VwGH 2007/05/0254

VwGH2007/05/025419.1.2010

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger sowie den Senatspräsidenten Dr. Kail und die Hofräte Dr. Pallitsch, Dr. Handstanger und Dr. Hinterwirth als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Zykan, über die Beschwerde der RL in Graz-Wetzelsdorf, vertreten durch Dr. Peter Schlösser und Dr. Christian Schoberl, Rechtsanwälte in 8010 Graz, Körösistraße 17/I, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark vom 6. April 2007, Zl. UVS 20.3-22,23,24/2006-35, betreffend Maßnahme nach dem Tierschutzgesetz (weitere Partei: Steiermärkische Landesregierung), zu Recht erkannt:

Normen

AVG §67a Z2;
AVG §67c Abs3;
B-VG Art129a Abs1 Z2;
TierschutzG 2005 §34 Abs2;
TierschutzG 2005 §35 Abs4;
TierschutzG 2005 §35;
TierschutzG 2005 §36 Abs1;
AVG §67a Z2;
AVG §67c Abs3;
B-VG Art129a Abs1 Z2;
TierschutzG 2005 §34 Abs2;
TierschutzG 2005 §35 Abs4;
TierschutzG 2005 §35;
TierschutzG 2005 §36 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die Beschwerdeführerin bewohnt gemeinsam mit ihrem Ehemann M. L. das Wohnhaus X-Straße 4 in Y. Sie betreibt in diesem Wohnhaus eine Hundezucht.

Auf Grund der Anzeige eines Nachbarn fand im Haus der Beschwerdeführerin am 2. August 2006 eine Erhebung durch den Amtstierarzt Dr. H. statt.

In der gegen diese Amtshandlung gerichteten Maßnahmenbeschwerde an die belangte Behörde brachte die Beschwerdeführerin im Wesentlichen vor, dass sie in ihrem von Art. 9 StGG gewährleisteten Hausrecht und in ihrem von Art. 8 EMRK gewährleisteten Recht auf Privat- und Familienleben verletzt worden sei. Die Befugnis der Behörde, aus veterinärpolizeilichen Gründen Räume, Liegenschaften und Transportmittel zu kontrollieren, beziehe sich lediglich auf jene Orte, an denen Tiere tatsächlich gehalten würden; eine Kontrolle des gesamten Hauses ohne Durchsuchungsbefehl sei keinesfalls zulässig. Dr. H. habe jedoch im Zuge der Kontrolle auch Schlafzimmer, Geschäftsräume und den Badevorraum betreten und Kästen und Schreibtische etc. durchsucht. Unklar sei auch der Grund für diese Kontrolle. Aus dem Akteninhalt gehe nur hervor, dass eine anonyme Anzeige eines Nachbarn wegen Lärmbelästigung erfolgt sei. Die Lärmbelästigung sei jedoch keinesfalls ausreichend, um eine Kontrolle nach dem Tierschutzgesetz durchzuführen.

Unverhältnismäßig sei im Übrigen auch eine von Dr. H. zu verantwortende Körperverletzung und eine Sachbeschädigung.

Die belangte Behörde führte am 5. Dezember 2006, 19. Dezember 2006 und am 13. Februar 2007 öffentliche mündliche Verhandlungen durch, bei denen die Beschwerdeführerin, ihr Ehegatte, der bei der Amtshandlung anwesende Mitbetreiber der Hundezucht DI M. P., der Amtstierarzt und die beiden Polizeiorgane einvernommen wurden. Die belangte Behörde ging im angefochtenen Bescheid auf Grund umfangreicher Beweiswürdigung von folgendem, auszugsweise wiedergegebenen Sachverhalt aus:

"Die Beschwerdeführerin bewohnt mit ihrem Ehegatten, ... ein

Einfamilienhaus in .... Dort betreibt sie mit ihrem Ehemann

(M. L.) eine Hundezucht. Auf Grund einer Anzeige des Bezirksvorstehers, der eine Beschwerde eines Anrainers des Anwesens weiterleitete, führte der Amtstierarzt Dr. H. am 2. August 2006 um ca. 08.45 Uhr eine Kontrolle nach dem Tierschutzgesetz durch. Dr. H. ist seit 1998 Amtstierarzt bei der Stadt Y und für Kontrollen nach dem Tierschutzgesetz zuständig. Nachdem Dr. H. sich telefonisch - die Hausglocke war defekt - vorangemeldet hatte, wurde ihm von (M. L.) das Gartentor geöffnet. Dr. H. erklärte Herrn (M. L.), dass er eine Kontrolle nach dem Tierschutzgesetz durchführe, da der Verdacht einer Übertretung gemeldet worden sei und stellte sich als Amtstierarzt des Magistrates (Y) vor. Dr. H. wies sich auch mit seinem Ausweis aus. Auf die Frage von Dr. H., ob er auf das Grundstück gelassen werde, antwortete Herr (M. L.), dass er selbstverständlich kommen könne und ging mit Dr. H. in Richtung Haus. Dort bat er ihn in das Büro (siehe Handskizze, Beilage A) einzutreten und teilte ihm Dr. H. mit, dass er nunmehr die Kontrolle durchführen wolle. ... Dr. H. teilte zwischenzeitig Herrn (M. L.) mit, dass er über die Tür Nr. 3 (Beilage A) in die weiteren Räumlichkeiten schauen wolle,- insbesondere in den Wintergarten, da er durch die Tür Nr. 11 (Beilage A) einen Käfig in dem dahinter liegenden Raum des Wintergartens gesehen habe. Daraufhin verließ (M. L.) das Büro und schloss die Türe mit der Bemerkung, dass er diese Türe von der anderen Seite öffnen werde und nachschauen werde, was die Beschwerdeführerin mache. Nachdem Dr. H. ca eine Minute im Büroraum verweilte, öffnete er die Bürotür (Tür Nr. 1, Beilage A) und ging über die Tür Nr. 2 (Beilage A) in den Wohnraum des Anwesens, wo er einige Hunde wahrnahm, als auch DI M. P. . Von diesem wurde Dr. H. wiederum zur Ausweisleistung aufgefordert, wobei er den nunmehr anwesenden DI. M. P., Herrn (M. L.) und der Beschwerdeführerin neuerlich erklärte, dass er in amtlicher Eigenschaft hier sei und eine Kontrolle nach dem Tierschutzgesetz durchführe.

