VwGH 2010/09/0044

VwGH2010/09/004422.3.2012

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok und die Hofräte Dr. Bachler und Dr. Doblinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Senft, über die Beschwerde des R S in B, vertreten durch Mag. Herbert Juri und Mag. Thomas Schuster, Rechtsanwälte in 9400 Wolfsberg, Bambergerstraße 5, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark vom 12. Jänner 2010, Zl. UVS 33.22-22/2009-13, betreffend Bestrafungen nach dem AuslBG (weitere Parteien: Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz, Bundesministerin für Finanzen), zu Recht erkannt:

Normen

AuslBG §28 Abs1;
AuslBG §28 Abs2;
AVG §66 Abs4;
VStG §27 Abs1;
VStG §31 Abs1;
VStG §32 Abs2;
VStG §44a Z1;
AuslBG §28 Abs1;
AuslBG §28 Abs2;
AVG §66 Abs4;
VStG §27 Abs1;
VStG §31 Abs1;
VStG §32 Abs2;
VStG §44a Z1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

De Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde den Beschwerdeführer - nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung - (in teilweiser Abänderung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses) schuldig erkannt, er habe die rumänischen Staatsangehörigen AB und ML am 17. Juli 2007 mit Hilfstätigkeiten auf seiner Liegenschaft mit der Grundstücksadresse S…gasse in 8020 Graz beschäftigt, obwohl für diese keine der im Einzelnen aufgezählten arbeitsmarktrechtlichen Bewilligungen bzw. Bestätigungen ausgestellt gewesen seien.

Der Beschwerdeführer habe dadurch zwei Übertretungen gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a iVm § 3 Abs. 1 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) begangen. Es wurden über ihn zwei Geldstrafen in der Höhe von je EUR 1.000,-- (im Nichteinbringungsfall Ersatzfreiheitsstrafen von je zwei Tagen) verhängt.

In der Begründung des angefochtenen Bescheides führte die belangte Behörde nach Darlegung des Verfahrensganges im Wesentlichen aus, dass der Beschwerdeführer, ein gelernter Spengler, der seinen Lebensunterhalt seit etwa acht Jahren aus Einkünften aus Vermietung bzw. Verpachtung bestreite, am 17. Juli 2007 über eine aufrechte Gewerbeberechtigung mit dem Wortlaut "Handelsgewerbe (mit Ausnahme der bewilligungspflichtigen gebundenen Handelsgewerbe) und Handelsagenten", eine Gewerbeberechtigung als Spengler und eine Gewerbeberechtigung mit dem Wortlaut "Durchführung von einfachen Arbeiten in Häusern und Wohnungen, wie Botendienste, Schneeräumung, Gehsteigreinigung, Gartenreinigung, Parkplatzreinigung, Rasenmähen und ähnliches, die nicht in den Berechtigungsumfang eines gebundenen oder handwerksmäßigen Gewerbes fallen" verfügt habe.

Im Jahr 2006 habe der Beschwerdeführer begonnen, das in seinem Alleineigentum befindliche Zinshaus in der S…gasse 105, 8010 Graz, zu renovieren. Er habe ML zunächst mündlich mit dem Verspachteln von Ständerwänden im 4. Stock des Objektes beauftragt; dieser habe anschließend auch zu nicht näher feststellbaren Zeitpunkten diverse andere Tätigkeiten (wie Wegbringen des Schutts, Entfernung von losem Putz von der Gebäudefassade und vom Boden, Dübelbohren in das Mauerwerk, Anrühren des Klebers) verrichtet. Da die Außenfassade bis Sommer 2007 fertiggestellt werden sollte, habe der Beschwerdeführer auf Grund der großen Menge an Arbeit zusätzlich zu ML auch AB mündlich mit der Durchführung von Arbeiten an der Fassade beauftragt. Der Beschwerdeführer habe sich vor der Beauftragung nicht beim AMS erkundigt, ob diese Beauftragung gegen die Bestimmungen des AuslBG verstoßen würden (vor der ersten Beauftragung von ML habe der Beschwerdeführer zwar seinen Steuerberater befasst, aber auch diesen nicht mit der Prüfung eines allfälligen Verstoßes gegen das AuslBG beauftragt). Bei einer Kontrolle des Finanzamtes am 17. Juli 2007 seien ML und AB auf der Baustelle angetroffen worden, als sie gerade Vollwärmeschutzplatten verspachtelt haben.

