VwGH 2012/09/0066

VwGH2012/09/00666.11.2012

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok und die Hofräte Dr. Bachler und Dr. Doblinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Senft, über die Beschwerde des Mag. KF in H, vertreten durch Dr. Georg Lehner, Rechtsanwalt in 4600 Wels, Südtirolerstraße 12a, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 1. August 2011, Zl. VwSen-252884/15/Lg/Ba/Sta, betreffend Bestrafung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (weitere Parteien: Bundesministerin für Finanzen, Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz), zu Recht erkannt:

Normen

AuslBG §28 Abs1 Z1 lita;
AuslBG §3 Abs1;
VStG §21 Abs1;
VStG §44a Z1;
AuslBG §28 Abs1 Z1 lita;
AuslBG §3 Abs1;
VStG §21 Abs1;
VStG §44a Z1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe es als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit Außenvertretungsbefugter der F GmbH mit Sitz in H gemäß § 9 VStG verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten, dass diese GmbH als Arbeitgeberin vom 7. Juli 2007 bis 17. November 2008 den näher bezeichneten polnischen Staatsangehörigen DK als Arbeiter auf dem Firmengelände in H jedenfalls im Sinne des § 1152 ABGB entgeltlich beschäftigt habe, obwohl für diesen keine der im Einzelnen aufgezählten arbeitsmarktrechtlichen Bewilligungen bzw. Bestätigungen ausgestellt gewesen seien.

Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Übertretung gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a iVm § 3 Abs. 1 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) begangen. Es wurde eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 2.000,-- (im Nichteinbringungsfall Ersatzfreiheitsstrafe von 64 Stunden) verhängt.

In der Begründung des angefochtenen Bescheides führte die belangte Behörde nach Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und des Ergebnisses der durchgeführten mündlichen Verhandlung u.a. Folgendes aus:

"Nach Auskunft des Vertreters des (Beschwerdeführers) in der öffentlichen mündlichen Verhandlung bestand die Tätigkeit des Ausländers im Beladen von Lkw's mit Paletten nach Vorgaben großer Handelsketten. Die nähere Umschreibung dieser Tätigkeit erfolgte (so auch der Vertreter des (Beschwerdeführers) in der öffentlichen mündlichen Verhandlung) im Rahmen der mit dem (Beschwerdeführer) am 17.11.2008 aufgenommenen Niederschrift." (Anm: der Beschwerdeführer hatte ausgesagt: "Innerbetriebliche Transportarbeiten, Paletten von Punkt a) zu Punkt b) mit der Ameise transportieren, LKW be- und entladen. Umpalettieren wenn eine Palette schief ist, so muss diese händisch umgeschlichtet und foliert werden und Hilfeleistung bei der Ladungssicherung"). "Diese Tätigkeit wurde in Zeitabschnitten geleistet (vgl. den oben zitierten Auftragsschein für Beladen von 15 Lkws inkl. Warenkontrolle und Ladungssicherung zu einem Preis von 3,80 Euro pro Palette im Zeitraum vom 17.11.2008 bis 19.11.2008). Für diese Tätigkeit legte der Ausländer Rechnungen (vgl. die in der Berufung exemplarisch erwähnten Rechnungen für die Zeiträume vom 7.10.2008 bis 14.10.2008 und vom 20.10.2008 bis zum 27.10.2008).

Für die Tätigkeit des Ausländers sei, so der Vertreter des (Beschwerdeführers) 'natürlich eine zeitliche Koordination notwendig gewesen'. Der Vertreter des (Beschwerdeführers) bezeichnete die Auftragserteilungen als 'laufende'. Entsprechend den Auftragserteilungen seien auch die Rechnungen 'laufend' gestellt worden, wobei der vom Ausländer angegebene Monatslohn von 1.300 Euro vermutlich als Durchschnittseinkommen gemeint gewesen sei.

Ebenfalls entsprechend der Auskunft des Vertreters des (Beschwerdeführers) ist davon auszugehen, dass die Tätigkeit des Ausländers 'laufend' kontrolliert wurde und dass der Ausländer kein eigenes Werkzeugt für seine Tätigkeit benötigte.

