Normen
31971L0316 Messgeräte-RL;
AVG §37;
AVG §39 Abs2;
AVG §45 Abs2;
AVG §52;
EURallg;
MEG 1950 §13 Abs2 idF 1992/213;
MEG 1950 §13 Abs2 Z3 idF 1992/213;
MEG 1950 §7 Abs1 idF 1994/636;
StVO 1960 §18 Abs1 idF 1994/518;
VStG §24;
VStG §25;
European Case Law Identifier: ECLI:AT:VWGH:2003:2001030297.X00
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Das Land Tirol hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.172,88 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer für schuldig erkannt, er habe am 29. Februar 2000 um 11.12 Uhr auf der Inntalautobahn A 12, im Gemeindegebiet von Buch, bei km 44,6 in Fahrtrichtung Westen einen nach dem Kennzeichen bestimmten Kombinationskraftwagen gelenkt und beim Hintereinanderfahren zum nächsten vor ihm fahrenden Fahrzeug nicht einen solchen Abstand eingehalten, der es ihm ermöglicht hätte, sein Fahrzeug anzuhalten, auch wenn das vordere Fahrzeug plötzlich abgebremst werde, zumal der Abstand unter Einhaltung einer Geschwindigkeit von ca. 113 km/h lediglich ca. 9 m betragen habe, obwohl ein Abstand von mindestens 17 m (0,55 Sekundenabstand) einzuhalten gewesen wäre.
Der Beschwerdeführer habe dadurch die Rechtsvorschrift des § 18 Abs. 1 StVO verletzt, weshalb über ihn gemäß § 99 Abs. 3 lit. a StVO eine Geldstrafe in der Höhe von S 3.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 3 Tage) verhängt wurde.
Der Bescheid wurde im Wesentlichen damit begründet, das Messverfahren sei bereits in der Anzeige ausführlich geschildert worden.
"(Danach sei das Fahrzeug mit zwei Videokameras und Videorecorder ausgestattet. Die Messergebnisse resultierten aus einem Weg/Zeit-Zusammenhang. Das Gerät bestehe aus einer Messbereichs-(Tat-) und einer Lenker-(Kennzeichen-)kamera. Beide Videosignale würden zur zentralen Steuereinheit geleitet. Diese setze sich aus einem Bildschirm, zwei Videorekordern, einem Computer mit integriertem Rechenprogramm, einem Codierer/Decodierer, einem Videoprinter und einem elektronischen Mousepad mit Mouse/Fadenkreuz zusammen. Die Messbereichs- und Lenkerkamera seien auf einer, die Autobahn überquerenden Brücke/Überführung montiert, wobei der Bildausschnitt durch den jeweiligen Zoombereich der Kameras bestimmt werde. Die Messkamera ermögliche die Beobachtung des ankommenden Verkehres auf eine Entfernung von ca. 500 m und erfasse jenen Abschnitt der Fahrbahn, auf dem die Fahrzeuge die markierte Wegstrecke zurücklegten. Die Lenkerkamera ermögliche eine Großaufnahme von Fahrzeugen (und deren Kennzeichen), die den Sicherheitsabstand nicht eingehalten hätten. Der Überwachungsbereich sei durch Farbmarkierungen außerhalb der Fahrbahn gekennzeichnet. Die Bestimmung eines Fahrzeuges mit dem Verdacht auf Nichteinhalten des Abstandes erfolge zunächst auf Grund der subjektiven Einschätzung des Beamten, der das Gerät bediene. Im Überwachungsbereich werde das auszuwertende Fahrzeug zweimal eingemessen und der jeweils günstigere Wert für den Betroffenen für die Anzeigeerstattung herangezogen.
Die Gesamtanlage sei in Deutschland von der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt in Braunschweig/Berlin zum Betrieb zugelassen unter der näher angeführten Zulassungsnummer.)"
