VwGH 2009/17/0119

VwGH2009/17/01198.9.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler, Dr. Zens und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Gold, über die Beschwerden des M Z in E, vertreten durch Dr. Patrick Ruth, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Kapuzinergasse 8/4, gegen die Bescheide jeweils der Vorarlberger Landesregierung 1.) vom 21. September 2006, Zl. IIIa-241.0171 (hg. Verfahren Zl. 2009/17/0119), 2.) vom (gleichfalls) 21. September 2006, Zl. IIIa-241.0172 (hg. Verfahren Zl. 2009/17/0120), 3.) vom 20. September 2006, Zl. IIIa-241.070 (hg. Verfahren Zl. 2009/17/0121), und 4.) vom 9. Oktober 2006, Zl. IIIa-241.073 (hg. Verfahren Zl. 2009/17/0122), betreffend

  1. 1. Kriegsopferabgabe im Zeitraum Jänner bis April 2005,
  2. 2. Kriegsopferabgabe im Zeitraum Mai bis Dezember 2005,
  3. 3. Kriegsopferabgabe im Zeitraum Juli bis Dezember 2004 und
  4. 4. Kriegsopferabgabe im Zeitraum Jänner bis Mai 2006, zu Recht erkannt:

Normen

AbgVG Vlbg 1984 §54 Abs1;
AbgVG Vlbg 1984 §59;
AbgVG Vlbg 1984 §80;
BAO §119 Abs1;
BAO §138;
BAO §184;
KriegsopferabgabeG Vlbg 1989 §2 Abs1;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2009:2009170119.X00

 

Spruch:

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Vorarlberg Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 2.270,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

1.1. Mit ihrem zur hg. Zl. 2009/17/0119 angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Feldkirch vom 5. Juli 2005 keine Folge. Sie änderte diesen Bescheid jedoch insofern ab, als zu hohe Eigenleistungen abgezogen worden seien und daher der Säumniszuschlag zu niedrig festgesetzt worden sei. Sie verhielt den Beschwerdeführer (nunmehr) zu einer Kriegsopferabgabe (inklusive 2 % Säumniszuschlag) in der Höhe von EUR 13.667,60. Mit ihrem zur hg. Zl. 2009/17/0120 angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Feldkirch vom 22./27. Februar 2006 keine Folge, änderte jedoch den Bescheid unter Berücksichtigung eines Rechenfehlers dahin ab, dass die fällige Kriegsopferabgabe für den Zeitraum Mai bis Dezember 2005 (zuzüglich 2 % Säumniszuschlag) mit dem Gesamtbetrag von EUR 27.324,30 festgesetzt wurde.

Mit ihrem zur hg. Zl. 2009/17/0121 angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Feldkirch vom 2. März 2005 keine Folge. Mit diesem war dem Beschwerdeführer eine Kriegsopferabgabe für den Zeitraum Juli bis einschließlich Dezember 2004 im Gesamtbetrag von EUR 19.441,19 vorgeschrieben worden.

Schließlich gab die belangte Behörde mit ihrem zur hg. Zl. 2009/17/0122 angefochtenen Bescheid der Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Feldkirch vom 3. August 2006 keine Folge. Mit diesem war dem Beschwerdeführer eine Kriegsopferabgabe für den Zeitraum Jänner bis Mai 2006 in der Höhe von EUR 17.082,65 vorgeschrieben worden.

1.2. Die belangte Behörde ging im Wesentlichen übereinstimmend in der Begründung ihrer Bescheide davon aus, dass der Beschwerdeführer am 1. Mai 2003 ein näher genanntes Lokal in Feldkirch als Nachfolger von N. D. übernommen habe. Zu diesem Zeitpunkt sei ein Verfahren, bei dem es ebenfalls um die Vorschreibung der Kriegsopferabgabe für dieses Lokal gegangen sei, noch nicht abgeschlossen gewesen. Schließlich sei die Beschwerde des N. D. mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 3. November 2005, Zl. 2005/15/0128, als unbegründet abgewiesen worden.

