VwGH 2009/10/0054

VwGH2009/10/005413.12.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und die Hofräte Dr. Stöberl, Dr. Rigler, Dr. Schick und Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Uhlir, über die Beschwerde der Umweltanwältin des Landes Steiermark in 8010 Graz, Stempfergasse 7, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 18. Dezember 2008, Zl. FA13C-54G452/12-2008, betreffend naturschutzrechtliche Ausnahmebewilligung (mitbeteiligte Partei: M S in G, vertreten durch Eisenberger & Herzog Rechtsanwalts GmbH in 8010 Graz, Hilmgasse 10), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §45 Abs2;
AVG §52;
NatSchG Stmk 1976 §36 Abs3 Z1;
NatSchG Stmk 1976 §5 Abs5;
NatSchG Stmk 1976 §5 Abs6;
NatSchV Gesäuse Ennstal Salzatal 1958 §2 lita idF 1959/056;
NatSchV Gesäuse Ennstal Salzatal 1958 §2 litb;
NatSchV Gesäuse Ennstal Salzatal 1958 §4 idF 1959/056;
VwGG §41 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
VwRallg;
AVG §45 Abs2;
AVG §52;
NatSchG Stmk 1976 §36 Abs3 Z1;
NatSchG Stmk 1976 §5 Abs5;
NatSchG Stmk 1976 §5 Abs6;
NatSchV Gesäuse Ennstal Salzatal 1958 §2 lita idF 1959/056;
NatSchV Gesäuse Ennstal Salzatal 1958 §2 litb;
NatSchV Gesäuse Ennstal Salzatal 1958 §4 idF 1959/056;
VwGG §41 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Das Land Steiermark hat der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Schreiben vom 21. Oktober 2005 beantragte der Mitbeteiligte die naturschutzrechtliche Ausnahmebewilligung für die Errichtung einer Wasserkraftanlage am M-Bach mit einer Konsenswassermenge von 45 l/s. Die geplante Wehranlage befinde sich auf ca. 840 m ü.A. und stehe am nördlichen Rand eines Fischteiches bei einem Wochenendhaus auf der rechten Bachseite. Die Triebwasserleitung verlaufe am rechten Ufer ca. 860 m entlang des M-Baches bis zum Turbinenhaus und zur Wasserrückgabe. Die Wasserfassung erfolge mit einer Staumauer, die den Bach leicht aufstaue. Auf der Gesamtlänge der Ausleitungsstrecke werde eine Rohfallhöhe von 154,40 m erreicht. Die Restwassermenge solle in den Monaten November bis März 2 l/s und in den Monaten April bis Oktober 5 l/s betragen.

Nach der vom Mitbeteiligten vorgelegten "Ökologischen Kurzbeurteilung" des naturkundlichen Sachverständigen DI. Dr. R. vom 9. August 2005 liege die geplante Wasserkraftanlage innerhalb des Naturschutzgebietes "Wildalpener Salzatal". Während der M-Bach oberhalb von 800 m ü.A. durch Verlegungen, Durchlässe, Wasserentnahmen für den Fischteich und Abtreppungen stark anthropogen verändert worden sei, sei er unterhalb dieses Bereiches als weitgehend naturnah anzusehen. Bei dem M-Bach handle es sich um einen Quellbach (bis 1 m Breite, Einzugsgebiet unter 2 km2) mit einer ausgeprägten Tiefenwasserrinne und vielen Abtreppungen mit Kolken und kleinen Tümpeln. Die durchschnittliche Neigung des Gerinnes betrage 18 %. Im gesamten Verlauf seien keine Erosionsansätze (Abtrag und Aufschüttung) vorhanden und gehe der Uferbewuchs bis an den Rand des Gewässers. Sowohl links- als auch rechtsufrig befänden sich im gesamten Verlauf Vernässungen, kleinere Quellen und Feuchteanzeiger. Auf Grund der Steilheit und der geringen Größe des Gewässers befände sich im M-Bach kein Fischbesatz. Die "fluviatile Primärproduktion" sei gering und werde im Waldbereich durch hereinhängende Äste und Lichtabschirmung beeinträchtigt. Das Gewässerbett biete einen Lebensraum mit Kleinbiotopen. Die Gewässergüte sei lediglich gering belastet.