Da es sich - so führt die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid weiter aus - um kein in Österreich geeichtes Messgerät gehandelt habe, sei eine Stellungnahme des Bundesamtes für Eich- und Vermessungswesen eingeholt worden. Auf Grund dieser Stellungnahme bestünden keine Bedenken gegen eine ordentliche Messung. Die beiden Dienst habenden Beamten hätten ausführlich dargetan, wie die Messung erfolgt sei. Es bestünden nach Ansicht der belangten Behörde keine Bedenken dahin, dass irgendein Messfehler unterlaufen wäre. Ein konkretes Vorbringen, warum das gegenständliche Messverfahren fehlerhaft durchgeführt worden wäre, sei seitens des Beschwerdeführers nicht erstattet worden. Gegen das weitere Vorbringen, die Messung in Frage zu stellen, werde auf die Stellungnahme des Bundesamtes für Eich- und Vermessungswesen verwiesen, nach der es sich um ein in Österreich nicht eichpflichtiges Messgerät handle. Immerhin sei das gegenständliche Messgerät in Deutschland von der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt in Braunschweig/Berlin zum Betrieb zugelassen worden.
Das Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen habe folgende Stellungnahme abgegeben:
"Solange mit dem im gegenständlichen Fall verwendeten Messgerät nur Verstöße gegen das Einhalten eines zeitlichen Mindestabstandes zur Anzeige gebracht werden, unterliegt es nicht der Eichpflicht. Da aus diesem Grund auch kein Prüfverfahren zur Zulassung zur Eichung durchgeführt wurde, ist dieses Gerät dem Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen (BEV) nicht ausreichend bekannt, um eine Stellungnahme zur ordnungsgemäßen Durchführung der beeinspruchten Messung abzugeben.
Hinsichtlich der grundsätzlichen Eignung des verwendeten Gerätes der Bauart VIDIT VKS sei angemerkt, dass eine Zulassung der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt in Braunschweig zwar rechtlich keinen Ersatz für eine inländische Zulassung darstellt, technisch jedoch durchaus als 'Eignungsnachweis' für ein in Österreich nicht eichpflichtiges Messgerät gelten kann.
Zusammenfassend kann also festgestellt werden, dass einerseits eine Eichpflicht in Österreich nicht gegeben ist, wenn ein zeitlicher Abstand gemessen wird und andererseits bei einer Vorgangsweise nach der Bedienungsanleitung in Zusammenhang mit einer PTB-Zulassung durchaus eine ordnungsgemäße Messung vermutet werden kann."
Der Amtssachverständige habe auf der Grundlage der vorliegenden Messergebnisse zur Frage des gebotenen Abstandes folgendes Gutachten erstattet:
" 2.0 BEFUND
Am 29. Feber 2000 fuhr der Lenker R... H... M... (der
Beschwerdeführer) mit dem Fahrzeug, Kennzeichen ... auf der A12 -
Inntal Autobahn bei km 44,6 im Gemeindegebiet von Buch in Fahrtrichtung Westen, wobei er den erforderlichen Sicherheitsabstand zu seinem Vorderfahrzeug nicht einhielt. Bei einer Geschwindigkeit von 130 km/h wurde ein Abstand von 9 m eingehalten. Dies entspricht einer tatsächlichen Reaktionszeit von 0,3 sec. Dieser Vorfall wurde mit 2 Videokameras und einem Videorecorder aufgezeichnet. Die Messkamera ermöglicht die Beobachtung des ankommenden Verkehrs auf einer Entfernung von ca. 500 m und erfasst jeden Abschnitt der Fahrbahn, auf dem die Fahrzeuge die markierte Wegstrecke zurücklegen.
Im Strafakt liegen 6 Lichtbilder über diese Abstandsmessung vor. 3.0 GUTACHTEN
Das Fahrzeug mit dem beschuldigten Lenker wurde über eine Gesamtstrecke von ca. 450 - 500 m beobachtet und auch gefilmt. Auf diesen Lichtbildern ist klar erkennbar, dass ein sehr geringer Sicherheitsabstand zum Vorderfahrzeug eingehalten wurde. Dieser geringe Sicherheitsabstand zum Vorderfahrzeug ist über eine Strecke von zumindest 300 m dokumentiert.
Es kann somit ausgeschlossen werden, dass das Vorderfahrzeug unmittelbar vor der Messung vom rechten auf den linken Fahrstreifen überwechselte. Weiters ist der Winkel zwischen Objekt und Messkamera sehr wohl bekannt. Es darf auf die bundesamtliche Eichung des Gerätes hingewiesen werden. Die Messmethode als Solches ist also anerkannt und nicht zu bemängeln.
Bei einer Geschwindigkeit von 113 km/h wäre der Mindestabstand ca. 25 m. Die Gefährlichkeit nimmt bei verminderten Abstand zu. Der Abstand von 0,55 sec. sollte nicht mehr unterschritten werden, die Gefährlichkeit bei einer Bremsung des Vorderfahrzeuges nimmt unter diesem Abstand rasant zu.