Der Beschwerdeführer betreibe seit 1. Mai 2003 als Rechtsnachfolger von N. D. dieses Lokal in Feldkirch, in dem Kartenspiele und Roulette mit Geldeinsatz gespielt würden. Er sei wiederholt aufgefordert worden, die monatlich erzielten Einspielerlöse als Basis für die monatliche Berechnung der Kriegsopferabgabe ab Mai 2003 "aufzurollen". Er sei dahin informiert worden, dass ansonsten die Bemessungsgrundlagen auf Basis der Einspielerlöse des Vorgängers geschätzt und bescheidmäßig festgesetzt werden würden.

Mit Schreiben vom 20. September 2004 informierte der Beschwerdeführer die Stadt Feldkirch, dass er seit 1. August 2004 ein Eintrittsgeld von EUR 1,-- in dieses Lokal einhebe; er werde ab diesem Zeitpunkt die Kriegsopferabgabe nach den Erlösen aus den Eintrittsgeldern berechnen. Die Abgabenbehörde erster Instanz teilte daraufhin dem Steuerberater des Beschwerdeführers mit, dass sie mit dieser Abrechnungsart nicht einverstanden sei und verwies darauf, dass die Einspielerlöse mit einzubeziehen wären. Der Beschwerdeführer legte daraufhin Abrechnungen vor, deren Basis die monatlichen Eintrittsgelder waren (der Eintritt zu EUR 1,-- pro Besucher).

Der Beschwerdeführer wurde mehrfach aufgefordert, Abgabenerklärungen für den jeweiligen Abgabenzeitraum auf Basis der Eintrittsgelder (anhand der Spieleinsätze) vorzulegen; er kam diesen Aufforderungen nicht nach. Die Abgabenbehörde erster Instanz erklärte hierauf, Schätzungen auf Grund der Einspielerlöse des Vorgängers vorzunehmen, worauf der Beschwerdeführer nicht reagierte.

Rechtlich teilte die belangte Behörde als Berufungsbehörde die Ansicht der Abgabenbehörde erster Instanz, wonach in die Bemessungsgrundlage für die Kriegsopferabgabe neben dem Eintrittsgeld von EUR 1,-- pro Person auch der Spieleinsatz mit einzubeziehen wäre. Dieser sei zutreffend durch Schätzung ermittelt worden.

1.3. Der Verfassungsgerichtshof lehnte mit Beschluss vom 14. März 2007, B 1877/06 und andere, die Behandlung der gegen die Berufungsentscheidungen jeweils erhobenen Beschwerden ab und trat diese dem Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG ab.

Begründend führte er aus, die Beschwerden rügten die Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz. Die gerügten Rechtsverletzungen wären im vorliegenden Fall aber nur die Folge einer unrichtigen Anwendung des einfachen Gesetzes. Spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen seien zur Beantwortung der aufgeworfenen Fragen, speziell der Frage nach der Berechnung der Bemessungsgrundlage der Kriegsopferabgabe, nicht anzustellen.

1.4. Vor dem Verwaltungsgerichtshof macht der Beschwerdeführer in seinen - ergänzten - Beschwerden Rechtswidrigkeit des Inhaltes der angefochtenen Bescheide sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und jeweils Gegenschriften erstattet, mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat die Beschwerdeverfahren zur gemeinsamen Entscheidung verbunden und über die Beschwerden erwogen:

2.1. In seinen Beschwerden vertritt der Beschwerdeführer vor dem Verwaltungsgerichtshof die Ansicht, die Abgabenbehörden hätten zu Unrecht in die Bemessung der Kriegsopferabgabe (auch) den Spieleinsatz hinzugerechnet.