Was die Abflusswerte des M-Baches anlange, so hätten eigene Messungen des Mitbeteiligten ganzjährig sehr konstante Wasserführungen mit bis zu 50 l/s ergäben. Die Wassertemperaturen seien zwar niedrig aber konstant, sodass der M-Bach auch im Winter nicht zufriere. Eine eigene Messung des Sachverständigen vom 23. Juni 2005 habe einen Abfluss von 42 l/s ergeben. Vor dem Hintergrund des hydrologischen Gutachtens von Ing. V. (Amt der Steiermärkischen Landesregierung) vom 18. Juli 2005 - diesem zufolge liege ein mittlerer Abfluss (MQ) von 7 l/s, ein kleinster Abfluss (NNQT) von 0,5 l/s und ein mittlerer Jahreskleinstabfluss (MJNQT) von 1,8 l/s vor - sei davon auszugehen, dass während des Winterhalbjahres das NNQT keinesfalls unterschritten werden dürfe und während des Sommerhalbjahres sich das Restwasser am MJNQT orientieren solle. Es werde daher vorgeschlagen, dass aus landschaftsökologischen Gründen in der Zeit vom 1. April bis 31. Oktober 5 l/s und vom 1. November bis 31. März 2 l/s als Restwasser in den M-Bach abzugeben seien. Bei Einhaltung dieser Pflichtwassermenge werde der ökologische Zustand des M-Baches (Gewässergüte, Makrozoobenthos und Fische) durch die geplante Wasserentnahme nicht verschlechtert. Limnologische Detailuntersuchungen sowie zusätzliche Dotierwasserversuche seien dabei nicht notwendig oder zielführend.

Mit Schreiben vom 22. Dezember 2005 legte die beschwerdeführende Partei das Gutachten des naturkundlichen Sachverständigen Dr. H. vom 9. Dezember 2005 vor. Danach treffe es zu, dass sich die Pflichtwasserführung am NNQT bzw. am MJNQT zu orientieren habe. Die ökologische Funktionsfähigkeit des M-Baches ändere sich nämlich dann nicht, wenn bei der Entnahme des Wassers das NNQt nicht unterschritten werde, die Jahreswasserfracht MJNQT erhalten bleibe, zumindest zeitweise der ursprüngliche bettbildende Wasserstand erreicht werde und die Jahresganglinie erhalten bleibe. Letzteres bedeute, dass das Hochwassergeschehen erkennbar sein müsse und die Hochwässer im Bach wirken müssten. Sofern diese Rahmenbedingungen eingehalten würden, könnte von weiteren Untersuchungen abgesehen und von der Erhaltung der ökologischen Funktionsfähigkeit ohne weiteres ausgegangen werden. Im vorliegenden Fall seien aber die im hydrologischen Gutachten vom 18. Juli 2005 angegebenen Abflusswerte nicht zutreffend. Tatsächlich weise der M-Bach eine Wasserführung auf, die vom konstanten Quellabfluss abhänge. Anlässlich eines Ortsaugenscheines am 7. Dezember 2005 sei die Wasserführung des M-Baches auf 30 l/s geschätzt worden. Auch hätten Messungen des Mitbeteiligten und des Sachverständigen DI Dr. R. deutlich höhere als die im hydrologischen Gutachten vom 18. Juli 2005 angeführten Werte ergeben.

