VwGH 2012/03/0037

VwGH2012/03/003720.6.2012

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Handstanger, Dr. Lehofer, Mag. Nedwed und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des C R in G, vertreten durch Prof. Dipl. Ing. Mag. Andreas O. Rippel, Rechtsanwalt in 1130 Wien, Maxingstraße 34, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 6. Februar 2012, Zl E1/17963/11-II, betreffend Versagung eines Waffenpasses, zu Recht erkannt:

Normen

SPG 1991 §16;
SPG 1991 §2 Abs1;
SPG 1991 §21;
SPG 1991 §3;
SPG 1991 §5 Abs1;
WaffG 1996 §10;
WaffG 1996 §21 Abs2;
WaffG 1996 §21;
WaffG 1996 §22 Abs2;
SPG 1991 §16;
SPG 1991 §2 Abs1;
SPG 1991 §21;
SPG 1991 §3;
SPG 1991 §5 Abs1;
WaffG 1996 §10;
WaffG 1996 §21 Abs2;
WaffG 1996 §21;
WaffG 1996 §22 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

A. Zum angefochtenen Bescheid

1. Im Jänner 2011 beantragte der Beschwerdeführer die Ausstellung eines Waffenpasses. In seiner Funktion als Bauamtsleiter der Gemeinde G gebe es im Bereich der Hoheitsverwaltung Tätigkeitsfelder, welche für einzelne Bürger gravierende negative Auswirkungen nach sich ziehen könnten (insbesondere negativ beschiedene Bauangelegenheiten, negativ beschlossene Umwidmungsanregungen, baupolizeiliche Anordnungen, Überprüfungen und Lokalaugenscheine wegen Verstoßes gegen diverse Gesetze). In der Vergangenheit habe sich bereits des Öfteren gezeigt, dass sich immer wieder kritische Situationen ergäben und seitens der Gemeinde G bei der Bundespolizei um Assistenzeinsatz ersucht worden sei. Dies sei allerdings auf Grund der Gesetzeslage nur in Ausnahmefällen möglich, woraus sich ergebe, dass die meisten Kontrollen durch den Bürgermeister und dem Beschwerdeführer ohne Schutz durchgeführt werden müssten. Es sei nicht vorhersehbar, ob und wann ein betroffener Bürger auf Grund des Einschreitens bzw einer Entscheidung der Baubehörde/Baupolizei die Nerven verliere. Der Zeitpunkt einer Bedrohung sei damit offen und losgelöst von Bürozeiten und Büroräumlichkeiten. Der Bürgermeister und der Bauamtsleiter seien einer erhöhten Gefahr ausgesetzt, welcher am zweckmäßigsten mit Waffengewalt wirksam begegnet werden könne. Angemerkt wurde, dass der Beschwerdeführer Gewalt an sich grundsätzlich ablehne und eine Waffe nur im äußersten Notfall zur Abwehr einer lebensbedrohenden Situation einsetzen würde; seit fast drei Jahren sei er außerdem Mitglied der Aikidoschule S (das Prinzip des "Nicht-Streitens" gehöre dort zur größten Tugend, es gehe darum, einen Kampf im Vorfeld im Keim zu ersticken; komme es dennoch zur körperlichen Auseinandersetzung, sei es das Ziel, einen Angreifer auf möglichst schonende Weise von seinem aggressiven Handeln abzubringen).

Zum Antrag wurde auch ein Schreiben des Bürgermeisters der besagten Gemeinde vorgelegt, in dem dieser die Ausstellung eines Waffenpasses begrüßt. Durch den Aufgabenbereich des beschwerdeführenden Bauamtsleiters komme es fallweise zu angespannten Situationen, die dessen persönliche Sicherheit sowohl im Dienst (insbesondere bei Außendiensten) als auch in der Freizeit betreffe; im Extremfall könne die Situation eskalieren; dieser Bedrohung könne nach Meinung des Bürgermeisters am zweckmäßigsten durch die Existenz einer Waffe wirksam begegnet werden.