Der Abstand von 0,3 sec. zum Vorderfahrzeug ist gefährlich und kann auf der Autobahn nicht toleriert werden, bei Bremsmanövern des Vorderfahrzeuges kann es hier zu äußerst gefährlichen Situationen kommen."
In der Verhandlung vom 13. November 2000 habe der Amtssachverständige sein Gutachten ergänzt und ausgeführt, dass bei einer Geschwindigkeit von 113 km/h ein 1-Sekunden-Abstand von 31,4 m erforderlich gewesen wäre. Bei einem Abstand von 0,8- Sekunden wäre ein Abstand von 25 m notwendig gewesen. Der 0,3- Sekunden-Abstand sei ein wesentlich zu geringer Abstand. Wenn das Vorderfahrzeug unvermutet gebremst hätte, wäre es mit höchster Wahrscheinlichkeit zu einem Auffahrunfall gekommen. Die strafbare Grenze von 0,55-Sekunden sei mit 0,3-Sekunden wesentlich unterschritten. Er habe den Film nicht gesehen. Er habe sich auf die Lichtbilder, die im Akt des unabhängigen Verwaltungssenates enthalten seien, gestützt. Im gegenständlichen Fall sei offensichtlich eine Fern- und eine Nahkamera vorhanden gewesen. Es sei darüber die Aufnahme gemacht worden, sodass das Fahrverhalten über 400 m überprüft habe werden können. Er wisse aber nicht, von welcher Videokamera die Lichtbilder seien. Die Geschwindigkeit werde gemessen. Die Geschwindigkeit werde also über die Lichtbilder ausgewertet. Ausgewertet werde aus den Lichtbildern bzw. aus dem Videofilm der Abstand. Er habe den Abstand nicht nachgemessen. Der Abstand werde auf dem Videobildschirm händisch mittels Rastern herausgemessen. Der Gendarmeriebeamte sei für diese Tätigkeit besonders geschult und auch befugt, dieses zu tun. Für ihn seien das Wesentliche die Lichtbilder. Sie seien ein Ersatz für den Videofilm. Darum würden auch jedesmal 5 Fotos ausgedruckt. Eine Kamera filme den unteren Bereich. Es müsse das Kennzeichen herausgefilmt bzw. festgestellt werden. Eine Kamera filme den Ablauf über zumindest 400 m. Nach seinem Wissen sei eine Eichung vorhanden. Es handle sich um deutsche Geräte. Die Geschwindigkeit werde im herkömmlichen Sinne gemessen, und zwar mit einem Lasermessgerät. Der Winkel zwischen der Autobahnbrücke und den gemessenen Fahrzeugen, es seien ja zwei, sei messtechnisch sicher bekannt, ihm aber nicht. Gemessen werde von der Brücke herab. Wenn der Messvorgang als solches in Frage gestellt werde, werde auf die Bedienungsrichtlinien verwiesen, insbesondere auf diese deutsche Zulassung des Messgerätes. Er schließe aus, dass bei der vorgenommenen Messung diese Messwerte falsch seien. Sein Gutachten basiere auf den Angaben der Exekutive hinsichtlich der Geschwindigkeitsmessung und der Abstandsmessung, aber auch hinsichtlich des Spurwechsels. Seines Erachtens seien die vorliegenden Fotos für die Beurteilung ausreichend.
Auf Grund des Gutachtens des Amtssachverständigen sei davon auszugehen, dass mindestens der 0,55 Sekundenabstand, das seien mindestens 17 m, einzuhalten gewesen wären. Diesen Abstand habe der Beschwerdeführer wesentlich unterschritten.
Der Beschwerdeführer habe erstmals in der mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde vom 13. November 2000 vorgebracht, er sei nicht der Lenker gewesen. Er habe dies weder in der Stellungnahme vom 29. Mai 2000 (im erstinstanzlichen Verfahren) noch in der Berufung bestritten. Für den Verhandlungsleiter, der den Beschwerdeführer in der Verhandlung vom 5. Dezember 2000 vernommen hätte, bestehe kein Zweifel, dass auf Grund der vorgelegten Farbfotos, die viel deutlicher seien als die im Akt erliegenden Schwarz-Weiß-Fotos, der Beschwerdeführer eindeutig als Lenker zu erkennen sei. Der Beschwerdeführer sei trotz ausdrücklicher Aufforderung, persönlich zur Verhandlung vom 6. Februar 2001 zu kommen, nicht erschienen. Die vom Beschwerdeführer aufgestellten Bedenken, wonach die Figur auf den Fotos als massig erscheine, das Gesicht als rundlich und dass nach dem Eindruck des Beschwerdeführers diese Person sogar einen Bart trage, teile der Verhandlungsleiter nicht.