DI. M. P. kam sodann auf Dr. H. zu und erklärte ihm, dass er das Haus verlassen solle. Dem kam Dr. H. insofern nach, als er zum Gartentor ging und hiebei fernmündlich Polizeiassistenz anforderte. Nach dem Eintreffen der beiden Polizisten ..., die von Dr. H. mit dem Sachverhalt vertraut gemacht wurden, wurde Dr. H. wiederum auf das Grundstück gelassen. Zuvor wurde Herrn (M. L.) von den Polizeibeamten neuerlich erklärt, dass die Kontrolle zulässig sei. Dr. H. wollte sodann den Wohnraum betreten, worauf die Beschwerdeführerin ihm den Eintritt mit der Bemerkung, er hätte keinen Hausdurchsuchungsbefehl, verweigerte. Dr. H. beabsichtigte deshalb in den Wohnraum zu gehen, weil er an der Westseite im Außenbereich des Hauses Hunde wahrgenommen hatte und die Westseite nur durch den Wohnraum erreichen konnte. Auch hatte er im Wohnraum bei der erstmaligen Betretung zwei Käfige wahrgenommen. Dr. H. begab sich trotz des Einwandes der Beschwerdeführerin zur Tür Nr. 2 (Beilage A) und wollte die versperrte Türe mit dem angesteckten Schlüssel öffnen. Zu dem Zeitpunkt befand sich die Beschwerdeführerin unmittelbar hinter Dr. H. und wollte ihn am Betreten des Wohnraumes insofern hindern, als sie ihn am Oberkörper erfasste und von der Türe wegziehen wollte. Die Beschwerdeführerin wurde daher sogleich von GI (Polizeiorgan) am Oberarm genommen und weggezogen mit der Bemerkung, dass sie Dr. H. nicht am Betreten des Wohnraumes hindern dürfe. Im Wohnraum fotografierte Dr. H. die zwei Käfige und ging sodann durch die Tür Nr. 8 (Beilage A) zu den Zwingern an der Westseite des Hauses. Diese Türe wurde ihm von der Beschwerdeführerin geöffnet und konnte Dr. H. Fotos von den Zwingern machen, ... Sodann wollte Dr. H. die Kontrolle fortführen, indem er sich in Richtung Tür Nr. 7 (Beilage A) zum Wintergarten begeben wollte. Um zu diesem Raum zu kommen, musste er vorerst durch den Schlafzimmerbereich des Wohnzimmers, als auch dem Badevorraum. Der Schlafzimmerbereich befand sich im gleichen Raum wie das Wohnzimmer und war durch eine Schwingtüre, als auch aufgestellten Kästen hievon getrennt. Die Beschwerdeführerin verstellte jedoch Dr. H. insofern den Weg, als sie sich vor die Schwingtüre stellte und zwischenzeitig immer wieder mit ihrem Rechtsanwalt telefonierte. Dr. H. versuchte auch, über diese Schwingtüre zu steigen, jedoch gelang ihm dies nicht. Bei der Schwingtüre kam es zwischen der Beschwerdeführerin und Dr. H., der die Schwingtüre mit Riegel öffnen wollte, zu einer Drängerei. Die Beschwerdeführerin wurde auch hiebei verbal von Seiten der Polizeibeamten aufgefordert, den Weg frei zu machen. Offensichtlich hat sich die Beschwerdeführerin bei dieser Drängerei leichte Abschürfungen am Rist des rechten Fußes und am rechten Innenknöchel mit Rötungen zugezogen. Ebenfalls war eine Rötung an der rechten Unterarmoberseite feststellbar (siehe Befund Dr. W. vom 4. August 2006). Dies geschah in der Art und Weise, dass Dr. H. die Schwingtüre öffnen wollte und sich die Beschwerdeführerin mit dem Fuß dagegen wehrte sowie ihren Unterarm gegen die Oberkante der Schwingtüre gepresst hat. Letztendlich ging die Beschwerdeführerin von der Schwingtüre weg und konnte Dr. H. diese passieren. In weiterer Folge gelangte Dr. H. in den Badevorraum zur Tür Nr. 7 (Beilage A), wo er im dahinter liegenden Raum eine Hundehaltung vermutete, da er zum Einen an der Türe zwei Keramikaufkleber von Hunden wahrnahm und zum Anderen bereits zuvor, als er im Büroraum war, dort Käfige wahrgenommen hatte. Dr. H. fotografierte zwischenzeitig insbesondere eine Transportbox im Badevorraum. Im Schlafzimmerbereich des Wohnraumes hat er keine Fotos gemacht. Da die Beschwerdeführerin Dr. H. den Zutritt zum Raum über die Tür Nr. 7 (Beilage A) verwehrte und eine weitere Eskalation der Situation zu befürchten war, wurde die Amtshandlung von Dr. H. abgebrochen. Beim Verlassen des Grundstückes fotografierte er die beteiligten Personen, da er nicht im Besitz derer Personalien war und wies sich gegenüber der Beschwerdeführerin mit dem Dienstausweis aus. Die beiden einschreitenden Polizeibeamten übergaben der Beschwerdeführerin die Dienstnummern. Während der Kontrolle hat Dr. H. keine klinische Untersuchung eines Hundes durchgeführt, sondern die Haltung der Hunde kontrolliert. Zu dem Zweck hat Dr. H. zahlreiche Fotos gemacht, unter anderem auch von dem im Wohnzimmer stehenden Medikamentenschrank. Die Beschwerdeführerin hat während der Amtshandlung nicht vorgebracht, dass sie verletzt worden wäre."

Rechtlich würdigte die belangte Behörde den festgestellten Sachverhalt dahingehend, dass Gegenstand der Beschwerde nur der Akt unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt sei. Das Fotografieren und die behauptete Beschädigung der Türe durch Dr. H seien somit von der Beschwerde nicht umfasst. Nach dem Tierschutzgesetz sei die Behörde zur Überwachung der Einhaltung dieses Gesetzes berufen. Die Behörde habe eine Kontrolle durchzuführen, wenn der Verdacht eines Verstoßes gegen Tierschutzbestimmungen bestehe. Es habe der Verdacht einer illegalen Hundezucht bestanden, sowie, dass es zu einer Belästigung der Anrainer komme, weshalb eine Kontrolle erforderlich gewesen sei. Die von Dr. H zu Hilfe gerufenen Sicherheitsbeamten hätten im Rahmen ihres gesetzlichen Wirkungsbereiches gehandelt. Ein Akt unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt sei erst nach der Wegweisung durch DI M. P. vorgelegen, da zuvor Dr. H. freiwillig auf das Grundstück gelassen worden sei. Das Vorgehen des Dr. H. sei auch verhältnismäßig gewesen, da diesem der Zutritt zu Teilen des Wohnhauses verwehrt worden sei und er im Wohnraum bereits Hunde und Käfige wahrgenommen habe und ein Weiterkommen zu dem Teil des Hauses bzw. der Liegenschaft, wo er Hunde vermutete, durch die Beschwerdeführerin verweigert worden sei. Das Wegziehen der Beschwerdeführerin sei durchaus als angemessenes und gelindestes Mittel zu verstehen, um das Ziel ohne weitere Verzögerungen zu erreichen. Als Dr. H den Schlafzimmerbereich mit Badevorraum betreten habe, sei keine Verletzung des Hausrechtes erfolgt, da dieses Betreten für die weitere Kontrolle auf Grund der Raumverteilung und der räumlichen Gegebenheiten erforderlich gewesen sei. Es seien keine Kästen, Regale oder Schreibtische durchsucht worden und es seien keine Räumlichkeiten betreten worden, die nicht notwendigerweise mit der Kontrolle in Zusammenhang gestanden seien.

