VwGH 2006/07/0038

VwGH2006/07/003813.12.2007

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger und die Hofräte Dr. Beck, Dr. Hinterwirth, Dr. Enzenhofer und Dr. Sulzbacher als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Trefil, über die Beschwerde 1. des E S und 2. der C S, beide in N, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft vom 6. Februar 2006, Zl. BMLFUW-UW.4.1.12/0279- I/6/2005, betreffend einen wasserpolizeilichen Auftrag (mitbeteiligte Parteien: 1. Stadtgemeinde Y, vertreten durch den Bürgermeister, und 2. Römisch-katholische Pfarre Y), zu Recht erkannt:

Normen

VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
VwRallg;
WRG 1959 §138 Abs1 lita;
WRG 1959 §138 Abs1;
WRG 1959 §138 Abs2;
WRG 1959 §138 Abs4;
WRG 1959 §138;
WRG 1959 §39;

European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2007:2006070038.X00

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat den beschwerdeführenden Parteien Aufwendungen von insgesamt EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die E-Werk W KG ist Wasserberechtigte der Wasserkraftanlage K, Postzahl 6 des Wasserbuches für den Verwaltungsbezirk der Bezirkshauptmannschaft M (BH). Ihr wurde mit Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich (LH) vom 31. August 2001 die wasserrechtliche Bewilligung für die Errichtung und den Betrieb eines Flusskraftwerkes an der Y (anstelle des bisher bestehenden Ausleitungskraftwerkes) nach Maßgabe der Projektsbeschreibung und unter näher umschriebenen Auflagen erteilt. Unter anderem war nach der Projektsbeschreibung vorgesehen, dass der bestehende Werkskanal (Smühlbach bzw. Zbach, auch Zebach), der beim Kwehr linksufrig von der Y abzweigt und in die D mündet, in seiner gesamten Länge (von 3,2 km) aufgelassen und, soweit sich die Gerinnesohle unter Geländeniveau befindet, bis etwa 100 m vor der Einmündung verfüllt werde. Hinsichtlich des Kanals unterhalb des bisherigen Krafthauses, der damals in seiner gesamten Länge (von 1,3 km) tief in das Gelände eingeschnitten war und steile, zum Großteil bewachsene Uferböschungen aufwies, wurden jedoch im Hinblick auf seinen Beitrag zur Entwässerung des Gebietes bei einem ablaufenden Dhochwasser zur vorläufigen Erhaltung dieser Funktion (bis zur Verwirklichung eines von der Stadtgemeinde Y beabsichtigen Hochwasserschutzprojektes) näher beschriebene Maßnahmen vorgesehen. Demnach sollte der Unterwasserkanal vorerst nicht "bordvoll" verfüllt werden. Die Oberfläche der Verfüllung sollte ausgehend von der Geländehöhe beim Krafthaus mit einem Sohlgefälle von 2 Promille versehen werden und eine leichte Senke erhalten, die im unteren Abschnitt in einen entlang des linken Kanalufers bis an das Ende der Verfüllungsstrecke geführten seichten Graben mündet.

Die Beschwerdeführer sind Eigentümer des Grundstückes Nr. 741/1, EZ 494, KG Y, das sich beginnend etwa auf Höhe des Krafthauses rechtsseitig entlang des Unterwasserkanals erstreckt.

Gegen den erwähnten Bewilligungsbescheid des LH erhoben die Beschwerdeführer mit inhaltsgleichen Schreiben vom 4. Jänner 2006 Berufung und machten geltend, im Verfahren zur Bewilligung der Wasserkraftanlage K sei ihre "Beteiligten- und Parteienstellung" als "Anrainer-Unterwasserkanal Smühlbach" nicht berücksichtigt worden. Im Hochwasserfall werde ihr landwirtschaftlich genutztes Grundstück "seit mehr als 100 Jahren" zu einem Drittel direkt und zu zwei Drittel über Hochwasserrückflussgräben entwässert. Das berücksichtige die "bescheidmäßige Beurteilung der Zuschüttung des Smühlbaches" nicht. Diese Beurteilung sei in Bezug auf die Hochwasserrückführung nur aus wasserbautechnischer Sicht erfolgt, während die Auswirkungen - langsamere Geschwindigkeit des Hochwasserrückganges - auf die landwirtschaftliche Nutzung unberücksichtigt geblieben seien. Im Übrigen sei ein Teil der Hochwasserrückflussgräben zugleich Zufahrtsweg, sodass nach einem Hochwasser keine rasche Schadensbeseitigung möglich sei.

Der diese Berufungen zurückweisende Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft (BM) vom 6. Februar 2006 wurde infolge Beschwerde der auch hier beschwerdeführenden Parteien mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 15. November 2007, Zl. 2006/07/0037, aufgehoben, weil die Annahme, die Beschwerdeführer seien dem wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren durch ordnungsgemäße Kundmachung der dem erstbehördlichen Bescheid vorangegangenen Verhandlung beigezogen worden, durch die Aktenlage nicht gedeckt war.

