VwGH 2009/03/0129

VwGH2009/03/012923.9.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Handstanger, Dr. Lehofer, Mag. Nedwed und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über den Antrag des K E in W, auf Ablehnung des Senatspräsidenten des Verwaltungsgerichtshofes Dr. Gruber und der Hofräte des Verwaltungsgerichtshofes Dr. Rigler, Dr. Bayjones, Dr. Grünstäudl und Dr. Kleiser im wiederaufzunehmenden hg Verfahren Zl 2009/04/0113, den Beschluss gefasst:

Normen

VwGG §31 Abs1 Z5;
VwGG §31 Abs2;
VwGG §31 Abs1 Z5;
VwGG §31 Abs2;

 

Spruch:

Der Ablehnungsantrag wird zurückgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid der Disziplinaroberkommission beim Bundeskanzleramt vom 13. Mai 2008 wurden die Berufungen des Antragsteller gegen das Disziplinarerkenntnis der Disziplinarkommission beim Bundesministerium für Finanzen vom 26. November 2007, mit welchem der Antragsteller mehrerer Dienstpflichtverletzungen für schuldig erkannt und über ihn die Disziplinarstrafe der Entlassung verhängt wurde, gemäß § 66 Abs 4 AVG iVm § 105 BGD 1979 als verspätet zurückgewiesen.

Die dagegen erhobene, zur hg Zl 2008/09/0247 protokollierte Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof wurde mit Verfügung vom 7. August 2008 gemäß § 34 Abs 2 VwGG zurückgestellt und unter anderem der Antragsteller zur Stellungnahme zur Einhaltung der Beschwerdefrist aufgefordert.

In der fristgerecht eingebrachten Beschwerdeergänzung vom 14. Oktober 2008 stellte der Antragsteller gleichzeitig einen Ablehnungsantrag gegen die geschäftsordnungsgemäß mit der Behandlung der Beschwerde als Berichterstatterin betraute Richterin "und ihre Vorgesetzten".

Soweit in diesem Antrag auch die "Vorgesetzten" der Richterin abgelehnt wurden, wurde dem Antragsteller mit Verfügung vom 7. November 2008 die Möglichkeit zur Präzisierung eingeräumt, welche konkreten Personen außer der genannten Richterin und aus welchen Gründen diese abgelehnt würden.

In seiner undatierten, am 27. Dezember 2008 zur Post gegebenen Stellungnahme hat der Antragsteller eingangs erklärt, den geschäftsordnungsgemäß mit der Behandlung des Ablehnungsantrags befassten Richter wegen Befangenheit abzulehnen. Als "Vorgesetzte im Sinne des Ablehnungsvorbringens" seien "Senatspräsidenten bzw. Senatsvorsitzende" zu verstehen, so der Antragsteller weiter.

Nach Zustellung des hg Beschlusses vom 29. Jänner 2009, Zl 2008/03/0185, mit welchem der Ablehnung des Vizepräsidenten des Verwaltungsgerichtshofes Dr. Thienel und der Hofräte des Verwaltungsgerichtshofes Dr. Händschke und Dr. Doblinger durch den Antragsteller nicht Folge gegeben worden war, wurden vom Antragsteller mit undatierter, am 19. März 2009 zur Post gegebene Eingabe der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens Zl 2008/03/0185 gestellt und die im Beschluss vom 29. Jänner 2009 "angeführten Richter" durch den Antragsteller wegen Befangenheit abgelehnt.

Dieser Ablehnungsantrag wurde mit hg Beschluss vom 27. Mai 2009, Zl 2009/04/0113, abgewiesen.

Nach Zustellung dieses Beschlusses wurden vom Antragsteller mit undatierter, am 28. Juli 2009 zur Post gegebener Eingabe ein "Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens" und ein Antrag auf "Ablehnung wegen Befangenheit" gestellt.

Darin bringt der Antragsteller Folgendes vor:

"Durch den o.a. Beschluß als Wiederaufnahmsgrund und neues Beweismittel (Kenntnis ab 14.7.2009) wird formal eine Antragsabweisung vorgenommen; bei näherer Prüfung handelt es sich jedoch um eine (unbeabsichtigte) Unterstützung der Position des Bf.

