Normen
AVG §69 Abs1 Z2;
AVG §69 Abs1 Z2;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten vom 23. November 1983 wurde der Wassergenossenschaft D (in weiterer Folge: WG) die Bewilligung zum Zusammenschluss und zur Erneuerung von Entwässerungsanlagen nach Maßgabe des vorgelegten Projektes erteilt. Dieses Projekt sah u.a. vor, dass ein Rohrkanal an der südlichen Parzellengrenze der Parzelle 470 zu den Parzellen 475, 474 und 473 KG R geführt werden solle. Die im bewilligten Projekt dargestellten Arbeiten wurden abweichend durchgeführt; die Anlage wurde daraufhin in drei Teilschritten mit Bescheiden des Landeshauptmannes von Kärnten vom 22. August 1994, vom 2. August 1996 und vom 24. Dezember 1996 kollaudiert.
Die Parzelle 470 KG R (Eigentümerin: MP; in weiterer Folge:
P.) wurde ausdrücklich vom örtlichen Geltungsbereich des Bescheides des Landeshauptmannes von Kärnten vom 22. August 1994, mit dem der Teilbereich G, B und Nebenanlagen kollaudiert wurde, ausgenommen, weil zwischen P. und der WG über die abgeänderte Anlagenerrichtung kein Einvernehmen erzielt werden konnte. In dieser Angelegenheit wurde am 16. Mai 1997 eine mündliche Verhandlung abgehalten, bei der u.a. auch der Beschwerdeführer als Eigentümer der dem Grundstück der P. unterliegenden Parzelle 471 KG R geladen war. Auf Grund der durchgeführten Verhandlung und sonstiger Erhebungen bewilligte der Landeshauptmann von Kärnten mit Bescheid vom 12. November 1998 der WG die im Ausführungsprojekt vom Oktober 1986 dargestellte Abänderung auf Parzelle 470 KG R, wobei der auf der Parzelle bestehende offene Graben entsprechend dem Vorbringen der P. zu verrohren und zu verschütten sei (Spruchpunkt I). Gemäß § 121 WRG wurde in diesem Bescheid festgestellt, dass die nachträglich bewilligte Maßnahme dem Ausführungsprojekt des Wasserbauamtes S vom Oktober 1986 entspreche (Spruchpunkt II).
Dieser Bescheid, der u.a. dem Beschwerdeführer zugestellt wurde, wurde rechtskräftig.
In weiterer Folge wurde ein Vollstreckungsverfahren hinsichtlich der in Spruchpunkt I des zitierten Bescheides enthaltenen Auflage zur Verrohrung und Verschüttung des Grabens auf Parzelle 470 begonnen (vgl. in diesem Zusammenhang das hg. Erkenntnis vom 22. Februar 2001, Zl. 2000/07/0254, die Ersatzvornahme und Kostenvorauszahlung im dortigen Vollstreckungsverfahren betreffend).
Mit Schriftsatz vom 27. März 2000 wandte sich der Beschwerdeführer an die Wasserrechtsbehörde erster Instanz und beantragte zum einen die Einräumung der Parteistellung im Verfahren 8W-Allg-42/34/97 (dies ist die Bescheidzahl des Kollaudierungsbescheides vom 12. November 1998), und zum anderen die Wiederaufnahme dieses Verfahrens gemäß § 69 Abs. 1 Z. 2 AVG. Die begehrte Einräumung der Parteistellung wurde damit begründet, dass ihm der Bescheid vom 12. November 1998 zwar zugestellt, er jedoch im Ermittlungsverfahren nicht eingebunden und demnach übergangen worden sei. Zum Wiederaufnahmeantrag führte der Beschwerdeführer aus, er habe als Obmannstellvertreter der WG an der Vorstandssitzung am 22. März 2000 teilgenommen, wo unter Tagesordnungspunkt 2 auch über die Maßnahmen auf Parzelle 470 berichtet worden sei. In diesem Zuge sei ein Schreiben des Amtes der Kärntner Landesregierung vom 12. Jänner 2000 verlesen worden, aus welchem hervorgehe, dass bei Zuschüttung des offenen Grabens auf Parzelle 470 das anfallende Grundwasser und Oberflächenwasser nicht mehr ordnungsgemäß abgeführt werde. Wenn also der derzeit diese Funktion innehabende offene Graben funktionslos bzw. in seiner Funktion stark eingeschränkt werde, werde sich dieser Umstand auch negativ auf sein darunter liegendes Grundstück auswirken. Dies sei für ihn eine neue Tatsache, die ihm erst jetzt bekannt geworden sei.