Der Verfassungsgerichtshof hat die Behandlung der zunächst an ihn gerichteten Beschwerde mit Beschluss vom 25. September 2007, B 859/07-3, abgelehnt und die Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG an den Verwaltungsgerichtshof abgetreten. In der Begründung dieses Beschlusses führte der Verfassungsgerichtshof aus, es sei der belangten Behörde in verfassungsrechtlicher Hinsicht nicht entgegen zu treten, wenn sie davon ausgegangen sei, dass das Handeln der Kontrollorgane notwendig und verhältnismäßig gewesen sei.

Zur behaupteten Verfassungswidrigkeit der §§ 35 Abs. 4 und 36 Abs. 1 und 2 Tierschutzgesetz verwies der Verfassungsgerichtshof auf seine Rechtsprechung zum öffentlichen Interesse des Tierschutzes.

Vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich die Beschwerdeführerin in den in den §§ 35 und 36 Tierschutzgesetz sowie in den in den §§ 1 und 3 des Gesetzes zum Schutz des Hausrechtes normierten Rechten verletzt. Sie beantragt die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift.

Die Beschwerdeführerin legte mit Schriftsatz vom 30. März 2009 verschiedene Urkunden vor. Aus dem vorgelegten Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Graz vom 5. Dezember 2007 ergibt sich, dass die Beschwerdeführerin auf Grund der am 2. August 2006 durchgeführten Erhebung mehrerer Übertretungen des Tierschutzgesetzes schuldig erkannt wurde und über sie Geldstrafen verhängt wurden. Aus dem weiters vorgelegten Berufungsbescheid der belangten Behörde vom 12. September 2008 ergibt sich, dass der Berufung hinsichtlich aller Spruchpunkte des Straferkenntnisses Folge gegeben und das Verfahren eingestellt wurde. Zu neun Punkten führte die Berufungsbehörde aus, dass der Berufung nach dem Grundsatz "in dubio pro reo" Folge zu geben war, während in einem Punkt das Vorliegen einer Verwaltungsübertretung verneint wurde.