Die Fassadenarbeiten (Anbringen des Vollwärmeschutzes) haben sich - so die belangte Behörde weiter - derart gestaltet, dass der Beschwerdeführer die Dämmplatten an der Fassade angebracht habe und die beiden Ausländer als Bauhelfer fungiert haben; AB habe z. B. den Kleber abgerührt und Material transportiert, ML habe u. a. ebenfalls Kleber angerührt, Dübel in das Mauerwerk gebohrt, Styropor geschnitten, losen Putz von Wand und vom Boden entfernt und aufgeräumt. Der angerührte Kleber für den Vollwärmeschutz habe binnen einer halben Stunde nach dem Anrühren verarbeitet werden müssen. Da der Beschwerdeführer, ML und AB den Vollwärmeschutz arbeitsteilig angebracht haben, haben sie sich wegen der zu verrichtenden Tätigkeiten und der Arbeitszeiten stets zuvor abgesprochen. Der Beschwerdeführer habe das Gerüst und sämtliche große Maschinen zur Verfügung gestellt; ML und AB haben selbst lediglich über Spachtelwerkzeug verfügt und ihre Arbeitskleidung gehabt. Es sei vorab kein bestimmter Stundenlohn und auch keine Abrechnung nach Stunden vereinbart, aber klar gewesen, dass die beiden Ausländer jeweils lediglich ihre Arbeitszeit in Rechnung stellen, zumal das Arbeitsmaterial zur Gänze vom Beschwerdeführer beigestellt worden sei. Die beiden Ausländer haben dafür die in mehreren näher bezeichneten Rechnungen ausgewiesenen (Pauschal)Beträge verrechnet. Der Beschwerdeführer habe die Rechnungen zur Gänze, ohne Einbehaltung eines Haft- oder Deckungsrücklasses bezahlt. Die beiden Ausländer, die über näher bezeichnete Gewerbeberechtigungen (für Verspachteln von Ständerwänden bzw. zur Durchführung einfacher Hilfstätigkeiten und Handlangerarbeiten auf Baustellen) verfügt haben, haben sich beim Anbringen des Vollwärmeschutzes nicht vertreten lassen; Urlaub oder Krankheit haben sie dem Beschwerdeführer bekannt gegeben. ML, der über ein gesondertes Büro nicht verfügt und die Rechnungen selbst geschrieben bzw. die notwendigen administrativen Tätigkeiten zu Hause erledigt habe, sei im April, Mai und Juni 2007 daneben für ein bzw. nach dem Tatzeitpunkt bei zwei weiteren Unternehmen tätig gewesen; da er selbst keine Mitarbeiter habe, habe er immer nur auf einer Baustelle tätig sein und die Aufträge hintereinander abarbeiten können.

Davon ausgehend verneinte die belangte Behörde in ihrer rechtlichen Beurteilung das vom Beschwerdeführer behauptete Vorliegen von Werkverträgen und gelangte zum Ergebnis von arbeitnehmerähnlichen (unerlaubten) Beschäftigungsverhältnissen. Im Weiteren erachtete sie das Tatbild der inkriminierten Verwaltungsübertretung sowohl in objektiver als auch subjektiver Hinsicht als erfüllt und legte abschließend ihre Strafbemessungsgründe dar.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde nach Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens sowie Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

