VwGH 2007/15/0256

VwGH2007/15/025622.3.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Sulyok, Dr. Zorn, Dr. Büsser und Mag. Novak als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Unger, über die Beschwerde des P in K, vertreten durch Thuller & Partner Wirtschaftstreuhand & Steuerberatungs GmbH in 9020 Klagenfurt, Villacher Straße 83, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Klagenfurt, vom 28. August 2007, Zl. RV/0081-K/07, betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2005, zu Recht erkannt:

Normen

BAO §114;
B-VG Art18 Abs1;
EStG §34 Abs1 Z2;
EStG §34 Abs3;
VwRallg;
BAO §114;
B-VG Art18 Abs1;
EStG §34 Abs1 Z2;
EStG §34 Abs3;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer bezog im Streitjahr 2005 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit als leitender Angestellter einer Versicherungsanstalt. Daneben war er als Vortragender bei einer Erwachsenenbildungseinrichtung tätig und erzielte daraus Einkünfte aus selbständiger Arbeit.

In der Einkommensteuererklärung 2005 machte der Beschwerdeführer unter Hinweis auf seine Behinderung neben anderen nicht strittigen Aufwendungen Ausgaben für Terrassenarbeiten in Höhe von 700 EUR sowie für Gartenarbeiten in Höhe von 630 EUR als außergewöhnliche Belastung geltend.

Aktenkundig ist eine behördlich festgestellte Minderung der Erwerbsfähigkeit des Beschwerdeführers im Ausmaß von 50%. Die hierzu vorgelegte amtsärztliche Bestätigung aus dem Jahr 2001 hat folgenden Inhalt:

"Bei Herrn (Beschwerdeführer) besteht ein lumbosacraler Übergangswirbel mit chronisch rezidiv. Lumbosacralgie mit pseudoradikulärer Ausstrahlung links bei Spondylolisthese Grad I und Degeneration der LWS.

Vom Bundessozialamt wurde ein Grad der Behinderung von 50% eingestuft.

Aus amtsärztlicher Sicht wird dazu festgestellt, dass im akuten Schub und bei entzündlicher Aktivierung größere Besorgungen des alltäglichen Lebens nicht durchgeführt werden können und eine Hilfestellung durch andere Personen notwendig ist."

Im Zusammenhang mit den Aufwandspositionen "Terrassen- und Gartenarbeiten" finden sich folgende Bestätigungen in den Verwaltungsakten:

"Ich ... Kurt, (...) bestätige auf diesem Wege, dass ich

bedingt durch die chronischen Erkrankungen von (Beschwerdeführer) körperlich schwerere Arbeiten auf der Terrasse (Reinigungsarbeiten, Einwinterungs-, Auswinterungsarbeiten, Reparaturarbeiten), die von ihm krankheitshalber nicht durchgeführt werden können, erledigt habe. Pauschal wurden dafür im Jahr 2005 700,00 bezahlt."

"Für die im Frühjahr und im Herbst 2005 durchgeführten 'Garten- und Bepflanzungsarbeiten' (Beschaffungs-, Transport- und Durchführungstätigkeiten) auf der Terrasse von (Beschwerdeführer), werden von mir, ... Renate, (…) nachfolgende Stunden in Rechnung gestellt.

April 2005

25 Stunden a'10,00

250,00

Mai 2005

20 Stunden a'10,00

200,00

November 2005

18 Stunden a'10,00

180,00

  

Summe 630,00

---------------------------

Den Rechnungsbetrag habe ich jeweils in den ob genannten

Teilbeträgen bar erhalten."

Im Einkommensteuerbescheid 2005 berücksichtigte das Finanzamt den Freibetrag gemäß § 35 Abs. 3 EStG 1988 sowie den Pauschbetrag wegen Diätverpflegung und anerkannte auch sonst alle beantragten Aufwendungen (insbesondere für Medikamente, Arztbesuche und Rezeptgebühren) mit Ausnahme jener für die Terrassen- und Gartenarbeiten als außergewöhnliche Belastung.

In der dagegen erhobenen Berufung verwies der Beschwerdeführer auf Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes, wonach bei kranken Personen insoweit eine außergewöhnliche Belastung vorliegen könne, als die krankheitsbedingte Betreuung über eine normale Haushaltshilfe hinausginge. Dies sei gegenständlich der Fall. Das "Organisieren und Heranschaffen/Tragen von Blumenerde (20 bis 25 kg) Sträucher, Ballen auf die Terrasse sowie deren Einpflanzung in den einzelnen Betontrögen. Verheben von einzelnen Betontrögen (Leergewicht 380 kg, bepflanzt ca. 550 bis 600 kg) mittels Handhubwagen" stellten Arbeiten dar, die der Beschwerdeführer auf Grund seiner aktenkundigen Behinderung nicht selbst durchführen könne. Da einzelne Pflanzen nicht winterhart seien, müssten diese Betontröge in den Keller transportiert oder auf der Terrasse eingehaust werden. Dazu seien aufwendige näher beschriebene Reinigungsmaßnahmen erforderlich. Diese Tätigkeiten gingen im Sinne des hg. Erkenntnisses vom 20. November 1996, 94/15/0141, weit über die Tätigkeit einer "normalen Haushaltshilfe" hinaus.