Der Beschwerdeführer sei gemäß § 103 Abs. 2 KFG aufgefordert worden, den Lenker bekannt zu geben. Er habe als Auskunftspflichtige seine Ehefrau bekannt gegeben, diese wiederum ihren Sohn. Auf deren Einvernahme sei vom Beschwerdeführer verzichtet worden. Zusammengefasst könnte festgestellt werden, dass das Vorbringen des Beschwerdeführers, er sei nicht Lenker gewesen, unglaubwürdig sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.
Die belangte Behörde hat die Akten vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat erwogen:
§ 18 Abs. 1 Straßenverkehrsordnung 1960, BGBl. Nr. 159/1960 (StVO) i.d.F. BGBl. Nr. 518/1994, lautet:
"§ 18. Hintereinanderfahren.
(1) Der Lenker eines Fahrzeuges hat stets einen solchen Abstand vom nächsten vor ihm fahrenden Fahrzeug einzuhalten, dass ihm jederzeit das rechtzeitige Anhalten möglich ist, auch wenn das vordere Fahrzeug plötzlich abgebremst wird."
Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Feststellung der belangten Behörde, er sei Lenker des gegenständlichen Fahrzeuges gewesen. Er sei anlässlich der Aufzeichnung durch das video- und computergestützte Messsystem im Anschluss nicht angehalten, überprüft oder unmittelbar bestraft worden. Der Fahrer habe den Messvorgang nicht registrieren können, da weder Straßenaufsichtsorgane noch System sichtbar gewesen seien. Der Umstand, dass sich der Beschwerdeführer an kein derartig ihm vorgeworfenes Ereignis erinnern habe können, spreche nicht für oder gegen seine vorgeworfene Täterschaft. Die erste Verantwortung des Beschwerdeführers, er könne sich an ein derartiges Ereignis überhaupt nicht erinnern und sich höchstens vorstellen, dass ihn ein Fahrzeug geschnitten habe und dadurch der ordnungsgemäße Abstand zum Vordermann auf ein rechtswidriges Ausmaß verkürzt worden sei, sei keinesfalls unglaubwürdig, sondern mehr als verständlich bzw. natürlich. Der Beschwerdeführer habe später keinesfalls gegenteilige Ausführungen zu seinen bisherigen Angaben gemacht, sondern vielmehr ergänzende, welche mit seinem bisherigen Vorbringen in keinerlei Widerspruch stünden.
Sogar im bekämpften Bescheid sei ausdrücklich festgehalten, es handle sich beim Beschwerdeführer um eine männliche Person mit länglichem Gesicht und normaler Statur. Die Printversionen der Videoaufzeichnungen vom im Tatauto sitzenden Täter sowie deren Auswertungen würden aber eindeutig eine Person mit rundlichem Gesicht und massiger Statur zeigen, was der Verhandlungsleiter im Protokoll der mündlichen Berufungsverhandlung vom 5. Dezember 2000 auch vermerkt habe. Im Zusammenhang mit der eindeutigen Aussage des Beschwerdeführers, er habe sich zum Tatzeitpunkt arbeitender Weise im Raum Innsbruck befunden, und den restlichen diesbezüglichen Beweisergebnissen hätte die belangte Behörde zum Sachverhalt erheben müssen, dass der Beschwerdeführer nicht Lenker des gegenständlichen Fahrzeugs gewesen sei.