Der Beschwerdeführer teilte der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf als Erstbehörde (im Folgenden: BH) mittels E-Mail vom 8. Februar 2011 "die schwerwiegendsten Fälle der letzten Jahre" mit, bei welchen ein Assistenzeinsatz der Polizei notwendig gewesen sei. Genannt wurden solche Einsätze im Zusammenhang mit der Sperre eines Vereinslokals, mit einer mündlichen Verhandlung sowie einer nächtlichen Kontrolle betreffend einen Nachtclub, mit der Missachtung einer Baueinstellung durch Fertigstellung eines konsenslosen Wohnhauses, in dem ständig Kontrollen betreffend die Einhaltung bzw den Verstoß gegen den Baueinstellungsbescheid erforderlich seien (Lokalaugenscheine); hingewiesen wurde auch auf einen Assistenzeinsatz durch die Bundespolizei im Rahmen eines Gewerbeverfahrens.

2. In der Folge zog der Beschwerdeführer seinen Antrag auf Ausstellung eines Waffenpasses zurück und stellte einen Antrag auf Ausstellung einer Waffenbesitzkarte für zwei genehmigungspflichtige Schusswaffen.

3. Der Beschwerdeführer beantragte mit Eingabe vom 14. April 2011 neuerlich die Ausstellung eines Waffenpasses für eine genehmigungspflichtige Schusswaffe. Der Beschwerdeführer wies dabei darauf hin, dass seine Sorge über Parteien, die auf negative Bescheide mit Gewalt reagierten, angesichts der Ereignisse in Klosterneuburg aus jüngster Vergangenheit nicht unbegründet sei, und er zu seinem Selbstschutz seinen Antrag auf Ausstellung eines Waffenpasses daher erneuere. Aktuell sei in seinem Tätigkeitsbereich insbesondere der Fall des Herrn Ge anhängig, von dem konsenslos ein Wohngebäude trotz Baueinstellung errichtet worden sei und dieses Gebäude trotz Benützungsuntersagung bewohnt werde. Seitens der BH seien bereits Verwaltungs- bzw Beugestrafen in der Summe von über EUR 12.000,-- ausgesprochen worden. Da der Besagte die widerrechtliche Benützung nicht unterlasse, müssten seitens der Baupolizei unter anderem laufend Kontrollen durchgeführt und resultierend daraus die entsprechenden Anzeigen bei der BH eingebracht werden, was zu immer höheren Strafgeldern führe. Der Besagte sei Jäger und habe somit (mangels alternativer Aufbewahrungsmöglichkeiten) seine Waffen sicherlich im konsenslos errichteten Gebäude, welches laufend in baupolizeilichen Kontrollen zu besichtigen sei. Gerade der Fall Ge, wo es sich um einen konsenslosen Bau im Grünland handle und sich die Partei offensichtlich nicht um die geltenden Gesetze kümmere, erinnere sehr stark an die Geschehnisse in Klosterneuburg mit dem Unterschied, dass der Besagte, sollte er sich in die Enge getrieben fühlen und "überreagieren" (das könnte bei ständig steigenden Strafen, die in letzter Konsequenz jedes Mal um EUR 36.000,-- pro Benützung angesetzt seien, passieren), auf legal in seinem Besitz stehende Waffen zurückgreifen könnte.

Auf Ersuchen der BH um umfassende Stellungnahme betreffend die angeführte Bedarfsbegründung (insbesondere betreffend den Fall Ge) erstattete die Polizeiinspektion G mit Schreiben vom 17. Mai 2011 folgende Stellungnahme:

"Der Beschwerdeführer ist als Bauamtsleiter bei der Gemeinde G beschäftigt. In seinen Tätigkeitsbereich fallen der Vollzug von Baurechtsangelegenheiten der Gemeinde G (Bescheide, Verfahren udgl.) sowie der dazugehörende Parteienverkehr im Gemeindeamt.

Zur Person des Beschwerdeführers wird angeführt, dass er als sehr korrekter und besonnener Beamter auf der ho. Dienststelle bekannt ist.

Seit Beginn meiner Tätigkeit als Dienststellenleiter (Dez. 2009) der PI G wurden mir Fälle bekannt in welchen Bürger aufgrund banaler Dinge in zum Teil heftigen Streit gerieten. Diese Streitigkeiten wurden sowohl am Gemeindeamt als auch unter Beiziehung der Polizei an den Wohnorten ausgetragen. Großteils sind die agierenden Personen amtsbekannt. Eskalationen konnten aufgrund des uniformierten Einschreitens der Polizei verhindert werden.

