Normen
AktG §84;
AktG §95;
AktG §99;
AVG §7 Abs1 Z3;
AVG §7 Abs1;
JN §19 Z2;
UVPG 2000 §24f;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
AktG §84;
AktG §95;
AktG §99;
AVG §7 Abs1 Z3;
AVG §7 Abs1;
JN §19 Z2;
UVPG 2000 §24f;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat den Beschwerdeführern zusammen Aufwendungen in der Höhe von EUR 1326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Im Beschwerdefall geht es um die Erteilung von Bewilligungen für die Errichtung der Schnellstraße S 7 West, von der Verschneidung mit der Südautobahn A 2 bei Riegersdorf auf eine Länge von 14,8 km in östlicher Richtung bis Dobersdorf. Der Zweitbeschwerdeführer ist Eigentümer eines Wohnhauses in Riegersdorf, in dem die Erstbeschwerdeführerin wohnt. Die Drittbeschwerdeführerin und der Viertbeschwerdeführer sind Miteigentümer von Liegenschaften im betroffenen Gebiet. Die Fünftbeschwerdeführerin ist eine Bürgerinitiative (die sich gegen das Projekt wendet).
Das zugrunde liegende Verwaltungsverfahren wurde mit der Eingabe der mitbeteiligten Partei (kurz: Projektwerberin) vom 16. Mai 2008, die am selben Tag bei der belangten Behörde einlangte, eingeleitet. Die Projektwerberin beantragte die Durchführung eines teilkonzentrierten Genehmigungsverfahrens und der Umweltverträglichkeitsprüfung sowie die Genehmigung des Vorhabens gemäß § 24 Abs. 1 UVP-G 2000 insbesondere in Verbindung mit näher bezeichneten Bestimmungen des UVP-G 2000, des Bundesstraßengesetzes 1971 (kurz: BStG), des Forstgesetzes und des Straßentunnel-Sicherheitsgesetzes.
Nach verschiedenen Verfahrensschritten machte die belangte Behörde von den Bestimmungen betreffend Großverfahren gemäß den §§ 44a ff AVG Gebrauch. Im Edikt vom 15. Dezember 2008 wurde eine Auflagefrist von acht Wochen, nämlich vom 19. Dezember 2008 bis zum 13. Februar 2009 bestimmt. Hiezu langten 1110 schriftliche Stellungnahmen bei der Behörde ein (darunter auch ablehnende seitens der Beschwerdeführer). Die belangte Behörde führte am 15., 16., 17., 18. und 19. September 2009 eine mündliche Verhandlung in der Stadthalle Fürstenfeld durch.
Nach weiteren Verfahrensschritten hat die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid die Genehmigung nach § 24f UVP-G 2000 iVm § 4 Abs. 1 BStG, § 17 Forstgesetz und § 7 Abs. 1 Straßentunnel-Sicherheitsgesetz erteilt, hat weiters gemäß § 4 Abs. 1 BStG den Straßenverlauf bestimmt, Rodungsbewilligungen nach dem Forstgesetz 1975 erteilt und Tunnel-Vorentwürfe nach dem Straßentunnel-Sicherheitsgesetz genehmigt, dies mit einer Reihe von Vorschreibungen, was näher begründet wurde (der angefochtene Bescheid umfasst insgesamt 546 Seiten).
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt. Auch die mitbeteiligte Partei hat eine Gegenschrift erstattet, in welcher die kostenpflichtige Zurückweisung, hilfsweise die Abweisung der Beschwerde beantragt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 7 AVG lautet:
"Befangenheit von Verwaltungsorganen
§ 7. (1) Verwaltungsorgane haben sich der Ausübung ihres Amtes zu enthalten und ihre Vertretung zu veranlassen:
1. in Sachen, an denen sie selbst, einer ihrer Angehörigen (§ 36a) oder einer ihrer Pflegebefohlenen beteiligt sind;
2. in Sachen, in denen sie als Bevollmächtigte einer Partei bestellt waren oder noch bestellt sind;
3. wenn sonstige wichtige Gründe vorliegen, die geeignet sind, ihre volle Unbefangenheit in Zweifel zu ziehen;
4. im Berufungsverfahren, wenn sie an der Erlassung des angefochtenen Bescheides oder der Berufungsvorentscheidung (§ 64a) mitgewirkt haben.
