Normen
NatSchG Stmk 1976 §36 Abs3 Z1;
NatSchG Stmk 1976 §5 Abs5;
NatSchG Stmk 1976 §5 Abs6;
NatSchV Gesäuse Ennstal Salzatal 1958 §2 lita idF 1959/056;
NatSchV Gesäuse Ennstal Salzatal 1958 §4 idF 1959/056;
VwRallg;
NatSchG Stmk 1976 §36 Abs3 Z1;
NatSchG Stmk 1976 §5 Abs5;
NatSchG Stmk 1976 §5 Abs6;
NatSchV Gesäuse Ennstal Salzatal 1958 §2 lita idF 1959/056;
NatSchV Gesäuse Ennstal Salzatal 1958 §4 idF 1959/056;
VwRallg;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Das Land Steiermark hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von S 9.270,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
I.
1. Mit Bescheid vom 6. Juli 1988 wies die Steiermärkische Landesregierung (die belangte Behörde) das Ansuchen der nunmehr beschwerdeführenden Partei (vom 10. Juli 1987) um Erteilung der naturschutzbehördlichen Bewilligung für einen Schotterabbau auf dem Grundstück nnn/nn, KG W, gemäß § 5 Abs. 5 des Steiermärkischen Naturschutzgesetzes 1976 - NSchG 1976, LGBl. Nr. 65, in Verbindung mit der Verordnung LGBl. Nr. 56/1958 idF LGBl. Nr. 56/1959, ab.
Zur Begründung ihres Bescheides gab die belangte Behörde zunächst die - der Beschwerdeführerin im Verfahren zur Kenntnis gebrachte - Stellungnahme ihres Amtssachverständigen für Fragen des Naturschutzes wieder. Danach liege das zur Bewilligung beantragte Schottergrubenareal (Grundstück nnn/nn) innerhalb des "Naturschutzgebietes I, Gesäuse". Die dort bereits derzeit bestehende Kiesgrube sei aufgrund ihres kleinräumigen Abbaues landschaftlich vertretbar und beeinträchtige den Landschaftscharakter nur in geringem Umfang. Die vorgesehene Erweiterung durch die Beschwerdeführerin betreffe ein direkt angrenzendes Waldgebiet mit Fichten- und Lärchenbestockung und ziehe sich hangaufwärts in den Bereich der offenen Felsköpfe und Flanken der Reiterbachmauer. Durch diese vorgesehene Höhenentwicklung und flächenmäßige Ausdehnung des Abbauareals sei eine wesentlich stärkere Beeinträchtigung des Landschaftsbildes und Landschaftscharakters bei klein- wie auch großräumiger Betrachtungsweise zu erwarten. Zur Klärung der sich aufgrund der Äußerung der Beschwerdeführerin zu dieser fachlichen Stellungnahme ergebenden Fragen sei am 28. Juni 1988 eine mündliche Verhandlung mit Ortsaugenschein durchgeführt worden. Hiebei sei anhand der verbalen Abgrenzung der Verordnung LGBl. Nr. 56/1958 in der geänderten Fassung Nr. 56/1959 festgestellt worden, daß entgegen der Behauptung der Beschwerdeführerin das Grundstück nnn/nn innerhalb des Naturschutzgebietes I liege. Im rechtswirksamen Flächenwidmungsplan sei der gegenständliche Bereich sowie der gesamte Umraum als Freiland bzw. Wald ausgewiesen. Unbestritten seien das Bestehen der fraglichen Kiesgrube sowie wiederholte Entnahmen im kleinen Rahmen seit der Jahrhundertwende; dies sei jedoch ebensowenig verfahrensgegenständlich wie die Existenz mehrerer von der Beschwerdeführerin genannter Abbaubetriebe in der näheren Umgebung. Der Ortsaugenschein habe dieselbe naturräumliche Situation ergeben, wie sie in der Amtssachverständigen-Stellungnahme vom 23. November 1987 dargestellt worden sei.
In rechtlicher Hinsicht kam die belangte Behörde unter Hinweis auf § 5 Abs. 5 NSchG 1976 und § 2 lit. a und b der Verordnung LGBl. Nr. 56/1958 zu dem Ergebnis, daß "aufgrund der gegebenen Rechts- und Sachlage" die naturschutzrechtliche Bewilligung für den geplanten Schotterabbau auf dem Grundstück nnn/nn, KG W, im Naturschutzgebiet I nicht erteilt habe werden können.
2. Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch diesen Bescheid in ihrem "Recht auf Genehmigung des beantragten Schotterabbaues" verletzt. Sie behauptet inhaltliche Rechtswidrigkeit und begehrt deshalb die Aufhebung des angefochtenen Bescheides.
3. Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der von ihr erstatteten Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Vorweg ist festzuhalten, daß die Beschwerdeführerin ihren im Verwaltungsverfahren erhobenen Einwand, das in Rede stehende Grundstück nnn/nn befinde sich nicht im Naturschutzgebiet (sondern im Landschaftsschutzgebiet) in der Beschwerde nicht aufrecht erhalten hat. Der Gerichtshof geht daher unter Bedachtnahme auf die diesbezüglichen Aktenunterlagen mit der belangten Behörde davon aus, daß sich das genannte Grundstück und damit der zur Bewilligung beantragte Abbaubereich in dem von der Verordnung LGBl. Nr. 56/1958, geändert durch die Verordnung LGB1. Nr. 56/1959, erfaßten "Naturschutzgebiet I" (Naturschutzgebiet Gesäuse und anschließendes Ennstal bis zur Landesgrenze) befindet.
2.1. Die belangte Behörde hat ihre abweisliche Entscheidung sowohl auf § 5 Abs. 5 NSchG 1976 als auch auf § 2 lit. a und b der Verordnung LGBl. Nr. 56/1958 gestützt. Nach der zuletzt genannten Rechtsvorschrift ist es u.a. verboten, im Naturschutzgebiet (lit. a) Bauwerke aller Art außerhalb geschlossener Siedlungen aufzuführen, und (lit. b) - soweit hier bedeutsam - Bodenbestandteile abzubauen. Gemäß § 4 der Verordnung können von den im § 2 genannten Verboten von der Landesregierung Ausnahmen zugelassen werden, wenn die natürlichen Erscheinungsformen dieses Gebietes in ihrer Ganzheit nicht mit nachhaltiger Wirkung wesentlich verändert werden.
2.2. Die Verordnung LGBl. Nr. 56/1958 gilt, wie aus § 36 Abs. 3 Z. 1 NSchG 1976 hervorgeht, bis zum Ersatz durch eine neue Verordnung weiter, und zwar wie der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 8. Oktober 1985, Slg. 10 611, und ihm folgend der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 15. September 1986, Zl. 86/10/0005, ausgesprochen hat, auch soweit es sich um die Verordnungsbestimmungen über die Zulassung von Ausnahmen (§ 4 dieser Verordnung) handelt. Demnach bleibt für die Anwendung des § 5 Abs. 6 NSchG 1976 - er sieht die Bewilligung von Ausnahmen vom Eingriffsverbot des Abs. 5 vor - kein Raum. Wenn aber § 5 Abs. 6 NSchG 1976 nicht anwendbar ist, so gilt dies - aufgrund des untrennbaren Zusammenhanges von Verbots- und Ausnahmebestimmung - in gleicher Weise für § 5 Abs. 5 leg. cit., gemäß dem in einem Naturschutzgebiet keine die Natur schädigende, das Landschaftsbild verunstaltende oder den Naturgenuß beeinträchtigende Eingriffe vorgenommen werden dürfen.
2.3. Die somit rechtsirrige Heranziehung (auch) des § 5 Abs. 5 NSchG 1976 durch die belangte Behörde führt indes dann nicht zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides, wenn sich die Behörde mit ihrer die angestrebte Bewilligung versagenden Entscheidung in rechtlich einwandfreier Weise auf den Tatbestand des § 2 lit. b der Verordnung LGBl. Nr. 56/1958 zu berufen vermochte. Daß die belangte Behörde den genannten Verbotstatbestand zu Unrecht als verwirklicht angesehen habe, wird von der Beschwerde nicht behauptet. Der Verwaltungsgerichtshof hegt unter Zugrundelegung des Akteninhaltes gegen diese rechtliche Subsumtion keine Bedenken.
Die belangte Behörde hat sich im bekämpften Bescheid allerdings weder ausdrücklich noch der Sache nach mit § 4 der genannten Verordnung befaßt; dementsprechend fehlt auch eine Begründung dafür, ob die in dieser Vorschrift für die Erteilung einer Ausnahmebewilligung normierte Voraussetzung im Beschwerdefall vorliegt oder nicht. Solange aber die belangte Behörde nicht - auf dem Boden eines mängelfreien Verfahrens - zu dem Ergebnis gekommen ist, es könne im Beschwerdefall keine auf § 4 der Verordnung gestützte Ausnahme zugelassen werden, so lange ist es ihr nicht möglich, ohne rechtswidrig zu handeln, die angestrebte Bewilligung zu versagen.
3. Das offensichtlich auf ein Verkennen der Rechtslage zurückzuführende Versäumnis der belangten Behörde, bei der Behandlung des Bewilligungsantrages der Beschwerdeführerin auf § 4 der Verordnung LGBl. Nr. 56/1958 Bedacht zu nehmen, belastet den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit. Er war deshalb - ohne daß es eines Eingehens auf das Beschwerdevorbringen bedurfte - gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
4. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 1 Z. 2 VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers vom 30. Mai 1985, BGBl. Nr. 243. Die Abweisung des Mehrbegehrens beruht darauf, daß im verwaltungsgerichtlichen Verfahren Barauslagen (§ 48 Abs. 1 Z. 1 dritter Fall VwGG) nicht entstanden sind.
Wien, am 9. Februar 1989
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