VwGH 2007/04/0082

VwGH2007/04/008222.11.2011

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Bayjones, Dr. Grünstäudl, Dr. Kleiser und Mag. Nedwed als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Dr. Greisberger, in der Beschwerdesache der X in Y, vertreten durch Dr. Karl Mandl, Rechtsanwalt in 4950 Altheim, Wiesnerstraße 2, gegen die als Bescheid bezeichnete Erledigung des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 12. Februar 2007, Zl. EnRo(Ge)-107797/7-2007-Z, betreffend Versagung der Genehmigung eines Gewinnungsbetriebsplanes, den Beschluss gefasst:

Normen

AVG §10 Abs2;
AVG §8;
VwGG §26 Abs2;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §51;
VwGG §58 Abs1;
ZustG §7 Abs1;
ZustG §9 Abs1;
ZustG §9 Abs3;
AVG §10 Abs2;
AVG §8;
VwGG §26 Abs2;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §51;
VwGG §58 Abs1;
ZustG §7 Abs1;
ZustG §9 Abs1;
ZustG §9 Abs3;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Kosten werden nicht zugesprochen.

Begründung

Mit der angefochtenen als Bescheid bezeichneten Erledigung hat die belangte Behörde die Berufung der Beschwerdeführerin gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 6. Oktober 2006, mit welchem die Genehmigung des Gewinnungsbetriebsplanes für die Erweiterung des Steinbruchs der Beschwerdeführerin an einem näher genannten Standort versagt worden war, gemäß § 82 Abs. 1 Mineralrohstoffgesetz (MinroG) abgewiesen.

Gegen diese Erledigung richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes, in eventu Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde, in eventu Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die Beschwerde macht (u.a.) geltend, dass die angefochtene als Bescheid bezeichnete Erledigung entgegen der in der Zustellverfügung angeordneten Zustellung an den Beschwerdevertreter direkt und ausschließlich an die Beschwerdeführerin erfolgt sei. Diese habe die Orginalerledigung per Telefax dem ausgewiesenen Vertreter übermittelt. Der in der unterlassenen Zustellung an den Parteienvertreter gelegene Verfahrensmangel könne dadurch nicht geheilt werden, weil es auf das "tatsächliche Zukommen" und nicht auf die bloße Kenntnisnahme etwa durch Telefax ankomme (Hinweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. März 2001, Zl. 2001/06/0004). Die Zustellung der angefochtenen Erledigung (wie auch des erstinstanzlichen Bescheides, der gleichfalls an die Beschwerdeführerin und nicht an deren ausgewiesenen Vertreter zugestellt worden sei) sei daher gesetzwidrig.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in ihrer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt. Zu den behaupteten Zustellmängeln verwies sie auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 31. März 2004, Zl. 2002/06/0212, demzufolge auch ein per Telefax tatsächlich dem Empfänger zugekommenes Schriftstück als zugestellt und allenfalls unterlaufene Zustellmängel damit als geheilt gelten.

Die Beschwerde ist nicht zulässig:

Die entscheidungswesentlichen Bestimmungen des Zustellgesetzes (ZustG), BGBl. Nr. 200/1982, in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 10/2004, lauten:

"Begriffsbestimmungen

§ 2. Im Sinne dieses Bundesgesetzes bedeuten die Begriffe:

1. 'Empfänger': die von der Behörde in der Zustellverfügung (§ 5) namentlich bezeichnete Person, in deren Verfügungsgewalt das zuzustellende Dokument gelangen soll;

Zustellverfügung

§ 5. Die Zustellung wird von der Behörde angeordnet, deren Dokument zuzustellen ist. Sie hat - soweit dies notwendig ist - in geeigneter Form zu bestimmen:

1. den Empfänger, dessen Identität möglichst eindeutig zu bezeichnen ist,

Heilung von Zustellmängeln

§ 7. (1) Unterlaufen im Verfahren der Zustellung Mängel, so gilt die Zustellung als in dem Zeitpunkt dennoch bewirkt, in dem das Dokument dem Empfänger tatsächlich zugekommen ist.

...

Zustellungsbevollmächtigter

§ 9. (1) Soweit in den Verfahrensvorschriften nichts anderes bestimmt ist, können die Parteien und Beteiligten andere natürliche und juristische Personen, Personengesellschaften des Handelsrechts und eingetragene Erwerbsgesellschaften gegenüber der Behörde ausdrücklich zur Empfangnahme von Dokumenten bevollmächtigen (Zustellungsvollmacht).

...

(3) Ist ein Zustellungsbevollmächtigter bestellt, so hat die Behörde, soweit gesetzlich nichts anders bestimmt ist, diesen als Empfänger zu bezeichnen.

..."

