Normen
12010E020 AEUV Art20;
12010E021 AEUV Art21;
21970A1123(01) ZusProt AssAbk Türkei Art41 Abs1;
62005CJ0016 Tum und Dari VORAB;
62006CJ0228 Soysal und Savatli VORAB;
62009CJ0300 Toprak und Oguz VORAB;
62010CJ0186 Oguz VORAB;
62011CJ0256 Dereci VORAB;
ARB1/80 Art13;
EURallg;
FrPolG 2005 §53 Abs1;
FrPolG 2005 §66 Abs1;
EMRK Art8 Abs2;
VwRallg;
12010E020 AEUV Art20;
12010E021 AEUV Art21;
21970A1123(01) ZusProt AssAbk Türkei Art41 Abs1;
62005CJ0016 Tum und Dari VORAB;
62006CJ0228 Soysal und Savatli VORAB;
62009CJ0300 Toprak und Oguz VORAB;
62010CJ0186 Oguz VORAB;
62011CJ0256 Dereci VORAB;
ARB1/80 Art13;
EURallg;
FrPolG 2005 §53 Abs1;
FrPolG 2005 §66 Abs1;
EMRK Art8 Abs2;
VwRallg;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wies die belangte Behörde den Beschwerdeführer, einen türkischen Staatsangehörigen, gemäß § 53 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 aus dem Bundesgebiet aus.
Begründend führte sie im Wesentlichen aus, der Beschwerdeführer sei am 2. Juni 2002 illegal nach Österreich gelangt und habe am 4. Juni 2002 einen Asylantrag gestellt, den er am 8. Jänner 2003 wieder zurückgezogen habe. Nach seiner Eheschließung am 20. Jänner 2003 habe er am 17. März 2003 einen Erstantrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung zum Zweck der Familiengemeinschaft mit seiner Ehefrau eingebracht. Bereits die erste Vernehmung seiner Ehefrau durch die Erstbehörde am 6. Oktober 2003 habe den Verdacht des Vorliegens einer Aufenthaltsehe bekräftigt. Anlässlich einer Hauserhebung am 27. November 2003 habe die Ehefrau des Beschwerdeführers schlussendlich auf die Frage, ob es sich bei der Ehe um eine Aufenthaltsehe gegen Bezahlung handle, nur geantwortet, ob sie jetzt das Geld wieder zurückgeben müsse. Am 19. Dezember 2003 habe sie gegenüber der Erstbehörde angegeben, seit drei Jahren einen österreichischen Staatsangehörigen als Lebensgefährten zu haben. Aus dieser Beziehung stamme ihr erstes Kind. Der Beschwerdeführer sei auch nicht der Vater ihres zweiten, am 13. November 2003 geborenen Kindes. Geheiratet habe sie nur, weil sie einmal im Leben verheiratet sein habe wollen. Der Beschwerdeführer habe sie gefragt, ob sie ihn heirate, damit er ein Visum bekomme. Direkt für die Heirat habe sie kein Geld bekommen.
In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer sei zwar mit einer österreichischen Staatsbürgerin verheiratet. Diese habe jedoch ihr Recht auf Freizügigkeit nicht in Anspruch genommen, daher sei der Beschwerdeführer kein begünstigter Drittstaatsangehöriger im Sinn des § 2 Abs. 4 Z. 11 FPG.
Der Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung sei mit Bescheid vom 26. Juni 2004 in erster Instanz rechtskräftig abgewiesen worden. Da sich der Beschwerdeführer weiterhin ohne entsprechenden Aufenthaltstitel im Bundesgebiet aufhalte, seien die Voraussetzungen zur Erlassung einer Ausweisung - vorbehaltlich der Bestimmungen des § 66 Abs. 1 FPG - im Grunde des § 53 Abs. 1 leg. cit. gegeben.