In der Beschwerde wird die Unzuständigkeit der belangten Behörde geltend gemacht und dazu vorgebracht, dass es sich bei der Baustelle in der S…gasse 105 in 8020 (richtig: 8010) Graz lediglich um den Betretungsort und nicht um den Tatort handle. Die belangte Behörde habe keine Erhebungen zur Frage durchgeführt, ob der Beschwerdeführer die rumänischen Staatsangehörigen als Privatperson oder Unternehmer beauftragt habe; auf Grund des Hauptwohnsitzes des Beschwerdeführers in L bzw. seines Firmenstandortes in Wolfsberg, auf welchen die Gewerbeberechtigungen ausgestellt seien, seien als I. Instanz die Bezirkshauptmannschaft Wolfsberg und in zweiter Instanz der Unabhängige Verwaltungssenat für Kärnten zuständig gewesen. Darüber hinaus wird gerügt, dass mit der Ergänzung der Wortfolge "auf seiner Liegenschaft mit der Grundstücksadresse S(…)gasse 105 in 8020 Graz" im zweitinstanzlichen Spruch dem Konkretisierungsgebot des § 44 a Z. 1 VStG nicht entsprochen worden sei, weil einerseits die Anschrift richtigerweise in 8010 Graz gelegen sei und andererseits der Hinweis, dass der Beschwerdeführer Eigentümer der Liegenschaft sei, fehle. Diese Änderung zum Tatvorwurf gegenüber dem erstinstanzlichen Spruch sei erst mit dem angefochtenen Bescheid und damit außerhalb der Verfolgungsverjährung erfolgt.

Dem ist Folgendes zu erwidern:

Gemäß § 27 Abs. 1 VStG ist örtlich zuständig die Behörde, in deren Sprengel die Verwaltungsübertretung begangen worden ist, auch wenn der zum Tatbestand gehörende Erfolg in einem anderen Sprengel eingetreten ist. Nach § 27 Abs. 2 leg. cit. ist, wenn danach die Zuständigkeit mehrerer Behörden begründet oder ungewiss ist, in welchem Sprengel die Übertretung begangen worden ist, die Behörde zuständig, die zuerst eine Verfolgungshandlung (§ 32 Abs. 2) vorgenommen hat.

Für die örtliche Zuständigkeit ist grundsätzlich allein entscheidend, wo der Täter gehandelt hat oder hätte handeln sollen. Wird ein zur Vertretung nach außen befugtes Organ zur Verantwortung gezogen, wird zwar als Tatort im Regelfall der Sitz der Unternehmensleitung anzusehen sein, es ist jedoch hiebei stets auf das betreffende Tatbild Bedacht zu nehmen (vgl. dazu etwa die in Walter-Mayer, Verwaltungsverfahrensrecht, 7. Auflage, zu Rz 829 zitierte hg. Judikatur).

Gemäß § 28 Abs. 2 AuslBG beträgt die Verfolgungsverjährungsfrist abweichend von § 31 Abs. 2 VStG für Verwaltungsübertretungen gemäß § 28 Abs. 1 AuslBG ein Jahr.

§ 44a Z. 1 VStG bestimmt, dass der "Spruch" (§ 44 Abs. 1 Z. 6 VStG), wenn er nicht auf Einstellung lautet, "die als erwiesen angenommene Tat" zu enthalten hat. Nach der dazu ergangenen hg. Judikatur muss die Tat im Spruch so eindeutig umschrieben sein, dass kein Zweifel darüber besteht, wofür der Täter bestraft worden ist. Der angeführten Rechtsvorschrift ist dann entsprochen, wenn im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, dass er in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und weiters der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten (Bestraften) rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden. Das an Tatort- und Tatzeitumschreibung zu stellende Erfordernis wird nicht nur von Delikt zu Delikt, sondern auch nach den jeweils gegebenen Begleitumständen in jedem einzelnen Fall ein verschiedenes, weil an den oben wiedergegebenen Rechtsschutzüberlegungen zu messendes sein. Auf der Grundlage dieser Erwägungen hat der Verwaltungsgerichtshof wiederholt ausgesprochen, dass das Fehlen jeder Tatortangabe im Spruch einen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet; es ist grundsätzlich nicht nur das Recht, sondern die Pflicht der Berufungsbehörde, einen allenfalls fehlerhaften Abspruch der ersten Instanz richtig zu stellen oder zu ergänzen. Dies gilt allerdings nur dann, wenn innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist rechtzeitig eine alle der Bestrafung zu Grunde liegenden Sachverhaltselemente enthaltende Verfolgungshandlung (wozu auch der Tatort gehört) durch die Behörde gesetzt wurde (vgl. zum Ganzen das hg. Erkenntnis vom 16. September 2010, Zl. 2010/09/0155, mwN).

