Normen
AuslBG §26 Abs1 idF 2005/I/103;
AuslBG §26 Abs4 idF 2005/I/103;
AuslBG §26 Abs4a idF 2005/I/103;
AuslBG §28 Abs1 Z2 litf;
VStG §44a Z1;
VStG §44a Z2;
VStG §9 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2011:2009090084.X00
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen, angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer - nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung - schuldig erkannt, er habe es als handelsrechtlicher Geschäftsführer und damit als zur Vertretung nach außen berufenes Organ der T. GmbH mit Sitz in K. (Anonymisierungen durch den Verwaltungsgerichtshof) zu verantworten, dass am 15. Februar 2007 die Durchführung einer Amtshandlung durch Organe des Finanzamtes Wien 9/18/19 K beeinträchtigt worden sei, indem die Dienstnehmerin C. den Kontrollorganen der Abgabenbehörde den Eingang zur Küche mit aktivem Körpereinsatz verstellt habe, sodass nach Vorwarnung durch diese Dienstnehmerin zwei Personen, die sich in der Küche befunden hätten, durch das Küchenfenster flüchten hätten können und dadurch die Feststellung der Identität dieser Personen verhindert worden sei. Es habe Grund zur Annahme bestanden, dass es sich bei diesen Personen um ausländische Arbeitskräfte gehandelt habe, die beschäftigt oder zu Arbeitsleistungen herangezogen worden seien.
Der Beschwerdeführer habe dadurch eine Übertretung gemäß § 28 Abs. 1 Z. 2 lit. f. iVm § 26 Abs. 4 und § 26 Abs. 4a des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) begangen. Es wurde über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 2.500,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 120 Stunden) verhängt.
In ihrer Begründung führte die belangte Behörde nach Darstellung des Verfahrensganges aus, dass aus dem durchgeführten Beweisverfahren jedenfalls abzuleiten sei, dass anlässlich einer seitens des Finanzamtes 9/18/19 K. im Lokal des Beschwerdeführers durchgeführten Kontrolle, wobei dieses Lokal unstrittig von der im Spruch des Straferkenntnisses bezeichneten T. GmbH betrieben werde, deren handelsrechtlicher Geschäftsführer und sohin als zur Vertretung nach außen berufenes Organ der Beschwerdeführer sei, dessen verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit sohin feststehe, eine Kontrolle durchgeführt worden sei, wobei im Zuge dieser Kontrolle die im Unternehmen des Beschwerdeführers beschäftigte X. einen Beamten des Finanzamtes am Betreten der Küche gehindert habe, dies indem sie sich in die Türe gestellt habe und dem Beamten den Zutritt sohin nicht ermöglicht hätte. Aus diesem Grund hätten sich zwei in der Küche befindliche Personen aus dieser entfernen können, ohne dass es den Beamten des Finanzamtes möglich gewesen wäre, diese einer Kontrolle betreffend ihrer Identität zu unterziehen. Den Beamten des Finanzamtes sei sohin keine Überprüfung dahingehend möglich gewesen, ob bezüglich dieser beiden Personen, die sich der Kontrolle entzogen hätten, etwa eine nach dem AuslBG unerlaubte Beschäftigung dieser beiden Personen durch die vom Beschwerdeführer vertretene Gesellschaft vorgelegen sei.
Rechtlich folgerte die belangte Behörde, dass durch die nicht sofortige Gewährung des Zutrittes zur Küche des Lokales, dies indem sich eine Arbeitnehmerin der vom Berufungswerber vertretenen Gesellschaft in die Türe gestellt habe, woraufhin sich zwei in der Küche befindliche Personen der Kontrolle entzogen hätten, jedenfalls eine Beeinträchtigung der Durchführung dieser Kontrolle gemäß § 26 Abs. 4 und Abs. 4a AuslBG abzuleiten sei, welche nach § 28 Abs. 1 Z 2 lit. f AuslBG strafbar sei. Der Beschwerdeführer habe ein mangelndes Verschulden nicht glaubhaft machen können und habe sohin die im Sinne des § 5 Abs. 1 VStG bestehende Schuldvermutung nicht widerlegen können.