Laut Berufungsvorbringen lebe eine Schwester des Beschwerdeführers in Österreich, zu der er engen Kontakt habe. Er sei berufstätig und sozial integriert. Laut Versicherungsdatenauszug sei er seit März 2003 durchgehend - mit kurzfristigen Unterbrechungen - beschäftigt. Mit der Ausweisung sei zwar von einem Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers auszugehen, dieser sei jedoch zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele, nämlich zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens, dringend geboten und bei Abwägung der öffentlichen Interessen gegen die persönlichen Interessen des Beschwerdeführers im Sinn des § 66 FPG auch zulässig.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:
Die Beschwerde wendet sich nicht gegen die Feststellungen im angefochtenen Bescheid, wonach der Beschwerdeführer seinen Asylantrag zurückgezogen habe und sein Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung rechtskräftig abgewiesen worden sei. Es wird auch nicht vorgebracht, dass er auf Grund anderer Bestimmungen zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt sei. Wenn die Beschwerde rügt, die belangte Behörde habe nicht geprüft, ob seine Ehefrau ihr Recht auf Freizügigkeit in Anspruch genommen habe, so behauptet er selbst nicht, dass dem so wäre und er daher auf Grund gemeinschaftsrechtlicher Bestimmungen zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt sei. Von daher legt der Beschwerdeführer die Relevanz des behaupteten Verfahrensfehlers nicht dar (vgl. idS etwa das hg. Erkenntnis vom 19. Mai 2011, Zl. 2008/21/0124, mwN). Die Auffassung der belangten Behörde, dass die Tatbestandsvoraussetzung des § 53 Abs. 1 FPG erfüllt sei, begegnet daher keinen Bedenken.
An dieser Beurteilung ändert auch das Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Union (EuGH) vom 15. November 2011, C-256/11 , Rs Dereci ua., nichts. Einerseits ist im vorliegenden Fall jedenfalls davon auszugehen, dass der Ehefrau des Beschwerdeführers, weil er mit dieser eigenen Angaben zufolge kein gemeinsames Familienleben führt, im Fall dessen Ausweisung der tatsächliche Genuss des Kernbestandes ihrer Rechte aus dem Unionsbürgerstatus nicht verwehrt würde (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 2008/18/0189). Andererseits liegen fallbezogen für den Beschwerdeführer als türkischen Staatsangehörigen auch keine neuen Beschränkungen der Möglichkeit der Aufenthaltsnahme und sohin auch der Möglichkeit, eine Erwerbstätigkeit in Österreich aufzunehmen (vgl. dazu ausführlich das hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 2007/18/0430, auf dessen Begründung gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen wird), vor. Der Antrag des Beschwerdeführers auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung wurde unbestritten mit Bescheid vom 26. Juni 2004 gemäß § 49 Abs. 1 iVm § 47 Abs. 2 iVm § 8 Abs. 4 Fremdengesetzes 1997 (FrG) - also wegen des Fehlens eines Familienlebens - rechtskräftig abgewiesen. In einer solchen Konstellation war eine Niederlassungsbewilligung nach § 49 Abs. 1 FrG nicht zu erteilen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 3. März 2004, Zl. 2003/18/0158), sodass für den Beschwerdeführer - bezogen auf den Zeitpunkt der Erlassung der gegenständlichen Ausweisung, in dem ebenfalls kein gemeinsames Familienleben geführt wurde - auch aus den für türkische Staatsangehörige geltende Stillhalteklauseln nichts zu gewinnen ist.
Die Beschwerde bringt weiter vor, der Beschwerdeführer sei kurdischer Abstammung und in der Türkei politisch verfolgt. Deshalb habe er in der Berufung einen Antrag auf Feststellung, dass seine Abschiebung in die Türkei unzulässig sei, gestellt. Über diesen Antrag habe die belangte Behörde nicht entschieden.
Dem ist entgegenzuhalten, dass die Frage des Vorliegens von Gründen im Sinn des § 50 Abs. 1 oder Abs. 2 FPG nicht im Ausweisungsverfahren, sondern in einem gesonderten Verfahren zu beurteilen ist. Dass dieses Verfahren zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides noch anhängig war, macht die Ausweisung nicht unzulässig.