(2) Bei Gefahr im Verzug hat, wenn die Vertretung durch ein anderes Verwaltungsorgan nicht sogleich bewirkt werden kann, auch das befangene Organ die unaufschiebbaren Amtshandlungen selbst vorzunehmen"
Gemäß § 99 AktG gilt für die Sorgfaltspflicht und Verantwortlichkeit der Aufsichtsratsmitglieder § 84 AktG über die Sorgfaltspflicht und Verantwortlichkeit der Vorstandsmitglieder sinngemäß.
Nach § 84 Abs. 1 erster Satz AktG haben die Vorstandsmitglieder bei ihrer Geschäftsführung die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters anzuwenden.
§ 24f UVP-G 2000 lautet (idF BGBl. I Nr. 97/2009):
"Entscheidung
§ 24f. (1) Genehmigungen (Abs. 6) dürfen nur erteilt werden, wenn im Hinblick auf eine wirksame Umweltvorsorge zu den anzuwendenden Verwaltungsvorschriften zusätzlich nachstehende Voraussetzungen erfüllt sind:
1. Emissionen von Schadstoffen sind nach dem Stand der Technik zu begrenzen,
2. die Immissionsbelastung zu schützender Güter ist möglichst gering zu halten, wobei jedenfalls Immissionen zu vermeiden sind, die
a) das Leben oder die Gesundheit von Menschen oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn/Nachbarinnen gefährden oder
b) erhebliche Belastungen der Umwelt durch nachhaltige Einwirkungen verursachen, jedenfalls solche, die geeignet sind, den Boden, die Luft, den Pflanzen- oder Tierbestand oder den Zustand der Gewässer bleibend zu schädigen, oder
c) zu einer unzumutbaren Belästigung der Nachbarn/Nachbarinnen im Sinn des § 77 Abs. 2 der Gewerbeordnung 1994 führen, und
3. Abfälle sind nach dem Stand der Technik zu vermeiden oder zu verwerten oder, soweit dies wirtschaftlich nicht vertretbar ist, ordnungsgemäß zu entsorgen.
(1a) Die Zustimmung Dritter ist insoweit keine Genehmigungsvoraussetzung, als für den betreffenden Teil des Vorhabens in einer Verwaltungsvorschrift die Möglichkeit der Einräumung von Zwangsrechten vorgesehen ist.
(2) Wird bei Straßenbauvorhaben (§ 23a und Anhang 1 Z 9) im Einzelfall durch die Verwirklichung des Vorhabens ein wesentlich größerer Kreis von Nachbarn bestehender Verkehrsanlagen dauerhaft entlastet als Nachbarn des Vorhabens belastet werden, so gilt die Genehmigungsvoraussetzung des Abs. 1 Z 2 lit. c als erfüllt, wenn die Belästigung der Nachbarn so niedrig gehalten wird, als dies durch einen im Hinblick auf den erzielbaren Zweck wirtschaftlich vertretbaren Aufwand erreicht werden kann. Bei Eisenbahnvorhaben (§ 23b sowie Anhang 1 Z 10 und 11) ist die Zumutbarkeit einer Belästigung im Sinn des Abs. 1 Z 2 lit. c nach bestehenden besonderen Immissionsschutzvorschriften zu beurteilen.
(3) Die Ergebnisse der Umweltverträglichkeitsprüfung (insbesondere Umweltverträglichkeitserklärung, Umweltverträglichkeitsgutachten oder zusammenfassende Bewertung, Stellungnahmen, einschließlich der Stellungnahmen und dem Ergebnis der Konsultationen nach § 10, Ergebnis einer allfälligen öffentlichen Erörterung) sind in der Entscheidung zu berücksichtigen. Durch geeignete Auflagen, Bedingungen, Befristungen, Projektmodifikationen, Ausgleichsmaßnahmen oder sonstige Vorschreibungen (insbesondere auch für Überwachungs-, Mess- und Berichtspflichten und Maßnahmen zur Sicherstellung der Nachsorge) ist zu einem hohen Schutzniveau für die Umwelt in ihrer Gesamtheit beizutragen.