Die Beschwerdeführer hatten bereits mit einem am 15. April 2002 eingelangten Schreiben an die BH als Wasserrechtsbehörde den Antrag gestellt, es möge eine "ehebaldigste, bescheidmäßige Anordnung auf Wiederherstellung des bestandenen Hochwasserabflussgrabens zum Zbach verfügt" werden. Zur Begründung brachten sie im Wesentlichen vor, der (aus einem beigelegten Plan ersichtliche, in den Smühlbach/Zbach mündende) Hochwasserabflussgraben, der zur Entwässerung ihres Grundstückes Nr. 741/1 diene, sei "im Zuge von Geländeauflandungen (Baulandgewinnungen)" teilweise zugeschüttet worden und durch diese unzulässige Veränderung werde ihr Grundstück nachteilig beeinflusst. Die Beschwerdeführer betonten in diesem Zusammenhang die Bedeutung des bei der Aurodung und Herstellung der landwirtschaftlichen Nutzflächen von den "Vorfahren und Vorbesitzern" errichteten Entwässerungssystems durch Hochwasserabflussgräben, das für ihre Parzelle in den 70er-Jahren des 20. Jahrhunderts noch voll funktionsfähig gewesen sei. Durch näher beschriebene großflächige Auflandungen in der neueren Zeit hätten unrechtmäßige Grabenzuschüttungen und Verschlechterungen der Zufahrtsmöglichkeiten begonnen, die von den Beschwerdeführern gegenüber der Stadtgemeinde Y erfolglos aufgezeigt worden seien. Durch das Hochwasser in der 12. Woche des Jahres 2002 sei die "Nichtfunktion der Rückflussgräben zu unserem Nachteil" sichtbar geworden. Da der gegenständliche Hochwasserabflussgraben abschnittsweise gleichzeitig Zufahrtsweg sei, hätten die Änderungen "doppelte negative Wirkung". Wenn das Hochwasser nicht zurückfließen könne, sei das Grundstück nicht erreichbar und aufgetrockneter Hochwasserschlamm auf Gemüseblättern könne nur durch ein "neuerliches, lokales selbsterzeugtes Hochwasser" entfernt werden.

Die BH führte am 13. Juni 2002 vor Ort eine wasserrechtliche Verhandlung durch, bei der die Beschwerdeführer ihr Antragsvorbringen dahin konkretisierten, dass die sich im Bereich der Parzelle Nr. 758/4 (Österreichisches Rotes Kreuz, Bezirksstelle Y) kreuzenden Abflussgräben zugeschüttet worden seien, was auch eine Verschlechterung der Zufahrt zu ihrem Grundstück hervorgerufen habe. Dazu wurde beim Lokalaugenschein festgestellt, der auf dem Grundstück Nr. 735/1 (Eigentümer: röm.- kath. Pfarre Y) befindliche Abzugsgraben sei in den letzten Jahren auf einer Länge von 30 bis 40 m durch Anschüttungen, die im Zuge von behördlich genehmigten Auflandungen und im Zuge der Errichtung der Rotkreuzortsstelle Y durchgeführt worden sein dürften, zum Teil unbrauchbar gemacht worden. Weiters seien im Bereich der Einmündung dieses Abzugsgrabens in den Smühlbach vor ca. 10 Jahren durch die EVN im Zuge der Verlegung von Kabelleitungen Anschüttungen und Erhöhungen vorgenommen worden. Schließlich wurde festgestellt, dass am Beginn des Abzugsgrabens in Anbindung an eine neue Zufahrtsstraße ebenfalls Anschüttungen getätigt worden seien und daher bereits der Einlaufbereich vom (laut Mappenplan: zum Grundstück der Beschwerdeführer führenden) Feldweg in den Abzugsgraben nicht funktionstüchtig sei. Durch diese verzögerte bzw. unmöglich gewordene Abflussmöglichkeit eines Hochwassers sei die Zufahrt über den Feldweg zum Gründstück der Beschwerdeführer "auf eine längere Zeit unmöglich".

Nachdem Zusagen von Seiten der Stadtgemeinde Y, die Abflussverhältnisse soweit wiederherzustellen, dass das Grundstück der Beschwerdeführer ohne Einschränkungen benützt werden könne, (witterungsbedingt) nicht eingehalten worden waren, stellten die Beschwerdeführer mit Schreiben vom 17. November 2002 einen Devolutionsantrag an den LH.

Der vom LH beauftragte wasserbautechnische Amtssachverständige (ASV) führte am 19. und am 23. Dezember 2002 im Beisein der Beschwerdeführer und eines Vertreters der Stadtgemeinde Y Erhebungen zum Fortgang der Arbeiten zur Beseitigung der Anschüttungen im gegenständlichen Hochwasserabflussgraben durch. Dazu berichtete er mit Schreiben vom 15. Jänner 2003, bei der zweiten Besichtigung habe festgestellt werden können, dass der Abflussgraben im Wesentlichen - lediglich in einem etwa 10 m langen Bereich ca. 20 m vor der rechten Böschungskante des Smühlbaches sei das erforderliche Profil noch nicht vorhanden - ordnungsgemäß hergestellt worden sei. Diesbezüglich kritisierten die Beschwerdeführer in einer bereits davor erstatteten Stellungnahme insbesondere, das neu hergestellte "Einmündungsgräblein" weise "kein ordentliches Gefälle" und zur Hochwasserabfuhr "nicht die geringste Verschlammungs- und Anlandungstoleranz" auf.

Mit Erledigung des LH vom 17. Jänner 2003 wurde die Stadtgemeinde Y "dringend ersucht, die Abflussverhältnisse bis 28. Februar 2003 wieder herzustellen", anderenfalls diese Vorschreibung bescheidmäßig erfolgen würde. Mit Schreiben vom 20. März 2003 teilte die Stadtgemeinde Y unter Vorlage von Fotos und eines Planes mit, dass die Arbeiten fertiggestellt worden seien. Über Aufforderung des LH legte die Stadtgemeinde Y am 28. April 2003 nach ergänzenden Vermessungen einen mit Höhenkoten versehenen Plan vor, wonach im Entwässerungsgraben beginnend beim Weg (10,51) bis zur Ausleitung beim Smühlbach (10,23) ein Gefälle von 28 cm bestehe. Der Erstbeschwerdeführer habe sich mit diesem Zustand der Abflussverhältnisse allerdings nicht zufrieden gezeigt, weshalb um Durchführung einer Überprüfungsverhandlung ersucht werde.

Mit Schreiben vom 15. November 2004 stellten die Beschwerdeführer einen weiteren Devolutionsantrag an den BM als sachlich in Betracht kommende Oberbehörde.

Am 16. Februar 2005 ersuchte der zuständige Sachbearbeiter des BM die hausinterne Abteilung VII 4 um eine "fachliche Stellungnahme", ob aufgrund der in den "Unterinstanzen" vorgenommenen "fachlichen Begutachtungen" sowie aufgrund der vorgelegten Pläne und Dokumente eine funktionierende Entwässerung des gegenständlichen Grundstückes erfolgen könne und somit für die Beschwerdeführer "Nachteile" auszuschließen seien. Die diesbezügliche Stellungnahme vom 5. Oktober 2005 hat folgenden Inhalt:

"Der strittige Graben, der bezüglich des Abflussvermögens ertüchtigt wurde, führt vom Zufahrtsweg des Grundstücks Nr. 741/1 der Beschwerdeführer zum Mühlbach (Smühlbach), der auch die Vorflut des Grabens bildet.