Nach den unbestrittenen Ausführungen der Beschwerdeführerin, die auch mit den Verwaltungsakten im Einklang stehen, wurde in der angefochtenen als Bescheid bezeichneten Erledigung in der Zustellverfügung die Zustellung an die Beschwerdeführerin zu Handen ihres ausgewiesenen Vertreters angeordnet. Die Erledigung wurde jedoch nicht an diesen, sondern ausschließlich an die Beschwerdeführerin zugestellt, die in weiterer Folge das Schriftstück per Telefax an ihren ausgewiesenen Vertreter am 28. Februar 2007 übermittelte.

Der Umstand, dass die Erledigung, die im Original nicht dem Vertreter, sondern lediglich der Partei selbst zugestellt wurde, dem Rechtsvertreter der Partei mittels Telefax zugekommen und ihm somit in dieser Form zur Kenntnis gekommen ist, kann den in der unterlassenen Zustellung an den Parteienvertreter gelegenen Verfahrensmangel nicht heilen. Die Kenntnis des Vertreters vom Erledigungsinhalt durch Übermittlung einer Telekopie (bzw. Telefax) wie die Kenntnis durch Übergabe einer Fotokopie stellt kein "tatsächliches Zukommen" der Erledigung gegenüber dem Vertreter im Sinne des § 7 Abs. 1 ZustG dar (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 16. September 2009, Zl. 2006/05/0080, mwH). In dem von der belangten Behörde angeführten hg. Erkenntnis vom 31. März 2004, Zl. 2002/06/0212, demzufolge auch ein per Telefax tatsächlich dem Empfänger zugekommenes Schriftstück als zugestellt und allenfalls unterlaufene Zustellmängel als geheilt gelten, war hingegen ein anderer Sachverhalt, nämlich die Zustellung per Telefax durch die Behörde an den Empfänger zu beurteilen.

Im Beschwerdefall kann daher nicht von einem tatsächlichen Zukommen der als Bescheid bezeichneten Erledigung gegenüber dem Vertreter und somit nach dem eigenen Vorbringen der Beschwerdeführerin nicht von einer Sanierung des Zustellmangels im Sinne des § 7 Abs. 1 Zustellgesetz die Rede sein. Die als Bescheid bezeichnete Erledigung ist daher gegenüber der Beschwerdeführerin nicht rechtswirksam erlassen worden.

Gemäß § 26 Abs. 2 VwGG kann die Beschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof allerdings auch erhoben werden, bevor der Bescheid dem Beschwerdeführer zugestellt oder verkündet worden ist. Für das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof gilt in diesem Fall der Bescheid als an dem Tag zugestellt, an dem der Beschwerdeführer von seinem Inhalt Kenntnis erlangt hat.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat § 26 Abs. 2 VwGG im Mehrparteienverfahren Bedeutung. Voraussetzung für die Zulässigkeit der Erhebung einer Beschwerde gegen einen nicht gegenüber dem Beschwerdeführer ergangenen Bescheid ist, dass dieser geeignet ist, materielle subjektiv-öffentliche Rechte des Beschwerdeführers als Partei zu verletzen, und durch Zustellung an eine andere Verfahrenspartei rechtliche Existenz erlangt hat (vgl. etwa den hg Beschluss vom 28. Mai 2008, Zl. 2008/03/0059, mwN, und das hg. Erkenntnis vom 6. November 1997, Zl. 96/20/0664).

Das Verfahren zur Genehmigung von Gewinnungsbetriebsplänen gemäß § 116 MinroG ist ein Mehrparteienverfahren. Parteistellung hat nach Abs. 3 dieser Bestimmung - soweit für das vorliegende Verfahren von Bedeutung- neben dem Genehmigungswerber jedenfalls die im erstinstanzlichen Verfahren beigezogene Standortgemeinde. Der in Erledigung der Berufung der Beschwerdeführerin ergangene angefochtene "Bescheid" wurde nach der Aktenlage weder an die Standortgemeinde adressiert noch an diese rechtswirksam zugestellt.

Es fehlt sohin an der für die Bescheidbeschwerde gemäß Art. 131 B-VG wesentlichen Voraussetzung des Vorliegens eines rechtswirksam erlassenen Bescheides, weswegen die Beschwerde mangels Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes gemäß § 34 Abs. 1 und Abs. 3 VwGG in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat zurückzuweisen war.

Kosten waren der belangten Behörde nicht zuzusprechen. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. dazu den Beschluss vom 28. April 2008, Zl. 2007/12/0168, mwH) kann die in Form einer Zurückweisung der Beschwerde gegen eine als Bescheid bezeichnete Erledigung getroffene verwaltungsgerichtliche Entscheidung nicht einer Zurückweisung im Begriffsverständnis des § 51 VwGG gleichgehalten werden, wenn der Fehler der von der Beschwerdeführerin bekämpften Erledigung sich - wie im Beschwerdefall - nicht in deren Sphäre ereignet hat. Bei dieser Sachlage hat es bei der allgemeinen Regel des § 58 Abs. 1 VwGG zu bleiben, wonach jede Partei den im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erwachsenen Aufwand selbst zu tragen hat.

Wien, am 22. November 2011

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