(4) Ergibt die Gesamtbewertung, dass durch das Vorhaben und seine Auswirkungen, insbesondere auch durch Wechselwirkungen, Kumulierung oder Verlagerungen, unter Bedachtnahme auf die öffentlichen Interessen, insbesondere des Umweltschutzes, schwerwiegende Umweltbelastungen zu erwarten sind, die durch Auflagen, Bedingungen, Befristungen, sonstige Vorschreibungen, Ausgleichsmaßnahmen oder Projektmodifikationen nicht verhindert oder auf ein erträgliches Maß vermindert werden können, ist der Antrag abzuweisen. Im Rahmen dieser Abwägung sind auch relevante Interessen der Materiengesetze oder des Gemeinschaftsrechts, die für die Realisierung des Vorhabens sprechen, zu bewerten.
(5) In der Genehmigung können angemessene Fristen für die Fertigstellung des Vorhabens, einzelner Teile davon oder für die Inanspruchnahme von Rechten festgesetzt werden. Die Behörde kann diese Fristen aus wichtigen Gründen verlängern, wenn der Projektwerber/die Projektwerberin dies vor Ablauf beantragt. In diesem Fall ist der Ablauf der Frist bis zur rechtskräftigen Entscheidung oder zur Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes oder Verfassungsgerichtshofes über die Abweisung des Verlängerungsantrages gehemmt. Im Rahmen eines Berufungsverfahrens oder gemäß § 24g können die Fristen von Amts wegen geändert werden.
(6) Die nach § 24 Abs. 1 zuständige und die übrigen für die Erteilung von Genehmigungen im Sinn des § 2 Abs. 3 zuständigen Behörden haben die Abs. 1 bis 5, 13 und 14 anzuwenden, soweit sie für ihren Wirkungsbereich maßgeblich sind.
(7) Die nach § 24 Abs. 1 zuständige Behörde hat die Genehmigungsverfahren mit den anderen zuständigen Behörden zu koordinieren. Insbesondere ist abzustimmen, wie die Ergebnisse der Umweltverträglichkeitsprüfung in den einzelnen Genehmigungen berücksichtigt werden und auf eine Kontinuität der Sachverständigen im gesamten Verfahren hinzuwirken.
(8) In den Genehmigungsverfahren nach Abs. 6 haben die nach den anzuwendenden Verwaltungsvorschriften und die vom jeweiligen Verfahrensgegenstand betroffenen Personen gemäß § 19 Abs. 1 Z 1 Parteistellung. Die im § 19 Abs. 1 Z 3 bis 6 angeführten Personen haben Parteistellung nach Maßgabe des § 19 mit der Berechtigung, die Einhaltung von Umweltschutzvorschriften als subjektives Recht im Verfahren wahrzunehmen und Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, Bürgerinitiativen auch an den Verfassungsgerichtshof zu erheben. Personen gemäß § 19 Abs. 1 Z 7 und § 19 Abs. 11 haben Parteistellung nach Maßgabe des § 19 mit der Berechtigung, die Einhaltung von Umweltschutzvorschriften im Verfahren wahrzunehmen und Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben. Wurde eine Umweltverträglichkeitsprüfung im vereinfachten Verfahren durchgeführt, so können Bürgerinitiativen gemäß § 19 Abs. 4 an den Verfahren als Beteiligte mit dem Recht auf Akteneinsicht teilnehmen. Für die Genehmigungsverfahren nach Abs. 6 und die Koordination nach Abs. 7 gilt § 24c Abs. 2 und 3.
(9) Im Verfahren nach § 24 Abs. 1 und 3 kann die Behörde auf Antrag des Projektwerbers/der Projektwerberin zunächst über alle Belange absprechen, die zur Beurteilung der grundsätzlichen Zulässigkeit des Vorhabens erforderlich sind. Diesfalls sind nur die zur Beurteilung der grundsätzlichen Zulässigkeit notwendigen Unterlagen vorzulegen. In der grundsätzlichen Genehmigung ist auch darüber abzusprechen, welchen Bereichen Detailgenehmigungen vorbehalten bleiben.
(10) Die grundsätzliche Genehmigung in Verfahren nach § 24 Abs. 1 hat jedenfalls über die für die Trassenentscheidung nach dem Bundesstraßengesetz 1971 und dem Hochleistungsstreckengesetz vorgesehenen Genehmigungsvoraussetzungen abzusprechen. In Verwaltungsvorschriften und in Abs. 15 vorgesehene Zwangsrechte können ab Rechtswirksamkeit der Grundsatzgenehmigung in Anspruch genommen werden, soweit darin die Ergebnisse der Umweltverträglichkeitsprüfung nach Abs. 3 und 4 ausreichend berücksichtigt und soweit Gegenstand, Umfang und Notwendigkeit des Zwangsrechtes der grundsätzlichen Genehmigung zu entnehmen sind.