Mit Blick auf § 66 FPG bringt der Beschwerdeführer vor, er sei seit fünf Jahren in Österreich aufhältig und mit einer österreichischen Staatsbürgerin verheiratet, mit der er jedoch derzeit nicht mehr zusammenlebe. Die Ehe sei jedoch nach wie vor aufrecht. Er sei in Österreich arbeitstätig und habe verwandtschaftliche Beziehungen zu seiner Schwester und einem Onkel; weitere Verwandte habe er nicht mehr.
Damit bringt der Beschwerdeführer keine relevanten Umstände vor, die die belangte Behörde nicht bereits berücksichtigt hätte. Zutreffend hat sie einen mit der Ausweisung verbundenen relevanten Eingriff in sein Privat- und Familienleben angenommen. Sie hat aber auch auf das große öffentliche Interesse an der Einhaltung eines geordneten Fremdenwesens verwiesen, das dadurch verletzt wird, wenn Fremde nach Zurückziehung ihres Asylantrages und nach rechtskräftiger Abweisung ihres Antrages auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung dennoch unrechtmäßig im Bundesgebiet bleiben.
Diesem öffentlichen Interesse an der Erlassung der Ausweisung stehen ein beinahe fünfjähriger inländischer Aufenthalt des Beschwerdeführers, der jedoch überwiegend unrechtmäßig war, sowie seine Berufstätigkeit gegenüber. Angesichts des Umstandes, dass der Beschwerdeführer eigenen Angaben zufolge mit seiner Ehefrau kein gemeinsames Familienleben führt, wobei sich aus dem Beschwerdevorbringen keine Hinweise auf eine Herstellung einer ehelichen Gemeinschaft ergeben, sind die aus dieser Ehe ableitbaren persönlichen Interessen des Beschwerdeführers zu relativieren (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 22. März 2011, Zl. 2007/18/0628). Auf die Ausführungen hinsichtlich des Vorliegens einer Aufenthaltsehe war somit nicht mehr einzugehen. Dass neben seiner Schwester auch ein Onkel im Bundesgebiet lebt, wurde während des Verwaltungsverfahrens - trotz diesbezüglicher Fragestellung im Rahmen der Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme mit Schreiben vom 4. August 2004 - nicht geltend gemacht und widerspricht somit dem im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof geltenden Neuerungsverbot (vgl. § 41 Abs. 1 VwGG).
In Gesamtbetrachtung aller Umstände ist es nicht als rechtswidrig zu erkennen, dass die Verhältnismäßigkeitsprüfung nach Art. 8 Abs. 2 EMRK zu Lasten des Beschwerdeführers vorgenommen wurde.
Der Beschwerdeführer rügt auch die Verletzung von Verfahrensvorschriften, weil die belangte Behörde Beweisanträge nicht durchgeführt, sich mit seinem Vorbringen im Asylverfahren nicht auseinandergesetzt, ihn nicht vom Ergebnis des Ermittlungsverfahrens verständigt und nicht vernommen habe. Dem ist einerseits entgegenzuhalten, dass ein bloßer Verweis auf ein im Verwaltungsverfahren oder einem anderen Verfahren erstattetes Vorbringen keine gesetzmäßige Ausführung von Beschwerdegründen darstellt (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 2. September 2008, Zl. 2008/18/0566, mwN). Zum anderen besteht im fremdenrechtlichen Administrativverfahren vor der Sicherheitsdirektion kein Recht darauf, von der Behörde mündlich gehört zu werden (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 22. Februar 2011, Zl. 2010/18/0472, mwN). Im Übrigen ist nicht ersichtlich, zu welchen Ermittlungsergebnissen die belangte Behörde dem Beschwerdeführer die Möglichkeit zur Stellungnahme hätte einräumen sollen. Die Verfahrensrügen gehen somit ins Leere.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am 15. Dezember 2011
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