Wie sich aus den vorgelegten Verwaltungsakten ergibt, wurde das erstinstanzliche Verfahren zunächst von der Bezirkshauptmannschaft Wolfsberg (ausgehend von den aus den Gewerbescheinen des Beschwerdeführers abgeleiteten Tatort "Sitz des Unternehmens") geführt. Erst nachdem der Beschwerdeführer in seiner Stellungnahme vom 25. Februar 2008 angegeben hatte, dass es sich beim "Objekt in Graz, S(…)gasse 105", nicht um eine Betriebsstätte seines Unternehmens handle, sondern um ein Privatgrundstück, und dass er das darauf befindliche Gebäude "als Privatperson eigenständig" renoviere, erfolgte zuständigkeitshalber eine Abtretung an die Landeshauptstadt Graz. Bereits im Ladungsbescheid der Bezirkshauptmannschaft Wolfsberg vom 7. Februar 2008 (zugestellt an den Beschwerdeführer durch Hinterlegung 11. Februar 2008) ist im Tatvorwurf das Objekt S…gasse 105 in 8020 Graz genannt. Bei der Postleitzahl (8020 statt richtig: 8010) handelt es sich - wie auch im Spruch des nunmehr angefochtenen Bescheides - um einen offenkundigen Schreibfehler (außerdem existiert keine gleichlautend Adresse in 8010 Graz), sodass dem Beschwerdeführer dadurch kein Rechtschutzdefizit entstehen und für ihn nicht fraglich sein konnte, auf welcher Baustelle die beiden Ausländer angetroffen wurde und damit der Tatort hinreichend genau bezeichnet ist.

Soweit der Beschwerdeführer nunmehr (erstmals) den Zugang dieser Ladung bestreitet, ist ihm zu entgegnen, dass es schon nach dem Gesetzeswortlaut von § 32 Abs. 2 VStG auf den Zugang dieser Ladung nicht ankommt; im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass er in seiner (zuvor erwähnten) Stellungnahme vom 25. Februar 2008 explizit auf dieses Schreiben der BH Wolfsberg vom 7. Februar 2008 (unter Anführung der AZ) Bezug nimmt. Damit wurde (bezogen auf den Tatzeitpunkt 17. Juli 2007) jedenfalls innerhalb der einjährigen Verjährungsfrist nach § 28 Abs. 2 AuslBG eine Verfolgungshandlung seitens einer Behörde gesetzt, sodass der Verjährungseinwand des Beschwerdeführers ins Leere geht.

Es begegnet auch keinen Bedenken, wenn die belangte Behörde angesichts des erwähnten Vorbringens des Beschwerdeführers in seiner Stellungnahme vom 25. Februar 2008 sowie der unbekämpft gebliebenen (wenngleich disloziierten auf Seite 13 des angefochtenen Bescheides getroffenen) Feststellung, wonach der Beschwerdeführer betont hat, dass es sich um ein Privatbaustelle gehandelt habe, davon ausgeht, dass das Zinshaus an der gegenständlichen Adresse in seinem Eigentum steht und er als Privatperson die gegenständlichen Arbeiten am 17. Juli 2007 beauftragt hat; damit war auch die Baustelle jener (Tat)Ort, an dem die Beschäftigung eingegangen wurde bzw. der Ort, von dem aus die erforderliche Bewilligungsbeantragung erfolgen hätte müssen.

Vor diesem Hintergrund kann die Unzuständigkeitseinrede des Beschwerdeführers nicht verfangen. Ebenso erweist sich der angefochtene Bescheid nicht als rechtswidrig, wenn die belangte Behörde auf Grundlage ihrer für eine abschließende rechtliche Beurteilung ausreichenden Feststellungen zum Ergebnis gelangt, dass der Beschwerdeführer als ("privater") Dienstgeber durch Beschäftigung der beiden Ausländer an der gegenständlichen Baustelle gegen die inkriminierte gesetzliche Bestimmung verstoßen habe und in ihrem Schuldspruch die im erstinstanzlichen Straferkenntnis fehlende Angabe des Tatortes ergänzt.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Von der vom Beschwerdeführer beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden. Der Anforderung des Art. 6 Abs. 1 EMRK wurde durch die Durchführung einer öffentlichen, mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde, einem Tribunal im Sinne der EMRK, Genüge getan (vgl. das hg. Erkenntnis vom 26. August 1998, Zl. 96/09/0120).

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 22. März 2012

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