Dem ist entgegenzuhalten, dass der Beschwerdeführer erstmals im zweitinstanzlichen Verfahren in der Verhandlung am 13. November 2000 die Täterschaft bestritten hat. Es kann somit die Beweiswürdigung der belangten Behörde, die dieses spätere gegenteilige Vorbringen im Zusammenhalt mit weiteren Umständen als nicht glaubwürdig erachtet hat, nicht als unschlüssig beurteilt werden. Ein Vergleich mit den ausgewerteten Fotos der Lenkerkamera konnte überdies nicht stattfinden, da der Vertreter des Beschwerdeführers die Vorlage von Fotos des Beschwerdeführers verweigerte und ein persönliches Erscheinen des Beschwerdeführers in der Berufungsverhandlung vom 6. Februar 2001 unterblieb, bei der die Farbausdrucke des Videofilmes vorlagen. Der Verhandlungsleiter, der den Beschwerdeführer in der Verhandlung vom 5. Dezember 2000 einvernommen hat, stellte zu den hergestellten Farbfotos betreffend das Fahrzeug und den Lenker, die die Person des Lenkers viel besser erkennen ließen, fest, dass auf Grund dieser Farbfotos für ihn der Beschwerdeführer eindeutig als Lenker zu erkennen sei. Der Beschwerdeführer hat zur Aufklärung, wer Lenker gewesen ist, auch sonst nicht beigetragen. In der eingeholten Lenkerauskunft hat er seine Frau, diese wiederum den gemeinsamen Sohn als Lenker angegeben. Eine Einvernahme seiner Frau und des Sohnes ist letztlich auf Grund eines Verzichts des Beschwerdeführers unterblieben. Soweit er auf das Protokoll vom 5. Dezember 2000 verweist, muss ihm entgegen gehalten werden, dass es sich dabei um protokolliertes Vorbringen seines Vertreters gehandelt hat, welches sich auf undeutliche Schwarzweißbilder bezog. Die belangte Behörde hat auch nach der Erklärung des Beschwerdeführers im Verfahren, er sei nicht gefahren, entsprechende Ermittlungen gepflogen und die Auswertung des Videofilms durch das Landesgendarmeriekommando für Tirol veranlasst, welches die beiden oben erwähnten Farbausdrucke herstellte. Wenn der Beschuldigte seiner Mitwirkungspflicht nicht nachkommt, sind die Verwaltungsbehörden berechtigt, diesen Umstand im Rahmen der Beweiswürdigung ins Kalkül zu ziehen. Vom Zulassungsbesitzer, der das Fahrzeug nicht selbst gelenkt hat, kann im Übrigen erwartet werden, dass er konkret darlegen kann, dass er als Lenker ausscheidet (vgl. hg. Erkenntnis vom 20. September 1996, Zl. 96/17/0320). Die Beweiswürdigung der belangten Behörde in diesem Zusammenhang ist somit nicht zu beanstanden.
Der Beschwerdeführer rügt weiters die Verwertung der durchgeführten Messung mit dem vorliegenden computer- und videogestützten Messsystem. Dabei handle es sich um ein in Österreich nicht geeichtes und nicht zugelassenes Messgerät. Mangels Eichung dieses Gerätes hält der Beschwerdeführer es für die Ermittlung von Daten für ein Verwaltungsstrafverfahren nicht geeignet. Das Messsystem sei - entgegen der falschen Stellungnahme des Bundesamtes für Eich- und Vermessungswesen - an sich eichpflichtig, es sei allerdings weder in Österreich geeicht noch sonst in Österreich zugelassen. Letztlich sei die Feststellung der relevanten Zeit-, Abstands- und Geschwindigkeitsdaten ohne das betroffene Messsystem unmöglich und ein strafbares Verhalten nicht feststellbar. Die relevanten §§ 7, 8 und 13 MEG sähen eine Eichpflicht für das gegenständliche Messsystem im Rahmen eines Verwaltungsstrafverfahrens vor. Sowohl nach § 7 MEG, nach dem Messgeräte eichpflichtig seien, deren Richtigkeit durch ein rechtlich geschütztes Interesse gefordert werde, als auch nach § 8 MEG, der eine Eichpflicht für im amtlichen Verkehr verwendete Messgeräte zur Bestimmung der Länge, der Fläche und des Raumes vorsehe, müsse die Eichpflicht bejaht werden, da das gegenständliche System sowohl Geschwindigkeit als auch Fahrzeugabstände durch Raum-Zeit-Berechnungen ermittle. Abs. 2 leg. cit. verlange die besondere Berücksichtigung dieser Eichpflicht für von Organen der Gebietskörperschaften bei Amtshandlungen verwendete Messgeräte. Letztlich sei auch in § 13 Abs. 2 leg. cit. ausdrücklich normiert, dass bei straßenaufsichtsbehördlichen Kontrollen verwendete oder bereitgehaltene Messgeräte zur Bestimmung der Geschwindigkeit (Z. 2) sowie zur Bestimmung der Beschleunigung oder der Verzögerung (Z. 3) der Eichpflicht unterlägen. Das Gerät sei auch eichfähig.
