber der Bank erlassen worden; die Kapitalertragsteuer wäre allenfalls unmittelbar ihm gegenüber vorzuschreiben gewesen. Er habe dadurch "Rechtswohltaten" (z.B. §§ 212a, 212, 235 und 236 BAO) verloren. Hiezu ist zu bemerken, dass - auch in der Beschwerde - nicht konkret dargelegt wird, welcher Nachteil sich insoweit ergeben hat oder dass die Voraussetzungen für diese Rechtswohltaten vorgelegen wären. Wenn der Beschwerdeführer etwa darauf verweist, dass die Zahlung durch die Haftenden dazu geführt habe, dass diese von ihm Bankzinsen und "Kosten" gefordert hätten, so ist zu berücksichtigen, dass auch bei einer Aussetzung der Einhebung nach § 212a Abs. 9 BAO Aussetzungszinsen anfielen, ebenso bei einer Stundung nach § 212 Abs. 2 BAO. Aus welchen Gründen die Voraussetzungen für eine Abschreibung (Löschung und Nachsicht) nach § 235 BAO gegeben gewesen sein sollen, wird nicht dargetan. Wenn der Beschwerdeführer weiter vorbringt, die Abgabenschuld hätte bei ihm als Hauptschuldner ohne Gefährdung und ohne Schwierigkeiten rasch und jederzeit eingebracht werden können, so würde dies einer Abschreibung nach § 235 Abs. 1 BAO entgegenstehen.

Wenn der Beschwerdeführer hiezu ergänzend vorbringt, er sei auch durch die Bindungswirkung des Haftungsbescheides in einer zivilrechtlichen Auseinandersetzung über Regressansprüche verletzt, so stand es dem Beschwerdeführer aber durch Beitritt zur Berufung (und nunmehr durch Erhebung der Beschwerde) frei, den Haftungsbescheid zu bekämpfen und damit diese (allfällige) Bindungswirkung nicht eintreten zu lassen (bzw. wieder zu beseitigen).

Der Beschwerdeführer hat Anleihen (Nullkuponanleihen mit langer Restlaufzeit) gekauft, in das Depot bei der B Bank eingebracht und diese Anleihen kurz darauf dem Depot wieder entnommen. Es ist evident, dass auf die kurze Zeit, während der die Anleihen in diesem Depot lagen, nur ein relativ kleiner Zinsertrag entfällt (und zwar - im Hinblick auf die Kürze dieses Zeitraums - unabhängig davon, ob der Zinsertrag linear oder progressiv ermittelt würde, soweit nur, was freilich zu fordern ist, beim Ankauf und der Depotentnahme nach derselben Methode vorgegangen wird), weshalb sich daraus (insgesamt) nur entweder keine oder eine bloß minimale Steuer (KESt) ergeben kann:

Keine KESt fiele an, wenn der Einkauf auf ein Depot und die Entnahme aus dem Depot als von der KESt nicht erfasste Vorgänge beurteilt werden (so zur Rechtslage vor BGBl. I Nr. 65/2008 das hg. Erkenntnis vom 19. Dezember 2007, 2005/13/0075). Eine in Summe nur geringe KESt fällt hingegen an, wenn mit der Verwaltungspraxis und der vom Gesetzgeber als Klarstellung intendierten Novelle BGBl. I Nr. 65/2008 für die Zuführung zum Depot eine KESt-Gutschrift und für die Entnahme aus dem Depot eine korrespondierende KESt-Pflicht (in Höhe der vorangegangenen KESt-Gutschrift zuzüglich einer KESt auf den geringfügigen rechnerischen Zinsertrag der Tage des Depot-Aufenthaltes) anzusetzen ist.

Entscheidend ist im gegenständlichen Fall, dass die B Bank für die Zuführung der Wertpapiere in das Depot KESt-Gutschriften erteilt hat, den korrespondierenden Ausgleich dieser Gutschriften bei der Entnahme aus dem Depot aber unterlassen hat. Es ist daher ausgeschlossen, dass, wie dies die Beschwerde behauptet, kein rechtswidriges Verhalten vorgelegen wäre.

Als Verfahrensmangel rügt der Beschwerdeführer, die belangte Behörde hätte die im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides vorhandenen Vermögenswerte des Beschwerdeführers erheben müssen, um eine gesetzmäßige Ermessensentscheidung zur Frage, ob ein Haftungsbescheid zu erlassen sei, treffen zu können. Bei Durchführung dieser Erhebungen wäre die belangte Behörde zum Ergebnis gelangt, dass die Abgabenschuld beim Beschwerdeführer ohne Gefährdung und ohne Schwierigkeiten hätte eingebracht werden können.