Es sei daher davon auszugehen, dass das niedrigste monatliche Mittelwasser im Februar bei 30 l/s liege. Aus den eigenen Messungen des Mitbeteiligten gehe ein mittlerer Abfluss von 37 l/s hervor. Demnach dürfte das niedrigste Niedrigwasser zwischen 20 und 30 l/s liegen. Auf diese natürliche Niedrigwasserführung sei die Biozönose im M-Bach eingestellt und ergebe sich daraus auch der Sollwert für die Erhaltung der ökologischen Funktionsfähigkeit. Bei einem Restwasser von 2 l/s sei damit zu rechnen, dass der Wasserkörper kleiner werde. Damit verkleinere sich auch die Menge der transportierten Wärme und werde der Wasserkörper in seichten, langsam fließenden Bereichen vereisen. Die Biozönose werde sich in Richtung Krenal- und Interstitialformen verändern. Die epirhithralen Elemente würden ebenso wie die allenfalls vorliegenden Bestände höherer Krebse ausfallen. Damit verschiebe sich das ökologische Gleichgewicht und es könne eine Beeinträchtigung der ökologischen Funktionsfähigkeit nicht ausgeschlossen werden. Diese sei sogar höchst wahrscheinlich. Für eine abschließende limnologische Beurteilung der beantragten Reduktion der Wasserführung sei aber noch zu ermitteln, welche Organismen (Makrozoobenthos und Phytobenthos) derzeit im M-Bach vorhanden seien. Weiters müsse klargestellt werden, wie diese Lebensgemeinschaften aufgebaut seien und welche Abflussverhältnisse diese Lebensgemeinschaften benötigten.

Im Übrigen sei darauf hinzuweisen, dass durch das geplante Projekt eine nachteilige Veränderung des Landschaftscharakters und eine Störung des Naturgenusses nicht zu befürchten sei.

Erkennbar mit Schreiben vom 31. März 2008 änderte der Mitbeteiligte seinen Antrag vom 21. Oktober 2005 unter Vorlage geänderter Projektsunterlagen dahin gehend ab, dass die Restwassermenge auf ganzjährig 5 l/s erhöht werden solle.

Die Steiermärkische Landesregierung holte das Gutachten der naturkundlichen Amtssachverständigen Dr. K. vom 14. Juli 2008 ein. Danach wäre das ökologische Gleichgewicht bei der Restwassermenge von 2 l/s in den Wintermonaten und 5 l/s in Sommermonaten nicht gegeben gewesen. Die ganzjährige Abgabe einer Pflichtwassermenge von 5 l/s, welche 13,5 % des mittleren Abflusses von 37,04 l/s ausmache, sollte aber zur Erhaltung des ökologischen Gleichgewichtes ausreichend sein. Die Befürchtungen des naturkundlichen Sachverständigen Dr. H. im Gutachten vom 9. Dezember 2005, dass bei einer Restwassermenge von nur 2 l/s der Wasserkörper kleiner werde und durch die Abnahme der transportierten Wärme Vereisungen von seichten und langsam fließenden Bereichen zu erwarten seien, womit sich die Biozönose verändern werde, sollten mit einer ganzjährigen Abgabe von 5 l/s ausgeräumt sein. Auch würden durch die Kleinräumigkeit des Projektes und im Hinblick auf den Umstand, dass in der näheren Umgebung noch mindestens drei weitere Gerinne mit ähnlichem Charakter vorhanden seien, die natürlichen Erscheinungsformen des Naturschutzgebietes in ihrer Gesamtheit nicht mit nachhaltiger Wirkung verändert.

Im Rahmen des Parteiengehörs wies die beschwerdeführende Partei in ihrer Stellungnahme vom 25. August 2008 neuerlich auf die Diskrepanz zwischen den vom Mitbeteiligten gemessenen und den im hydrologischen Gutachten vom 18. Juli 2005 enthaltenen Abflussdaten hin. Ferner wurde (ua.) vorgebracht, dass zur Erhaltung der Benthozönosen eine Restwassermenge von mindestens 15 l/s erforderlich sei. Eine Vermindung dieser Menge dürfe erst nach fachkundiger Begründung und Dokumentation erfolgen.

