VwGH 2009/13/0157

VwGH2009/13/015731.7.2013

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fuchs und die Hofräte Dr. Nowakowski, Mag. Novak und Dr. Sutter sowie die Hofrätin Dr. Reinbacher als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ebner, über die Beschwerde der H GmbH in W, vertreten durch Ploil Krepp Boesch Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Stadiongasse 4, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Graz, vom 9. Juli 2009, Zl. RV/0039-G/08, betreffend Haftung für Lohnsteuer und Festsetzung des Dienstgeberbeitrags zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen samt Zuschlag jeweils für 2003 bis 2006, zu Recht erkannt:

Normen

EStG 1988 §15;
EStG 1988 Bewertung bestimmter Sachbezüge 2002 Art1 §4 Abs1;
EStG 1988 Bewertung bestimmter Sachbezüge 2002 Art1 §4;
EStG 1988 Bewertung bestimmter Sachbezüge 2002 Art1 §4a;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Im Zuge einer gemeinsamen Prüfung lohnabhängiger Abgaben setzte der Prüfer unter anderem, gestützt auf § 4 a der Verordnung über die Bewertung bestimmter Sachbezüge (Sachbezugswerteverordnung) des Bundesministers für Finanzen, Sachbezugswerte für die den Arbeitnehmern auf dem Betriebsgelände der Beschwerdeführerin zur Verfügung gestellten Parkplätze für firmeneigene Fahrzeuge an, die den Arbeitnehmern auch zur privaten Nutzung überlassen worden sind.

Das Finanzamt folgte den Feststellungen des Prüfers und erließ gegenüber der Beschwerdeführerin entsprechende Bescheide betreffend Haftung für Lohnsteuer sowie Festsetzung des Dienstgeberbeitrags zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen samt Zuschlag jeweils für 2003 bis 2006.

In der dagegen erhobenen Berufung brachte die Beschwerdeführerin vor, dass in diesem Fall ein überwiegendes - wenn nicht sogar ausschließliches - firmeneigenes Interesse daran bestehe, dass die Arbeitnehmer firmeneigene Fahrzeuge tatsächlich auf diesen Parkplätzen abstellten. Die Arbeitnehmer seien verpflichtet, die ihnen zugewiesenen Betriebsparkplätze zu benutzen. Es sei verfehlt, die Bereitstellung der im Bereich des Werksgeländes geschaffenen Parkplätze für Inhaber von Dienstfahrzeugen als Zuwendung aus dem Dienstverhältnis anzusehen und zu versteuern, zumal in diesen Fällen ohnedies bereits der geldwerte Vorteil aus der Privatnutzung des Firmenfahrzeuges ordnungsgemäß versteuert werde.

Bei einer Firmenwagengestellung könne sich kein geldwerter Vorteil ergeben, wenn ein Fahrzeug des Arbeitgebers auf einem Parkplatz des Arbeitgebers abgestellt werde. Auch die Beurteilung derartiger Sachverhalte durch den EuGH in der Umsatzsteuer gehe dahin, die Gewährung von Sachzuwendungen bzw. Sachleistungen an Arbeitnehmer dann nicht als Vorteilseinräumung zu werten, wenn der allfällige persönliche Nutzen des Arbeitnehmers gegenüber den Interessen des Arbeitgebers zurücktrete oder als nebensächlich erscheine.

Das Finanzamt legte die Berufung ohne Erlassung einer Berufungsvorentscheidung der belangten Behörde zur Entscheidung vor.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung ab.

Begründend führte sie aus, gemäß § 15 Abs. 1 EStG 1988 lägen Einnahmen vor, wenn dem Steuerpflichtigen Geld oder geldwerte Vorteile im Rahmen der Einkunftsarten des § 2 Abs. 3 Z 4 bis 7 leg. cit. zuflössen. Geldwerte Vorteile (Wohnung, Heizung, Beleuchtung, Kleidung, Kost, Waren, Überlassung von Kraftfahrzeugen zur Privatnutzung und sonstige Sachbezüge) seien mit den üblichen Mittelpreisen des Verbrauchsortes anzusetzen.

Gemäß § 4a Abs. 1 der Sachbezugswerteverordnung sei ein Sachbezug von 14,53 Euro monatlich anzusetzen, wenn für den Arbeitnehmer die Möglichkeit bestehe, das von ihm für Fahrten Wohnung-Arbeitsstätte genutzte Kraftfahrzeug während der Arbeitszeit in Bereichen, die einer Parkraumbewirtschaftung unterlägen, auf einem Abstell- oder Garagenplatz des Arbeitgebers zu parken. Abs. 1 der zitierten Verordnungsbestimmung sei sowohl bei arbeitnehmereigenen Kraftfahrzeugen als auch bei arbeitgebereigenen Kraftfahrzeugen, für die ein Sachbezug gemäß § 4 der Verordnung anzusetzen sei, anzuwenden (§ 4a Abs. 2 Sachbezugswerteverordnung).