(11) Auf der Grundlage der bereits ergangenen grundsätzlichen Genehmigung hat die Behörde über die Detailgenehmigungen nach Vorlage der hiefür erforderlichen weiteren Unterlagen im Detailverfahren unter Anwendung der Genehmigungsvoraussetzungen gemäß Abs. 1 bis 5 zu entscheiden. § 16 ist in den Detailverfahren nicht anzuwenden. Die vom Detailprojekt betroffenen Parteien bzw. Beteiligten gemäß Abs. 8 und mitwirkenden Behörden sind beizuziehen. Änderungen des grundsätzlich genehmigten Vorhabens können in der Detailgenehmigung insoweit vorgenommen werden, als die Kriterien des § 24g Abs. 1 erfüllt sind und die von der Änderung betroffenen Beteiligten gemäß Abs. 8 Gelegenheit hatten, ihre Interessen wahrzunehmen.
(12) Im Verfahren nach § 24 Abs. 1 und 3 sind weiters anzuwenden: § 18a (Abschnittsgenehmigungen) mit der Maßgabe, dass für jede einzelne Abschnittsgenehmigung Abs. 1 bis 11, Abs. 13 und 14 sowie in Verfahren nach § 24 Abs. 1 auch § 16 Abs. 1 und 2 gilt; § 23 (Kontrollen und Duldungspflichten).
(13) Genehmigungsbescheide nach Abs. 6 sind jedenfalls bei der bescheiderlassenden Behörde und in der Standortgemeinde mindestens acht Wochen zur öffentlichen Einsicht aufzulegen. Sie haben die Entscheidungsgründe sowie Angaben über die Beteiligung der Öffentlichkeit und eine Beschreibung der wichtigsten Maßnahmen, mit denen erhebliche nachteilige Auswirkungen vermieden, verringert und, soweit möglich, ausgeglichen werden, zu enthalten. Die Auflage ist in geeigneter Form, jedenfalls auch im Internet kundzumachen.
(14) Erfolgt die Zustellung behördlicher Schriftstücke gemäß § 44f AVG durch Edikt, so ist die öffentliche Auflage abweichend von § 44f Abs. 2 AVG bei der zuständigen Behörde und in der Standortgemeinde vorzunehmen.
(15) Für die Durchführung von Maßnahmen, die nach den Ergebnissen der Umweltverträglichkeitsprüfung eine Voraussetzung für die Genehmigungsfähigkeit eines Vorhabens bilden, kann das Eigentum an Liegenschaften, die dauernde oder zeitweilige Einräumung, Einschränkung und Aufhebung von dinglichen und obligatorischen Rechten (insbesondere Nutzungs- und Bestandsrechten) an solchen im Wege der Enteignung in Anspruch genommen werden. Dies gilt jedoch nur insoweit, als nicht andere Bundes- oder Landesgesetze eine Enteignung für diesen Zweck vorsehen. Auf Vorhaben des § 23a sind die Bestimmungen der §§ 18 bis 20a des Bundesstraßengesetzes 1971, auf Vorhaben des § 23b die Bestimmungen des Eisenbahn-Enteignungsentschädigungsgesetzes anzuwenden.
(16) Die Behörde gemäß § 24 Abs. 1 hat gemeinsam mit den mitwirkenden Behörden das Vorhaben frühestens drei Jahre, spätestens fünf Jahre nach Verkehrsfreigabe daraufhin zu überprüfen, ob die Genehmigungsbescheide eingehalten werden und ob die Annahmen und Prognosen der Umweltverträglichkeitsprüfung mit den tatsächlichen Auswirkungen des Vorhabens auf die Umwelt übereinstimmen. Die Ergebnisse der Nachkontrolle sind den mitwirkenden Behörden und dem Bundesminister/der Bundesministerin für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft zu übermitteln."