Mit Bescheid vom 18. Dezember 2008 erteilte die Steiermärkische Landesregierung gemäß § 4 der Verordnung der Steiermärkischen Landesregierung vom 8. Juli 1958 über die Erklärung des Gesäuses und des anschließenden Ennstales bis zur Landesgrenze sowie des Wildalpener Salzatales zu Naturschutzgebieten, dem Mitbeteiligten die naturschutzrechtliche Ausnahmebewilligung zur Errichtung der Kleinwasserkraftanlage am M-Bach entsprechend den vorgelegten Planunterlagen unter Vorschreibung (ua.) folgender Auflage:

"24. Die Pflichtwasserabgabe zur Dotation der Entnahmestrecke wird ganzjährig mit 5 l/s festgesetzt."

In der Begründung führte die Steiermärkische Landesregierung gestützt auf das Gutachten der naturkundlichen Amtssachverständigen Dr. K. vom 14. Juli 2008 aus, dass bei Einhaltung der im Spruch genannten Auflagenpunkte durch die Errichtung der Wasserkraftanlage die natürlichen Erscheinungsformen des betroffenen Gebietes in ihrer Ganzheit nicht mit nachhaltiger Wirkung wesentlich verändert würden. Auch lasse sich der Stellungnahme der beschwerdeführenden Partei vom 25. August 2008 nicht entnehmen, worin eine solche Veränderung der natürlichen Erscheinungsformen dieses Gebietes in ihrer Ganzheit gelegen sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift. Auch der Mitbeteiligte erstattete eine Gegenschrift, in der er die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die - im Hinblick auf § 6 Abs. 2 des Gesetzes über Einrichtungen zum Schutz der Umwelt, LGBl. Nr. 78/1988, zulässige - Beschwerde erwogen:

1.1. Die im Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen der Verordnung der Steiermärkischen Landesregierung vom 8. Juli 1859 über die Erklärung des Gesäuses und des anschließenden Ennstales bis zur Landesgrenze sowie des Wildalpener Salzatales zu Naturschutzgebieten, LGBl. Nr. 56/1958, idF. der Verordnung der Steiermärkischen Landesregierung vom 20. Juli 1959, mit der der Anhang zur Verordnung vom 8. Juli 1958, LGBl. Nr. 56, über die Erklärung des Gesäuses und des anschließenden Ennstales bis zur Landesgrenze sowie des Wildalpener Salzatales zu Naturschutzgebieten, abgeändert wird, LGBl. Nr. 56/1959, (im Folgenden: VO) lauten (auszugsweise):

"Auf Grund des §§ 4 und 15 des Reichsnaturschutzgesetzes vom 26. Juni 1935 in der Fassung der Verordnung zur Einführung des Reichsnaturschutzrechtes im Lande Österreich vom 10. Februar 1939 (RGBl. I S. 217) - Gesetzblatt für das Land Österreich Nr. 245/1939 - wird verordnet:

...

§ 1.

1. Die im Anhang beschriebenen und in der dem Naturschutzbuch beigefügten Karte bezeichneten Gebiete, und zwar:

...

II. das Wildalpener Salzatal

werden zu Naturschutzgebieten erklärt.

...

§ 2.

Es ist daher verboten, in diesen Gebieten

a) Bauwerke aller Art außerhalb geschlossener Siedlungen aufzuführen,

b) Bodenbestände abzubauen, Sprengungen oder Grabungen vorzunehmen, Schutt oder Bodenbestandteile abzulagern oder die Bodengestaltung einschließlich der Wasserläufe und Wasserflächen auf andere Weise zu verändern oder zu beschädigen,

...

§ 4.

Ausnahmen von den im § 2 genannten Verboten können von der Landesregierung zugelassen werden, wenn die natürlichen Erscheinungsformen dieses Gebietes in ihrer Ganzheit nicht mit nachhaltiger Wirkung wesentlich verändert werden.