Die belangte Behörde führte einen Ortsaugenschein durch und stellte dabei fest, dass die streitgegenständliche Terrasse im

3. Stock einer Wohnungseigentumsanlage liege und ausschließlich über die Terrassentür der Eigentumswohnung des Beschwerdeführers erreicht werden könne. Die Terrassenfläche belaufe sich nach den Angaben des Beschwerdeführers auf 97 m2 und sei gänzlich mit Steinplatten ausgekleidet. Die berufungsgegenständlichen Waschbetontröge, die allesamt mit Schilfpflanzen, Thujen u.ä. bepflanzt seien, befänden sich - aneinander gereiht - zu einem überwiegenden Teil an der Terrassenbrüstung. Über Befragen habe der Beschwerdeführer angegeben, sein Vater Kurt P. habe sämtliche körperlich anstrengenden Terrassenarbeiten erledigt; auch die sehr zeitaufwendigen Reinigungsarbeiten am Wasserabfluss sowie am Terrassenunterbau. Sämtliche "Gartenarbeiten", wie Düngen, Kürzen der Schilfblätter, Neubepflanzungen, Besorgung von Blumenerde, etc. seien von Frau Renate V., einer Bekannten, besorgt worden.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung ab. Sie stützte ihre Entscheidung im Wesentlichen auf folgende Erwägungen:

Die Arbeiten an der Terrasse beinhalteten kein Element der Außergewöhnlichkeit, weil Tätigkeiten dieser Art in Ansehung des Gewichtes der zu befördernden Tröge und aufzuhebenden Betonplatten (ca. 20 kg) von einer Mehrzahl der Steuerpflichtigen auch ohne körperliche Beeinträchtigung unter Inanspruchnahme fremder Hilfe durchgeführt würden. Insbesondere seien ältere oder auf Grund ihrer körperlichen Konstitution nicht geeignete Personen in der Regel dazu verhalten, derartige Arbeiten von Dritten entgeltlich besorgen zu lassen. So sei es insbesondere auch Frauen nicht zuzumuten, Betontröge mit einem derartigen Gewicht zu befördern bzw. zur Einwinterung in den Keller zu verbringen. Es erübrige sich daher auch eine Prüfung der Frage, ob die von der Rechtsprechung in Bezug auf die steuerliche Anerkennung von Verträgen zwischen nahen Angehörigen entwickelten Kriterien im gegenständlichen Fall überhaupt vorliegen.

Hinsichtlich der "Gartenarbeiten" liege das Element der Zwangsläufigkeit - unzweifelhaft - nicht vor. Die Bepflanzung der Betontröge im Brüstungsbereich mit Koniferen, Schilfpflanzen udgl. sei auf Grund des freien Entschlusses des Beschwerdeführers erfolgt. All diese Maßnahmen dienten offensichtlich der Verschönerung des Terrassenbereiches sowie der Herstellung eines Sichtschutzes. Es ergäbe sich somit kein Hinweis darauf, dass die getätigten Arbeiten aus tatsächlichen, rechtlichen oder gar sittlichen Gründen erforderlich gewesen wären.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

§ 34 Abs. 1 bis 3 EStG 1988 lautet:

"(1) Bei der Ermittlung des Einkommens (§ 2 Abs. 2) eines unbeschränkt Steuerpflichtigen sind nach Abzug der Sonderausgaben (§ 18) außergewöhnliche Belastungen abzuziehen. Die Belastung muss folgende Voraussetzungen erfüllen:

  1. 1. Sie muss außergewöhnlich sein (Abs. 2).
  2. 2. Sie muss zwangsläufig erwachsen (Abs. 3).
  3. 3. Sie muss die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigen (Abs. 4).

    Die Belastung darf weder Betriebsausgaben, Werbungskosten noch Sonderausgaben sein.

(2) Die Belastung ist außergewöhnlich, soweit sie höher ist als jene, die der Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse erwächst.

(3) Die Belastung erwächst dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihr aus tatsächlichen, rechtlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann."

§ 34 Abs. 6 EStG 1988 idF BGBl. I. Nr. 9/1998 lautet auszugsweise:

"Folgende Aufwendungen können ohne Berücksichtigung des Selbstbehaltes abgezogen werden:

(...)

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