Mit einem weiteren Schriftsatz vom 20. April 2009 legte die Beschwerdeführerin ein Konvolut Fotos sowie zwei Skizzen, betreffend die örtliche Gegebenheit, vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die Beschwerdeführerin bringt vor, nach § 1 des Gesetzes zum Schutz des Hausrechts dürfe eine Hausdurchsuchung in der Regel nur kraft eines mit Gründen versehenen richterlichen Befehls vorgenommen werden. Nach § 3 dieses Gesetzes könnten Hausdurchsuchungen auch zum Zweck der polizeilichen und finanziellen Aufsicht vorgenommen werden, wenn dies gesetzlich vorgesehen sei. Unter der Unverletzlichkeit des Hausrechtes sei der Schutz gegen willkürliche Hausdurchsuchungen zu verstehen. Eine Hausdurchsuchung liege schon dann vor, wenn ein bestimmtes Objekt durch ein behördliches Organ systematisch besichtigt werde. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes sei für das Wesen einer Hausdurchsuchung charakteristisch, dass nach Personen oder Sachen, von denen unbekannt sei, wo sie sich befänden, gesucht werde. Nach den Feststellungen im angefochtenen Bescheid hätten der Amtstierarzt sowie die beigezogenen Polizisten das Haus der Beschwerdeführerin keineswegs nur betreten, sondern nach Tieren, angeblich vorhandenen Zwingern und Käfigen gesucht. Der Amtstierarzt habe selbst zu verstehen gegeben, dass er das gesamte Wohnhaus und daher auch die privaten Räumlichkeiten systematisch nach Tieren durchsuche. Die Bestimmungen der §§ 35 und 36 Tierschutzgesetz könnten sich bei verfassungskonformer Auslegung nur auf Liegenschaften, Räume oder Transportmittel beziehen, in welchen Tiere gehalten werden; keineswegs ermächtigten diese Bestimmungen zur Vornahme einer Hausdurchsuchung von Privat- und Geschäftsräumlichkeiten, in welchen keine Tierhaltung stattfinde. Es könne aus den §§ 35 f. Tierschutzgesetz nicht die Berechtigung abgeleitet werden, ein gesamtes Haus oder eine Wohnung nicht nur zu betreten, sondern auch zu durchsuchen und zu inspizieren, ohne dass ein entsprechender Hausdurchsuchungsbefehl vorliegen müsse. Die nicht näher dargestellte Lärmanzeige eines Nachbarn bzw. die Vermutung einer "illegalen Hundezucht" könne nicht als begründeter Verdacht gewertet werden. Weder die Bestimmungen der §§ 35 f. Tierschutzgesetz noch die Bestimmungen der Tierschutzkontrollverordnung stellten bei verfassungskonformer Interpretation eine Rechtfertigung für den verfahrensgegenständlichen Eingriff dar. Bei einer Abwägung der Verhältnismäßigkeit im Sinne des Art. 8 Abs. 2 EMRK seien öffentliche Anliegen den Bedürfnissen der betreffenden Person gegenüber zu stellen. Die §§ 35 und 36 Tierschutzgesetz differenzierten in keiner Weise zwischen einer privaten oder gewerblichen Tierhaltung, der Menge oder der Art der zu kontrollierenden Tiere oder der Art der Nutzung der zu untersuchenden Räumlichkeiten, in welchem die Tierhaltung vermeintlich stattfinde. Die Bestimmung verletze die in Art. 18 B-VG statuierten rechtsstaatlichen Erfordernisse, da die notwendige ex-ante-Beurteilung des Verdachts immer nur auf die schwer überprüfbare subjektive Einschätzung des Amtsorgans reduziert würde. Es werde daher die Einleitung eines Normenprüfungsverfahrens beantragt.

Im Rahmen der Verfahrensrüge macht die Beschwerdeführerin geltend, die belangte Behörde habe zu Unrecht den Antrag auf Beischaffung des Verwaltungsstrafakts zurückgewiesen, aus welchem sich ergeben hätte, dass der Beschwerdeführerin keinerlei Tierquälerei vorgeworfen worden sei und dass in Wahrheit nicht einmal der Verdacht einer Tierschutzgesetzesverletzung bestanden habe. Es fehle eine Auseinandersetzung mit der Frage, woraus die handelnden Organe ihre Vermutung eines Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz schöpften. Die belangte Behörde habe sich nicht mit dem Vorbringen der Beschwerdeführerin zur Beschädigung der Tür bzw. zur Körperverletzung näher auseinander gesetzt. Eine verwaltungsbehördliche Befehls- und Zwangsgewalt sei nicht erst nach der Wegweisung durch DI M. P. vorgelegen, sondern habe bereits das gewaltsame Aufreißen der ohnedies nicht versperrten Tür des Wintergartens und das eigenmächtige erste Betreten des Wohnhauses, ohne auf eine Zustimmung der Beschwerdeführerin zu warten, eine solche Ausübung dargestellt. Dafür hätte ein Sachverständigengutachten eingeholt werden müssen. Überhaupt erfülle der angefochtene Bescheid die Anforderungen des § 37 AVG nicht.

Gemäß Art. 129a Abs. 1 Z. 2 B-VG und § 67a Z. 2 AVG können Personen, die behaupten, durch einen Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt zu sein, gegen diesen Akt Beschwerde an den UVS erheben. Eine solche Beschwerde hat die Beschwerdeführerin erhoben; zu prüfen ist zunächst, ob bzw. ab wann im Zuge des festgestellten Handlungsverlaufes von einem Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt die Rede sein kann. Unstrittig lag ein solcher Akt hier vor, sobald der Amtstierarzt unter Polizeieinsatz Räume im gegenständlichen Haus betreten hat; strittig ist aber, ob, nachdem der Amtsarzt zunächst freiwillig ins Haus geleitet worden war und dort im Büroraum wartete, sein (unbegleitetes) Betreten des Wohnraumes, nachdem er die Türen Nr. 1 und Nr. 2 durchschritten hatte, als derartiger Akt zu qualifizieren sei, wie die Beschwerdeführerin meint.