Gemäß § 95 Abs. 4 EStG 1988 hat der zum Abzug Verpflichtete die Kapitalertragsteuer im Zeitpunkt des Zufließens der Kapitalerträge abzuziehen und sodann an das Finanzamt abzuführen. Dem Empfänger der Kapitalerträge ist die Kapitalertragsteuer unter näher genannten Voraussetzungen "ausnahmsweise" vorzuschreiben. Im Hinblick auf das Bankgeheimnis (§ 38 Abs. 5 BWG) - auf das auch der Beschwerdeführer wiederholt verweist - wird im Allgemeinen in den Fällen, in denen eine Bank zum Steuerabzug verpflichtet ist, eine Vorschreibung der Kapitalertragsteuer gegenüber dem Empfänger der Kapitalerträge nicht in Frage kommen (vgl. Schönstein, SWK 1988, Seite 320: "undenkbar"). Vorbringen dazu, dass die Einbringung der Kapitalertragsteuer beim Beschwerdeführer zweckmäßiger und erfolgversprechender als bei der B Bank sei, wurde vom Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren überdies nicht erstattet. Auch in der Beschwerde wird nicht konkret vorgebracht, welche Vermögenswerte des Beschwerdeführers zum Zeitpunkt des Ergehens des Haftungsbescheides vorhanden gewesen seien, sodass insoweit auch die Relevanz eines (allfälligen) Verfahrensmangels nicht dargelegt wird. Die Beschwerde kann damit nicht dartun, dass insoweit ein Ermessensfehler vorliege.

Weiter macht der Beschwerdeführer geltend, es fehle eine gesetzliche Anordnung einer Haftung des Kreditinstitutes für (überhöhte) Kapitalertragsteuer-Gutschriften, da es sich dabei nicht um eine Einbehaltung und Abfuhr der Kapitalertragsteuer handle. Diesem Einwand ist entgegenzuhalten, dass die Gutschrift von Kapitalertragsteuer vom Gesetzgeber als Gegenstück zu ihrer Einbehaltung und Abfuhr gesehen wird. Überhöhte Gutschriften werden sich regelmäßig in einer zu niedrigen Abfuhr von KESt-Beträgen durch das haftungspflichtige Kreditinstitut niederschlagen. Es ist kein Grund zu sehen, warum in diesen Fällen nicht die Haftungsbestimmung des § 95 Abs. 2 EStG 1988 anwendbar sein sollte (so bereits das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 16. Dezember 2004, B 1575/03, VfSlg. 17426).

Zur Höhe sowohl der Kapitalertragsteuergutschrift (§ 95 Abs. 7 EStG 1988) als auch betreffend die Einbehaltung anlässlich der Depotentnahme ist strittig, ob die Kapitalerträge (Stückzinsen) mittels einer "linearen" oder einer "progressiven" (finanzmathematischen) Methode zu ermitteln sind.

Der Beschwerdeführer verweist zunächst darauf, dass beide Berechnungsmethoden mathematisch zwingend zum "gleichen Endresultat" (Summe der Zinsen insgesamt) führen würden. Dies ist freilich selbstverständlich, da die Summe der "Zinsen" bei Nullkuponanleihen die Differenz zwischen Ausgabewert und Einlösungswert ist; diese Werte stehen aber bereits bei Emission des Wertpapiers fest.

Entscheidend für die Kapitalertragsteuergutschrift (bei Ankauf bzw. Einbringung in das Depot) sowie für die Einbehaltung von Kapitalertragsteuer (anlässlich der Depotentnahme) ist vielmehr, in welcher Höhe Zinsen bis zu dem zu beurteilenden Zeitpunkt (Übernahme des Wertpapiers zur Verwahrung und Verwaltung einerseits; Entnahme aus dem Depot anderseits) seit der Emission der Wertpapiere rechnerisch angefallen sind. Diese Zinssumme ist freilich - wie auch aus den Aufstellungen des Beschwerdeführers in der Beschwerde hervorgeht - bei Ermittlung der Zinsen nach der linearen Methode stets (bis unmittelbar vor dem Ende der Laufzeit des Wertpapiers) - zum Teil erheblich - höher als bei der progressiven Methode; erst mit Laufzeitende stimmen die Zinssummen überein. Wenn die belangte Behörde zum Ergebnis gelangt ist, dass der progressiv ermittelte Kapitalertrag während der gesamten Laufzeit unter dem linear ermittelten Kapitalertrag liegt, so ist sohin jedenfalls - entgegen der Beschwerde - auch keine Aktenwidrigkeit gegeben.