Da beim Lokalaugenschein der Vorinstanz am 19.12.02 das durchgehende Gefälle des Grabens nicht eindeutig feststellbar war, wurde vom Sachverständigen die Einmessung der Grabensohlpunkte ca. in 10 m Abstand vom Zufahrtsweg bis zum Mühlbach verlangt und zwischenzeitlich wurde dieser Plan vom 8.4.03 (Vermessungsbüro Schubert) von der Stadtgemeinde Y vorgelegt.

Es ergibt sich eine Höhendifferenz vom Weg (Relativkote = 10,51) bis zur Einmündung in den Mühlbach (Relativkote = 10,23) von 28 cm auf einer Länge von ca. 80 m; Gefälle ca. 0,3 %. Der Wasserspiegel im Mühlbach lag am 7.4.03 mit Relativkote 8,77 deutlich tiefer. Knapp vor der Einmündung des Grabens in den Mühlbach besteht eine kleine Gegensteigung mit einem höchsten Sohlpunkt von 10,33. Auch dieser Hochpunkt der Grabensohle liegt aber mit einer Höhendifferenz von 18 cm noch deutlich unter der Weg-OK. Der Abfluss vom Weg zur Vorflut ist gewährleistet."

Unter der Überschrift "Anforderungen an den Graben" stellte der ASV dann die örtliche Situation und den bei der vorgenommenen Beurteilung angelegten Maßstab wie folgt näher dar:

"Der Graben liegt rechtsufrig des Smühlbaches ca. 1 km südlich der D und ca. 1 km westlich der Y. Das Gelände ist nach Angaben der Vorinstanz im Wesentlichen eben. Der Graben dient nach den plausiblen Angaben der Beschwerdeführer zur Abfuhr ausgeuferter Hochwässer. Entsprechend der großen Entfernung zur vergleichsweise kleinen Y sind primär/ausschließlich Dhochwässer maßgeblich. Beim letzten großen Dhochwasser - HW August 2002, ca. HQ100 - wurde der gesamte Bereich rechtsufrig der D im Umkreis von ca. 1,5 km um den Graben ausgehend von der D rückstauend eingestaut. Es liegt auf der Hand, dass der Rückgang des ausgeuferten Dhochwassers als breitflächiger Oberflächenabfluss entsprechend dem Rückgang des Wasserspiegels in der D über einige Tage im absteigenden Ast der Hochwasserwelle erfolgt und für diese Abflussvorgänge der kleine Graben ohne Bedeutung ist. Der Graben spielt nur insofern eine Rolle, dass der letzte Rest des ausgeuferten Wassers zu einer Vorflut gelangt und nicht langsam versickern muss. Für die Abfuhr dieser Restmengen ist eine besondere hydraulische Leistungsfähigkeit des Grabens nicht erforderlich, es ist nur relevant, dass ein Gefälle zur Vorflut (Smühlbach) besteht. Bei kleineren Hochwässern bis ca. HQ30 ufert die D in diesem Bereich nicht aus, sodass der Graben auch nur sehr selten benötigt wird.

Das Grundstück der Beschwerdeführer liegt überdies noch gut 150 m südlich des Grabens und entwässert nicht direkt in diesen Graben, sondern allenfalls erfolgt in geringem Umfang ein Abfluss vom Grundstück über den Zufahrtsweg in den Graben. Dass die Grabensohle streckenweise ein geringes Gegengefälle aufweist bzw. eine Sutte von ca. 10 cm Tiefe schränkt die hydraulische Leistungsfähigkeit nicht wesentlich ein und die Versickerung aus dieser Sutte ist unerheblich (deutlich unter 1 m3) und betrifft auch andere Grundstücke. Der Abfluss von ausgeuferten Hochwässern vom Grundstück 741/1 der Beschwerdeführer erfolgt nach den vorliegenden Plänen vor allem flächig zum angrenzenden Smühlbach, der strittige Graben ist dafür von untergeordneter Bedeutung."

Abschließend wurde das Ergebnis der fachlichen Beurteilung wie folgt zusammengefasst:

"Zusammenfassend ist festzustellen, dass eine Entwässerung des Weges nach ausgeuferten Dhochwässern oder Niederschlägen durch das hergestellte Gefälle zur Vorflut gesichert ist und die Zufahrt bzw. die Wegrelation nicht gefährdet bzw. eingeschränkt ist. Das Grundstück der Beschwerdeführer 741/1 wird nicht nennenswert über diesen Graben entwässert, da es unmittelbar an die leistungsfähige Vorflut - den Smühlbach - angrenzt, während ein Abfluss zum Graben nur über den ca. 150 m langen Weg, der das Grundstück auch nur an einer Ecke berührt, erfolgen könnte. Eine Verschärfung der Abflusssituation für dieses Grundstück ist nicht erkennbar."

Während die Stadtgemeinde Y dieses Gutachten "zustimmend" zur Kenntnis nahm, erstatteten die Beschwerdeführer am 16. Oktober 2005 dazu eine Äußerung, in der sie zunächst wiederholten, in den Jahren ab 1975 sei mit Auflandungen zur Baulandgewinnung im Bereich der Ansiedlung südwestlich der Bundesstraße X entlang der Yflussstraße begonnen und dabei seien bestehende Hochwasserrückflussgräben, die in den Zbach mündeten, fortschreitend zugeschüttet worden. Bei der Auflandung für das neue Rotkreuzgebäude sei ihr Zufahrtsweg zur gegenständlichen Parzelle Nr. 741/1 zum dritten Mal verlegt und der letzte bestehende Hochwasserrückflussgraben an mehreren Stellen zugeschüttet worden. Nach vielen Interventionen seien durch die Stadtgemeinde Y die letzten bestehenden Teilstücke des Hochwasserrückflussgrabens mit dem "Überschussmaterial" dahingehend angeglichen worden, dass das nunmehrige Abflussgefälle von zirka 0,3 % mit kleinen Gegensteigungen entstanden sei. Entgegen der Meinung des ASV für Wasserbautechnik sei dies nicht ausreichend, zumal der Hochwasserabflussgraben nicht - wie früher -

links und rechts einen das Zuwachsen der Grabensohle verhindernden Baumbewuchs aufweise, sondern völlig verwachsen sei und kaum ein Gefälle habe. Im Ausführungsprojekt zum Rotkreuzgebäude, bei dem vom ursprünglichen Grabenniveau ausgegangen worden sei, sei außerdem ein befestigtes Einlaufbauwerk für das Hochwasserrückflussgerinne in den Zbach als Vorfluter vorgesehen gewesen, das "als bestehend kollaudiert", in Wirklichkeit aber nicht errichtet worden sei.

Laut Gutachten des Sachverständigen werde der Graben nur bei Hochwasserereignissen HQ100 benötigt, bei kleineren Hochwässern bis HQ30 ufere die D in diesen Bereichen nicht aus. Diese Feststellung werde - so die Beschwerdeführer in ihrer Stellungnahme weiter - jedoch durch die Wirklichkeit widerlegt, weil zwischen 1990 und 2005 (außer HQ100 im August 2002) fünf Überflutungen des Grundstückes der Beschwerdeführer stattgefunden hätten. Schließlich sei die Feststellung des Sachverständigen, der strittige Graben sei für den Abfluss von ausgeuferten Hochwässern von untergeordneter Bedeutung, "völlig falsch". Wenn man das Ackerniveau kenne und aus der Praxis den Rücklauf der Hochwässer durch die Jahre hindurch oftmals beobachtet habe, wisse man, dass diese Feststellung haltlos sei. Daran anschließend kritisierten die Beschwerdeführer vor allem, dem Gutachten fehle "jegliche Qualitätsgrundlage zum heutigen Zeitpunkt", weil der beschriebene Vorfluter (Zbach, Smühlbach) seit einigen Monaten nicht mehr bestehe und sein zugeschüttetes Bachbett niveaumäßig höher liege als das Grundstück der Beschwerdeführer. Dadurch sei jetzt insofern eine äußerst schlechte und gefährliche Situation entstanden, als das Grundstück der Beschwerdeführer und die Nachbargrundstücke im Ausmaß von ca. 8 ha bei ausufernden Hochwässern auf extrem lange Zeit überschwemmt blieben, weil dieser Hochwassersee nunmehr durch den zugeschütteten Zbach und die Yflussstrasse begrenzt werde und keinerlei Abflussmöglichkeit habe. Im Übrigen wäre einer mündlichen Verhandlung unbedingt ein Sachverständiger der Landwirtschaftskammer beizuziehen gewesen, weil nur dieser die vertretbare Hochwasserrückflussgeschwindigkeit unter dem Gesichtspunkt beurteilen könne, ob die landwirtschaftliche Nutzung des Grundstückes der Beschwerdeführer nicht durch eine unnötig lang andauernde Hochwassersituation übermäßig beeinträchtigt werde.

Auf entsprechende Anfrage des BM teilte die BH mit Schreiben vom 12. Dezember 2005 unter Beilage von Fotos mit, dass der Smühlbach bereits zur Gänze verfüllt worden sei. Hinsichtlich dieser Maßnahme sei auf den (beigelegten) wasserrechtlichen Bewilligungsbescheid des LH vom 31. August 2001 betreffend das Flusskraftwerk der E-Werk W KG zu verweisen. Bei einem Lokalaugenschein am 9. Dezember 2005 sei festgestellt worden, dass der Smühlbach in seiner gesamten Länge bis zur Ausmündung der Kläranlage Y, somit auch im gegenständlichen Bereich, verschüttet worden sei. Der Entwässerungsgraben der Beschwerdeführer ende somit vor dem verfüllten Smühlbach.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 6. Februar 2006 wies der BM (die belangte Behörde) den Antrag der Beschwerdeführer auf Wiederherstellung der natürlichen Abflussverhältnisse auf ihrem Grundstück Nr. 741/1, EZ 949 (richtig: EZ 494) der KG Y gemäß § 73 AVG und § 39 iVm § 138 WRG 1959 ab.

Begründend führte die belangte Behörde nach Wiedergabe des wesentlichen Verwaltungsgeschehens - offenbar unter Bezugnahme auf § 73 AVG - zunächst aus, der Devolutionsantrag sei zu Recht erhoben worden, weil die Frist von sechs Monaten zweifelsfrei verstrichen sei, ohne dass der LH einen Bescheid erlassen habe. Die Verzögerung beruhe auch auf dessen überwiegendem Verschulden, weil vom LH (gemeint: zu Unrecht) keine Veranlassung für eine bescheidmäßige Erledigung gesehen worden sei.

Im Anschluss an die (auszugsweise) Zitierung der im Spruch angeführten Bestimmungen des WRG 1959 begründete die belangte Behörde die Antragsabweisung damit, dass Tatbestandsvoraussetzung für einen wasserpolizeilichen Auftrag gemäß § 39 iVm § 138 WRG 1959 eine Veränderung der natürlichen Abflussverhältnisse durch den Grundeigentümer zum Nachteile der Ober- oder Unterliegergrundstücke sei. Den Planunterlagen aus dem Verfahrensakt habe der Sachverständige zweifelsfrei entnehmen können, dass mit dem gegenständlichen Graben vom Zufahrtsweg des Grundstücks Nr. 741/1 zum Mühlbach (Smühlbach, Zbach) ein tauglicher Abflussgraben geschaffen worden sei, der zur Abfuhr der Hochwässer ausreiche. Dadurch sei eine "Schadlosstellung" der Beschwerdeführer bewirkt worden. Somit fehle es an einer Tatbestandsvoraussetzung für die Anwendung des § 39 WRG 1959, weil der Ablauf der natürlichen Oberflächengewässer nicht zum Nachteil der Antragsteller verändert worden sei.

Richtig sei, dass der Smühlbach, der als Vorflut fungiert habe, nun zugeschüttet worden sei. Diese Verschüttung sei jedoch rechtmäßig geschehen, weil dazu der rechtskräftige wasserrechtliche Bewilligungsbescheid des LH vom 31. August 2001 betreffend das Flusskraftwerk der E-Werk W KG vorliege. Gegen diese Maßnahme könne somit nicht mit einem wasserpolizeilichen Auftrag nach § 138 WRG vorgegangen werden.

Es möge zwar "fürs Erste paradox erscheinen", dass in dieser Angelegenheit von einer Schadlosstellung der Antragsteller gesprochen werde, obwohl der für die Hochwasserabfuhr auf den betroffenen Grundstücken wichtige Mühlbach nachweislich verschüttet worden sei. Im gegenständlichen Verfahren gehe es jedoch um die Überprüfung, ob die Stadtgemeinde Y und die römisch katholische Pfarrkirche St. Laurenz als Eigentümer der Grundstücke, auf denen sich der Graben befinde, in der Vergangenheit Maßnahmen gesetzt hätten, welche die Abflussverhältnisse auf dem Grundstück der Beschwerdeführer zu deren Nachteil verändert hätten; dies sei aber zweifelsohne nicht der Fall. Eine allfällige Verschlechterung des Abflussregimes durch die Zuschüttung des Mühlbaches könne den Genannten nicht zur Last gelegt werden, weil diese Maßnahme, wie erwähnt, wasserrechtlich gedeckt sei und somit nicht Gegenstand eines wasserpolizeilichen Auftrags sein könne. Dem Bescheid könne aber entnommen werden, dass die Beschwerdeführer im Bewilligungsverfahren für das Flusskraftwerk der E-Werk W KG nicht als Parteien aufgetreten seien.

Dem Einwand der Beschwerdeführer, im Ausführungsprojekt zum Rotkreuzgebäude sei ein befestigtes Einlaufbauwerk für das Hochwasserrückflussgerinne in den Zbach als Vorfluter vorgesehen gewesen und trotz anderer Ausführung kollaudiert worden, sei zu entgegnen, dass dies nicht Inhalt des gegenständlichen Verfahrens sei, sondern von den Beschwerdeführern im Kollaudierungsverfahren hätte vorgebracht werden müssen.

Der ASV habe ausgeführt, dass es bei Hochwässern mit einer Eintrittswahrscheinlichkeit von HQ30 zu keiner Überflutung der gegenständlichen Grundstücke komme. Insoweit bestehe - so begründete die belangte Behörde auf die diesbezüglichen Einwände der Beschwerdeführer replizierend - kein Widerspruch zum Vorbringen der Beschwerdeführer, dass es in den letzten 15 Jahren zu fünf Überflutungen ihres Grundstücks gekommen sei, weil es sich bei den Ausführungen des ASV um eine rein statistische Feststellung handle. Des weiteren könne mit diesem Einwand der grundsätzlichen und nachvollziehbaren Feststellung des Sachverständigen, durch den verfahrensgegenständlichen Graben komme es zu einer ausreichenden Entwässerung des Grundstücks der Beschwerdeführer, nicht entgegentreten werden. Auch das pauschale Vorbringen der Beschwerdeführer, die Aussage des ASV bezüglich der untergeordneten Bedeutung des strittigen Grabens für die Abfuhr der Hochwässer sei falsch, könne keine Zweifel am Zutreffen dieser Einschätzung des ASV hervorbringen. Dazu seien die Behauptungen der Beschwerdeführer zu allgemein und sie entbehrten jeder fachlichen Grundlage und Begründung.

Abschließend begründete die belangte Behörde die - auch im Spruch des angefochtenen Bescheides vorgenommene - Abweisung des Antrages auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor Ort und auf Beiziehung eines Sachverständigen für Landwirtschaft damit, dass die Sachlage aufgrund der Aktenlage ausreichend geklärt sei.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde nach Aktenvorlage und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde - die dem verwaltungsgerichtlichen Verfahren beigezogenen mitbeteiligten Parteien äußerten sich nicht - erwogen:

In der Beschwerde wird im Wesentlichen das Vorbringen im Verwaltungsverfahren wiederholt und vor allem kritisiert, es sei nunmehr ein viel seichterer Graben errichtet worden, indem das Verschüttungsmaterial auf die gesamte Strecke verteilt worden sei. Dieser viel zu seichte Graben mit Gegensteigungen und ohne das (bei den angrenzenden Auflandungen projektierte, jedoch nie errichtete und trotzdem kollaudierte) Einlaufbauwerk in den Smühlbach könne keine ausreichende leistungsfähige Hochwasserrückführung sicherstellen. Die vorgenommene Vermessung sei "irrelevant", weil sie das ursprüngliche Grabenniveau nicht berücksichtige. Da der jetzige Zustand des Grabens weder dem ursprünglichen Zustand (vor der Auflandung der an den gegenständlichen Hochwasserrückflussgraben unmittelbar angrenzenden Grundstücke) noch den Auflagen des diesbezüglichen Bewilligungsbescheides vom 23. September 1993 entspreche, seien die Abflussverhältnisse zum Nachteil des Grundstückes der Beschwerdeführer verändert worden und entgegen der Annahme der belangten Behörde die Tatbestandsvoraussetzungen des § 39 WRG 1959 erfüllt. In den weiteren Ausführungen verweisen die Beschwerdeführer auf den einleitend wiedergegebenen Inhalt des Bescheides des LH vom 31. August 2001, wonach keine bordvolle Verfüllung des Schleifmühlkanals, sondern ein durchgehender Entwässerungsgraben vorgesehen gewesen sei. Schließlich bestritten die Beschwerdeführer mit näherer Begründung neuerlich die Annahme, ihr Grundstück werde bei einem HQ30-Hochwasser nicht überflutet.

Diese Ausführungen sind im Ergebnis berechtigt:

Der Antrag der Beschwerdeführer zielte erkennbar auf Erlassung eines wasserpolizeilichen Auftrages nach § 138 Abs. 1 lit. a WRG 1959 zur Wiederherstellung der (ihrer Ansicht nach) eigenmächtig geänderten natürlichen Abflussverhältnisse (§ 39 WRG 1959) in dem vom Zufahrtsweg (Feldweg) zu ihrem Grundstück Nr. 741/1 zum Smühlbach/Zbach verlaufenden Hochwasserrückflussgraben. In diesem Sinn wurde der Antrag auch von der belangten Behörde verstanden und dementsprechend erachten sich die Beschwerdeführer auch bei Darstellung des Beschwerdepunktes in ihrem Recht auf Wiederherstellung der natürlichen Abflussverhältnisse auf ihrem Grundstück Nr. 741/1 "gem. § 39 i.V.m. § 138 WRG" verletzt. Die genannten Bestimmungen des WRG 1959 lauten (auszugsweise):

"Änderung der natürlichen Abflussverhältnisse.

§ 39. (1) Der Eigentümer eines Grundstückes darf den natürlichen Abfluss der darauf sich ansammelnden oder darüber fließenden Gewässer zum Nachteile des unteren Grundstückes nicht willkürlich ändern.

(2) Dagegen ist auch der Eigentümer des unteren Grundstückes nicht befugt, den natürlichen Ablauf solcher Gewässer zum Nachteile des oberen Grundstückes zu hindern.

(3) Die Abs. 1 und 2 gelten nicht für eine Änderung der Ablaufverhältnisse, die durch die ordnungsmäßige Bearbeitung eines landwirtschaftlichen Grundstückes notwendigerweise bewirkt wird. Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes.

§ 138. (1) Unabhängig von Bestrafung und Schadenersatzpflicht ist derjenige, der die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes übertreten hat, wenn das öffentliche Interesse es erfordert oder der Betroffene es verlangt, von der Wasserrechtsbehörde zu verhalten, auf seine Kosten

a) eigenmächtig vorgenommene Neuerungen zu beseitigen oder die unterlassenen Arbeiten nachzuholen,

...

(4) Wenn das öffentliche Interesse die Beseitigung eigenmächtig vorgenommener Neuerungen, das Nachholen unterlassener Arbeiten oder die Sicherung von Ablagerungen oder Bodenverunreinigungen verlangt und der nach Abs. 1 Verpflichtete nicht dazu verhalten oder zum Kostenersatz herangezogen werden kann, dann kann an seiner Stelle dem Liegenschaftseigentümer der Auftrag erteilt oder der Kostenersatz auferlegt werden, wenn er die eigenmächtige Neuerung, das Unterlassen der Arbeit oder die Bodenverunreinigung ausdrücklich gestattet hat oder wenn er der Ablagerung zugestimmt oder sie freiwillig geduldet und ihm zumutbare Abwehrmaßnahmen unterlassen hat. ...

...

(6) Als Betroffene im Sinne des Abs. 1 sind die Inhaber bestehender Rechte (§ 12 Abs. 2), die Fischereiberechtigten sowie die Einforstungsberechtigten anzusehen."

Die Beseitigung einer gegen das Verbot des § 39 WRG 1959 verstoßenden Neuerung kann nicht nach dieser Gesetzesstelle, sondern nur gestützt auf § 138 WRG 1959 angeordnet werden. Das bedeutet, dass für einen auf § 138 iVm § 39 WRG 1959 gestützten wasserpolizeilichen Auftrag die Voraussetzungen beider Gesetzesbestimmungen gegeben sein müssen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 16. Dezember 2004, Zl. 2004/07/0065).

Unter Grundstück im Sinne des § 39 WRG 1959 ist eine Liegenschaft zu verstehen, d.h. eine Grundfläche, die zu einer anderen, in fremdem Eigentum stehenden Grundfläche in einem solchen räumlichen Naheverhältnis steht, dass Maßnahmen oder Vorkehrungen auf der einen Grundfläche sich für die andere Grundfläche nachteilig auswirken können. Daraus folgt, dass durch die genannte Vorschrift jeder Oberlieger und jeder Unterlieger geschützt ist, sofern sich der Eingriff in den natürlichen Wasserablauf zum Nachteil seiner Liegenschaft auswirkt.

§ 39 WRG 1959 erfasst daher nicht nur die unmittelbar angrenzende, sondern jede Liegenschaft, auf die sich die Änderung des natürlichen Wasserablaufes nachteilig auswirkt (vgl. zum Ganzen das hg. Erkenntnis vom 18. September 2002, Zl. 2002/07/0058).

Die Tatsache, dass das Grundstück Nr. 741/1 der Beschwerdeführer und jene Grundstücke, über die der gegenständliche Graben verläuft, nicht unmittelbar aneinander angrenzen, sondern nur über den Zufahrtsweg (Feldweg) verbunden sind, stünde demnach - ausgehend von der Behauptung eines für die landwirtschaftliche Nutzung des Grundstücks der Beschwerdeführer bewirkten Nachteils - der Anwendung des § 39 WRG 1959 nicht entgegen.

In diesem Zusammenhang ist aber auch darauf hinzuweisen, dass ein auf § 39 WRG 1959 gestützter wasserpolizeilicher Auftrag nur dann in Betracht käme, wenn es sich bei den (ursprünglich vorhandenen) Anschüttungen in dem gegenständlichen Entwässerungsgraben um eine Änderung der "natürlichen" Abflussverhältnisse und nicht um Verschließungen eines "künstlichen" Wasserbettes handelt. Mit dieser Frage hat sich die belangte Behörde nicht auseinander gesetzt. Ausgehend von dem unwidersprochen gebliebenen Vorbringen der Beschwerdeführer, dass dieser Entwässerungsgraben seit vielen Jahrzehnten bestehe, schon bei der Urbarmachung des Gebietes angelegt worden sei und dem Ablauf von Hochwässern diene, scheint das Vorliegen dieser Voraussetzung auf Basis der bisherigen Aktenlage aber jedenfalls nicht ausgeschlossen.

Nach § 138 Abs. 1 WRG 1959 kommt als Adressat eines wasserpolizeilichen Auftrages jeder in Betracht, der eine eigenmächtige Neuerung gesetzt hat. Dieser umfassende Adressatenkreis findet im Falle des § 39 WRG 1959 eine Einschränkung, weil die letztgenannte Bestimmung nur den Grundstückseigentümer erfasst (vgl. zuletzt das hg. Erkenntnis vom 19. Juli 2007, Zl. 2006/07/0097). Der Eigentümer einer Liegenschaft kann nach § 138 WRG 1959 aber in zweifacher Hinsicht Adressat eines wasserpolizeilichen Auftrages sein: Ist er derjenige, der die eigenmächtige Neuerung selbst vorgenommen hat, dann findet auf ihn § 138 Abs. 1 (oder 2) WRG 1959 Anwendung, und zwar ohne die Einschränkung des Abs. 4. Wurden hingegen die eigenmächtigen Neuerungen nicht von ihm vorgenommen, dann kann er nur unter den eingeschränkten Voraussetzungen des § 138 Abs. 4 WRG 1959 in Anspruch genommen werden. Der Ausdruck "Vornahme von Neuerungen" umfasst allerdings nicht nur die unmittelbar der Herstellung einer solchen Neuerung dienenden Maßnahmen, wie etwa Arbeiten an der Anlage und dergleichen, sondern auch alle jene Akte, die erforderlich sind, um die Neuerung zu realisieren. Der Liegenschaftseigentümer kann daher auch dann Adressat eines wasserpolizeilichen Auftrages nach § 138 Abs. 1 (oder 2) WRG 1959 sein, wenn die Neuerung auf seinen Auftrag zurückgeht oder auf die Tätigkeit von Personen, deren Verhalten ihm zuzurechnen ist, wie z.B. Gehilfen (vgl. das schon zitierte hg. Erkenntnis vom 16. Dezember 2004, Zl. 2004/07/0065). Eine Heranziehung des Liegenschaftseigentümers aus seiner subsidiären Haftung nach § 138 Abs. 4 WRG 1959 käme allerdings nur bei Vorliegen öffentlicher Interessen in Betracht, ohne dass einem Betroffenen im Sinne des ersten Absatzes des § 138 WRG 1959 auf eine solche Inanspruchnahme des Liegenschaftseigentümers ein subjektiv öffentliches Recht eingeräumt wäre (vgl. in diesem Sinn auch das oben erwähnte Erkenntnis vom 19. Juli 2007, Zl. 2006/07/0097).

In diesem Zusammenhang ist daher vorweg klarzustellen, dass auf der Basis des gegenständlichen Antrages der Beschwerdeführer eine (subsidiäre) Inanspruchnahme eines Liegenschaftseigentümers nach § 138 Abs. 4 WRG nicht in Betracht käme. Als Adressat eines wasserpolizeilichen Auftrages kämen somit im Beschwerdefall nur die Eigentümer jener Liegenschaften in Betracht, auf denen allfällige Änderungen der natürlichen Abflussverhältnisse vorgenommen wurden, sofern sie diese Änderungen selbst vorgenommen haben oder ihnen diese im Sinne der oben dargestellten Rechtsprechung zuzurechnen sind. Die unstrittig vorgenommenen, schon beim Lokalaugenschein am 13. Juni 2002 festgestellten Anschüttungen wurden im gegenständlichen Hochwasserabflussgraben im Bereich des Grundstückes Nr. 735/1, das im Eigentum der römischkatholischen Pfarre Y (laut Grundbuch: "Römisch-katholische Pfarrkirche St. L") steht, und (nach den im Akt befindlichen Plänen) offenbar im Bereich von im Eigentum der Stadtgemeinde Y befindlichen Grundstücken vorgenommen. Ungeachtet dessen wurde hinsichtlich aller den ungehinderten Hochwasserablauf beeinträchtigender Anschüttungen als möglicher Adressat eines wasserpolizeilichen Auftrages nur die genannte Stadtgemeinde Y dem verwaltungsbehördlichen Verfahren beigezogen.

Mit den Fragen, in welchem Zustand sich der gegenständliche Graben vor den (offenbar im Wesentlichen im Zuge der Auflandung der unmittelbar angrenzenden Grundstücke vorgenommenen) Anschüttungen befunden hat und in welchem Umfang die bisherigen Abflussverhältnisse geändert wurden, sowie mit der zuletzt erörterten Frage, wem ein Auftrag zu deren Wiederherstellung überhaupt zu erteilen wäre, hat sich die belangte Behörde nicht auseinandergesetzt, weil sie dies ausgehend von der angenommenen "Schadlosstellung" der Beschwerdeführer offenbar für entbehrlich erachtete. Nun stellt zwar § 39 WRG 1959 nicht auf "wesentliche" Änderungen der natürlichen Abflussverhältnisse ab, wohl aber auf solche, die für ein anderes Grundstück einen Nachteil herbeiführen. Ein solcher Nachteil wäre aber - insofern ist der belangten Behörde beizupflichten - Voraussetzung für einen Auftrag nach § 39 iVm § 138 WRG 1959 (vgl. dazu das schon erwähnte Erkenntnis vom 16. Dezember 2004, Zl. 2004/07/0065).

Die belangte Behörde verneinte - unter Zugrundelegung des von ihr eingeholten Gutachtens des ASV vom 5. Oktober 2005 - einen (im Bescheiderlassungszeitpunkt noch) bestehenden Nachteil im Sinne des § 39 WRG 1959 mit der Begründung, es sei (nunmehr wieder) ein zur Abfuhr der Hochwässer tauglicher Abflussgraben geschaffen worden. Diese Annahme wurde jedoch in mehrfacher Hinsicht nicht in tragfähiger Weise begründet:

Die nur aufgrund der Aktenlage ohne Durchführung eines Ortsaugenscheins vorgenommene Einschätzung des ASV gründet sich auf die Prämisse, bei kleineren Hochwässern bis zu HQ30 ufere die D in diesem Bereich nicht aus, sodass der Graben nur sehr selten benötigt werde. Dem Gutachten kann für diese Annahme jedoch keine nachvollziehbare Begründung entnommen werden. Angesichts dessen hätte das gegenteilige, auf eigener Erfahrung beruhende Vorbringen der Beschwerdeführer die belangte Behörde veranlassen müssen, den ASV diesbezüglich zur Äußerung und schlüssigen Begründung seiner Annahme aufzufordern. Erst danach hätte von den Beschwerdeführern verlangt werden können, dass sie dem Gutachten des ASV auf gleicher fachlicher Ebene entgegentreten. Gleiches gilt aber auch für den Einwand der Beschwerdeführer gegen die vom ASV getroffene Einschätzung, der gegenständliche Graben habe für den Abfluss von Hochwässern nur untergeordnete Bedeutung. Die Beschwerdeführer haben zwar in ihrer Stellungnahme vom 16. Oktober 2005 nur auf das "Ackerniveau" und auf den in der Praxis beobachteten Rücklauf des Hochwassers verwiesen. Der Sache nach haben sie damit aber ausreichend konkret geltend gemacht, der ASV habe sich mit dem in der Natur gegebenen Geländeniveau und den bei Hochwässern in der Vergangenheit beobachteten Ablaufverhältnissen nicht ausreichend auseinandergesetzt. Da der ASV - wie erwähnt - ohne Prüfung vor Ort davon ausging, das Gelände sei "im Wesentlichen eben", ohne auf Geländeneigungen oder auf die von den Beschwerdeführern mehrfach angesprochenen Auflandungen einzugehen, hätte es auch zu diesem Einwand der Beschwerdeführer einer ergänzenden fachlichen Stellungnahme bedurft. Entscheidend ist aber vor allem, dass das Gutachten von der Annahme ausgeht, der Wasserspiegel des Smühlbaches liege deutlich tiefer als die Sohle des einmündenden Grabens, es sei nur relevant, dass ein (ausreichendes) Gefälle zu dieser Vorflut bestehe und der Abfluss von ausgeuferten Hochwässern vom Grundstück der Beschwerdeführer erfolge vor allem flächig zum angrenzenden leistungsfähigen Smühlbach. Demgegenüber war der Smühlbach im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides zur Gänze verfüllt, sodass das Gutachten insoweit auf einer faktisch nicht (mehr) gegebenen Grundlage basiert.

Die dazu von der belangten Behörde angestellten Überlegungen treffen zwar insofern zu, als die Erlassung eines wasserpolizeilichen Auftrages im Grunde des § 39 WRG eine willkürliche Veränderung der natürlichen Abflussverhältnisse voraussetzt, die dann nicht vorliegt, wenn die Maßnahmen etwa durch eine wasserrechtliche Bewilligung gedeckt sind (vgl. Oberleitner, Kommentar zum WRG2, Rz 8 und 16 zu § 39). In Bezug auf die "Zuschüttung" des Smühlbaches haben die Beschwerdeführer im gegenständlichen Verfahren aber auch keinen solchen wasserpolizeilichen Auftrag begehrt. Sie haben in diesem Zusammenhang nur zu Recht darauf hingewiesen, dass nach dem von der belangten Behörde ins Treffen geführten und eingangs auszugsweise dargestellten Bewilligungsbescheid des LH vom 31. August 2001 der Smühlbach nicht bordvoll zu verfüllen sei, sondern - vor dem Hintergrund seiner weiterhin gegebenen Entwässerungsfunktion - ein Abflussgraben herzustellen wäre. Darauf hätte das Gutachten des ASV Bedacht nehmen müssen. Nur dann, wenn der gegenständliche Hochwasserabflussgraben beim nunmehr gegebenen Gefälle und auch bei einer Einmündung in einen wesentlich geringer dimensionierten und allenfalls auch höher gelegenen Vorfluter, wie er nach dem erwähnten Bewilligungsbescheid vorgesehen ist, ausreichend funktionsfähig wäre, hätte nämlich ein Nachteil der Beschwerdeführer im Sinne des § 39 WRG verneint werden dürfen, wobei allerdings auch noch zu beachten gewesen wäre, dass die Beurteilung des Vorliegens eines Nachteils in der Regel einen Vergleich mit der Situation ohne Eingriff in die natürlichen Abflussverhältnisse erfordert.

Sollte im fortgesetzten Verfahren nicht doch eine einvernehmliche Lösung gefunden werden, wäre somit - unter dem zuletzt angesprochenen Gesichtspunkt - auch auf die weitere Entwicklung und die Ergebnisse im Verfahren betreffend das Flusskraftwerk der E-Werk W KG und die dort betreffend den Smühlbach vorgesehenen Maßnahmen Bedacht zu nehmen, zumal der Bescheid vom 31. August 2001 - entgegen der Annahme der belangten Behörde - nicht rechtskräftig geworden zu sein scheint (vgl. dazu das schon erwähnte, in dieser Sache ergangene hg. Erkenntnis vom 15. November 2007, Zl. 2006/07/0037).

Soweit die Beschwerdeführer auch noch in der Beschwerde mehrfach darauf zurückkommen, dass entgegen dem die Auflandungen bewilligenden Bescheid vom 23. September 1993 das Einlaufbauwerk vom gegenständlichen Graben in den Smühlbach nicht errichtet worden sei, ist zur Klarstellung (mit der belangten Behörde) noch anzumerken, dass im vorliegenden Verfahren nur Änderungen der natürlichen Abflussverhältnisse zu prüfen sind. Die belangte Behörde ist daher zu Recht nicht darauf eingegangen, ob in dem genannten Bewilligungsbescheid angeblich vorgeschriebene Maßnahmen, die vor dem Hintergrund der Entwicklung hinsichtlich des Smühlbaches allerdings auch nicht mehr aktuell scheinen, tatsächlich unterlassen worden seien.

Der angefochtene Bescheid war aber nach dem Gesagten wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.

Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung.

Wien, am 13. Dezember 2007

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