In seinem Erkenntnis vom 22. Jänner 2002, Zl. 99/11/0294, stellte der Verwaltungsgerichtshof unter Hinweis auf seine bisherige Rechtsprechung zunächst klar, dass ein Akt unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt nur dann vorliege, wenn das Verwaltungsorgan im Rahmen der Hoheitsverwaltung einseitig einen Befehl erteilt oder Zwang ausübt und dieser Akt gegen individuell bestimmte Adressaten gerichtet ist (s zuletzt das hg. Erkenntnis vom 29. September 2009, Zl. 2008/18/0687). Als Akt der unmittelbaren verwaltungsbehördlichen Befehls- und Zwangsgewalt wurde in diesem Sinne das Aufsperren verschlossener Räume oder das gewaltsame Eindringen in ein ehemaliges Geschäftslokal bzw. in eine Wohnung qualifiziert.

Das Weiterschreiten des Amtsorgans durch die Türen Nr. 1 und 2 erfüllte diese Kriterien nicht; es wurde weder ein Befehl erteilt noch Zwang ausgeübt. Es ist also der belangten Behörde darin zu folgen, dass von einem Akt unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt erst ab dem Zeitpunkt die Rede sein konnte, als der Amtstierarzt, nachdem er zum Verlassen aufgefordert worden war, unterstützt durch zwei Polizeiorgane, gegen den Widerstand der Beschwerdeführerin neuerlich den Wohnraum betreten hat, um über die Türe Nr. 8 in den westseitig gelegenen Garten (in einem von der Beschwerdeführerin vorgelegten Plan auch als Garten A bezeichnet) zu gelangen. Weiters ist als Akt unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt zu qualifizieren, dass der Amtsarzt versucht hat, quer durch das Gebäude, also über die Schwingtüre Nr. 4 durch das Schlafzimmer über die Türe Nr. 5 in den Badevorraum und dort über die Türe Nr. 7 in den Wintergarten zu gelangen, wo gleichfalls eine Hundehaltung vermutet wurde.

In Anwendung des § 67c Abs. 3 AVG hatte die belangte Behörde zu klären, ob der bei ihr angefochtene Verwaltungsakt rechtswidrig war. Die Abweisung der Beschwerde als unbegründet hat zu erfolgen, wenn der Verwaltungsakt nicht rechtswidrig ist; da die Maßnahmenbeschwerde ein Mittel zur Durchsetzung subjektiver Rechte ist, darf ein objektiv rechtswidriger Verwaltungsakt dann nicht aufgehoben werden, wenn subjektive Rechte des Beschwerdeführers nicht verletzt werden (Thienel, Das Verfahren der Verwaltungssenate2, 165 f).

Gemäß § 35 Abs. 1 Tierschutzgesetz, BGBl. I Nr. 118/2004 (TSchG), obliegt der Behörde die Überwachung der Einhaltung der Vorschriften dieses Bundesgesetzes und der darauf gegründeten Verwaltungsakte; Abs. 4 dieser Bestimmung lautet:

"(4) Die Behörde ist berechtigt, Tierhaltungen sowie die Einhaltung von Tierhaltungsverboten unter Wahrung der Verhältnismäßigkeit jederzeit zu kontrollieren. Unbeschadet der Abs. 2 und 3 hat die Behörde die Haltung von Tieren zu kontrollieren, wenn im Hinblick auf Verstöße gegen Tierschutzrechtsvorschriften, deretwegen eine gerichtliche oder verwaltungsbehördliche Strafe verhängt worden ist, die Besorgnis weiterer Verstöße gegen Tierschutzrechtsvorschriften besteht. Ebenso hat die Behörde eine Kontrolle durchzuführen, wenn der Verdacht eines solchen Verstoßes besteht."

Die Mitwirkung von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes wird in § 34 TSchG geregelt, dieser lautet auszugsweise:

"(1) ...

(2) Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes haben außerdem der nach diesem Bundesgesetz zuständigen Behörde über deren Ersuchen zur Sicherung der Ausübung der Befugnisse gemäß §§ 35 bis 39 im Rahmen ihres gesetzmäßigen Wirkungsbereiches Hilfe zu leisten."

Wird die Kontrolle nicht freiwillig gewährt, so bestimmt § 36 TSchG die Möglichkeit eines Betreten von Liegenschaften, Räumen und Transportmitteln; dessen Abs. 1 lautet:

"(1) Die Organe der mit der Vollziehung dieses Bundesgesetzes betrauten Behörden und die zugezogenen Sachverständigen sowie die Veterinärsachverständigen der Kommission der Europäischen Gemeinschaften haben unter Einhaltung der erforderlichen veterinärpolizeilichen Vorkehrungen das Recht, Liegenschaften, Räume und Transportmittel zum Zwecke der Kontrolle (§ 35) zu betreten und sich zu ihnen unter Wahrung der Verhältnismäßigkeit der eingesetzten Mittel Zutritt zu verschaffen, wenn dieser nicht freiwillig gewährt wird. Dies gilt auch, wenn sich der begründete Verdacht ergibt, dass eine Übertretung dieses Bundesgesetzes erfolgt ist. Dem für die Tierhaltung Verantwortlichen ist, soweit die Erhebungszwecke nicht beeinträchtigt werden, Gelegenheit zu geben, bei der Kontrolle anwesend zu sein."