Der mit dem Ausländer aufgenommene Fragenkatalog zur Selbstständigkeit von EU-Ausländern erscheint aus dem vom Kontrollorgan in der öffentlichen mündlichen Verhandlung plausibel und glaubwürdig vorgetragenen Gründen verwertbar, zumal der Ausländer, so der Vertreter des Finanzamtes in der öffentlichen mündlichen Verhandlung, laut Versicherungsdatenauszug bereits ab 2003 mehrfach als beschäftigt (wenngleich möglicherweise mit Unterbrechungen) aufschien. Daraus ergibt sich, dass der Ausländer jeweils auf Aufforderung durch den (Beschwerdeführer) tätig wurde ('Chef sagt heute schlichten'), er bei dieser Tätigkeit vom (Beschwerdeführer) kontrolliert wurde und er Abwesenheiten beim (Beschwerdeführer) 'meldete'. Ferner ist daraus ersichtlich, dass der Ausländer beim (Beschwerdeführer) eine Wohngelegenheit mietete, wobei sich der Preis nach der Zeit seiner jeweiligen Anwesenheit richtete."

Rechtlich beurteilte die belangte Behörde dies folgendermaßen:

"Betrachtet man den Sachverhalt im Lichte dieser Rechtsprechung, so zeigt sich, dass sich die Tätigkeit über einen relativ langen Zeitraum (laut unbestrittenem Tatvorwurf vom 7.7.2007 bis 7.11.2008) erstreckte und dass die Leistungen 'laufend' (so der Vertreter des (Beschwerdeführers)), wenngleich möglicherweise mit Unterbrechungen, das heißt regelmäßig erfolgte. Weiters wurde die Tätigkeit im Betrieb des (Beschwerdeführers) und mit den Arbeitsmitteln des (Beschwerdeführers) erbracht. Von einer unternehmerischen Infrastruktur des Ausländers kann keine Rede sein. Eine Entscheidungsfreiheit hinsichtlich der Methode der Leistungserbringung kommt nicht in Betracht; vielmehr handelt es sich um einfache, manipulative (wenngleich nach einem System) zu erbringende Leistungen. Diese Leistungen wurden vom (Beschwerdeführer) 'laufend' (so der Vertreter des (Beschwerdeführers)), also in einer 'stille Autorität' bewirkenden Dichte kontrolliert. Die Leistungserbringung erfolgte nach Maßgabe der zeitlichen Koordination des (Beschwerdeführers) (so der Vertreter des (Beschwerdeführers)). Die in die Betriebsorganisation eingegliederte Tätigkeit des Ausländers war daher nach Zeit, Ort und Arbeitsdurchführung unter Ausschaltung jeglicher Bestimmungsfreiheit gebunden, ohne dass ein erhebliches unternehmerisches Risiko ersichtlich wäre. Ebenso unrealistisch erscheint eine Vertretungsmöglichkeit. Die Tätigkeit für eine unbegrenzte Anzahl ständig wechselnder Unternehmen wurde nicht dargetan. Im Übrigen bewirkt auch die, wenngleich entgeltliche, Zurverfügungstellung einer Wohngelegenheit an der Betriebsadresse eine Bindung an das Unternehmen.

In Anbetracht dieser Umstände erscheint es ausgeschlossen, die Serie von Aufträgen als der Betrachtung nach dem wahren wirtschaftlichen Gehalt standhaltende, nach dem AuslBG unbedenkliche Werkverträge zu interpretieren. Vielmehr ist zumindest - kraft Überwiegens der dafür sprechenden Merkmale - von einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis auszugehen."

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1.) Insofern der Beschwerdeführer die Unterlassung der Einvernahme des DK rügt, ist ihm entgegenzuhalten, dass dieser nach dem Akteninhalt über keine inländische Adresse verfügte. Von der belangten Behörde wurde vergeblich versucht, DK aus dem Ausland zu laden. Die belangte Behörde war daher berechtigt, frühere Aussagen des DK zu verwerten. Überdies hat der Beschwerdeführer weder im Verwaltungsverfahren noch in der Beschwerde vorgebracht, welchen - von seinen ersten Angaben - abweichenden oder neuen Sachverhalt der Zeuge hätte vorbringen können. Beim vom Beschwerdeführer vorgetragenen Beweisthema, die Behörde hätte auf Grund der Aussage "feststellen müssen, dass DK als selbständiger Unternehmer einzelne Werkaufträge für die F GmbH ausgeführt hat und dass DK niemals Dienstnehmer der F GmbH war", handelt es sich nicht um Sachverhalte, sondern um reine Rechtsfragen (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 20. November 2008, Zl. 2008/09/0281).

Entgegen dem Vorbringen des Beschwerdeführers stützte sich die belangte Behörde im Wesentlichen auf die Angaben des Beschwerdeführers zur Umschreibung der Tätigkeit des DK, die von seinem Vertreter in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich als zutreffend umschrieben wurden, sowie auf die Angaben des Vertreters des Beschwerdeführers in der mündlichen Verhandlung.