Bei sachgerechter Vorgangsweise steht es Richtern (insbesondere Höchstrichtern) nicht zu, unerwünschte Vorbringen selektiv wegzulassen, um auf eine Verfahrensabweisung bzw Rechtsverweigerung hinzuarbeiten. Das gegenteilige richterliche Verhalten stellt ein rechtlich unzulässiges (Beschluß-) Erschleichungsverhalten dar, s. § 45 Abs 1 Z 1 VwGG.

Die von Händschke selbst dargebotene Druck- bzw. Zwangssituation ist auch im angeführten Beschluß nicht in Abrede gestellt worden. Vor dem Hintergrund des geltenden Verfassungsrechts, insbesondere des Grundsatzes der richterlichen Unabhängigkeit (vgl auch unten zu Jabloner), waren sich die befaßten Richter darüber im Klaren, daß es sich dabei um alles andere als eine Nebensächlichkeit handelt, zumal es auch die rechtlichen und faktischen Grundlagen ihres eigenen Verhaltens betrifft.

Weiters steht nicht in Zweifel, daß bei jeder rechtskonform und sachlich agierenden Behörde Befangenheit auch gegenüber der abgelehnten Person selbst geltend gemacht werden kann; seriöse Richter können ein Interesse daran haben, eher früher als später von ihrer Ablehnung Kenntnis zu erhalten.

In dem o.a. Beschluß legen die Richter Gruber, Rigler, Bayjones, Grünstäudl und Kleiser für den Verwaltungsgerichtshof bzw dessen Führung einen anderen Maßstab zugrunde, wonach eine Ablehnung (u.a.) des VwGH-Präsidenten "vernünftigerweise" nicht an diesen zu richten wäre. Durch diese - willkürliche und rechtlich nicht gedeckte - Position unterstützen die genannten Richter zumindest indirekt die Position des Bf. (darüber hinaus ziehen sie damit auch die Eignung Jabloners für eine führende Gerichtsposition in Zweifel).

Ihr formales Abweisungsergebnis stellt deshalb auch insofern ein rechtlich unzulässiges Erschleichungsergebnis (§ 45 Abs 1 Z 1 VwGG) dar und keine unbefangene rechtliche Sicht- und Darstellungsweise. Sie werden daher wegen Befangenheit iSd § 31 Abs. 1 Z 5 VwGG abgelehnt.

Die Art der do Vorgangsweise legt auch nahe, daß gerade wegen des Aspekts der richterlichen Unabhängigkeit bzw Beeinflußbarkeit der o.a. Beschluß auch als indirekte (Hilfs‑)Aufforderung gemeint ist, ergänzende bzw unterstützende Wege zur gegenständlichen Rechtsverfolgung zu suchen."

Mit Beschluss vom heutigen Tag, Zl 2009/03/0085, ist dem vom Antragsteller mit der am 19. März 2009 zur Post gegebenen Eingabe gestellten Antrag auf Wiederaufnahme des mit Beschluss vom 29. Jänner 2009, Zl 2008/03/0185, abgeschlossenen Verfahrens gemäß § 45 Abs 1 VwGG nicht stattgegeben worden.

Vor dem dargestellten Hintergrund ist der zuvor erwähnte, vom Antragsteller am 28. Juli 2009 zur Post gegebene Schriftsatz als Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens 2009/04/0113 sowie auf Ablehnung der Richter des Verwaltungsgerichtshofes, die im eben genannten Verfahren Zl 2009/04/0113 den Beschluss vom 27. Mai 2009 gefasst haben (Senatspräsident Dr. Gruber, Hofräte Dr. Rigler, Dr. Bayjones, Dr. Grünstäudl und Dr. Kleiser), zu verstehen.

Zum Ablehnungsantrag (über den Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens 2009/04/0113 ist durch den dafür geschäftsordnungsgemäß zuständigen Senat zu entscheiden):

Gemäß § 31 Abs 1 Z 5 VwGG haben sich die Mitglieder des Gerichtshofes und Schriftführer unter Anzeige an den Präsidenten der Ausübung ihres Amtes wegen Befangenheit zu enthalten, wenn (sonstige) wichtige Gründe vorliegen, die geeignet sind, in ihre volle Unbefangenheit Zweifel zu setzen.

Aus den in § 31 Abs 1 VwGG genannten Gründen können die Mitglieder des Gerichtshofes und Schriftführer gemäß § 31 Abs 2 VwGG auch von den Parteien, und zwar spätestens zu Beginn der Verhandlung, abgelehnt werden. Stützt sich die Ablehnung auf § 31 Abs 1 Z 5 leg cit, so hat die Partei die hiefür maßgebenden Gründe glaubhaft zu machen.