Insoweit kann zur Rechtslage auf das bereits erwähnte hg. Erkenntnis vom 3. November 2005, Zl. 2005/15/0128, verwiesen werden. In diesem hat der Verwaltungsgerichtshof unter anderem ausgeführt wie folgt:

"Gemäß § 3 (Kriegsopferabgabegesetz) bemisst sich die Abgabe nach dem Eintrittsgeld. Als solches gelten alle in § 2 Abs. 1 leg. cit. bezeichneten Leistungen der Veranstaltungsbesucher abzüglich in ihnen etwa enthaltener öffentlicher Zuschlagsabgaben. Nach § 2 Abs. 1 leg. cit. ist es gleichgültig, ob das Eintrittsgeld in der gewöhnlichen Form des Entgeltes für eine Eintrittskarte oder in anderer Form entrichtet wird. Als Eintrittsgeld sind insbesondere auch Beiträge für irgendwelche Zwecke anzusehen, wenn mit ihnen das Recht zum Besuch der Veranstaltung miterworben wird, oder solche, die zur Deckung der Veranstaltungskosten eingesammelt werden oder in Form eines Zuschlages auf dem Preis der bei der Veranstaltung verabreichten Speisen und Getränke oder dergleichen eingehoben werden.

...

Zum Vorbringen des Beschwerdeführers, jedermann könne unentgeltlich sein Lokal besuchen, er habe für die von ihm angebotene Veranstaltung kein Eintrittsgeld verlangt, ist auszuführen, dass der bloße Besuch seines Lokals noch keine Teilnahme an einer angebotenen gesellschaftlichen Veranstaltung darstellt. Im Beschwerdefall besteht der Besuch einer gesellschaftlichen Veranstaltung in der Teilnahme an den vom Beschwerdeführer angebotenen Spielen. Für diese Teilnahme haben die Spieler Beiträge (Einsätze) zu leisten. Ohne Leistung dieses Einsatzes ist ihnen die Teilnahme an den Spielen verwehrt. Es ist daher davon auszugehen, dass der jeweilige Einsatz des Spielers das Eintrittsgeld i.S.d. § 2 Abs. 1 Kriegsopferabgabegesetz (abzüglich in ihnen enthaltener öffentlicher Zuschlagsabgaben i. S.d. § 3 Abs. 4 Kriegsopferabgabegesetz) darstellt. ..."

Der Verwaltungsgerichtshof hat somit eindeutig dargelegt, dass die Einsätze der Spieler als Eintrittsgeld anzusehen sind. Wenn (daneben) für das (bloße) Betreten des Lokales noch ein weiteres "Eintrittsgeld" (hier in der Höhe von EUR 1,-- pro Besucher) verlangt wird, so tritt dieses zu dem Entgelt für die Teilnahme an der gesellschaftlichen Veranstaltung (dem einzelnen Spiel) nur hinzu und bildet mit diesem einen Bestandteil des gesamten "Eintrittsgeldes".

2.2. Aber auch soweit sich die Beschwerden gegen die Vornahme einer Schätzung durch die Abgabenbehörden wenden, kommt ihnen keine Berechtigung zu:

Nach § 54 Abs. 1 Vorarlberger Abgabenverfahrensgesetz (im Folgenden: Vbg. AbgVG), LGBl. Nr. 23/1984, sind die für den Bestand und Umfang einer Abgabenpflicht bedeutsamen Umstände vom Abgabepflichtigen nach Maßgabe der Abgabenvorschriften offen zu legen. Die Offenlegung muss vollständig und wahrheitsgemäß erfolgen.

Gemäß § 56 Abs. 2 Abgabenverfahrensgesetz haben die Abgabenpflichtigen jene Aufzeichnungen zu führen, die nach Maßgabe der einzelnen Abgabenvorschriften zur Erfassung der abgabepflichtigen Tatbestände dienen.

