VwGH 2004/07/0065

VwGH2004/07/006516.12.2004

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Graf und die Hofräte Dr. Bumberger, Dr. Beck, Dr. Hinterwirth und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Kante, über die Beschwerde 1. der Gertraud M,

2. des Josef M und 3. des Peter P, alle in A, alle vertreten durch Mag. Egon Stöger, Rechtsanwalt in Innsbruck, Bürgerstraße 20/III, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft vom 13. Jänner 2004, Zl. 680.443/02-I 6/03, betreffend einen wasserpolizeilichen Auftrag (mitbeteiligte Parteien: 1. Balthasar P und 2. Liselotte P, beide in A, beide vertreten durch Dr. Manfred Buchmüller, Rechtsanwalt in Altenmarkt im Pongau, Marktplatz 155),

Normen

VwRallg;
WRG 1959 §138 Abs1;
WRG 1959 §138 Abs2;
WRG 1959 §138 Abs4 idF 1990/252;
WRG 1959 §138 Abs4;
WRG 1959 §138;
WRG 1959 §39 Abs1;
WRG 1959 §39;
WRGNov 1990;
VwRallg;
WRG 1959 §138 Abs1;
WRG 1959 §138 Abs2;
WRG 1959 §138 Abs4 idF 1990/252;
WRG 1959 §138 Abs4;
WRG 1959 §138;
WRG 1959 §39 Abs1;
WRG 1959 §39;
WRGNov 1990;

 

Spruch:

1. den Beschluss gefasst:

Die Beschwerde der Erstbeschwerdeführerin und des Zweitbeschwerdeführers wird zurückgewiesen.

Die Erstbeschwerdeführerin und der Zweitbeschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 381,90 und den mitbeteiligten Parteien Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen;

2. zu Recht erkannt:

Auf Grund der Beschwerde des Drittbeschwerdeführers wird der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Drittbeschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Mit Schreiben vom 12. Juli 1996 wandten sich die Erstbeschwerdeführerin und der Zweitbeschwerdeführer mit der Bitte um Abhilfe an die Bezirkshauptmannschaft H (BH) gegen die mitbeteiligten Parteien, weil diese ein unbenanntes Gerinne nicht ordnungsgemäß räumten, wodurch es zu Überflutungen und Vernässungen eines Grundstückes der Beschwerdeführer komme.

Die BH forderte die mitbeteiligten Parteien auf, das Gerinne zu räumen.

Darauf reagierten die mitbeteiligten Parteien mit dem Hinweis, sie hätten sich bereits mit Schreiben vom 19. September 1995 bei der BH darüber beschwert, dass die Erstbeschwerdeführerin und der Zweitbeschwerdeführer die natürlichen Abflussverhältnisse zum Nachteil der Liegenschaften der mitbeteiligten Parteien geändert hätten.

Die BH führte am 19. September 1996 eine mit einem Ortsaugenschein verbundene Verhandlung durch. Dabei führte der Amtssachverständige für Wasserbautechnik aus, ein als Grenzgraben vermutlich während der Urbarmachung des Gebietes angelegter Graben entwässere ein nach Nordwesten einfallendes Waldgebiet und Wiesenflächen. Der Graben mit einer durchschnittlichen Profilgröße von 30 auf 30 cm verlaufe leicht aufgedämmt an den Grundgrenzen und am Wegrand; im Weiler Auwinkel werde das Wasser über einen Kanal in den Dachserfallbach eingeleitet; dieser wiederum sei ein rechter Zubringer zum Schwarzenbach. Die Begehung habe gezeigt, dass der unterste Bachteil, beginnend vom Verrohrungseinlauf, entlang der Straße, dann entlang des Weges zum ausgeprägten Knick nach Süden schlecht bis gar nicht geräumt sei und kaum ein Abflussprofil aufweise. Am folgenden Bachlauf in südliche Richtung bis zum Hangfuß sei ein weitgehend geräumtes und abfuhrfähiges Bachprofil vorhanden. Im beginnenden Steilgelände münde in diesen Graben ein in der Hangfallinie ankommender Bach, der aus einem bewaldeten Gebiet komme. In diesem Bereich sei orographisch links ein weiterer Graben zugeleitet. Dieser komme aus einer weiter südlich gelegenen Rinne. Wie sich beim Ortsaugenschein gezeigt habe, habe diese Rinne ursprünglich in west-nord-westliche Richtung entwässert, das Wasser sei teils versickert und teils oberflächlich abgeflossen und in die angrenzenden Wiesen ausgetreten. Um dies zu verhindern, sei im Bereich des Rückeweges, der die Entwässerung dieses Hanges auf sich konzentriert habe, eine Ausleitung errichtet worden. Diese bewirke die Zuleitung dieses Wassers in den genannten Graben. Die Frage, ob zum bestehenden Bach ein weiterer Graben zugeleitet worden sei, sei zu bejahen. Es lasse sich in der Natur klar erkennen, dass vom Bereich der Ausleitung beim Rückeweg bis zur Einmündung in den Bach ein ausgeprägtes Bachbett fehle. Dies lasse sich daran erkennen, dass weder Wurzeln ausgewaschen noch Steine freigeschwemmt seien und auch kein eingetieftes Bachbett vorhanden sei. Das aus der Waldfläche kommende Wasser sei der Hangfallinie folgend dem Schwemmkegelverlauf entsprechend abgeflossen und zu einem Großteil versickert. Bei größeren Ereignissen werde das Wasser in die angrenzenden Wiesenflächen ausgetreten sein. Durch die Holzbringung und durch das Entstehen eines Rückeweges sei das Wasser dieser Runse auf diesen Rückeweg konzentriert worden, der sich als "Bachbett" ausgebildet habe. Zur Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes sei es notwendig, bei der Ausleitung vom Rückeweg in das Waldgrundstück den Durchbruch durch den leichten Damm wieder zu verschließen.

Die Erstbeschwerdeführerin und der Zweitbeschwerdeführer bestritten, die natürlichen Abflussverhältnisse geändert zu haben; sie vertraten vielmehr die Auffassung, sie hätten die natürlichen Abflussverhältnisse, wie sie früher bestanden hätten, wieder hergestellt. Weiters machten sie geltend, die strittige Maßnahme sei nicht auf ihren Grundstücken, sondern auf einem dem Drittbeschwerdeführer gehörigen Grundstück vorgenommen worden.

§ 39 WRG 1959 richte sich aber an den Grundeigentümer.

Mit Bescheid vom 6. Juni 1997 trug die BH der Erstbeschwerdeführerin und dem Zweitbeschwerdeführer gemäß § 138 Abs. 1 lit. a WRG 1959 auf, bei der Ausleitung vom Rückeweg in das Waldgrundstück auf Grundstück 335/1, KG U, den Durchbruch, der das Abfließen des Wassers vom Rückeweg in das Gerinne, welches durch die Grundstücke 334, 332, 333, 326, je KG U führt, durch Errichtung eines die ankommenden Wässer mit Sicherheit abhaltenden Dammes aus Steinen und Erdmaterial wieder zu verschließen.

Die Beschwerdeführer beriefen.

Mit Bescheid vom 12. August 1997 gab der Landeshauptmann von Salzburg (LH) der Berufung keine Folge.

Dieser Bescheid wurde auf Grund einer Beschwerde der Erstbeschwerdeführerin und des Zweitbeschwerdeführers mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. Februar 1998, 97/07/0175, VwSlgNF 14.844/A, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben. Begründet wurde diese Entscheidung damit, § 39 WRG 1959 richte sich nur an den Liegenschaftseigentümer. Die Beschwerdeführer hätten im Verwaltungsverfahren vorgebracht, sie seien nicht Eigentümer jener Liegenschaft, auf der die von der Behörde angenommenen Änderungen der natürlichen Abflussverhältnisse vorgenommen worden seien. Die (damals) belangte Behörde habe es unterlassen, sich mit dieser Einwendung auseinander zu setzen.

Nach der Darstellung im angefochtenen Bescheid - die Verwaltungsakten der BH und des LH wurden dem Verwaltungsgerichtshof nicht vorgelegt - wurde mit Bescheid des LH vom 24. März 1998 der Bescheid der BH vom 6. Juni 1997 zur Gänze ersatzlos behoben.

In der Folge beantragten die mitbeteiligten Parteien bei der BH, dem Drittbeschwerdeführer als Eigentümer des Grundstücks 335/1 der KG U, auf welchem die natürlichen Abflussverhältnisse verändert worden seien, jene Maßnahmen aufzutragen, die mit Bescheid der BH vom 6. Juni 1997 der Erstbeschwerdeführerin und dem Zweitbeschwerdeführer aufgetragen worden waren.

Am 29. November 2000 führte die BH eine mündliche Verhandlung durch. Dabei gab ein Amtssachverständiger für Land- und Forstwirtschaft folgende Stellungnahme ab:

"Aufgrund des durchgeführten Lokalaugenscheines stelle ich fest, dass es sich bei der Ausleitung des Wassers aus dem Rückeweg nicht um eine Änderung der Abflussverhältnisse gehandelt haben kann, sondern eindeutig um die Wiederherstellung der durch die Holzrückung beschädigten Abflussverhältnisse in deren natürlichen Verlauf. Zu dieser Maßnahme ist jeder Bringungsberechtigte verpflichtet. Sämtliche Rückewege oder Forstwege sind in den ursprünglichen Zustand herzustellen, weil ansonsten jeder Bringungsweg vernichtet würde, wenn man das Wasser entlang des Weges rinnen ließe. Die Geländegestaltung ist so, dass sich das Wasser in den Runsen immer schon den Weg gesucht hat. Wenn diese Runsen durch Rückewege oder Forstwege durchschnitten werden, muss dafür gesorgt werden, dass die natürlichen Abflussverhältnisse nicht verändert werden. Dies geschieht durch Ausleitungen in kleineren oder größeren Abständen, je nach Wasserabfall."

Der Drittbeschwerdeführer äußerte sich dahin, dass er die natürlichen Abflussverhältnisse nicht geändert habe; die natürlichen Abflussverhältnisse hätten sich seit den letzten 25 Jahren nicht geändert.

Ein wasserbautechnischer Amtssachverständiger verwies in seiner Stellungnahme auf das wasserbautechnische Gutachten vom 19. September 1996 und hielt fest, dass anlässlich der Begehung am 29. November 2000 keine wesentlichen Änderungen festgestellt worden seien. Keine Änderung - so der wasserbautechnische Amtssachverständige weiter - sei auch bei der Ausleitung aus der Runse (Rückeweg) aufgetreten. Die Querausleitung sei nach wie vor vorhanden. Sie hinterlasse zwischenzeitlich (nach über vier Jahren) einen fast natürlichen Eindruck, der glauben lasse, dass dies immer so gewesen sei. Im Gutachten vom 19. September 1996 sei aber begründet worden, warum aus wasserbautechnischer Sicht angenommen worden sei, dass es sich um keinen natürlichen Graben handle und die Ausleitung (Sichtweise 1996) neu gewesen sei und somit eine Änderung der natürlichen Abflussverhältnisse vorliege. In diesem Sinne werde der Wasserrechtsbehörde geraten, die schon im Gutachten vom 19. September 1996 vorgeschlagene Änderung durchzusetzen.

In der Folge stellten sowohl die Erstbeschwerdeführerin und der Zweitbeschwerdeführer als auch die mitbeteiligten Parteien einen Antrag auf Übergang der Entscheidungspflicht an den LH.

Am 24. September 2002 wurde vom LH eine Wasserrechtsverhandlung einschließlich Lokalaugenschein durchgeführt. An einen wasserbautechnischen Amtssachverständigen wurden folgende Fragen gestellt:

"1. Wurden die Oberflächenentwässerungen auf dem Grundstück (des Drittbeschwerdeführers) künstlich angelegt und bilden diese Maßnahmen eine wesentliche Änderung der Oberflächenentwässerung?

2. Haben diese Ausleitungen/Querungen einen Einfluss auf die Abflussverhältnisse?"

Diese Fragen beantwortete der wasserbautechnische

Amtssachverständige wie folgt:

"Zu 1:

Die gesamte Oberflächenentwässerung des heute begangenen Gebietes wurde künstlich im Laufe der Jahrhunderte entwickelt und hergestellt. Eindeutig ist dies an der meist geraden Linienführung des Grabens und der zum Teil eindeutig erkennbaren Aufdämmung festzustellen. Wann die einzelnen Abschnitte jeweils errichtet wurden, kann für weite Bereiche nicht mehr quantifiziert werden. Ziel für die Errichtung dieses Grabens war jedenfalls die landwirtschaftliche Nutzbarmachung der angrenzenden Flächen. Im Bereich des Rückeweges auf Grundstück (des Drittbeschwerdeführers) fanden offensichtlich die zeitlich gesehen letzten Veränderungen statt. Laut Gutachten des wasserbautechnischen Amtssachverständigen von 1997 waren diese Veränderungen als Neueingriffe noch deutlich erkennbar. Entsprechend der Stellungnahme des Vertreters der Wildbach- und Lawinenverbauung können diese Veränderungen vor 10 bis 20 Jahren stattgefunden haben. Diese Ableitung ist jedenfalls als Änderung für die Oberflächenwasserverhältnisse zu sehen. Ob dies aber als wesentliche Änderung zu qualifizieren ist, kann ohne zusätzliche Unterlagen gutachterlich nicht festgestellt werden. So müssten jedenfalls hydrologische Grundlagen (Einzugsgebiet, Starkregenereignisse, Niederschlagsmodell) erhoben und ein einfaches Niederschlagsmodell berechnet werden.

Zu 2:

Auf Grundstück (des Drittbeschwerdeführers) wurden am heutigen Tag auf dem Rückeweg zwei Querungen, welche eine Ableitung des anfallenden Oberflächenwassers bewirken sollen, beobachtet. Die untere Querung war nur geringfügig in Betrieb, während über die obere Querung ein Großteil des herabrinnenden Wassers abgeführt wurde. Bei weiteren Lokalaugenscheinen wurde bemerkt, dass auf dem oberliegenden Grundstück durch Errichtung eines kleinen Steinwalls das Oberflächenwasser so geleitet wurde, dass dieses zur oberen Querung kommt. Selbstverständlich haben alle Eingriffe in ein Wassersystem Auswirkungen und Einflüsse auf darunter liegende Flächen. Aber auch hier kann die Frage, ob es wesentliche Einflüsse sind, nicht ohne ergänzende Untersuchungen beantwortet werden.

Die Abflussverhältnisse bei den besiedelten Objekten sind nachweislich unbefriedigend. Aus wasserbautechnischer Sicht sollte versucht werden, das anfallende Wasser unschädlich an diesen Objekten vorbeizubringen und in weiterer Folge in den Bach zu leiten."

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 13. Jänner 2004 gab die belangte Behörde unter Spruchabschnitt I den Devolutionsanträgen der Erstbeschwerdeführerin und des Zweitbeschwerdeführers sowie der mitbeteiligten Parteien statt.

Unter Spruchabschnitt II wurde dem Drittbeschwerdeführer gemäß § 138 Abs. 1 lit. a WRG 1959 die Ausführung folgender Maßnahme aufgetragen:

"Bei der Ausleitung vom Rückeweg in das Waldgrundstück auf Grundstück 335/1, KG U, ist der Durchbruch, der das Abfließen des Wassers vom Rückeweg in das Gerinne, welches durch die Grundstücke 334, 332, 333, 326 div., je KG U, führt, durch Errichtung eines die ankommenden Wässer mit Sicherheit abhaltenden Dammes aus Steinen und Erdmaterial bis spätestens 1. Juni 2004 wieder zu verschließen."

In der Begründung heißt es nach Darstellung des Verwaltungsgeschehens und der Wiedergabe der Sachverständigengutachten, in den von der BH und vom LH abgeführten Wasserrechtsverhandlungen vom 29. November 2000 bzw. 24. September 2002 hätten sich im Wesentlichen keine Neuerungen gegenüber der Verhandlung der BH im Jahr 1996 ergeben. Laut Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sei zur Beseitigung der Nachteile, die durch eine eigenmächtige Neuerung herbeigeführt werden, der jeweilige Besitzer der Anlage, auch wenn er die Neuerung nicht vorgenommen habe, verpflichtet. Aus den dargestellten Gründen und im Zusammenhang mit dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. Februar 1998, 97/07/0175, seien die vom wasserbautechnischen Amtssachverständigen für notwendig erachteten Maßnahmen nunmehr dem Grundstückseigentümer, dem Drittbeschwerdeführer, aufzutragen gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die Beschwerdeführer bringen vor, die belangte Behörde setze sich nicht mit den Schlussfolgerungen des land- und forstwirtschaftlichen Sachverständigen auseinander, obwohl sie diese im angefochtenen Bescheid wiedergebe. Aus den Ausführungen dieses Sachverständigen ergebe sich, dass keine Änderung der natürlichen Abflussverhältnisse vorliege. Der Beschwerdeführer (gemeint offenbar der Drittbeschwerdeführer) habe stets erklärt, dass er die natürlichen Abflussverhältnisse nicht geändert habe. In der letzten Wasserrechtsverhandlung samt Ortsaugenschein habe er wieder angegeben, dass die jetzigen Abflussverhältnisse - auch die bestehenden Querungen - immer schon so gewesen seien. Wenn die Querungen bei der Holzbringung verschlossen oder beschädigt gewesen seien, seien sie wieder hergestellt worden, und zwar lediglich mit dem Schuhabsatz oder sonst mit Werkzeugen wie einem Pickel. Das sei seit Jahrzehnten so gehandhabt worden, das könne auch sein Vater bestätigen. Über den Rückeweg sei nie Wasser geronnen oder gar abgeleitet worden. Im angefochtenen Bescheid fehlten jegliche Ausführungen darüber, warum diese Erläuterungen des Beschwerdeführers für nicht wahr gehalten würden. Die belangte Behörde habe sich auch nicht mit der Zeugenaussage des Johann P auseinander gesetzt, der angegeben habe, er könne sich seit mindestens 70 Jahren zurückerinnern. Der Rückeweg sei in diesem Zeitraum stets zur Holzbringung verwendet worden. Die Ausleitungen seien im Herbst vor der Holzbringung und die Winterschäden im Frühjahr ausgebessert worden. Über den Rückeweg sei nie Wasser geronnen. Die jetzigen Ausleitungen seien immer schon vorhanden gewesen.

Die Beschwerdeführer bringen weiters vor, es seien keinerlei Erhebungen dazu angestellt worden, ob sich die beanstandete Ableitung auf einem Waldgrundstück befinde und somit das Forstgesetz anzuwenden sei. Für forstwirtschaftlich genutzte Grundstücke gelte § 39 WRG 1959 nicht.

Es sei auch nicht festgestellt worden, welche Wassermenge durch die Runse abgeleitet werde und wie sich dies auf die Abflussverhältnisse im Ableitungsgraben auswirke. Der wasserbautechnische Amtssachverständige habe in seiner Stellungnahme vom 1. April 1997 ausgeführt, dass eine wesentliche Beeinträchtigung des Abflussverhaltens nicht erkennbar sei.

Obwohl sich die beigezogenen Amtssachverständigen nicht einmal über Augenscheinstatsachen einig gewesen seien, sei das profunde und schlüssige Gutachten des Dipl.-Ing. Wilhelm P mit der formelhaften Begründung beiseite gelegt worden, dieses widerspreche nicht den Ausführungen der Amtssachverständigen. Das beziehe sich jedoch nur auf die Teilbereiche. Als einziger habe Dipl.-Ing. P begründet ausgeführt, dass der Bereich der Ausleitung des Rückeweges im Einzugsbereich des Entwässerungsgrabens liege und eine Steigerung der Abflussmenge im Graben und damit eine Steigerung der Hochwassergefahr für die im Unterlauf des Grabens befindlichen Grundparzellen der mitbeteiligten Parteien daher durch die Ausleitung beim Rückeweg nicht gegeben sei. Dies sei von keinem der beigezogenen Amtssachverständigen auch nur bezweifelt worden.

Der dem Drittbeschwerdeführer erteilte Auftrag gehe über § 138 WRG 1959 hinaus. Diese Bestimmung ermächtige die Behörde nur, die Wiederherstellung des vorigen Zustandes anzuordnen, nicht aber die Schaffung eines neuen Zustandes.

Der Drittbeschwerdeführer könne auch nicht zum Adressaten eines Auftrages nach § 138 WRG 1959 gemacht werden, weil er selbst niemals eine Abänderung der natürlichen Abflussverhältnisse vorgenommen habe. Die Voraussetzungen des § 138 Abs. 4 WRG 1959 für die subsidiäre Heranziehung des Liegenschaftseigentümers seien aber nicht gegeben. Die mitbeteiligten Parteien seien auch nicht als Betroffene im Sinne des § 138 WRG 1959 anzusehen.

Die belangte Behörde hat Aktenteile vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Die mitbeteiligten Parteien haben ebenfalls eine Gegenschrift erstattet und beantragt, die Beschwerde der Erstbeschwerdeführerin und des Zweitbeschwerdeführers zurückzuweisen, jene des Drittbeschwerdeführers aber abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

I.

Zur Beschwerde der Erstbeschwerdeführerin und des Zweitbeschwerdeführers:

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde lediglich dem Drittbeschwerdeführer ein wasserpolizeilicher Auftrag erteilt. Die Erstbeschwerdeführerin und der Zweitbeschwerdeführer sind nicht Adressaten dieses Auftrages. Ihre Beschwerde erweist sich daher als unzulässig, weshalb sie gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG in einem gemäß § 12 Abs. 3 leg. cit. gebildeten Senat zurückzuweisen war.

II.

Zur Beschwerde des Drittbeschwerdeführers:

Der angefochtene Bescheid stützt sich auf § 138 WRG 1959.

Diese Bestimmung lautet auszugsweise:

"§ 138. (1) Unabhängig von Bestrafung und Schadenersatzpflicht ist derjenige, der die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes übertreten hat, wenn das öffentliche Interesse es erfordert oder der Betroffene es verlangt, von der Wasserrechtsbehörde zu verhalten, auf seine Kosten

a) eigenmächtig vorgenommene Neuerungen zu beseitigen oder die unterlassenen Arbeiten nachzuholen,

.................

(4) Wenn das öffentliche Interesse die Beseitigung eigenmächtig vorgenommener Neuerungen, das Nachholen unterlassener Arbeiten oder die Sicherung von Ablagerungen oder Bodenverunreinigungen verlangt und der nach Abs. 1 Verpflichtete nicht dazu verhalten oder zum Kostenersatz herangezogen werden kann, dann kann an seiner Stelle dem Liegenschaftseigentümer der Auftrag erteilt oder der Kostenersatz auferlegt werden, wenn er die eigenmächtige Neuerung, das Unterlassen der Arbeit oder die Bodenverunreinigung ausdrücklich gestattet hat oder wenn er der Ablagerung zugestimmt oder sie freiwillig geduldet und ihm zumutbare Abwehrmaßnahmen unterlassen hat. Dies gilt bei Ablagerungen auch für Rechtsnachfolger des Liegenschaftseigentümers, wenn sie von der Ablagerung Kenntnis hatten oder bei gehöriger Aufmerksamkeit Kenntnis haben mußten.

§ 31 Abs. 6 findet in allen Fällen dieses Absatzes sinngemäß Anwendung. § 16 Abs. 4 Forstgesetz 1975 bleibt unberührt.

.........

(6) Als Betroffene im Sinne des Abs. 1 sind die Inhaber bestehender Rechte (§ 12 Abs. 2), die Fischereiberechtigten sowie die Einforstungsberechtigten anzusehen."

Die Anwendung des § 138 WRG 1959 setzt voraus, dass "die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes übertreten" wurden.

Welche Bestimmung des WRG vom Drittbeschwerdeführer übertreten wurde, gibt die belangte Behörde nicht an. In Betracht kommt § 39 WRG 1959. Dieser lautet:

"§ 39. (1) Der Eigentümer eines Grundstückes darf den natürlichen Abfluß der darauf sich ansammelnden oder darüber fließenden Gewässer zum Nachteile des unteren Grundstückes nicht willkürlich ändern.

(2) Dagegen ist auch der Eigentümer des unteren Grundstückes nicht befugt, den natürlichen Ablauf solcher Gewässer zum Nachteile des oberen Grundstückes zu hindern.

(3) Die Abs. 1 und 2 gelten nicht für eine Änderung der Ablaufverhältnisse, die durch die ordnungsmäßige Bearbeitung eines landwirtschaftlichen Grundstückes notwendigerweise bewirkt wird."

Unzutreffend ist die Auffassung des Drittbeschwerdeführers, § 39 finde auf forstwirtschaftlich genutzte Grundstücke keine Anwendung.

Zwar findet sich in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Aussage, § 39 finde nur auf landwirtschaftlich genutzte Grundstücke Anwendung (vgl. das Erkenntnis vom 15. Juli 1999, 97/07/0223, u.a.).

Mit dem Ausdruck "landwirtschaftlich" wird aber nicht ein Gegensatz zu forstwirtschaftlich genutzten Grundstücken zum Ausdruck gebracht, sondern nur eine Abgrenzung zu verbauten, nicht landwirtschaftlichen (im weitesten Sinn) Zwecken dienenden Grundstücken. So hat der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 8. Juli 2004, 2001/07/0023, auch nicht den Ausdruck landwirtschaftlich, sondern land- und forstwirtschaftlich verwendet.

Die Beseitigung einer gegen das Verbot des § 39 WRG 1959 verstoßenden Neuerung kann nicht nach dieser Gesetzesstelle, sondern nur gestützt auf § 138 WRG 1959 angeordnet werden (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 7. März 1989, 85/07/0059). Das bedeutet, dass für einen auf § 138 WRG 1959 in Verbindung mit § 39 leg. cit. gestützten wasserpolizeilichen Auftrag die Voraussetzungen beider Gesetzesbestimmungen gegeben sein müssen.

Nach § 138 Abs. 1 WRG 1959 kommt als Adressat eines wasserpolizeilichen Auftrages jeder in Betracht, der eine eigenmächtige Neuerung gesetzt hat.

Dieser umfassende Adressatenkreis findet im Falle des § 39 WRG 1959 eine Einschränkung, da die letztgenannte Bestimmung nur den Grundstückseigentümer erfasst (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. Februar 1998, 97/07/0175).

Umgekehrt kann aber der Grundeigentümer nicht uneingeschränkt für jede auf seinem Grundeigentum vorgenommene unzulässige Neuerung in Anspruch genommen werden.

Der Eigentümer einer Liegenschaft kann nach § 138 WRG 1959 in zweifacher Hinsicht Adressat eines wasserpolizeilichen Auftrages sein: Ist er derjenige, der die eigenmächtige Neuerung selbst vorgenommen hat, dann findet auf ihn § 138 Abs. 1 (oder 2) leg. cit. Anwendung, und zwar ohne die Einschränkung des Abs. 4. Wurden hingegen die eigenmächtigen Neuerungen nicht von ihm vorgenommen, dann kann er nur unter den eingeschränkten Voraussetzungen des § 138 Abs. 4 WRG 1959 in Anspruch genommen werden. Der Ausdruck "Vornahme von Neuerungen" umfasst allerdings nicht nur die unmittelbar der Herstellung einer solchen Neuerung dienenden Maßnahmen, wie etwa Arbeiten an der Anlage und dergleichen, sondern auch alle jene Akte, die erforderlich sind, um die Neuerung zu realisieren. Der Liegenschaftseigentümer kann daher auch dann Adressat eines wasserpolizeilichen Auftrages nach § 138 Abs. 1 (oder 2) WRG 1959 sein, wenn die Neuerung auf seinen Auftrag zurück geht oder auf die Tätigkeit von Personen, deren Verhalten ihm zuzurechnen ist, wie z.B. Gehilfen (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. März 2002, 2000/07/0064).

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes stellt auch die Aufrechterhaltung und Nutzung eines konsenslos bestehenden Zustandes eine Übertretung von Bestimmungen des WRG 1959 im Sinn des § 138 leg. cit. dar. Hiebei ist jedoch zu beachten, dass die WRG-Novelle 1990 dadurch, dass sie im § 138 Abs. 4 bestimmte Verhaltensweisen als Grundlage für eine lediglich subsidiäre Haftung des Grundeigentümers statuiert hat, eine Einschränkung des Spektrums jener Verhaltensweisen, die zu einer Heranziehung als Verursacher im Sinn des § 138 Abs. 1 (oder 2) WRG 1959 berechtigen, bewirkt hat. § 138 Abs. 4 leg. cit. schließt zwar nicht aus, dass der Grundeigentümer primär als Verursacher im Sinn des § 138 Abs. 1 (oder 2) leg. cit. herangezogen wird; wohl aber ist aus § 138 Abs. 4 leg. cit. zu folgern, dass der Grundeigentümer nicht (allein) wegen der in dieser Bestimmung genannten Verhaltensweisen (auch) als primär Verantwortlicher herangezogen werden kann. Für eine Heranziehung als Verursacher im Sinn des § 138 Abs. 1 (oder 2) leg. cit. müssen daher andere oder zusätzliche Faktoren vorliegen (vgl. Erkenntnis vom 14. Mai 1997, 97/07/0027, mwN). Zur "Aufrechterhaltung und Nutzung" eines konsenslos geschaffenen Zustandes genügt es jedenfalls nicht, dass der Liegenschaftseigentümer den durch eine unzulässige Neuerung geschaffenen Zustand lediglich durch passives Verhalten bestehen lässt (vgl. das Erkenntnis vom 23. Jänner 2002, Zl. 2000/07/0023).

Eine Verpflichtung des Drittbeschwerdeführers als Grundeigentümer zur Wiederherstellung des vorigen Zustandes wäre nur dann zulässig, wenn er entweder als Verursacher der eigenmächtigen Neuerung im Sinne des § 138 Abs. 1 WRG 1959 angesehen werden könnte oder die Voraussetzungen des § 138 Abs. 4 vorlägen. Dazu aber fehlen im angefochtenen Bescheid Feststellungen. Schon aus diesem Grund erweist sich der angefochtene Bescheid als rechtswidrig infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Der Drittbeschwerdeführer ist aber auch im Recht, wenn er bemängelt, dass sich die belangte Behörde nicht mit den unterschiedlichen Gutachtensaussagen hinsichtlich der Frage, ob eine Änderung der natürlichen Abflussverhältnisse vorliege, auseinander gesetzt habe.

Der land- und forstwirtschaftliche Amtssachverständige hat ausdrücklich das Vorliegen einer Änderung der natürlichen Abflussverhältnisse ausgeschlossen und dafür auch eine Begründung gegeben.

Demgegenüber bejahen die wasserbautechnischen Amtssachverständigen eine Änderung der natürlichen Abflussverhältnisse und geben dafür auch eine Begründung.

Schon angesichts dieser widersprechenden Gutachten durfte sich die belangte Behörde nicht damit begnügen, nur auf das Gutachten der wasserbautechnischen Amtssachverständigen zu verweisen.

Hinzu kommt, dass der vom LH beigezogene wasserbautechnische Amtssachverständige zwar das Vorliegen einer Änderung der natürlichen Abflussverhältnisse bejaht, aber gleichzeitig erklärt, er könne nicht angegeben, ob es sich um eine wesentliche Änderung handle.

Nun stellt § 39 WRG 1959 zwar nicht auf "wesentliche" Änderungen der natürlichen Abflussverhältnisse ab, wohl aber auf solche, die für ein anderes Grundstück einen Nachteil herbeiführen. Wenn nun der Amtssachverständige erklärt, er könne nicht angeben, ob es sich um "wesentliche" Abänderungen handle, dann bleibt auch offen, ob von dieser - vom Amtssachverständigen behaupteten - Änderung der natürlichen Abflussverhältnisse Nachteile für die Grundstücke der mitbeteiligten Parteien ausgehen. Dies wäre aber Voraussetzung für einen Auftrag nach § 138 WRG 1959 in Verbindung mit § 39 leg. cit. Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich der angefochtene Bescheid als rechtswidrig infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben war.

Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Die Umsatzsteuer ist im Schriftsatzaufwand bereits enthalten. Einen Streitgenossenzuschlag gibt es nach den hier anzuwendenden Vorschriften nicht. Das diesbezügliche Mehrbegehren war daher abzuweisen.

Wien, am 16. Dezember 2004

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