..."

1.2. Von Interesse sind auch die Bestimmungen des Steiermärkischen Naturschutzgesetzes 1976 (im Folgenden: Stmk NatSchG 1976) idF. LGBl. Nr. 71/2007, welche (auszugsweise) wie folgt lauten:

"III. Besondere Schutzmaßnahmen

§ 5

Naturschutzgebiete

(1) Gebiete, die wegen ihrer weitgehenden Ursprünglichkeit, der besonderen Vielfalt ihrer Tier- und Pflanzenwelt, wegen seltener oder gefährdeter Tier- und Pflanzenarten einschließlich ihrer Lebensgrundlagen, insbesondere aus naturwissenschaftlichen Gründen erhaltungswürdig sind, können durch Verordnung zu Naturschutzgebieten erklärt werden.

...

(4) In der Verordnung sind Gegenstand und Zweck des Schutzes, die Abgrenzung des Gebietes und die Handlungen festzulegen, die nach den örtlichen Gegebenheiten als schädigende Eingriffe (§ 2 Abs. 1) verboten sind; ferner ist festzulegen, ob und in welchen Gebietsteilen Ausnahmen nach Abs. 6 zulässig sind.

(5) In einem Naturschutzgebiet dürfen keine die Natur schädigende, das Landschaftsbild verunstaltende oder den Naturgenuß beeinträchtigende Eingriffe vorgenommen werden; ausgenommen sind solche Eingriffe, die für den Schutzzweck erforderlich sind oder die ohne Verzug zur Beseitigung von das Leben und die Gesundheit von Menschen gefährdenden Mißständen oder zur Abwehr schwerer volkswirtschaftlicher Schäden notwendig sind. Solche Eingriffe sind von dem, der sie vornimmt, der Bezirksverwaltungsbehörde binnen drei Tagen anzuzeigen.

(6) Die Behörde hat Ausnahmen vom Verbot des Abs. 5 zu bewilligen, wenn der Eingriff dem Zweck des Schutzes nicht widerspricht.

(7) In einer Ausnahmebewilligung sind Auflagen zur weitestgehenden Vermeidung der mit dem Eingriff verbundenen nachteiligen Folgen (§ 2 Abs. 1) vorzuschreiben.

...

VIII. Übergangs- und Schlußbestimmungen

...

§ 36

Inkrafttreten und Außerkrafttreten

(1) Dieses Gesetz tritt mit 1. Jänner 1977 in Kraft.

(2) ...

(3) Mit diesem Gesetz treten außer Kraft:

1. Das Reichsnaturschutzgesetz vom 26. Juni 1935, RGBl. I S. 821, und die Verordnung vom 31.Oktober 1935, RGBl. I S.1275, zur Durchführung des Reichsnaturschutzgesetzes, beide in der Fassung der Verordnung zur Einführung des Reichsnaturschutzrechts im Lande Österreich vom 10. Februar 1939, RGBl. I S.217 (GBl. f. d. L. Ö. Nr.245), mit Ausnahme jener Ermächtigungen, die die Grundlage für die in der Anlage angeführten Verordnungen darstellen, bis zu deren Ersatz nach diesem Gesetz. ...

...

Anlage:

...

2. Folgende Verordnungen der Steiermärkischen Landesregierung:

...

b) Verordnung vom 8. Juli 1958, LGBl. Nr. 56, über die Erklärung des Gesäuses und des anschließenden Ennstales bis zur Landesgrenze sowie des Wildalpener Salzatales zu Naturschutzgebieten i. d. F. der Verordnung LGBl. Nr. 56/1959.

..."

2. Die Beschwerde ist unbegründet.

2.1.1. Unstrittig ist, dass die beschwerdegegenständliche Wasserkraftanlage innerhalb jenes Gebietes liegt, welches mit der VO zum Naturschutzgebiet Wildalpener Salzatal erklärt worden ist.