Schon auf Grund dieser Angaben erweist sich die Sachverhaltsfeststellung als zutreffend, sodass es auch aus diesem Grund einer Einvernahme des DK nicht mehr bedurfte. Im Übrigen stimmen die Angaben des Beschwerdeführers, seines Vertreters und des DK in seiner Erstvernehmung über die "laufende" Beauftragung an Ort und Stelle und die "laufende" Kontrolle im Wesentlichen überein.

Wenn der Beschwerdeführer in der Beschwerde behauptet, DK habe auch über andere Einkünfte verfügt, so unterlässt er es weiterhin (wie schon im Verwaltungsverfahren) konkret darzulegen, welche anderen Tätigkeiten DK neben der Tätigkeit bei der F GmbH ausgeübt habe.

Die Behauptung in der Beschwerde, DK habe sich vertreten lassen können, wurde im Verwaltungsverfahren nie aufgestellt, obwohl der Beschwerdeführer auf Grund einer Aufforderung zur Rechtfertigung am 23. Juli 2008 Akteneinsicht genommen hatte und dementsprechend in Kenntnis der Aussage des DK war (DK habe "keine Ahnung, ob er sich vertreten lassen könne"); eine Vertretungsmöglichkeit ergibt sich auch nicht aus dem vom Beschwerdeführer als Beispiel vorgelegten "Auftragsschein" vom 11. November 2008. Das nunmehrige Beschwerdevorbringen erweist sich sohin als im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unbeachtliche Neuerung.

2.) Die auf einer schlüssigen Sachverhaltsfeststellung beruhenden, in der rechtlichen Würdigung der belangten Behörde hervorgehobenen (oben wiedergegebenen) Umstände zeigen geradezu das typische Bild einer Einordnung in das Betriebsgeschehen der

F GmbH und damit eine unselbständige Tätigkeit des DK.

3.) Zum Vorbringen des Beschwerdeführers, die 7-jährige Übergangsfrist nach dem EU-Beitritt Polens für Arbeitnehmer aus Polen sei mittlerweile abgelaufen, weshalb die (zuvor stattgefundene) Beschäftigung nicht mehr strafbar sei, genügt es, auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 8. März 2012,

B 1003/11-7, B 1004/11-7, und das hg. Erkenntnis vom 6. September 2012, Zl. 2012/09/0105, zu verweisen, mit dem ein Rechtsvorbringen wie das des Beschwerdeführers verworfen worden war.

4.) Der Beschwerdeführer rügt als Spruchmangel, es sei nicht konkretisiert worden, welches der "verschiedenen Tatbilder" der Strafbestimmung zugeordnet würde. Er meint offenbar, es hätte näher bestimmt werden müssen, welche Art von arbeitsmarktrechtlicher Bewilligung, Bestätigung etc. gefehlt habe.

Das Tatbild besteht in einer Beschäftigung eines Ausländers ohne entsprechende arbeitsmarktrechtliche Zulassung oder Bestätigung. Es ist jedoch nicht Tatbestandselement, welche dieser Zulassungen oder Bestätigungen im konkreten Fall nicht vorhanden gewesen ist (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 25. September 1992, Zl. 92/09/0147).

5.) Die belangte Behörde hat auch zutreffend von einer Anwendung des § 21 VStG abgesehen, wonach die Behörde ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen kann, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Voraussetzung für die Anwendung des § 21 Abs. 1 VStG ist daher das kumulative Vorliegen beider in dieser Gesetzesstelle genannten Kriterien, nämlich ein geringfügiges Verschulden und lediglich unbedeutende Folgen. Von geringem Verschulden im Sinne des § 21 VStG ist jedoch nur dann zu sprechen, wenn das tatbildmäßige Verhalten des Täters hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechtsgehalt und Schuldgehalt erheblich zurückbleibt (vgl. die in Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze II, 2. Auflage (2000), Seite 388,

E 5 ff wiedergegebene hg. Rechtsprechung). Dafür, dass dies im vorliegenden Fall angenommen hätte werden können, fehlen - nicht zuletzt im Hinblick auf die Art des Versuchs zur Umgehung der Bestimmungen des AuslBG sowie auf die Erkundigungspflicht bei der für die Bewilligung nach dem AuslBG zuständigen Behörde vor Aufnahme einer Beschäftigung (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. Mai 2011, Zl. 2008/09/0145) - jegliche Anhaltspunkte, sodass bereits aus diesem Grund eine Anwendung des § 21 VStG nicht in Betracht kam (vgl. das hg. Erkenntnis vom 16. September 2010, Zl. 2010/09/0141).

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008. Wien, am 6. November 2012

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