§ 7 Abs. 1 Maß- und Eichgesetz, BGBl. Nr. 152/1950 (MEG) i. d.F. BGBl. 636/1994, lautet:
"§ 7. (1) Messgeräte, deren Richtigkeit durch ein rechtlich geschütztes Interesse gefordert wird, sind nach Maßgabe der Bestimmungen des Abschnittes A eichpflichtig."
§ 8 MEG in der angegebenen Fassung lautet auszugsweise:
"1. Messgeräte im amtlichen und im rechtsgeschäftlichen Verkehr
§ 8. (1) Der Eichpflicht unterliegen die nachstehend genannten Messgeräte, wenn sie im amtlichen oder im rechtsgeschäftlichen Verkehr verwendet oder bereitgehalten werden:
1. Messgeräte zur Bestimmung der Länge, der Fläche und des Raumes sowie Fahrpreisanzeiger (Taxameter) an Fahrzeugen,
...
(2) Der Eichpflicht unterliegen die im Abs. 1 angeführten Messgeräte insbesondere, wenn sie von Organen der Gebietskörperschaften bei Amtshandlungen oder von öffentlich bestellten Überwachungsorganen verwendet werden.
..."
§ 13 Abs. 2 MEG i.d.F. BGBl. Nr. 213/1992 lautet auszugsweise:
"3. Messgeräte im Sicherheitswesen und im Verkehrswesen
§ 13.
...
(2) Der Eichpflicht unterliegen die nachstehend genannten Messgeräte, wenn sie bei Typengenehmigungen oder Verkehrstauglichkeitsprüfungen von Verkehrsmitteln oder bei straßenaufsichtsbehördlichen Kontrollen verwendet oder bereitgehalten werden:
...
- 2. Messgeräte zur Bestimmung der Geschwindigkeit,
- 3. Messgeräte zur Bestimmung der Beschleunigung oder der Verzögerung mit Ausnahme der Bremsprüfstände,
..."
Dem Beschwerdeführer muss entgegengehalten werden, dass zwar gemäß § 7 Abs. 1 MEG Messgeräte, deren Richtigkeit durch ein rechtlich geschütztes Interesse gefordert wird, nach Maßgabe der Bestimmungen des Abschnittes A eichpflichtig sind. Jene Messgeräte, an deren Richtigkeit ein rechtlich zu schützendes Interesse besteht, sind taxativ aufgezählt (siehe Twaroch (Hrsg.), Maß- und Eichrecht, S. 37, Anm. 4). Das vorliegende Messsystem stellt weder ein Messgerät zur Bestimmung der Länge (im Sinne des § 8 Z. 1 MEG) dar, noch liegt im Sinne des § 13 Abs. 2 Z. 2 und Z. 3 MEG (betreffend Messgeräte im Sicherheitswesen und im Verkehrswesen) ein Messgerät zur Bestimmung der Geschwindigkeit (Z. 2) oder der Beschleunigung (Z. 3) vor. Der u.a. für das Verkehrswesen maßgebliche § 13 Abs. 2 MEG zählt Messgeräte zur Bestimmung des Abstandes nicht auf. Die Geschwindigkeit wird vom gegenständlichem Gerät aus dem Verhältnis von Weg und Zeit errechnet. Es wird, wie das von den amtshandelnden Beamten entsprechend erklärt wurde, ein Straßenstück von 100 m mit drei Markierungen versehen (bei 0 m, 50 m und 100 m), wobei der Computer die Zeit, die ein Fahrzeug auf dieser Strecke bzw. auch innerhalb dieser Strecke braucht, genau auswertet. Es handelt sich somit um kein Messgerät zur (direkten) Bestimmung der Geschwindigkeit, wie etwa ein Radargerät. Entgegen der Behauptung des Beschwerdeführers ist - auf dem Boden des bisher ermittelten Sachverhaltes - ein solches Gerät gemäß MEG nicht eichpflichtig, da dieses Messsystem der Messung von Abständen dient. Mit diesem System erfolgt auch keine Bestimmung der Beschleunigung oder der Verzögerung im Sinne des § 13 Abs. 2 Z. 3 MEG.