Die Behörde ist somit berechtigt, Tierhaltungen unter Wahrung der Verhältnismäßigkeit jederzeit zu kontrollieren; nach dem zweiten Satz des § 35 Abs. 4 TSchG ist sie bei Vorliegen der dort beschriebenen Verdachtslage zu einer Kontrolle sogar verpflichtet.

Die belangte Behörde hat es zwar im angefochtenen Bescheid unterlassen, zu präzisieren, der Begehung welcher konkreter Tierschutzvorschrift die Beschwerdeführerin verdächtig war ("illegal" kann eine Hundehaltung aus verschiedensten Rechtsgründen sein); wenn erstmals in der Gegenschrift § 31 Abs. 1 TSchG (bewilligungspflichtige gewerbliche Tierhaltung) genannt wurde, kann darauf auf Grund des im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltenden Neuerungsverbotes nicht eingegangen werden.

Da aber nach dem ersten Satz des § 35 Abs. 4 TSchG die Behörde zur jederzeitigen Kontrolle berechtigt war, kann allein die Ausübung dieser Befugnis noch nicht zu einer Rechtswidrigkeit im Sinne des § 67c Abs. 3 AVG führen. Auch die der Behörde in § 36 Abs. 1 TSchG eingeräumten Zwangsbefugnisse stellen nicht darauf ab, ob es sich um eine bloße Kontrolle im Sinne des § 35 Abs. 4 erster Satz oder um eine Kontrolle auf Grund einer Verdachtslage handelt, weil § 36 Abs. 1 TSchG auf § 35 insgesamt verweist und durch die Formulierung des zweiten Satzes des § 36 Abs. 1 klargestellt ist, dass es sich beim begründeten Verdacht um eine Alternativvoraussetzung handelt. Auch ohne Verdachtslage ist die hier ausgeübte Kontrolle unter Inanspruchnahme der vom Gesetz vorgegebenen Zwangsmittel und unter Hilfeleistung durch die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes (§ 34 Abs. 2 TSchG) rechtmäßig, wenn die Verhältnismäßigkeit der eingesetzten Mittel gewahrt ist. Das Zutrittsrecht, das auch gegen den Willen des Halters durchgesetzt werden kann, besteht sowohl zum Zweck der Durchführung routinemäßiger Überwachungshandlungen als auch bei vorliegendem begründetem Verdacht auf den Verstoß gegen eine tierschutzrechtliche Bestimmung (Binder-v. Fircks, Das österreichische Tierschutzrecht2 (2008), 160). Nach den Gesetzesmaterialien (wiedergegeben bei Irresberger/Obenaus/Eberhard, Tierschutzgesetz Kommentar (2005), 154) räumt diese Bestimmung zum Zwecke der Kontrolle der Einhaltung der Vorschriften dieses Bundesgesetzes sowie für den Fall des begründeten Verdachts einer Übertretung dieses Bundesgesetzes den Organen der mit der Vollziehung dieses Bundesgesetzes betrauten Behörden sowie den zugezogenen Sachverständigen ein Recht zum Betreten von Liegenschaften, Räumen und Transportmitteln ein.

Diese Verhältnismäßigkeit der eingesetzten Mittel ist im Beschwerdefall auf Grund des festgestellten Sachverhalts zu bejahen. Auszugehen ist davon, dass der Amtstierarzt lediglich jene Örtlichkeiten besichtigen wollte, wo er Tiere wahrgenommen hat (Garten A) bzw. einen Käfig gesehen hat (Wintergarten). Um zu diesen Örtlichkeiten zu gelangen, mussten gewisse Türen geöffnet und Räumlichkeiten durchschritten werden; die Überwindung der dabei von der Beschwerdeführerin und anderen Personen entgegen gestellten Hindernisse erfolgte jedenfalls nicht mit einer Intensität, dass von einer Unverhältnismäßigkeit der Mittel gesprochen werden kann. Dass sich das einschreitende Amtsorgan am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientiert hat, ergibt sich insbesondere daraus, dass der Versuch, über die Tür Nr. 7 den Wintergarten zu erreichen, abgebrochen wurde, um eine weitere Eskalation zu verhindern.