2.1.2. Die VO gilt, wie aus § 36 Abs. 3 Z. 1 Stmk NatSchG 1976 hervorgeht, bis zum Ersatz durch eine neue Verordnung weiter, und zwar auch soweit es sich um die Verordnungsbestimmung über die Zulassung von Ausnahmen (§ 4 VO) handelt. Demnach bleibt für die Anwendung des § 5 Abs. 6 Stmk NatSchG 1976 - er sieht die Bewilligung von Ausnahmen vom Eingriffsverbot des Abs. 5 vor - kein Raum. Wenn aber § 5 Abs. 6 Stmk NatSchG 1976 nicht anwendbar ist, so gilt dies - auf Grund des untrennbaren Zusammenhanges von Verbots- und Ausnahmebestimmungen - in gleicher Weise für § 5 Abs. 5 Stmk NatSchG 1976, gemäß dem in einem Naturschutzgebiet keine die Natur schädigenden, das Landschaftsbild verunstaltenden oder den Naturgenuss beeinträchtigenden Eingriffe vorgenommen werden dürfen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 9. Februar 1989, Zl. 88/10/0146 mwN). Die belangte Behörde hat sich daher bei der Beurteilung der Voraussetzungen für die Erteilung der beantragten naturschutzrechtlichen Ausnahmebewilligung zutreffend nicht auf § 5 Stmk NatSchG 1976, sondern auf § 4 VO gestützt.

2.2.1. Die Beschwerde bringt unter Hinweis auf das Gutachten des naturkundlichen Sachverständigen Dr. H. vom 9. Dezember 2005 vor, dass die Biozönose des im Naturschutzgebiet gelegenen M-Baches an ein Niedrigwasser von 20 bis 30 l/s gewöhnt sei. In dem von der belangten Behörde eingeholten Gutachten der naturkundlichen Amtssachverständigen Dr. K. vom 14. Juli 2008 sei nicht näher begründet worden, aus welchem Grund es bei der Restwassermenge von 5 l/s zu keiner Beeinträchtigung der ökologischen Funktionsfähigkeit komme. Auch bestehe eine Diskrepanz zwischen den vom Mitbeteiligten gemessenen und den im hydrologischen Gutachten von Ing. V. vom 18. Juli 2005 angeführten Abflusswerten.

Damit macht die Beschwerde Verfahrensmängel in Form der Heranziehung eines unzureichend begründeten Gutachtens und von Begründungsmängeln geltend.

2.2.2. Verfahrensfehler der Behörde - dies gilt auch für Mängel der Begründung eines Bescheides - führen nur dann zu einer Aufhebung des angefochtenen Bescheides gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG, wenn die Behörde bei deren Unterbleiben zu einem anderen Bescheid hätte kommen können. Es ist Sache der beschwerdeführenden Partei, diese Relevanz des behaupteten Verfahrensverstoßes darzutun; sie hat durch konkretes tatsächliches Vorbringen in der Beschwerde darzulegen, zu welchem anderen Ergebnis die belangte Behörde bei Einhaltung der Verfahrensvorschriften hätte kommen können (vgl. z. B. die hg. Erkenntnisse vom 22. März 1999, Zl. 98/10/0041 und 27. April 2000, Zl. 99/10/0181).

2.2.3. Der Beschwerde gelingt es mit den oben wiedergegeben Darlegungen nicht, die Relevanz der von ihr behaupteten Verfahrensmängel aufzuzeigen.