Der Beschwerdeführer meint weiters, das gegenständliche Messsystem sei auch im Rahmen allgemeiner Überlegungen zu § 46 AVG zur Sachverhaltsermittlung ungeeignet und nicht zweckdienlich. Das Ergebnis des Messvorgangs hänge von zahlreichen ausschließlich subjektiven Entscheidungen des am Messpult tätigen Straßenaufsichtsorgans ab. Es seien weder die Ansatzpunkte der konkreten Messung am Vorder- und Täterfahrzeug bekannt oder nachvollziehbar, noch sei nach Abbau des Messsystems vor Ort je rekonstruierbar, an welchem Punkt innerhalb des Messintervalls (50 m bis 150 m vor der Autobahnbrücke) der die Messung vornehmende Beamte die erste bzw. zweite Messung vorgenommen habe. Eine Überprüfung auf Ordnungsgemäßheit der Vorgangsweise oder die sonstige Rechtmäßigkeit zu einem späteren Zeitpunkt sei nicht mehr möglich. So seien auch sämtliche auf diese Daten gestützten weiteren Beweise und deren Ergebnisse zwangsläufig als falsch zu beurteilen. Dies treffe insbesondere auf das vorgelegte Amtssachverständigengutachten zur Frage der Geschwindigkeit, des Abstandes sowie der erforderlichen Mindestabstände zu. Die sachverständig gezogenen Schlüsse aus falschen Daten könnten keinesfalls ein richtiges und einem Verwaltungsstrafverfahren zu Grunde zu legendes Ergebnis zeitigen. Abgesehen davon scheine der Sachverständige von der vorliegenden Messmethode durch das computer- und videogestützte System keinerlei Ahnung zu haben. So habe er angegeben, die Geschwindigkeit würde durch eine Lasereinrichtung eruiert, ebenfalls sei ihm die Funktionsweise der Daten- und getrennt davon der Kennzeichenkamera weder geläufig noch verständlich. Weiters habe er vermeint, das Gerät verfüge über eine Eichung und die Beamten seien zur Messvornahme "geschult und auch befugt". Auch die Angaben der beiden einvernommenen Zeugen hätten ergeben, dass die Messung auf rein subjektiven Entscheidungen der Messbeamten beruhe, nicht rekonstruierbar sei und eine Eichung der Geräte nicht vorgelegen sei.
Dieses Vorbringen ist im Ergebnis zielführend. Zunächst ist festzustellen, dass sich weder der Beschwerde noch dem angefochtenen Bescheid im Zusammenhalt mit den vorgelegten Verwaltungsakten ein Anhaltspunkt dafür entnehmen lässt, das in Rede stehende Gerät sei mit einem Stempel für eine EWG-Ersteichung bzw. mit einem Zeichen für die EWG-Bauartzulassung im Sinne der Richtlinie 71/316/EWG des Rates vom 26. Juli 1971 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten betreffend gemeinsame Vorschriften über Messgeräte sowie über Mess- und Prüfverfahren versehen worden, weshalb sich der Verwaltungsgerichtshof mit diesem Fragenkreis nicht weiter auseinander zu setzen brauchte.
Ausgehend davon hätte die belangte Behörde an Hand der von der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt in Braunschweig beizuschaffenden Unterlagen über die Zulassung des Gerätes oder einer vom Hersteller einzuholenden detaillierten Beschreibung sowie der Bedienungsanleitung des Gerätes unter Beiziehung eines Sachverständigen aus dem Fach der Messtechnik die Tauglichkeit des Gerätes zur verlässlichen Abstandsmessung untersuchen müssen. Im Falle der Bejahung seiner Tauglichkeit hätte geprüft werden müssen, ob das Gerät im Beschwerdefall von den mit der Messung befassten Sicherheitsorganen entsprechend der Betriebsanleitung bedient wurde. Erst auf der Grundlage dieser weiteren Ermittlungen hätte die Verlässlichkeit der im Beschwerdefall vorgenommenen Abstandsmessung abschließend beurteilt werden können.
Der angefochtene Bescheid beruht daher auf keinem ausreichenden Ermittlungsverfahren.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Auf das Beschwerdevorbringen betreffend die Strafbemessung war bei diesem Ergebnis nicht mehr einzugehen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 18. November 2003
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