Die Vergangenheit zeigte jedoch, dass in sensiblen Bereichen der Verwaltung bzw. Gerichtsbarkeit keinerlei Schutz der Bediensteten besteht. Nach einem Amoklauf am BG Linz Urfahr wurden Eingangskontrollen bei den Gerichten eingeführt. Die Gemeindeämter, Magistrate und Bezirksverwaltungsbehörden sind grundsätzlich ungesichert. Dieser Umstand ermöglicht einem potentiellen Täter den ungehinderten Zutritt in die Amtsgebäude. Siehe Amoklauf auf der BH Korneuburg.

In den Aufgabenbereich des Bauamtsleiters der Gemeinde G fallen auch ablehnende Entscheidungen. Wie diese von den Parteien aufgenommen werden bzw. welche psychischen Ausnahmezustände diese hervorrufen, kann von niemand vorhergesagt werden. Dieses ist auch in der Causa Ge nicht vorhersehbar. Im gegenständlichen Fall sind noch Verhandlungen offen, deren Ausgang nicht vorhergesagt werden kann. Ein negativer Ausgang des Verfahrens würde jedoch für Herrn Ge eine existenzielle Bedrohung darstellen. Die massiven Verwaltungsübertretungen bzw. Übertretungen der Bauvorschriften und die damit verbunden Strafverfahren gegen Hr. Ge bergen aus Sicht der Polizei ein Gefahrenpotential.

Ausgeführt wird, dass es sich bei den bekannten Fällen um Personen handelte, welche im Vorfeld nicht als potentielle Gewalttäter bekannt waren und es daher auch nicht möglich war, eine Gefahrenanalyse abzugeben. Eine Beurteilung der Person Ge ist daher auch nicht möglich."

Mit Schreiben vom 17. Mai 2011 verständigte die BH den Beschwerdeführer vom Ergebnis der Beweisaufnahme dahingehend, dass (zusammengefasst) ein Bedarf des Beschwerdeführers auf Ausstellung des Waffenpasses derzeit nicht bestehe. Der Beschwerdeführer nahm dazu im Rahmen einer Vorsprache bei der BH dahingehend Stellung, dass sich (im Sinn der Stellungnahme der Polizeiinspektion) im Fall Ge die Lage immer mehr zuspitze; wenn dem Besagten bewusst würde, in welcher Sackgasse er sich befinde und die Situation ein existenzbedrohendes Ausmaß angenommen habe, sei dessen Reaktion nicht absehbar. Bei dieser Vorsprache wurde dem Beschwerdeführer auch empfohlen, sich beim kriminalpolizeilichen Beratungsdienst um geeignete Maßnahmen für seine persönliche Sicherheit im Rahmen seiner Berufstätigkeit zu erkundigen.

4. Mit Bescheid vom 6. Juni 2011 wies die BH den Antrag des Beschwerdeführers nach § 21 Abs 2 iVm § 22 Abs 2 und § 10 des Waffengesetzes 1996, BGBl I Nr 12/1997, ab.

Begründend wurde insbesondere ausgeführt, dass auf Grund des Ermittlungsverfahrens vom Vorliegen der waffenrechtlichen Verlässlichkeit beim Beschwerdeführer ausgegangen werden könne. Allerdings reichten die vom Beschwerdeführer betreffend den Bedarf angegebenen Gründe nicht aus. Die Bedarfsbegründung des Beschwerdeführers würde generell auf jeden Bauamtsleiter einer Gemeinde zutreffen, und darüber hinaus auch noch für viele andere Beamte von Gebietskörperschaften. Sowohl bei den Gemeinden, Magistraten als auch bei Bezirksverwaltungsbehörden bestünden potentielle Gefahrensituationen. Die Annahme eines darauf gestützten Bedarfes würde bedeuten, dass Organe einer Behörde, welche ständig mit schwierigen Parteien zu tun hätten, einer bedrohlichen Situation sowohl in- als auch außerhalb der Amts- und Wohnräume am zweckmäßigsten mit Waffengewalt begegnen würden. Der Beschwerdeführer habe Vorfälle genannt, bei denen die Gemeinde eine entsprechende Unterstützung seitens der Polizei erhalten habe. Diese Vorgangsweise sei auch weiterhin eine gute Möglichkeit, gelegentlich anfallende schwierige Situationen im Aufgabengebiet des Bauamtsleiters in den Griff zu bekommen. Auch der Bürgermeister habe in seinem Schreiben aus dem Jänner 2011 bestätigt, dass es (lediglich) fallweise zu angespannten Situationen komme. Die Sorge des Beschwerdeführers nach dem Vorfall in Klosterneuburg sei nicht völlig unbegründet, weil speziell der aktuelle Fall Ge in seinem Aufgabenbereich Besorgnis erwecke. Die Bedarfsbegründung des Beschwerdeführers stütze sich aber auch diesbezüglich im Wesentlichen auf Vermutungen und Befürchtungen. Die Polizeiinspektion habe in ihrer Stellungnahme ausgeführt, dass der Fall Ge zwar ein Gefahrenpotential berge, Ge jedoch kein potentieller Gewalttäter und eine Gefahrenanalyse generell nicht möglich sei; dies lasse daher auch in diesem aktuellen Fall nicht die Annahme zu, dass hier von einer derartigen besonderen Gefahrenlage auszugehen sei. Aus der Stellung als Bauamtsleiter der in Rede stehenden Gemeinde alleine ergebe sich kein Bedarf. Zudem könnte die Bekämpfung einer etwaigen Gefahrensituation durch Waffengewalt zu einer erheblichen Gefährdung sogar Unbeteiligter führen. Es entspreche auch allgemein bekannten Tatsachen, dass der Versuch, solche Gefahrensituationen mit Waffengewalt hintanzuhalten, üblicherweise eine Erhöhung der Gefährlichkeit derartiger Situationen mit sich bringe und es dadurch zu einer Beeinträchtigung des öffentlichen Interesses im Zusammenhang mit dem Gebrauch von Waffen kommen könnte. Daher sei vom Ermessen iSd § 21 Abs 2 zweiter Satz WaffG nicht zugunsten des Beschwerdeführers Gebrauch zu machen gewesen.