Die Beschwerdeführer tragen (an der Spitze ihrer Ausführungen) vor, die Sektionschefin, die den angefochtenen Bescheid genehmigt habe, sei zu diesem Zeitpunkt auch Mitglied des Aufsichtsrates der ASFINAG (Projektwerberin) gewesen. Die Beschwerdeführer meinen zusammengefasst, diesbezüglich liege eine Interessenskollision vor, die geeignet sei, die volle Unbefangenheit dieser Sektionschefin in Zweifel zu ziehen. Diese "eingeschränkte Unbefangenheit" habe sich auch auf den Inhalt des angefochtenen Bescheides ausgewirkt (es folgt die Wiedergabe näher bezeichneter Stellen aus der Begründung).
Die belangte Behörde und die mitbeteiligte Partei treten diesem Vorbringen in ihren Gegenschriften entgegen. Diese Sektionschefin habe als Mitglied des Aufsichtsrates keinen unmittelbaren Einfluss auf die Geschäftsführung der ASFINAG, diese komme dem Vorstand zu. Auch habe der Verwaltungsgerichtshof mehrfach in vergleichbaren Fällen auf Gemeindeebene eine Befangenheit verneint, den Gemeindeorganen sei grundsätzlich zuzubilligen, dass sie ungeachtet der jeweiligen Interessenslage ihren Entscheidungen in behördlichen Angelegenheiten dem Gesetz entsprachen träfen. Überdies sei eine Relevanz des behaupteten Mangels nicht erkennbar.
Die Rüge der Beschwerdeführer ist berechtigt:
Es trifft zwar zu, dass grundsätzlich das Vorliegen von Befangenheit nur dann einen wesentlichen, zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führenden Verfahrensmangel darstellt, wenn Bedenken gegen die sachliche Richtigkeit des Bescheides bestehen (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG I, S 56 f RZ 2 und 24). Dies setzt aber voraus, dass der Entscheidungsspielraum der Behörde ein enger ist, sodass die sachliche Richtigkeit eindeutig ist und vom Verwaltungsgerichtshof ohne weiteres beurteilt werden kann. Liegt hingegen ein weiter Entscheidungsspielraum der Behörde vor, bei dem im Einzelfall nicht von vornherein ausgeschlossen werden kann, dass ohne Befangenheit ein anderes, für den Beschwerdeführer günstigeres Ergebnis, wenn auch nur in Teilen der Entscheidung, erzielt worden wäre, kann der Befangenheit die Relevanz als Verfahrensmangel nicht abgesprochen werden (vgl. in diesem Zusammenhang etwa die hg. Rechtsprechung zu Ermessenentscheidungen der Behörde bei Hengstschläger/Leeb, aaO, S 57, RZ 24). Wenn daher der Verwaltungsgerichtshof auch darin, dass an der Entscheidung über Bauansuchen beteiligte Organwalter Mitglieder der bauwerbenden Gesellschaft oder Genossenschaft waren, keine Relevanz der Befangenheit sah, so geschah dies angesichts eindeutiger und offenkundiger Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 26. Juni 1997, Zl. 96/06/0145 - in der zugrundeliegenden Beschwerde war die Rechtmäßigkeit des Baubewilligungsbescheides gar nicht in Abrede gestellt worden, vom 28. April 2006, Zl. 2005/05/0296 - in dem der Verwaltungsgerichtshof auch betont hat, dass es sich um keine Ermessensentscheidung gehandelt hat, und vom 18. Dezember 2006, Zl. 2004/05/0202 - in dem es lediglich um die Frage der Rechtzeitigkeit von Einwendungen, der Qualifikation von Einwendungen als baurechtliche und die Lage von Bauten im Bauland ging). Im vorliegenden Fall ist hingegen von Folgendem auszugehen:
Nach § 7 Abs. 1 Z. 3 AVG (sogenannte "relative Befangenheit") haben sich Organwalter immer dann der Ausübung ihres Amtes zu enthalten und ihre Vertretung zu veranlassen, wenn sonstige wichtige Gründe vorliegen, die geeignet sind, ihre volle Unbefangenheit in Zweifel zu ziehen. Dazu verweisen Hengstschläger-Leeb, AVG § 7, Rz. 14, auf die hg. Judikatur, wonach für die Befangenheit maßgeblich ist, ob ein am Verfahren Beteiligter bei vernünftiger Würdigung aller konkreten Umstände Anlass hat, an der Unvoreingenommenheit und objektiven Einstellung des Organwalters zu zweifeln, sodass eine parteiliche Ausübung seines Amtes als wahrscheinlich angesehen werden kann.