Das Wesen der Befangenheit besteht nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes in der Hemmung einer unparteiischen Entscheidung durch unsachliche psychologische Motive. Der Befangenheitsgrund des § 31 Abs 1 Z 5 VwGG liegt vor, wenn aus konkreten Umständen der Mangel einer objektiven Einstellung des Richters gefolgert werden kann (vgl etwa den hg Beschluss vom 27. Jänner 2003, Zl 2002/10/0202).

Es ist Sache des Ablehnenden, Gründe geltend zu machen, die auf die Möglichkeit des Vorhandenseins solcher unsachlichen psychologischen Motive hindeuten. Nach ständiger Rechtsprechung vermag der Umstand, dass eine Partei eine Entscheidung in materiellrechtlicher oder verfahrensrechtlicher Hinsicht für unzutreffend erachtet, sofern nicht damit im Zusammenhang konkrete Umstände glaubhaft gemacht werden, die auf den Mangel einer objektiven Einstellung der an dem Erkenntnis oder dem Beschluss mitwirkenden Richter hindeuten, keine hinreichende Grundlage für die Annahme einer Befangenheit zu bieten (vgl etwa die hg Beschlüsse vom 4. Juli 2005, Zl 2005/10/0063, und vom 28. Mai 2009, Zl 2008/03/0048).

Wird ein Mitglied des Gerichtshofes aus den Gründen des § 31 Abs 1 Z 5 VwGG abgelehnt, hat der Ablehnungswerber die hiefür maßgebenden Gründe glaubhaft zu machen. Das Gesetz fordert also eine substantiierte Begründung des geltend gemachten Ablehnungsgrundes. Eine derartige schlüssige Begründung und Konkretisierung fehlt dem Ablehnungsantrag.

Mit seinem - oben dargestellten - Vorbringen macht der Antragsteller keine konkreten Umstände, die auf den Mangel einer objektiven Einstellung der abgelehnten Richter gegenüber dem Antragsteller hindeuten könnten, geltend; das Vorbringen rechtfertigt daher keine Ablehnung.

Soweit es sich nicht in einer - unzulässigen - Wiederholung der bereits geltend gemachten, als unberechtigt erkannten Gründe erschöpft, entzieht es sich einer inhaltlichen Behandlung deshalb, weil mit der bloßen Behauptung einer unrichtigen Beurteilung von Eingaben des Antragstellers ebenso wenig ein Ablehnungsgrund geltend gemacht wird wie mit den darauf aufbauenden, unsubstantiierten Schlussfolgerungen auf willkürliche Amtsführung und anderweitige Rechtsverletzungen durch die Mitglieder des Senates 04.

Der Ablehnungsantrag war daher ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen.

Aus gegebenem Anlass wird der Antragsteller weiters darauf aufmerksam gemacht, dass rechtsmissbräuchliche Ablehnungen ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen sind und im Falle ihrer Wiederholung ohne Bearbeitung zu den Akten genommen werden können (vgl den hg Beschluss vom 29. Juni 1998, Zl 98/10/0183):

Jedenfalls auf Grund der wiederholten Beschlüsse des Verwaltungsgerichtshofes über die vom Antragsteller eingebrachten Ablehnungsanträge musste dieser in Kenntnis davon sein, dass im Fall einer auf § 31 Abs 1 Z 5 VwGG gestützten Ablehnung die hiefür maßgebenden Gründe glaubhaft zu machen sind. Da der Antragsteller, der - wie die Wiedergabe des bisherigen Verfahrens zeigt - eine Reihe von Ablehnungsanträgen eingebracht hat, aber dessen ungeachtet auch im nunmehr gestellten Antrag keine Konkretisierung, geschweige denn Glaubhaftmachung von Ablehnungsgründen vorgenommen hat, ist davon auszugehen, dass er mit seinen Anträgen nicht das einer Richterablehnung von Gesetzes wegen immanente Ziel verfolgt, dass nur unbefangene Richter mit der Beurteilung seiner Angelegenheiten befasst sind.

Eine derartige Vorgehensweise ist aber als missbräuchlich zu beurteilen (vgl den bereits zitierten Beschluss vom 29. Juni 1998).

Wien, am 23. September 2009

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