Dem Beschwerdeführer sei auf Grund seines (in Folge der Zurückziehung seines ersten Antrags auf Erteilung eines Waffenpasses gestellten) Antrags eine Waffenbesitzkarte vom 10. März 2011 ausgestellt worden.

5. Der dagegen gerichteten Berufung gab die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid gemäß § 66 Abs 4 AVG keine Folge.

In der Begründung werden nach wörtlichen Wiedergaben aus dem Erstbescheid, der Berufung sowie der § 21 Abs 2, § 22 Abs 2 WaffG und des § 6 der 2. Waffengesetz-Durchführungsverordnung einige (rechtsatzartige, auf die Umstände des konkreten Falles nicht weiter eingehende) Hinweise zur Auslegung der genannten Bestimmungen in der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs gegeben. Danach wird (kurz) festgehalten, dass der Bescheid der Erstbehörde nach Auffassung der Berufungsbehörde zu Recht ergangen sei, dass sich die belangte Behörde den zutreffenden Ausführungen im erstinstanzlichen Bescheid anschließe und diese zum Inhalt des Berufungsbescheides erhebe. Die belangte Behörde verkenne nicht, dass der Beschwerdeführer als Bauamtsleiter zweifelsohne in eine gefährliche Situation kommen könnte. Die Erstbehörde habe aber bereits ausgeführt, dass die vom Beschwerdeführer angeführten Gründe im Wesentlichen Vermutungen und Befürchtungen seien. Gleichzeitig habe die Erstbehörde bereits Alternativen aufgezeigt, so etwa den Einsatz bzw die Unterstützung durch die Beamten der Polizeiinspektion.

B. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, sah jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift ab.

C. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1.1. Die im vorliegenden Fall maßgebenden Bestimmungen des Waffengesetzes 1996 (WaffG), BGBl I Nr 12/1997 (idF vor der Novelle BGBl I Nr 43/2010), lauten:

"Führen

§ 7. (1) Eine Waffe führt, wer sie bei sich hat.

(2) Eine Waffe führt jedoch nicht, wer sie innerhalb von Wohn- oder Betriebsräumen oder eingefriedeten Liegenschaften mit Zustimmung des zu ihrer Benützung Berechtigten bei sich hat.

(3) Eine Waffe führt weiters nicht, wer sie - in den Fällen einer Schußwaffe ungeladen - in einem geschlossenen Behältnis und lediglich zu dem Zweck, sie von einem Ort zu einem anderen zu bringen, bei sich hat (Transport)."

"Ermessen

§ 10. Bei der Anwendung der in diesem Bundesgesetz enthaltenen Ermessensbestimmungen sind private Rechte und Interessen nur insoweit zu berücksichtigen, als dies ohne unverhältnismäßige Beeinträchtigung des öffentlichen Interesses, das an der Abwehr der mit dem Gebrauch von Waffen verbundenen Gefahr besteht, möglich ist."