Die Abgabenpflichtigen haben nach § 59 Abs. 1 leg. cit. auf Verlangen der Behörde in Erfüllung ihrer Offenlegungspflicht (§ 54) zur Beseitigung von Zweifeln den Inhalt ihrer Anbringen zu erläutern und zu ergänzen sowie dessen Richtigkeit zu beweisen. Kann ihnen ein Beweis nach den Umständen nicht zugemutet werden, so genügt die Glaubhaftmachung. Bücher, Aufzeichnungen, Geschäftspapiere und Urkunden sind gemäß Abs. 2 leg. cit. auf Verlangen zur Einsicht und Prüfung vorzulegen, soweit sie für den Inhalt der Anbringen von Bedeutung sind.

Soweit die Behörde die Grundlagen für die Abgabenverwaltung nicht ermitteln oder berechnen kann, hat sie diese gemäß § 80 Abs. 1 Vbg. AbgVG zu schätzen. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind.

Zu schätzen ist insbesondere dann, wenn der Abgabepflichtige über seine Angaben keine ausreichenden Aufklärungen zu geben vermag oder weitere Auskünfte über Umstände verweigert, die für die Ermittlung der Grundlagen wesentlich sind (Abs. 2 leg. cit.).

Zu schätzen ist nach Abs. 3 leg. cit. unter anderem ferner, wenn der Abgabepflichtige Bücher und Aufzeichnungen, die er nach den Abgabenvorschriften zu führen hat, nicht vorlegt.

Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, dass er trotz Verlangens der Abgabenbehörden keine Angaben über die Spieleinsätze gemacht hat. Es wäre aber im Rahmen der ihn treffenden Obliegenheit zur Offenlegung an ihm gelegen gewesen, die entsprechenden Angaben zur Ermittlung der Bemessungsgrundlagen zu machen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 28. August 2007, Zl. 2004/17/0211). Die Abgabenbehörde war daher mangels entsprechender nachvollziehbarer Angaben bzw. Vorlage von Aufzeichnungen und anderen Unterlagen zum Zwecke der Ermittlung der Bemessungsgrundlagen der Kriegsopferabgabe zur Schätzung befugt.

Ziel der Schätzung ist, den wahren Besteuerungsgrundlagen möglichst nahe zu kommen. Jeder Schätzung ist eine gewisse Ungenauigkeit immanent. Wer zur Schätzung Anlass gibt und bei der Ermittlung der materiellen Wahrheit nicht entsprechend mitwirkt, muss die mit jeder Schätzung verbundene Ungewissheit hinnehmen. Die Wahl der Schätzungsmethode steht der Abgabenbehörde grundsätzlich frei. Es ist jene Methode (allenfalls mehrere Methoden kombiniert) zu wählen, die im Einzelfall zur Erreichung des Zieles, den tatsächlichen Gegebenheiten (der tatsächlichen Besteuerungsgrundlage) möglichst nahe zu kommen, am geeignetsten erscheint (vgl. das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 28. August 2007, Zl. 2004/17/0211, mit weiteren Nachweisen).

Von daher gesehen kann es der Verwaltungsgerichtshof nicht als rechtswidrig erkennen, wenn die belangte Behörde bei der - zulässigen - Schätzung der Bemessungsgrundlagen für die Kriegsopferabgabe im hier strittigen Umfang sich an den Ergebnissen des Rechtsvorgängers des Beschwerdeführers orientierte.

2.3. Aus den dargelegten Erwägungen ergibt sich, dass der Beschwerdeführer durch die angefochtenen Bescheide in seinen Rechten weder wegen der geltend gemachten noch wegen einer vom Verwaltungsgerichtshof aus eigenem aufzugreifenden Rechtswidrigkeit verletzt worden ist.

Die Beschwerden waren infolge dessen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455, insbesondere deren § 3 Abs. 2. Vorlageaufwand war jedoch nur einfach zuzusprechen, da der Verwaltungsakt für alle Beschwerdeverfahren gemeinsam vorgelegt wurde.

Wien, am 8. September 2009

Stichworte