Der angefochtene Bescheid beruht auf der auf das Gutachten der naturkundlichen Amtssachverständigen Dr. K. vom 14. Juli 2008 gestützten Auffassung, dass bei einer Restwassermenge von 2 l/s in den Winter- und 5 l/s in den Sommermonaten das ökologische Gleichgewicht in der Restwasserstrecke im W-Bach nicht gegeben sei. Hingegen sei bei einer ganzjährigen Pflichtwassermenge von 5 l/s, welche 13,5 % des - auch im Gutachten des naturkundlichen Sachverständigen Dr. H. vom 9. Dezember 2005 erwähnten - mittleren Abflusses von 37,04 l/s ausmache, nicht zu befürchten, dass es zu einer Vereisung in den seichten und langsam fließenden Bereichen des M-Baches komme. Damit werde es auch nicht zu einer Veränderung der Biozönose kommen. Auch würden durch die Kleinräumigkeit des Projektes und in Hinblick auf den Umstand, dass in der näheren Umgebung noch mindestens drei weitere Gerinne mit ähnlichem Charakter vorhanden seien, die natürlichen Erscheinungsformen des betroffenen Gebietes in ihrer Gesamtheit nicht mit nachhaltiger Wirkung verändert.

Die beschwerdeführende Partei hatte - entgegen ihrer Auffassung - Gelegenheit, diese Darlegungen der Amtssachverständigen, denen ohnehin nicht die im hydrologischen Gutachten vom 18. Juli 2005 angeführten, im endeingereichten Projekt vorgesehenen Abflusswerte zu Grunde gelegt waren, in geeigneter Weise, etwa mit einem von ihr selbst in Auftrag gegebenen Gutachten zu entkräften (vgl. das hg. Erkenntnis vom 3. November 2008, Zl. 2005/10/0208).

Das von der beschwerdeführenden Partei vorgelegte und auch in ihrer Stellungnahme vom 25. August 2008 erwähnte Gutachten des naturkundlichen Sachverständigen Dr. H. vom 9. Dezember 2005 beruhte freilich auf der Annahme, dass die Restwassermenge in den Monaten November bis März 2 l/s betragen solle und befasste sich ausschließlich mit den Auswirkungen dieser Restwassermenge auf das ökologische Gleichgewicht. Insbesondere lässt sich dem Gutachten vom 9. Dezember 2005 nicht entnehmen, welche Auswirkungen auf das ökologische Gleichgewicht eine in den M-Bach abgegebene Restwassermenge von 5 l/s, wie sie dem Projekt des Mitbeteiligten zugrundeliegt, hätte.

Die von der beschwerdeführenden Partei erstmals mit der Beschwerde vorgelegte Stellungnahme von Dr. F. vom 23. Januar 2009 zu den Auswirkungen einer ganzjährigen Restwassermenge von 5 l/s auf das ökologische Gleichgewicht im M-Bach stellt eine im Verwaltungsgerichtshofverfahren unbeachtliche Neuerung dar. Ein im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegtes Gutachten fällt nur dann nicht unter das Neuerungsverbot, wenn dadurch belegt werden soll, dass sich der von der Behörde beigezogene Sachverständige eines Verstoßes gegen die Denkgesetze schuldig gemacht hat, oder dass die vom behördlich beigezogenen Sachverständigen gefundenen Ergebnisse auf Erfahrungssätzen beruhen und/oder unter Anwendung von Methoden gefunden wurden, die dem anerkannten aktuellen Stand der Wissenschaft des betroffenen Fachgebietes nicht entsprechen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. Mai 2003, Zl. 2000/07/0224). Solches wird vorliegendenfalls jedoch nicht behauptet. Sollte das Gutachten der naturkundlichen Amtssachverständigen Dr. K. vom 14. Juli 2008 tatsächlich von unzutreffenden oder unvollständigen Prämissen ausgegangen sein, dann wäre dies eine Fehlerhaftigkeit der gutachterlichen Äußerung gewesen, der rechtlich wirksam nur auf der Ebene des Verwaltungsverfahrens hätte begegnet werden können (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Juli 1995, Zl. 93/07/0043).

2.3. Die Beschwerde war aus diesen Erwägungen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

3. Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm. der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am 13. Dezember 2010

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