"Ausstellung von Waffenbesitzkarte und Waffenpaß

§ 21. ...

(2) Die Behörde hat verläßlichen EWR-Bürgern, die das 21. Lebensjahr vollendet haben und einen Bedarf zum Führen genehmigungspflichtiger Schußwaffen nachweisen, einen Waffenpaß auszustellen. Die Ausstellung eines Waffenpasses an andere verläßliche Menschen, die das 21. Lebensjahr vollendet haben, liegt im Ermessen der Behörde.

..."

"Rechtfertigung und Bedarf

§ 22. ...

(2) Ein Bedarf im Sinne des § 21 Abs 2 ist jedenfalls als gegeben anzunehmen, wenn der Betroffene glaubhaft macht, daß er außerhalb von Wohn- oder Betriebsräumen oder seiner eingefriedeten Liegenschaften besonderen Gefahren ausgesetzt ist, denen am zweckmäßigsten mit Waffengewalt wirksam begegnet werden kann."

1.2. § 6 der 2. Waffengesetz-Durchführungsverordnung (2. WaffV), BGBl II Nr 313/1998, lautet:

"Ermessen bei der Ausstellung von Waffenpässen

§ 6. Das der Behörde in § 21 Abs 2 Waffengesetz eingeräumte Ermessen darf nur im Rahmen privater Interessen geübt werden, die einem Bedarf (§ 22 Abs 2 WaffG) nahe kommen."

2. Ausgehend von dieser Rechtslage ist es allein Sache des Waffenpasswerbers, das Vorliegen eines Bedarfes zum Führen genehmigungspflichtiger Schusswaffen nachzuweisen und im Anwendungsbereich des § 22 Abs 2 WaffG die dort geforderte besondere Gefahrenlage, der am zweckmäßigsten mit Waffengewalt wirksam begegnet werden kann, glaubhaft zu machen. Der Waffenpasswerber hat daher im Verwaltungsverfahren konkret und in substanzieller Weise im Einzelnen darzutun, woraus er für seine Person die geforderte besondere Gefahrenlage ableite, dass diese Gefahr für ihn gleichsam zwangsläufig erwachse und dass es sich hiebei um eine solche qualifizierte Gefahr handle, der am zweckmäßigsten mit Waffengewalt wirksam begegnet werden könne. Bloße Vermutungen und Befürchtungen einer möglichen Bedrohung reichen zur Dartuung einer Gefährdung nicht aus, solange sich Verdachtsgründe nicht derart verdichten, dass sich schlüssig eine konkrete Gefährdung ergibt. Es reicht also nicht aus, dass in bestimmten Situationen das Führen einer genehmigungspflichtigen Schusswaffe zweckmäßig sein kann, vielmehr ist zum einen glaubhaft zu machen, dass in derartigen Situationen eine genehmigungspflichtige Schusswaffe geradezu erforderlich ist und dass auf andere Weise der Bedarf nicht befriedigt, das bedarfsbegründende Ziel nicht erreicht werden kann; zum anderen ist erforderlich, dass der Antragsteller selbst mit einer hohen Wahrscheinlichkeit in die bedarfsbegründende Situation kommt (vgl aus jüngerer Zeit etwa das hg Erkenntnis vom 21. Oktober 2011, Zl 2010/03/0058, mwH).