Die belangte Behörde vertrete sohin die Auffassung, dass sowohl vom Vorliegen der objektiven als auch der subjektiven Tatseite auszugehen sei, weshalb seitens der Erstbehörde die Strafverhängung zu Recht erfolgt sei. Die Höhe der verhängten Strafe, es handle sich um die für das festgestellte Delikt im AuslBG vorgesehene gesetzliche Mindeststrafe, erscheine dem Tatunwert und dem Verschulden bei Deliktsetzung ebenso angemessen, wie den persönlichen Verhältnissen des Beschwerdeführers, von welchen die Erstbehörde in ihrer Entscheidung ausgegangen sei und welchen der Beschwerdeführer im Berufungsverfahren nicht entgegen getreten sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen hat:
Die Absätze 1, 2, 4 und 4a des § 26 AuslBG, BGBl. Nr. 218/1975, in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung der im vorgeworfenen Tatzeitpunkt geltenden Novelle BGBl. I Nr. 103/2005, lauten:
"(1) Die Arbeitgeber sind verpflichtet, den Landesgeschäftsstellen des Arbeitsmarktservice und den regionalen Geschäftsstellen des Arbeitsmarktservice sowie den Trägern der Krankenversicherung und den Abgabenbehörden auf deren Verlangen Anzahl und Namen der im Betrieb beschäftigten Ausländer bekanntzugeben. Die Arbeitgeber und die Ausländer sind auf Verlangen verpflichtet, den vorerwähnten Behörden und den Trägern der Krankenversicherung und den Abgabenbehörden die zur Durchführung dieses Bundesgesetzes notwendigen Auskünfte zu erteilen und in die erforderlichen Unterlagen Einsicht zu gewähren. Die Arbeitgeber haben dafür zu sorgen, daß bei ihrer Abwesenheit von der Betriebsstätte oder Arbeitsstelle eine dort anwesende Person den genannten Behörden und Rechtsträgern die erforderlichen Auskünfte erteilt und Einsicht in die erforderlichen Unterlagen gewährt.
(2) Die im Abs. 1 genannten Behörden und Organe der Abgabenbehörden sowie die Organe der Träger der Krankenversicherung sind zur Durchführung ihrer Aufgaben berechtigt, die Betriebsstätten, Betriebsräume und auswärtigen Arbeitsstätten sowie die Aufenthaltsräume der Arbeitnehmer zu betreten und Wege zu befahren, auch wenn dies sonst der Allgemeinheit untersagt ist.
…
(4) Die Organe der Abgabenbehörden sind im Rahmen ihrer Kontrolltätigkeit nach diesem Bundesgesetz befugt, die Identität von Personen festzustellen sowie Fahrzeuge und sonstige Beförderungsmittel anzuhalten und zu überprüfen, wenn Grund zur Annahme besteht, dass es sich bei diesen Personen um ausländische Arbeitskräfte handelt, die beschäftigt werden oder zu Arbeitsleistungen herangezogen werden. Die Organe der Abgabenbehörden sind, wenn wegen Gefahr im Verzug das Einschreiten von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes nicht abgewartet werden kann, auch ermächtigt, Ausländer für die Fremdenpolizeibehörde festzunehmen, wenn Grund zur Annahme besteht, dass diese Ausländer im Bundesgebiet eine Erwerbstätigkeit ausüben oder ausüben wollen, ohne dazu berechtigt zu sein, und sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten. Den Organen der Abgabenbehörden kommen dabei die im § 35 VStG geregelten Befugnisse der Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes zu. Die Ausländer sind unverzüglich der Fremdenpolizeibehörde oder der nächstgelegenen Sicherheitsdienststelle zu übergeben.
(4a) Die Feststellung der Identität ist das Erfassen der Namen, des Geburtsdatums und der Wohnanschrift eines Menschen in dessen Anwesenheit. Sie hat mit der vom Anlass gebotenen Verlässlichkeit zu erfolgen. Menschen, deren Identität festgestellt werden soll, sind hievon in Kenntnis zu setzen. Jeder Betroffene ist verpflichtet, an der Feststellung seiner Identität mitzuwirken und die unmittelbare Durchsetzung der Identitätsfeststellung zu dulden."