Unstrittig sei, dass die Beschwerdeführerin ihren Arbeitnehmern, die das arbeitgebereigene Kraftfahrzeug auch für Privatfahrten benützten, in einem Bereich, der der Parkraumbewirtschaftung unterliege, firmeneigene Abstellplätze unentgeltlich zur Verfügung stelle. Damit habe die Beschwerdeführerin den Tatbestand des § 4a Abs. 1 und Abs. 2 Sachbezugswerteverordnung verwirklicht.

Die Beschwerdeführerin sei der Auffassung, dass bei der Anwendung des § 4a Sachbezugswerteverordnung zu differenzieren sei, ob Arbeitnehmer ihr Privatfahrzeug freiwillig auf dem vom Arbeitgeber unentgeltlich zur Verfügung gestellten Abstellplatz parkten (= Ansatz eines Sachbezuges) oder ob die Arbeitnehmer verpflichtet seien, auch zur Privatnutzung überlassene firmeneigene Kraftfahrzeuge auf dem arbeitgebereigenen Abstellplatz zu parken und diese Verpflichtung überdies im (ausschließlichen) betrieblichen Interesse liege (= kein Ansatz eines Sachbezuges). Dieser Auffassung könne nicht gefolgt werden, weil der eindeutige Wortlaut der Sachbezugswerteverordnung eine diesbezügliche Differenzierung nicht vorsehe.

Im Übrigen könne sich die belangte Behörde der Ansicht der Beschwerdeführerin, dass die (unentgeltliche) Benutzung der arbeitgebereigenen Abstellplätze ausschließlich im Interesse der Beschwerdeführerin erfolgt sei, nicht anschließen. Das Abstellen der (firmeneigenen) Kraftfahrzeuge auf öffentlichen Verkehrsflächen wäre nämlich für die Arbeitnehmer mit Kosten verbunden, weil sich die öffentlichen Verkehrsflächen in einem Bereich befänden, der der Parkraumbewirtschaftung unterliege. Der Vorteil für die Arbeitnehmer liege daher unbestritten darin, dass diese sich die andernfalls anfallenden Kosten für die Parkgebühr ersparten. Ob ein geldwerter Vorteil (= steuerpflichtiger Arbeitslohn) vorliege, sei nämlich danach zu beurteilen, ob der Arbeitnehmer einen Betrag hätte aufwenden müssen, um sich das geldwerte Gut, welches ihm vom Arbeitgeber unentgeltlich zur Verfügung gestellt werde, im freien Verkehr zu beschaffen. Aus welchen Gründen der Arbeitgeber einem Arbeitnehmer diesen Vorteil (unentgeltlich) einräume, sei dabei unbeachtlich.

Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende Beschwerde.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde nach Aktenvorlage und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

§ 4a der Verordnung über die Bewertung bestimmter Sachbezüge (Sachbezugswerteverordnung) des Bundesministers für Finanzen, BGBl. II Nr. 416/2001, lautet:

"Privatnutzung eines arbeitgebereigenen Kfz-Abstell- oder Garagenplatzes

§ 4a. (1) Besteht für den Arbeitnehmer die Möglichkeit, das von ihm für Fahrten Wohnung - Arbeitsstätte genutzte Kraftfahrzeug während der Arbeitszeit in Bereichen, die einer Parkraumbewirtschaftung unterliegen, auf einem Abstell- oder Garagenplatz des Arbeitgebers zu parken, ist ein Sachbezug von 14,53 Euro monatlich anzusetzen.

(2) Abs. 1 ist sowohl bei arbeitnehmereigenen Kraftfahrzeugen als auch bei arbeitgebereigenen Kraftfahrzeugen, für die ein Sachbezug gemäß § 4 der Verordnung anzusetzen ist, anzuwenden.

(3) Parkraumbewirtschaftung im Sinne des Abs. 1 liegt vor, wenn das Abstellen von Kraftfahrzeugen auf öffentlichen Verkehrsflächen für einen bestimmten Zeitraum gebührenpflichtig ist."

Die Beschwerde weist im Wesentlichen auf das Vorliegen eines vorrangigen eigenbetrieblichen Interesses des Arbeitgebers hin, dass die Dienstfahrzeuge auf dem Betriebsparkplatz abgestellt würden, das auch in einer diesbezüglichen Verpflichtung der Arbeitnehmer zum Ausdruck komme und einen steuerpflichtigen Sachbezug ausschließe.