3. Die Beschwerde wendet ein, es sei nicht nachvollziehbar, dass die belangte Behörde einerseits davon ausgehe, dass der Beschwerdeführer als Bauamtsleiter zweifelsohne in eine gefährliche Situation kommen könnte, andererseits aber zum Ergebnis komme, dass die vom Beschwerdeführer angeführten Gründe hiefür im Wesentlichen Vermutungen und Befürchtungen sein sollten. Auch habe die Erstbehörde die Sorge des Beschwerdeführers nach dem Vorfall in Klosterneuburg (Erschießen eines Beamten durch eine "aufgebrachte Partei") als nicht völlig unbegründet erachtet, da speziell der aktuelle Fall Ge Besorgnis erwecke. Der Beschwerdeführer habe mehrere konkrete Vorfälle substantiiert und belegt, dass die Bedarfsbegründung (anders als die Behörde meint) nicht generell auf jeden Bauamtsleiter zutreffen würde. In der Berufung sei auf den amtsbekannten J R verwiesen worden, der bei unangekündigten Besuchen am Gemeindeamt jedes Mal eine überdimensionale Axt mitgenommen und vor dem jeweiligen Zimmer des aufgesuchten Behördenorgans abgestellt habe; das Mitnehmen einer Axt sei wohl kaum eine Vermutung sondern eine Tatsache, nämlich ein ganz konkreter oder substantiierter Hinweis darauf, dass die Person gewaltbereit sei. Ferner habe dem Beschwerdeführer der Dienststellenleiter der Polizeiinspektion G nicht nur attestiert, dass er als sehr korrekter und besonnener Beamter bekannt sei, sondern dass gerade das konkrete Strafverfahren gegen Herrn Ge aus Sicht der Polizei ein Gefahrenpotential berge. Entgegen dem Erstbescheid habe die Polizeiinspektion nicht ausgeführt, dass Ge kein potentieller Gewalttäter sei, vielmehr sei festgehalten worden, dass es sich bei den bekannten Fällen um Personen gehandelt habe, welche im Vorfeld nicht als potentieller Gewalttäter bekannt gewesen seien. Auch bei Ge sei nicht bekannt, ob er ein potentieller Gewalttäter sei, im Vorfeld sei es auch nicht möglich, dies zu beurteilen. Gerade dies lege die vom Beschwerdeführer dargelegte besondere Gefährdung nahe und schließe es aus, dass immer rechtzeitig die Hilfe der Polizei in Anspruch genommen werden könne, weil eben von Vornherein nicht klar sei, wie eine entsprechende Person reagieren werde und es zudem unmöglich sei, dass während der gesamten Dienstzeit am Gemeindeamt und bei jedem (häufigen) Auswärtstermin ein Polizist anwesend sei. Die vom Beschwerdeführer dargestellten Vorfälle zeigten, dass dieser evidentermaßen besonderen Gefahren ausgesetzt sei, die auch außerhalb des Wohn- und Betriebsbereiches des Beschwerdeführers gegeben seien. Wie die Stellungnahme der Polizeiinspektion G zeige, sei es nicht in jedem Einzelfall möglich, eine Gefahrenanalyse abzugeben; auch spätere Gewalttäter seien im Vorfeld nicht als potentielle Gewalttäter bekannt gewesen. Daher sei es auch nicht immer möglich, die Polizei um Assistenz zu ersuchen. Ferner könne Herr Ge beispielsweise nach Zustellung eines existenzbedrohenden Strafbescheides den Beschwerdeführer jederzeit aufsuchen, ein entsprechender möglicher Gewaltakt würde nicht zu einer vorbestimmten Stunde oder zu einer vorbestimmten Zeit stattfinden, was eine polizeiliche Assistenzleistung unmöglich erscheinen lasse. Abschließend weist der Beschwerdeführer darauf hin, dass er ein sehr korrekter und besonnener Beamter sei, der eine genehmigungspflichtige Schusswaffe nur im äußersten Notfall und nur zur Abwehr eines unmittelbar drohenden schwerwiegenden Angriffes einsetzen würde.

4.1. Mit diesem Vorbringen ist es dem Beschwerdeführer nicht gelungen, glaubhaft zu machen, dass in den von ihm aus seiner Berufstätigkeit abgeleiteten Gefahrensituationen eine genehmigungspflichtige Schusswaffe geradezu erforderlich ist und auf andere Weise das bedarfsbegründende Ziel nicht erreicht werden kann, und daher ein Bedarf iSd § 22 Abs 2 WaffG bestehe.

Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits ausgesprochen, dass der Schutz einer Dienstnehmerin bzw Arbeitsnehmerin vor Straftaten (gefährlichen Angriffen, Überfällen) bei der Erfüllung ihres Dienst- bzw Arbeitsverhältnisses unter die (allgemeine) Fürsorgepflicht ihres Dienst- bzw Arbeitgebers fällt, der u.a. die Dienstleistungen so zu regeln hat, dass Leben und Gesundheit des Dienstnehmers (soweit es nach der Natur der Dienstleistung möglich ist) geschützt werden (siehe das Erkenntnis vom 27. Jänner 2011, Zl 2010/03/0072, mwH).