Gemäß § 28 Abs. 1 Z. 2 lit. f AuslBG in der oben genannten Fassung ist mit Geldstrafe von EUR 2.500,-- bis EUR 8.000,-- zu bestrafen, wer "entgegen dem § 26 Abs. 4 und 4a die Durchführung der Amtshandlungen beeinträchtigt".
Die belangte Behörde hat festgestellt, dass im Lokal der T. GmbH, welche vom Beschwerdeführer nach außen vertreten wird, anlässlich einer Kontrolle der Finanzbehörden die von der T. GmbH als Kellnerin beschäftigte C. einen Beamten der Finanzbehörden am Betreten der Küche hinderte, indem sie sich in die Türe stellte. So konnten sich zwei in der Küche befindliche Personen aus dieser entfernen, ohne dass es den Finanzbeamten möglich gewesen wäre, diese einer Kontrolle betreffend ihrer Identität zu unterziehen. Den Beamten war sohin keine Überprüfung dahingehend möglich, ob eine nach dem AuslBG unerlaubte Beschäftigung dieser Personen durch die vom Beschwerdeführer vertretene Gesellschaft vorlag.
Durch das Verhalten der C. mag einer der objektiven Tatbestände der Strafnorm des § 28 Abs. 1 Z 2 lit. f AuslBG erfüllt gewesen sein.
Die in § 26 Abs. 1 dritter Satz AuslBG normierte Verpflichtung, dass Arbeitgeber dafür zu sorgen haben, bei ihrer Abwesenheit von der Betriebsstätte oder Arbeitsstelle habe eine dort anwesende Person den genannten Behörden und Rechtsträgern erforderliche Auskünfte zu erteilen und Einsicht in die erforderlichen Unterlagen zu gewähren, richtet sich explizit an den Arbeitgeber, wenn dieser keine natürliche Person ist, an dessen Vertreter gemäß § 9 Abs. 1 VStG.
Im Gegensatz dazu ist gemäß § 28 Abs. 1 Z 2 lit. f AuslBG zu bestrafen, wer "entgegen dem § 26 Abs. 4 und 4a die Durchführung der Amtshandlungen beeinträchtigt". Hier handelt es sich nicht - wie in § 26 Abs. 1 letzter Satz AuslBG - um eine Verpflichtung des Arbeitgebers in bestimmter Weise für etwas Vorsorge zu treffen, sondern um ein schlichtes Verbot der Beeinträchtigung bestimmter Amtshandlungen. Eine dem § 26 Abs. 1 letzter Satz AuslBG vergleichbare Verpflichtung des Arbeitgebers für etwas Vorsorge zu treffen ist mit Bezug auf die Normen der § 26 Abs. 4 oder § 26 Abs. 4a iVm § 28 Abs. 1 Z. 2 lit. f leg. cit. jedoch nicht vorgesehen.
Die belangte Behörde hat keinerlei Feststellungen dahingehend getroffen, dass und wodurch der Beschwerdeführer selbst - der sich nach den Feststellungen der belangten Behörde zur Tatzeit in China aufhielt - irgendwelche Amtshandlungen gemäß § 26 Abs. 4 oder 4a AuslBG beeinträchtigt hätte oder an der Beeinträchtigung von Amtshandlungen durch eine andere Person auch nur mitgewirkt hätte. Indem die belangte Behörde den Beschwerdeführer dennoch bestrafte, hat sie ihn durch den angefochtenen Bescheid in seinen Rechten verletzt.
Im Übrigen sind in § 28 Abs. 1 Z 2 lit. f AuslBG zwei verschiedene Delikte pönalisiert, nämlich einmal die Beeinträchtigung von Amtshandlungen gemäß § 26 Abs. 4 AuslBG und zum anderen die Beeinträchtigung von Amtshandlungen gemäß § 26 Abs. 4a AuslBG, weshalb gemäß § 44a Z. 1 und 2 VStG auch zu präzisieren gewesen wäre, welche der beiden Tathandlungen zur Last gelegt wird.
Der angefochtene Bescheid war nach dem Gesagten schon mangels Vorliegens der objektiven Tatseite gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufzuheben.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.
Wien, am 14. Oktober 2011
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)