Es ist wohl richtig, dass ein Fehlverhalten in einzelnen Teilbereichen zur Rechtswidrigkeit der Maßnahme insgesamt führt (hg. Erkenntnis vom 13. Dezember 2005, Zl. 2004/01/0547); auch wenn sich die Beschwerdeführerin bei ihrem unberechtigten Widerstand geringfügige Verletzungen zugezogen hat, lässt sich daraus noch kein Fehlverhalten und daher keine daraus ableitbare Unverhältnismäßigkeit ableiten. Eine Sachbeschädigung wurde gar nicht festgestellt.

Der Verfassungsgerichtshof ist in seinem Ablehnungsbeschluss auf die verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Bestimmungen der §§ 35 Abs. 4 und 36 Abs. 1 und 2 TSchG eingegangen; auch der Verwaltungsgerichtshof hegt, ausgehend vom öffentlichen Interesse des Tierschutzes, an der durch diese Bestimmungen der Behörde eingeräumten Kontrollbefugnis keine verfassungsrechtlichen Bedenken und sieht sich daher zu einer Antragstellung, wie von der Beschwerdeführerin beantragt, nicht veranlasst.

Die Beschwerdeführerin wiederholt vor dem Verwaltungsgerichtshof, dass sie im Hausrecht gemäß Art. 9 Staatsgrundgesetz sowie im Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens gemäß Art. 8 EMRK verletzt worden sei. Hierbei handelt es sich um verfassungsmäßig gewährleistete Rechte, über die zu erkennen der Verwaltungsgerichtshof nicht zuständig ist. Die Beschwerdeführerin ist auch diesbezüglich auf den Ablehnungsbeschluss des Verfassungsgerichtshofes zu verweisen.

Als Verfahrensrüge macht die Beschwerdeführerin geltend, dass der Verwaltungsstrafakt nicht eingeholt worden sei, weil sich daraus ergeben hätte, dass nicht einmal der Verdacht einer Tierschutzgesetzesverletzung bestanden habe. Da der Verwaltungsgerichtshof aber bei seiner rechtlichen Beurteilung gar nicht von einer Verdachtslage ausgeht, spielt der Inhalt des Verwaltungsstrafaktes keine Rolle; nicht unerwähnt soll allerdings bleiben, dass ein Schuldspruch in erster Instanz und eine Verfahrenseinstellung "im Zweifel" durch die zweite Instanz nicht geeignet gewesen wäre, einen ursprünglich angenommenen Verdacht zu widerlegen.

Weiters rügt die Beschwerdeführerin, dass ein Sachverständigengutachten bezüglich der behaupteten Beschädigung einer Tür nicht eingeholt worden wäre. Dazu bestand aber tatsächlich keine Veranlassung: Weder aus der Maßnahmenbeschwerde noch aus der Beschwerdeergänzung an den Verwaltungsgerichtshof lässt sich konkret entnehmen, um welche Türe (Tür 1, wie in den Fotos dargestellt, oder Tür zum Wintergarten) es sich überhaupt gehandelt haben soll, noch, bei welcher Gelegenheit im Zuge des Handlungsverlaufes diese Beschädigung erfolgt sein soll. Ohne eine derartige Präzisierung bestand aber kein Grund zur Annahme, dass es im Zuge der Ausübung der behördlichen Befehls- und Zwangsgewalt zu einer als Fehlverhalten zu qualifizierenden Sachbeschädigung gekommen sei, sodass in der Nichteinholung des beantragten Sachverständigengutachtens kein Verfahrensmangel erkannt werden kann.

Die Beschwerde erweist sich daher als unbegründet, sodass sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit § 3 Abs. 2 der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Von der von der Beschwerdeführerin beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden, da der Anforderung des Art. 6 MRK durch die Durchführung einer öffentlichen, mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde (hier: UVS), einem Tribunal iSd MRK, genüge getan wurde (hg. Erkenntnis vom 9. September 1997, Zl. 95/09/0200; s zuletzt EGMR vom 10. Dezember 2009, KOOTTUMMEL v. AUSTRIA, Zl. 49.616/06, der darauf abstellt, ob der Verwaltungsgerichtshof das einzige mit Sache befasste Tribunal (Rn. 19: a public oral hearing before the first and only tribunal examining her case) war).

Wien, am 19. Jänner 2010

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