Die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers besteht auch gegenüber Vertragsbediensteten von Gebietskörperschaften (wie hier einer Gemeinde), derzufolge die Arbeitsbedingungen entsprechend den materiellen und ideellen Interessen der Arbeitnehmer zu wahren sind (vgl Kucsko-Stadlmayer, Das Disziplinarrecht der Beamten, 4. Auflage, 2010, 263). Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt diese Fürsorgepflicht des Dienstgebers gegenüber den (in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis stehenden) Beamten ebenfalls zum Tragen (vgl die hg Erkenntnisse vom 12. Mai 2010, Zl 2006/12/0015, und Zl 2009/12/0072).

Da es somit auf der Grundlage seiner Fürsorgepflicht beim Dienstgeber des Beschwerdeführers liegt, diesem den erforderlichen Schutz vor Straftaten (gefährlichen Angriffen, Überfällen) zukommen zu lassen, besteht schon deshalb beim Beschwerdeführer kein Bedarf iSd § 22 Abs 2 WaffG.

Weiters ist bezüglich der vom Beschwerdeführer befürchteten gefährlichen Angriffe auf das Sicherheitspolizeigesetz, BGBl Nr 566/1991, zuletzt geändert mit BGBl I Nr 13/2012 (SPG), hinzuweisen. Nach dem SPG obliegt die Sicherheitsverwaltung den Sicherheitsbehörden (§ 2 Abs 1 leg cit), die Organe des Sicherheitsdienstes versehen für die Sicherheitsbehörden den Exekutivdienst (§ 5 Abs 1 leg cit). Zur Sicherheitspolizei zählt insbesondere die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit (§ 3 leg cit), wobei die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit insbesondere die Abwehr allgemeiner Gefahren (diese obliegt gemäß § 21 iVm § 16 SPG den Sicherheitsbehörden) erfasst. Nach § 16 Abs 1 SPG besteht eine allgemeine Gefahr bei einem gefährlichen Angriff, nämlich der Bedrohung eines Rechtsgutes durch die rechtswidrige Verwirklichung eines Tatbestandes einer gerichtlich strafbaren Handlung (die vorsätzlich begangen wird) nach dem StGB, wie dies der Beschwerde bezüglich befürchteter Eingriffe in das Leben bzw die körperliche Integrität des Beschwerdeführers offensichtlich vor Augen steht. Die Abwehr solcher Gefahren bei Amtshandlungen innerhalb wie außerhalb der Amtsräume einer Verwaltungsbehörde bzw Verwaltungsdienststelle (und damit auch die Hintanhaltung des Eintretens von Notwehrsituationen) liegt somit bei den Sicherheitsbehörden und der Sicherheitsexekutive, was nicht dadurch ersetzt werden kann, dass im Interesse der Gefahrenabwehr andere Organwalter im Wege der Ausstellung des Waffenpasses zum Führen einer Waffe berechtigt werden, zumal diesen Organwaltern die Zuständigkeiten der Sicherheitsbehörden und der Sicherheitsexekutive (eben) nicht zukommen. Dem vom Beschwerdeführer befürchteten Eintritt von Notwehrsituationen kann auch durch die von ihm und im bekämpften Bescheid angesprochene Unterstützung seitens der Sicherheitsbehörden und der Sicherheitsexekutive - die eingeräumtermaßen schon bisher in einer Reihe von Fällen erfolgte - entgegengetreten werden. Zudem ist darauf hinzuweisen, dass der Beschwerdeführer nach dem insofern unstrittigen Sachverhalt ohnehin über eine Waffenbesitzkarte verfügt und daher dementsprechend nach Maßgabe des § 7 Abs 2 WaffG innerhalb der Betriebsräume (somit auch der Amtsräume) eine Waffe bei sich haben darf.

4.2. Schließlich hat die belangte Behörde (im Wege der Bestätigung des Erstbescheides) zutreffend darauf hingewiesen, dass es nicht ausgeschlossen ist, dass die Bekämpfung einer etwaigen Gefahrensituation durch Waffengewalt zu einer erheblichen Gefährdung Unbeteiligter führen kann, und dass der Versuch, Gefahrensituationen mit Waffengewalt hintanzuhalten, eine Erhöhung der Gefährlichkeit solcher Situationen mit sich bringen kann. Vor diesem Hintergrund kann es nicht als rechtswidrig angesehen werden, wenn die belangte Behörde (im Wege der Bestätigung des Erstbescheides) vom Ermessen iSd § 21 Abs 2 zweiter Satz WaffG nicht zugunsten des Beschwerdeführers Gebrauch machte.

5. Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen war.

6. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet auf §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am 20. Juni 2012

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