Der Vorwurf einer Befangenheit hat somit konkrete Umstände aufzuzeigen, welche die Objektivität des Entscheidungsträgers (hier: Sektionschefin der belangten Behörde, die den angefochtenen Bescheid genehmigt hat und die im Zeitpunkt des angefochtenen Bescheides auch Aufsichtsratsmitglied der mitbeteiligten Projektswerberin war) in Frage stellen oder zumindest den Anschein erwecken können, dass eine parteiische Entscheidung möglich ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. Juni 2009, Zl. 2007/07/0050). Es genügt somit, dass eine Befangenheit mit Grund befürchtet werden muss - auch wenn der Entscheidungsträger tatsächlich unbefangen sein sollte - oder dass bei objektiver Betrachtungsweise auch nur der Anschein einer Voreingenommenheit entstehen könnte (vgl. den Beschluss des Obersten Gerichtshofes vom 14. Juli 2011, 2 Ob 43/11d, zur vergleichbaren Rechtslage des § 19 Z 2 JN, mwN). Dieser Anschein muss im Beschwerdefall auf Grund folgender Erwägungen bejaht werden:
Der Aufsichtsrat einer Aktiengesellschaft dient der Überwachung der Geschäftsführung und nimmt insofern die Interessen der Gesellschafter wahr (s. Krejci, Gesellschaftrecht I (2005) Seite 84). Hauptaufgabe des Aufsichtsrates einer Aktiengesellschaft ist es somit, die Geschäftsführung des Vorstands auf ihre Rechtmäßigkeit, Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit zu überwachen (§ 95 AktG; Rieder/Huemer, Gesellschaftsrecht (2011) Seite 351). Auf Grund des Verweises in § 99 AktG auf § 84 AktG gilt für Aufsichtsratsmitglieder die Sorgfaltspflicht und Verantwortlichkeit der Vorstandsmitglieder sinngemäß. Auch für ein Aufsichtsratsmitglied ist daher jene Sorgfalt maßgeblich, mit der eine ordentliche und gewissenhafte Person geschäftliche Unternehmen der betreffenden Art für eigene Rechnung zu leiten pflegt. Es ist verpflichtet, den Vorteil der Gesellschaft zu wahren und Schaden von ihr abzuwenden (siehe dazu die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 31. Oktober 1973, 1 Ob 179/73, zu § 84 AktG). Bezüglich des beschwerdegegenständlichen Verwaltungsverfahrens ist in diesem Zusammenhang insbesondere von Bedeutung, dass das UVP-G 2000 bei Beurteilung von Infrastrukturprojekten der hier zu beurteilenden Art die Möglichkeit der Vorschreibung eines breiten Spektrums an Auflagen vorsieht (siehe § 24f leg. cit.), die mitbeteiligte Aktiengesellschaft als Projektwerberin aber ein wesentliches Interesse daran hat, mit solchen Auflagen nicht allzusehr wirtschaftlich belastet zu werden.
Ein Organwalter (hier: die in Frage stehende Sektionschefin), den diese Sorgfaltspflicht gegenüber einer Verfahrenspartei trifft, ist demnach als befangen im aufgezeigten Sinn anzusehen (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 21. September 2005, Zl. 2002/09/0076). Es kann nicht von vornherein ausgeschlossen werden, dass insbesondere bezüglich der Nebenbestimmungen auch andere rechtmäßige, für die Beschwerdeführer günstigere Entscheidungsmöglichkeiten gegeben waren.
Die Genehmigung des vorliegenden Projektes der mitbeteiligten Aktiengesellschaft durch deren Aufsichtsrätin belastet somit aus diesen Gründen den angefochtenen Bescheid mit einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Der angefochtene Bescheid war daher ohne Auseinandersetzung mit dem weiteren Beschwerdevorbringen gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. c VwGG aufzuheben.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 455/2008. Das Kostenmehrbegehren war abzuweisen, weil der pauschalierte Schriftsatzaufwand bereits die Umsatzsteuer enthält (siehe dazu schon die in Dolp, Die Verwaltungsgerichtsbarkeit3, auf S 697 angeführte hg. Judikatur).
Wien, am 12. November 2012
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