Damit vermag die Beschwerde aber letztlich keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen.

So kann es zweifellos sein, dass sich aus den Arbeitsverträgen der Arbeitnehmer eine entsprechende Verpflichtung zum Parken der arbeitgebereigenen Pkw auf dem Betriebsgelände ergibt, zumal es im betrieblichen Interesse liegen kann, dass die Dienstwagen den Arbeitnehmern während der Dienstzeit rasch für den Einsatz für berufliche Fahrten zur Verfügung stehen und diese nicht erst von entfernten Parkplätzen außerhalb des Betriebsgeländes geholt werden müssen. Bei mehrmaligen täglichen beruflichen Fahrten kann es zudem im betrieblichen Interesse liegen, dass nicht Arbeitszeit für das wiederholte Suchen von Parkmöglichkeiten außerhalb des Betriebsgeländes aufgewendet wird, wenn ohnedies Firmenparkplätze vorhanden sind. Schließlich kann es - wie die Beschwerde aufzeigt - im Interesse des Arbeitgebers sein, während der Betriebszeiten den Dienstwagen auch anderen Arbeitnehmern für betriebliche Fahrten zur Verfügung stellen zu können und deswegen eine Abstellung am Betriebsgelände zu verlangen.

Dies schließt allerdings nicht aus, dass für einen Arbeitnehmer, der die Möglichkeit hat, den Dienstwagen für die nach § 4 Abs. 1 der Verordnung ebenfalls der Privatsphäre zugeordneten täglichen Fahrten Wohnung - Arbeitsstätte zu nutzen, die Nutzung eines für den Dienstwagen uneingeschränkt zur Verfügung stehenden Betriebsparkplatzes dennoch einen geldwerten Vorteil vermittelt.

Der Verordnungsgeber ist dabei offenkundig davon ausgegangen, dass ein mit einem Pkw täglich einpendelnder Arbeitnehmer im Falle der Nutzung eines eigenen Pkw für diesen ebenfalls Abstellkosten zu tragen hätte, wenn sich sein Arbeitsplatz im Bereich einer Parkraumbewirtschaftung befindet (zur Bedeutung eines Sachbezugswerts im Sinne des § 15 EStG 1988 vgl. in diesem Zusammenhang etwa das hg. Erkenntnis vom 22. März 2010, 2008/15/0078). Werden diese der Privatsphäre zugeordneten Nebenkosten einer Pkw-Anreise zum Arbeitsplatz durch Bereitstellungen des Arbeitgebers vermieden, soll für deren Inanspruchnahme ungeachtet eines allfälligen parallelen Interesses des Arbeitgebers an der Nutzung des Betriebsparkplatzes ein Sachbezug in Ansatz gebracht werden.

Die Zurechnung geldwerter Vorteile auch im Falle eines parallelen betrieblichen Interesses an deren Inanspruchnahme steht auch nicht im Widerspruch zur hg. Rechtsprechung zu § 15 EStG 1988. Demnach liegt nämlich nur dann kein geldwerter Vorteil vor, wenn die Inanspruchnahme im "ausschließlichen Interesse des Arbeitgebers" liegt (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 28. September 1983, 82/13/0238, vom 25. März 1999, 97/15/0089, und vom 27. Februar 2001, 98/13/0007, VwSlg 7591/F).

Der geldwerte Vorteil für die Ersparnis der Kosten aus der Parkraumbewirtschaftung ist schließlich - entgegen der Beschwerde -

auch noch nicht durch den Ansatz eines Sachbezugs für die Privatnutzung des arbeitgebereigenen Kraftfahrzeuges gemäß § 4 Sachbezugswerteverordnung berücksichtigt, denn dieser kennt keine Differenzierung danach, ob zusätzlich zum Dienstwagen auch ein Abstellplatz an einem einer Parkraumbewirtschaftung unterliegenden Arbeitsort zur Verfügung gestellt wird. Vielmehr besteht für den Vorteil eines Abstellplatzes allgemein ein gesonderter Sachbezugstatbestand nach § 4a Sachbezugswerteverordnung.

Vor dem dargelegten rechtlichen Hintergrund sieht sich der Verwaltungsgerichtshof auch nicht veranlasst, die in der Beschwerde angedeuteten verfassungsrechtlichen Bedenken hinsichtlich der Gesetzeskonformität der Verordnung aufzugreifen und seinerseits an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen (vgl. dazu auch den Ablehnungsbeschluss des Verfassungsgerichtshofs vom 26. September 2005, B 83/05, B 84/05, B 816/05).

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. Nr. 455.

Wien, am 31. Juli 2013

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte