Normen
ABGB §6;
ABGB §7;
ABGB §8;
EStG §2;
KStG §17 Abs3;
KStG §7;
VwRallg;
ABGB §6;
ABGB §7;
ABGB §8;
EStG §2;
KStG §17 Abs3;
KStG §7;
VwRallg;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird im Umfang seiner Anfechtung, somit hinsichtlich Körperschaftsteuer 1992 und 1993, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von 1.171,20 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die beschwerdeführende Aktiengesellschaft betreibt seit ihrer Gründung im Jahr 1983 sowohl das Lebensversicherungsgeschäft als auch das Schaden- und Unfallversicherungsgeschäft.
Den Gegenstand des Beschwerdefalles bildet alleine die Frage, ob die Mindestbesteuerung für Versicherungsunternehmen gemäß § 17 Abs. 3 KStG 1988 in der für die Streitjahre 1992 und 1993 geltenden Stammfassung für jede Versicherungssparte gesondert zu berechnen ist.
Im Zuge einer abgabenbehördlichen Prüfung stellte die Prüferin fest, dass die beschwerdeführende Aktiengesellschaft die Bestimmung des § 17 Abs. 3 leg. cit. über die Mindestbesteuerung von Versicherungsunternehmen in der Form angewandt habe, dass die Gewinne der Sparten Schaden-Unfall und Leben zusammengerechnet worden seien. Diese Vorgangsweise widerspräche der herrschenden Literaturmeinung, wonach die "grammatikalisch anders lautende Textierung" des § 17 Abs. 3 KStG 1988 im Vergleich zur Vorgängerregelung des § 14 KStG 1966 nicht dazu führen könne, von der bisherigen Übung abzugehen, für die einzelnen Versicherungsbereiche getrennte Gewinnermittlungen durchzuführen. Für diese Ansicht spreche auch, dass der Gesetzgeber die Bestimmung des § 17 Abs. 3 KStG 1988 durch das Steuerreformgesetz 1993 "klarstellend" neu gefasst habe. In den Erläuterungen zur Regierungsvorlage werde ausgeführt, dass im Zusammenhang mit der aus dem KStG 1966 übernommenen und im KStG 1988 erweiterten Mindestbesteuerungsregelung die Berechnung des Mindestgewinnes für jeden der in der Neufassung angeführten vier Teilbereiche gesondert zu erfolgen habe.
Der Zuschlag zur Mindestbesteuerung gemäß § 17 Abs. 3 KStG errechne sich in den Jahren 1992 und 1993 daher wie folgt:
1992 | Leben | Schaden-Unfall |
Einkünfte aus Gewerbebetrieb | -717.869 S | 3,109.652 S |
Zuschlag zur Mindeststeuer laut Betriebsprüfung | 2,846.082 S | |
Einkünfte aus Gewerbebetrieb gem. § 7 KStG | 2,128.213 S | 3,109.652 S |
Mindestbesteuerung gemäß § 17 Abs. 3 KStG | ||
Steuerlicher Gewinn | -717.869 S | |
Dotierung Rückstellung für Gewinnbeteiligung | 22,000.000 S | |
21,282.131 S | ||
Davon 10 % | 2,128.213 S | |
Differenz | 2,846.082 S |
1993 | Leben | Schaden- Unfall |
Einkünfte aus Gewerbebetrieb gem. § 7 KStG | - 5,787.824 S | - 24,580.998 S |
Zuschlag zur Mindeststeuer laut Betriebsprüfung | 7,409.041 S | |
1,621.217 S | - 24,580.998 S | |
Steuerlicher Gewinn | - 5,787.824 S | |
Dotierung Rückstellung für Gewinnbeteiligung | 22,000.000 S | |
16,212.176 S | ||
Davon 10 % | 1,621.218 S | |
Differenz | 7,409.041 S |
Das Finanzamt schloss sich der Rechtsansicht der Prüferin an und erließ u.a. entsprechend geänderte Körperschaftsteuerbescheide 1992 und 1993.
In der dagegen erhobenen Berufung setzte die Beschwerdeführerin dieser Auffassung entgegen, dass für eine gesonderte abteilungsweise Erfassung der insoweit klare Gesetzestext ab dem Jahre 1989 keine Handhabe biete, zumal auch die amtlichen Erläuterungen hiezu lediglich ausführten, dass sich "die Vorschrift des Abs. 3 über die Mindestbesteuerung ... gegenüber § 14 Abs. 3 KStG 1966 auf sämtliche Versicherungssparten (erstreckt)", ohne sonst irgendeinen Anhaltspunkt für eine gesonderte Berechnung der einzelnen Teilbereiche zu geben.
Diese Beurteilung werde durch die Neufassung des § 17 Abs. 3 KStG 1988 durch das Steuerreformgesetz 1993 erhärtet. Seither sei gesetzlich verankert, dass die Berechnung der Mindestbesteuerung für jeden der in der Neufassung angeführten vier Teilbereiche gesondert zu erfolgen habe. Durch Art. III Z. 9 Steuerreformgesetz 1993 werde somit materiell neues Recht geschaffen, sodass den in eine andere Richtung weisenden Gesetzesmaterialien, in der von einer bloßen "Klarstellung" die Rede sei, keine Bedeutung zukomme. Somit sei für die berufungsgegenständlichen Jahre 1992 und 1993 eine unternehmensbezogene Berechnung der Mindestbesteuerung gemäß § 17 Abs. 3 KStG 1988 vorzunehmen.
Im angefochtenen Bescheid teilte die belangte Behörde diese Auffassung der Beschwerdeführerin mit der Begründung nicht, dass die Gesetzesauslegung nicht alleine nach dem Wortlaut erfolgen dürfe. Vielmehr seien auch andere Auslegungsmethoden heranzuziehen. Es sei zu berücksichtigen, dass die steuerrechtlichen Vorschriften des § 17 KStG 1988 an die versicherungsaufsichtsrechtlichen Regelungen (§ 1 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen vom 4. Dezember 1978 über die Rechnungslegung von Unternehmen der Vertragsversicherung, BGBl. Nr. 655/1978, in der Fassung BGBl. Nr. 684/1986) anknüpften und diese eine gesonderte Gewinn- und Verlustrechnung für jede Abteilung (Lebens-, Kranken- sowie Schaden- und Unfallversicherung) vorsehen. Wenn für die Berechnung gemäß § 17 Abs. 3 KStG 1988 in der für die Streitjahre anzuwendenden Fassung daher von einem steuerlichen Gewinn vor der Zuführung zur Rückstellung auszugehen sei, dann knüpfe das Gesetz erkennbar an den Überschuss der Gewinn- und Verlustrechnungen der einzelnen Abteilungen an.
In den Gesetzesmaterialien zum KStG 1988 werde ausgeführt, dass sich die Vorschrift des § 17 Abs. 3 über die Mindestbesteuerung auf sämtliche Versicherungssparten erstreckt, um zu gewährleisten, dass auch in der Schaden-Unfallversicherung in Jahren, in denen die Rückstellung für Prämienrückerstattung dotiert wird, ein Teil des Überschusses versteuert werden müsse. Die weiteren Ausführungen in den Gesetzesmaterialien, die sich nur auf die "Schaden-Unfallversicherung" bezögen, ließen erkennen, dass nach dem Willen des Gesetzgebers ein Teil des Überschusses, der aus dem steuerlichen Gewinn und der Dotierung der Rückstellung für Prämienrückerstattungen dieser Versicherungssparte bestehe, zu versteuern sei. Diesem Willen des Gesetzgebers könne nur dadurch entsprochen werden, dass der Mindestgewinn abteilungsweise berechnet werde. Die Erläuterungen in der Regierungsvorlage zum Steuerreformgesetz 1993 bestätigten dieses Auslegungsergebnis, weil darin festgehalten werde, dass die Neufassung lediglich "klarstellend" sei.
Zudem stoße die Auslegung der Beschwerdeführerin auf Bedenken hinsichtlich der steuerlichen Gleichbehandlung aller Versicherungsunternehmen, weil ein Versicherungsunternehmen, das nur in einer Versicherungssparte tätig sei, nicht die Möglichkeit habe, Gewinne der einen Versicherungssparte mit Verlusten einer anderen Versicherungssparte auszugleichen.
Schließlich habe der Gesetzgeber mit der Bestimmung des § 17 Abs. 3 KStG 1988 auch angestrebt, einen Teil der Kapitalerträge, die an die Versicherungsnehmer weitergeleitet werden, steuerhängig zu halten. Eine Auslegung, die diesen Zweck der Bestimmung mitberücksichtige, führe ebenfalls zu dem Ergebnis, dass die Mindestgewinnermittlung in den Berufungsjahren 1992 und 1993 für das Lebensversicherungsgeschäft gesondert vorzunehmen sei und erst danach die steuerlichen Gewinne der anderen Versicherungssparten hinzuzurechnen bzw. die steuerlichen Verluste auszugleichen seien.
Bei Bedachtnahme auf alle Auslegungsmethoden gelange die belangte Behörde zur Überzeugung, dass die Berechnung des Mindestgewinnes auch in der Stammfassung des § 17 Abs. 3 KStG 1988 für jede Versicherungssparte gesondert durchzuführen sei.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die dagegen erhobene Beschwerde erwogen:
Nach dem Beschwerdepunkt und dem Inhalt der Beschwerde erachtet sich die beschwerdeführende Aktiengesellschaft in ihrem Recht auf Anerkennung der unternehmensbezogenen Berechnung der Mindestbesteuerung gemäß § 17 Abs. 3 KStG 1988 in der Fassung vor dem Steuerreformgesetz 1993 verletzt. Damit wird der Umfang der Anfechtung - ungeachtet des Antrages, den angefochtenen Bescheid "zur Gänze" aufzuheben - mit der Körperschaftsteuer der Jahre 1992 und 1993 umschrieben.
Nach § 7 Abs. 1 Körperschaftsteuergesetz (KStG) 1988 ist der Körperschaftsteuer das Einkommen zugrunde zu legen, das der unbeschränkt Steuerpflichtige innerhalb eines Kalenderjahres bezogen hat.
§ 7 Abs. 2 KStG 1988 in seiner Fassung vor der Novelle BGBl. Nr. 201/1996 definiert das Einkommen als den Gesamtbetrag der Einkünfte aus den im § 2 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes 1988 aufgezählten Einkunftsarten nach Ausgleich mit Verlusten, die sich aus den einzelnen Einkunftsarten ergeben, und nach Abzug der Sonderausgaben (§ 8 Abs. 4), der Sanierungsgewinne (§ 23 Z. 1) sowie des Freibetrages für begünstigte Zwecke (§ 23 Z. 2). Wie das Einkommen zu ermitteln ist, bestimmt sich nach dem Einkommensteuergesetz 1988 und nach diesem Bundesgesetz.
Der sechste Abschnitt des zweiten Teils des KStG 1988 ist mit "Sondervorschriften für Versicherungsunternehmen" überschrieben und handelt in § 15 leg. cit. von versicherungstechnischen Rückstellungen und in § 17 leg. cit. von Prämienrückerstattungen (Gewinnbeteiligungen).
Nach § 17 Abs. 1 Z. 1 KStG 1988 sind Prämienrückerstattungen (Gewinnbeteiligungen) im Lebens-, Kranken- oder Unfallversicherungsgeschäft mit Prämienrückgewähr abzugsfähig.
§ 17 Abs. 1 Z. 2 KStG 1988 regelt die eingeschränkte Abzugsfähigkeit von Prämienrückerstattungen (Gewinnbeteiligungen) in anderen Versicherungszweigen.
Die Bestimmung des § 17 Abs. 2 KStG 1988 handelt von Rückstellungen für Prämienrückerstattungen (Gewinnbeteiligungen) und regelt die Voraussetzungen, unter denen Zuführungen zu solchen Rückstellungen abziehbar sind.
§ 17 Abs. 3 KStG 1988 nach der im Beschwerdefall zur Anwendung kommenden Stammfassung lautete:
"Versicherungsunternehmen haben mindestens 10 % des nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes 1988 und dieses Bundesgesetzes ermittelten Gewinnes zu versteuern, von dem der für die Versicherten bestimmte Anteil noch nicht abgezogen ist."
Mit dem Steuerreformgesetz 1993, BGBl. Nr. 818/1993, erfuhr Abs. 3 des § 17 KStG 1988 - anzuwenden erstmalig ab der Veranlagung für das Kalenderjahr 1994 - folgende Neufassung:
"Versicherungsunternehmen haben mindestens 10 % des nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes 1988 und dieses Bundesgesetzes jeweils ermittelten Gewinnes
- aus dem Lebensversicherungsgeschäft,
- aus dem Krankenversicherungsgeschäft,
- aus dem Unfallversicherungsgeschäft mit Prämienrückgewähr, und
- aus den anderen Versicherungszweigen
zu versteuern, von dem der für die Versicherten bestimmte Anteil noch nicht abgezogen ist."
Nach den Erläuterungen zur Regierungsvorlage des Steuerreformgesetzes 1993 soll die Neufassung des § 17 leg. cit. klarstellen, dass im Zusammenhang mit der aus dem KStG 1966 übernommenen und im KStG 1988 erweiterten Mindestbesteuerungsregel die Berechnung des Mindestgewinnes für jeden der in der Neufassung angeführten vier Teilbereiche gesondert zu erfolgen hat (1237 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XVIII. GP).
Die Mindestbesteuerung für Versicherungsunternehmen war vor dem KStG 1988 in § 14 Abs. 3 KStG 1966 wie folgt geregelt:
"Bei Versicherungsunternehmen, die das Lebens- (Kranken‑)Versicherungsgeschäft allein oder neben anderen Versicherungszweigen betreiben, sind für das Lebens- (Kranken‑)Versicherungsgeschäft mindestens 10 % des nach den Vorschriften des Einkommensteuergesetzes und dieses Bundesgesetzes ermittelten Gewinnes zu versteuern, von dem der bei dem Lebens- (Kranken‑)Versicherungsgeschäft für die Versicherten bestimmte Anteil noch nicht abgezogen ist."
Die Beschwerdeführerin trägt vor, schon aus dem Vergleich der beiden Bestimmungen ergebe sich, dass nach der Rechtslage des KStG 1966 von einem für das Lebens- bzw. Krankenversicherungsgeschäft gesondert ermittelten Gewinn, nach der Körperschaftsteuerreform 1988 hingegen von einem unternehmensbezogenen Gewinn auszugehen sei. Aber auch bei isolierter Betrachtung des § 17 Abs. 3 KStG 1988 (vor dem Steuerreformgesetz 1993) ergebe sich aus dem klaren Gesetzeswortlaut die unternehmensbezogene Gewinnermittlung.
Der Gesetzestext spreche eindeutig vom Gewinn des Versicherungsunternehmens. Ohne Hinzufügung von Worten über die abteilungsbezogene Gewinnermittlung könne damit nur der Gewinn des Versicherungsunternehmens insgesamt gemeint sein.
Diese eindeutige Wortinterpretation könne auch durch eine logisch-systematische Interpretation gestützt werden. Hinsichtlich der Gewinnermittlung werde nämlich auf die Vorschriften des EStG 1988 und des KStG 1988 verwiesen. In § 7 Abs. 1 KStG 1988 sei festgelegt, dass der Körperschaftsteuer das Einkommen zu Grunde zu legen ist, das der unbeschränkt Steuerpflichtige innerhalb eines Kalenderjahres bezogen hat. Nach § 7 Abs. 2 KStG 1988 werde hinsichtlich der Bestimmung des Einkommens, welches der Körperschaftsteuer zu Grunde gelegt wird, auf die Ermittlung der Einkünfte nach § 2 Abs. 3 EStG 1988 verwiesen. Beim Gewinn handle es sich um den Unterschiedsbetrag zwischen dem Betriebsvermögen am Schluss des Wirtschaftsjahres und dem Betriebsvermögen am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres. Aus all diesen Bestimmungen ergebe sich eine Zuordnung der Begriffe Einkommen, Einkünfte und Gewinn ausschließlich zum "Steuerpflichtigen" insgesamt. Von einem abteilungsbezogen ermittelten Gewinn sei in den gesetzlichen Regelungen des Steuerrechts an keiner Stelle die Rede. Werde eine derartige Gewinnermittlung steuerrechtlich verlangt, müsse dies ausdrücklich - wie zuvor in § 14 Abs. 3 KStG 1966 - gesetzlich geregelt sein.
Die Ausführungen der belangten Behörde, wonach die steuerlichen Vorschriften des § 17 KStG 1988 an versicherungsaufsichtsrechtliche Regelungen anknüpften, welche für jede Abteilung eine gesonderte Gewinn- und Verlustrechnung vorsähen, gingen auf Grund der völlig unterschiedlichen Zielrichtung der versicherungsaufsichtsrechtlichen Bestimmungen ins Leere. Diese verlangten primär eine getrennte Erfassung der Lebens-, Kranken- sowie Schaden- und Unfallversicherung in gesonderten Bilanzabteilungen. Das Erfordernis dieser Trennung ergebe sich aus der Verpflichtung, die versicherungsaufsichtsrechtlichen Bedeckungsvorschriften sowie die Solvabilitätserfordernisse für jede dieser Bilanzabteilungen gesondert zu erfüllen, weil diese Vorschriften für die Lebens- und Krankenversicherung strengere Regelungen aufstellten. Mit der Trennung in Bilanzabteilungen ginge eine gesonderte Gewinnermittlung einher, die auch die Basis für die nach den Geschäftsplänen vorgesehene Prämienrückerstattung darstelle. Diese habe jedoch mit der steuerlichen Gewinnermittlung vor dem Hintergrund deren Zielsetzung, die in der Erfassung der Leistungsfähigkeit liege, nichts zu tun.
Im Beschwerdefall steht die Auslegung des § 17 Abs. 3 KStG 1988 in seiner Stammfassung in Streit. Gegenstand der Auslegung ist der Gesetzestext als Träger des in ihm niedergelegten Sinnes, um dessen Verständnis es bei der Auslegung geht. Ziel der Auslegung ist die Ermittlung des rechtlich maßgeblichen, des normativen Sinnes des Gesetzes (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. Jänner 1993, 91/17/0151).
Jede Gesetzesauslegung hat mit der Erforschung des Wortsinnes zu beginnen. Es ist zu fragen, welche Bedeutung einem Ausdruck oder Satz nach allgemeinem Sprachgebrauch des Gesetzgebers zukommt. Bei der Auslegung des Gesetzestextes kommt den Gesetzesmaterialien keine selbständige normative Kraft zu, doch sind sie für die Ermittlung der Absicht des Gesetzgebers bedeutsam. Die Gesetzesmaterialien sind nur dann zur Auslegung eines Gesetzes heranzuziehen, wenn der Wortlaut des Gesetzes selbst zu Zweifeln über seinen Inhalt Anlass gibt (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 18. März 1997, 96/08/0167, und vom 17. Oktober 2001, 99/13/0172).
Im Beschwerdefall bestreitet auch die belangte Behörde nicht, dass der Wortlaut der anzuwendenden Gesetzesstelle für den Standpunkt der beschwerdeführenden Aktiengesellschaft spricht. Zu Zweifeln gelangte sie erst unter Heranziehung anderer als jener Gesetze, auf die in § 17 Abs. 3 KStG 1988 ausdrücklich Bezug genommen wird, sowie durch Auslegung der Gesetzesmaterialien zur Stammfassung des § 17 Abs. 3 leg. cit. und unter Bedachtnahme auf die später durch das Steuerreformgesetz 1993 erfolgte Änderung des Gesetzeswortlautes. Dass die streitgegenständliche Bestimmung selbst Zweifel an ihrem Inhalt aufwarf, machte die belangte Behörde hingegen nicht einsichtig. Der Verwaltungsgerichtshof teilt daher die Ansicht der Beschwerdeführerin, dass die Bestimmung des § 17 Abs. 3 KStG in der Stammfassung mit ihrer Bezugnahme auf den "Gewinn des Versicherungsunternehmens" keinen Anhaltspunkt bot, einzelne Versicherungssparten einer gesonderten Besteuerung zu unterziehen und die mit dem Steuerreformgesetz 1993 erfolgte Neufassung der Bestimmung - ungeachtet der Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage - tatsächlich eine materielle Gesetzesänderung bewirkt hat. Ihren eindeutigen Inhalt verlor die Bestimmung des § 17 Abs. 3 leg. cit. allenfalls erst durch die mit dem Steuerreformgesetz 1993 erfolgte Neufassung (zu den beim Zusammentreffen von positiven und negativen Spartenergebnissen auftretenden Auslegungsproblemen vgl. Göth/Bitzyk, Mindestbesteuerung von Versicherungsunternehmen, ÖStZ 1999, 562).
Soweit sich die belangte Behörde auch auf Gründe der Gleichbehandlung mit Versicherungsunternehmen beruft, die nur in einer Versicherungssparte tätig sind und die daher nicht die Möglichkeit hätten, Verluste einer Sparte mit Gewinnen einer anderen Sparte ausgleichen zu können, ist ihr zu erwidern, dass dem Einkommen- wie auch dem Körperschaftsteuergesetz ein synthetischer Einkommensbegriff zu Grunde liegt. Danach werden Einkünfte aus unterschiedlichen Tätigkeiten, selbst bei Vorliegen verschiedener Einkunftsarten, grundsätzlich nicht isoliert besteuert, sondern vor ihrer (gemeinsamen) Besteuerung zusammengerechnet. Die Besteuerung erfolgt somit - worauf in der Beschwerde zutreffend hingewiesen wird - nach der globalen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, wobei sich dieses Prinzip auch im Instrument des Verlustausgleichs zeigt (vgl. Quantschnigg/Schuch, Einkommensteuer-Handbuch, Tz. 1 zu § 2).
Indem die belangte Behörde die Mindestbesteuerung gemäß § 17 Abs. 3 KStG 1988 schon vor der durch das Steuerreformgesetz 1993 erfolgten Neuregelung nach Versicherungszweigen getrennt vorgenommen hat, hat sie die Rechtslage verkannt. Der angefochtene Bescheid war daher im Umfang seiner Anfechtung, somit hinsichtlich der Jahre 1992 und 1993, gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 28. Juni 2006
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)