Wie die Höhe des Kapitalertrags im hier vorliegenden Fall der Nullkuponanleihen zu ermitteln ist, hat der Gesetzgeber nicht geregelt. Der Kapitalertrag ist daher nach jener Methode zu ermitteln, die den wirtschaftlichen Verhältnissen am nächsten kommt. Die Ermittlung des jeweiligen (inneren) Wertes einer Nullkuponanleihe (oder deren Rendite) erfolgt unzweifelhaft mit finanzmathematischen Methoden (Zinseszinsrechnung; vgl. etwa Schiestl, Nullkuponanleihen in Österreich, ÖBA 1991, 114 ff). Da der Kapitalertrag bei Nullkuponanleihen gerade in der Differenz zwischen diesem inneren Wert (zum Zeitpunkt des Ankaufs bzw. zum Zeitpunkt der Veräußerung) und dem Emissionswert besteht, ist auch der Kapitalertrag, um dem Gebot, den wirtschaftlichen Verhältnissen möglichst nahe zu kommen, finanzmathematisch zu ermitteln.

Der Beschwerdeführer verweist dazu darauf, dass (im hier zu beurteilenden Zeitraum) in Erlässen bzw. Richtlinien des Bundesministers für Finanzen die lineare Methode vorgesehen gewesen sei (zur Entwicklung dieser Erlässe und Richtlinien vgl. etwa die Darstellung im hg. Erkenntnis vom 27. August 2008, 2006/15/0057). Soweit der Beschwerdeführer hiezu auch geltend macht, er habe in einer Stellungnahme an die belangte Behörde insbesondere darauf verwiesen, dass von namentlich genannten Ministerialräten des BMF noch bis Herbst 2000 bestätigt worden sei, dass "beide für die Nullkupon-KESt-Berechnung vorgesehenen Methoden (linear/progressiv) risikolos" angewendet werden könnten, so liegt aber im vorliegenden Verwaltungsverfahren ein derartiges Vorbringen nicht vor; der Beschwerdeführer hat vielmehr auf einen Vorhalt der belangten Behörde nicht reagiert. Ein Verfahrensmangel in diesem Verfahren kann sohin nicht dargetan werden. Im Übrigen wird auch in der Beschwerde nicht behauptet, dass der Beschwerdeführer oder Vertreter der B Bank in derartige Gespräche eingebunden gewesen wären.

Wenn der Beschwerdeführer darauf verweist, dass er - ebenso wie die haftungspflichtige Bank - auf das Verhalten der Behörden vertraut und seine Dispositionen danach eingerichtet habe und nun in Folge hievon einen abgabenrechtlichen Nachteil erleide, so ist diesem Vorbringen entgegenzuhalten, dass die Unrichtigkeit dieses Verhaltens betreffend die Berechnung der Höhe der Kapitalertragsteuergutschrift für den Beschwerdeführer (und auch für die betroffene Bank) leicht erkennbar war. Der Beschwerdeführer erwarb jeweils Nullkuponanleihen mit langer Restlaufzeit und hoher Verzinsung. Damit ergab sich jeweils ein erheblicher Unterschied in der Ermittlung der Kapitalerträge nach der linearen gegenüber der finanzmathematischen Methode; die nach der linearen Methode ermittelten Kapitalertragsteuern - und damit auch die diesen Steuern zugrunde liegenden Kapitalerträge - waren etwa doppelt bis zu sechsfach so hoch wie jene nach der finanzmathematischen Methode. Es war geradezu das "Geschäftsmodell" des Beschwerdeführers, derartige Wertpapiere anzukaufen und diese Ankäufe zu einem erheblichen Teil mit den erzielten hohen (überhöhten) Kapitalertragsteuergutschriften zu finanzieren. Auch wenn im vorliegenden Fall die gutgeschriebenen Steuerbeträge die Kaufpreise der Wertpapiere nicht überschritten, musste dennoch die wirtschaftliche Widersinnigkeit einer linearen Berechnungsmethode von zeitanteiligen Kapitalerträgen auffallen, sodass den Erlassaussagen zur Anwendbarkeit der linearen Berechnungsmethode auch in diesem Beschwerdefall keine vertrauensbegründende Wirkung beigemessen werden konnte (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. August 2008, 2006/15/0057; weiter - neuerlich - das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes VfSlg. 17426).

Der Beschwerde gelingt es somit insgesamt nicht, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Von der vom Beschwerdeführer beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 25. Juli 2013

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