VwGH 2008/03/0048

VwGH2008/03/004828.5.2008

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Handstanger, Dr. Berger, Dr. Lehofer und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, in der Beschwerdesache des WJ in W, über die Ablehnung des Senatspräsidenten des Verwaltungsgerichtshofes Dr. Mizner und der Hofräte des Verwaltungsgerichtshofes Dr. Stöberl, Dr. Köhler, Dr. Schick und Mag. Nussbaumer-Hinterauer, den Beschluss gefasst:

Normen

EMRK Art6;
SHG Wr 1973;
VwGG §31 Abs1 Z5;
VwGG §31 Abs2;
EMRK Art6;
SHG Wr 1973;
VwGG §31 Abs1 Z5;
VwGG §31 Abs2;

 

Spruch:

Der Ablehnung wird nicht Folge gegeben.

Begründung

Mit einem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 11. August 2005 wurde (ua) über Anträge des Antragstellers nach dem Wiener Sozialhilfegesetz entschieden.

Auf Grund der gegen diesen Bescheid vom Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 15, erhobenen Beschwerde wurde mit hg Erkenntnis vom 26. März 2007, Zl 2005/10/0170, der Bescheid im angefochtenen Umfang, soweit damit Heizbeihilfe in Höhe von jeweils EUR 136,80 für die Monate März 2005 und November 2004 zuerkannt wurde, wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde, im Übrigen wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Mit einem am 8. April 2008 beim Verwaltungsgerichtshof eingelangten Schriftsatz stellte der Antragsteller - im Hinblick auf weitere von ihm eingebrachte Beschwerden - einen Ablehnungsantrag gegen die im Spruch genannten Richter und begründete diesen damit, diese Richter hätten im zitierten Erkenntnis vom 26. März 2007 "durch nachträgliche tatsachenseitig und tatsachen- und aktenwidrige Tatsachenergänzungen Tatsachenfeststellungen getroffen, die einer Aktenmanipulation gleichkommen".

Die im zitierten Erkenntnis enthaltene Wendung "Zutreffend wird in der Beschwerde ausgeführt, dass im erstinstanzlichen Bescheid vom 28.10.2004 der der mitbeteiligten Partei gewährte Richtsatz für einen Erwachsenen gemäß § 13 Abs 5 zweiter Satz WSHG um 50 % gekürzt wurde, weil die mitbeteiligte Partei trotz Arbeitsfähigkeit und Arbeitsmöglichkeit nicht gewillt sei, seine Arbeitskraft zur Beschaffung seines Lebensbedarfes einzusetzen" sei nämlich, so der Antragsteller, "unglaublich und eine Diskriminierung sondergleichen". Durch diese "nachträglichen Tatsachenhinzufügungen (Erfindungen) bzw den Neuerungen (zu denen er zusätzlich kein Parteiengehör gewährt)" werde das Gesetz insofern verletzt, als der Verwaltungsgerichtshof den angefochtenen Bescheid auf Grund des von der belangten Behörde angenommenen Sachverhaltes zu prüfen habe, nicht aber "nach eigenem Gutdünken und anderen Kriterien"; für diese "lapidare Behauptung" fehle jeder Beweis; es handle sich dabei ausschließlich um Vermutungen bzw Spekulationen.

Dies belege, dass sich der Richtersenat mit der Beschwerde nicht ernsthaft und mit der gebotenen Sorgfalt befasst und man sich wahrscheinlich nicht einmal den Akt angesehen habe, wodurch der Antragsteller auch nach Art 6 EMRK verletzt werde.

Das dargestellte Vorbringen des Antragstellers rechtfertigt keine Ablehnung:

Gemäß § 31 Abs 1 Z 5 VwGG haben sich die Mitglieder des Gerichtshofes und Schriftführer unter Anzeige an den Präsidenten der Ausübung ihres Amtes wegen Befangenheit zu enthalten, wenn (sonstige) wichtige Gründe vorliegen, die geeignet sind, in ihre volle Unbefangenheit Zweifel zu setzen.

Aus den in § 31 Abs 1 VwGG genannten Gründen können die Mitglieder des Gerichtshofes und Schriftführer gemäß § 31 Abs 2 VwGG auch von den Parteien, und zwar spätestens zu Beginn der Verhandlung, abgelehnt werden. Stützt sich die Ablehnung auf § 31 Abs 1 Z 5 leg cit, so hat die Partei die hiefür maßgebenden Gründe glaubhaft zu machen.

Das Wesen der Befangenheit besteht nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes in der Hemmung einer unparteiischen Entscheidung durch unsachliche psychologische Motive. Der Befangenheitsgrund des § 31 Abs 1 Z 5 VwGG liegt vor, wenn aus konkreten Umständen der Mangel einer objektiven Einstellung des Richters gefolgert werden kann (vgl etwa den hg Beschluss vom 27. Jänner 2003, Zl 2002/10/0202).

Es ist Sache des Ablehnenden, Gründe geltend zu machen, die auf die Möglichkeit des Vorhandenseins solcher unsachlichen psychologischen Motive hindeuten. Nach ständiger Rechtsprechung vermag der Umstand, dass eine Partei eine Entscheidung in materiellrechtlicher oder verfahrensrechtlicher Hinsicht für unzutreffend erachtet, sofern nicht damit im Zusammenhang konkrete Umstände glaubhaft gemacht werden, die auf den Mangel einer objektiven Einstellung der an dem Erkenntnis oder dem Beschluss mitwirkenden Richter hindeuten, keine hinreichende Grundlage für die Annahme einer Befangenheit zu bieten (vgl etwa den hg Beschluss vom 4. Juli 2005, Zl 2005/10/0063).

Mit seinem oben dargestellten Vorbringen macht der Antragsteller keine konkreten Umstände, die auf den Mangel einer objektiven Einstellung der abgelehnten Richter gegenüber dem Antragsteller hindeuten könnten, geltend.

Im Übrigen missversteht der Antragsteller offensichtlich die von ihm inkriminierte Wendung im Erkenntnis vom 26. März 2007:

Dieser Satz kann bei verständiger Lesart schon für sich genommen nur dahin verstanden werden, dass damit der - die maßgebende Begründung des erstinstanzlichen Bescheides vom 28. Oktober 2004 betreffende - Inhalt der Beschwerde wiedergegeben, nicht aber eine eigene Bewertung von für die Beurteilung des Anspruchs des Antragstellers maßgebenden Sachumständen durch den erkennenden Senat des Verwaltungsgerichtshofs (insbesondere hinsichtlich "Arbeitswilligkeit" des Antragstellers) vorgenommen wird. Dies wird bestätigt durch den folgenden Absatz im genannten Erkenntnis, in dem klargestellt wird, dass die Beurteilung der Frage, ob ein Hilfesuchender gewillt ist, seine Arbeitskraft zur Beschaffung seines Lebensbedarfes einzusetzen, zeitraumbezogen zu erfolgen hat und dass eine abschließende, vollständige Feststellung und Beurteilung der maßgebenden Umstände zu erfolgen hat, wenn der vom Antrag erfasste Zeitraum im Zeitpunkt der Entscheidung schon verstrichen ist.

Dem Ablehnungsantrag war demnach gemäß § 31 Abs 2 VwGG nicht stattzugeben.

Wien, am 28. Mai 2008

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