Der Landeshauptmann von Kärnten entschied über diese Anträge mit Bescheid vom 10. Mai 2000 dahingehend, dass dem Antrag auf Zuerkennung der Parteistellung gemäß § 102 Abs. 1 lit. b WRG in Verbindung mit § 8 AVG Folge gegeben (Spruchpunkt I) und der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens zur Zl. 8 W-Allg-42/34/97 gemäß § 69 Abs. 1 Z. 2 und 4 AVG abgewiesen wurde (Spruchpunkt II). Aus der Begründung dieses Bescheides geht hervor, dass die Parteistellung des Beschwerdeführers im damaligen Wasserrechtsverfahren unbestritten gewesen sei; er habe nicht nur den Bescheid zugestellt erhalten, sondern sei auch ins Ermittlungsverfahren insofern eingebunden gewesen, als ihm die Kundmachung vom 6. Mai 1997 für die Wasserrechtsverhandlung nachweislich zugestellt worden sei und er, wie aus der Verhandlungsniederschrift vom 16. Mai 1997 ersichtlich sei, an der dem genannten Bescheid zu Grunde liegenden mündlichen Wasserrechtsverhandlung sogar persönlich teilgenommen habe.
Die Abweisung des Wiederaufnahmeantrages wurde damit begründet, dass der Beschwerdeführer im dortigen Verfahren Gelegenheit gehabt habe, etwaige Bedenken hinsichtlich einer eventuellen Beeinträchtigung seines Grundstückes vorzubringen und den Sachverständigen hinsichtlich einer möglichen Beeinträchtigung zu befragen. Es seien somit keine neuen Tatsachen oder Beweismittel erkennbar, die im Verfahren ohne Verschulden des Antragstellers nicht hätten geltend gemacht werden können. Zudem wäre es auch deshalb zu keinem anders lautenden Bescheidspruch gekommen, weil der Graben auf dem Grundstück der P. bescheidwidrig und somit konsenslos errichtet worden sei und ohne Übereinkunft mit der Grundeigentümerin eine nachträgliche Bewilligung rechtlich nicht möglich gewesen wäre. Einzige Alternative zur getroffenen Entscheidung wäre die Herstellung des ursprünglichen Zustandes, somit die Beseitigung des Grabens ohne Verrohrung gewesen, was sich für den Unterlieger höchstwahrscheinlich wesentlich schlimmer ausgewirkt hätte als die der WG aufgetragene Verrohrung und Verschüttung des Grabens. Es sei daher auch nicht anzunehmen, dass es zu einem anders lautenden Bescheidspruch gekommen wäre.
Der Beschwerdeführer erhob Berufung, in der er seine Anwesenheit bei der Wasserrechtsverhandlung bestätigte; diese hätte aber nur die Klärung des Umstandes, wie es zur Errichtung des offenen Vorflutgrabens gekommen sei, zum Inhalt gehabt. Auf die Forderungen von P. zur Verrohrung des durch ihr Grundstück laufenden Grabens sei von der WG nie eingegangen worden. Es sei für ihn nicht vorauszusehen gewesen, dass der Sachbearbeiter im Bescheid eine Verrohrung vorschreiben würde, ohne darüber ein Ermittlungsverfahren durchzuführen. Er habe daher auch keinen Grund gehabt, bei der Wasserrechtsverhandlung am 16. Mai 1997 eine diesbezügliche Frage an den Sachverständigen zu stellen. Es sei diesbezüglich auch kein Sachverständiger eingesetzt worden, um die Auswirkungen einer solchen Maßnahme abzuklären. Tatsache sei zudem, dass an der selben Stelle, an welcher sich der offene Vorflutgraben auf dem Grundstück 470 befinde, zuvor ein (1906) wasserrechtlich genehmigter offener Graben mit etwas geringerer Tiefe befunden habe, welcher von der Rechtsvorgängerin der heutigen WG errichtet worden sei. Bei Berücksichtigung dieses Umstandes hätte der Auftrag an die WG zur Herstellung des ursprünglichen Zustandes, Zuschüttung des derzeitigen Grabens bis auf das Sohlenniveau des vormals vorhandenen wasserrechtlich genehmigten Grabens für sein Grundstück voraussichtlich keinen Nachteil gebracht. Ein anderer Verfahrensausgang sei daher denkbar gewesen. Er beantrage daher die Stattgebung seines Antrages auf Wiederaufnahme des Verfahrens.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde die gegen die Abweisung des Antrages auf Wiederaufnahme erhobene Berufung des Beschwerdeführers als unbegründet abgewiesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.
Die mitbeteiligte Partei erstattete ebenfalls eine Gegenschrift sowie weitere Eingaben; in der Gegenschrift unterstützte sie die vorliegende Beschwerde und beantragte, den angefochtenen Bescheid aufzuheben.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach § 69 Abs. 1 Z. 2 AVG ist dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist und neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich einen im Hauptinhalt des Spruches anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätten.
Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Kärnten vom 12. November 1998 wurde der WG nachträglich eine Abweichung von einem bereits bewilligten Entwässerungsprojekt bewilligt. Der mehrfach zitierten, (angeblich) bereits im Jahr 1906 der Rechtsvorgängerin der WG erteilten Bewilligung für die Entwässerungsanlage in der Form eines offenen Grabens auf Parzelle 470 wurde jedenfalls durch den Bewilligungsbescheid aus 1983 in Verbindung mit dem Kollaudierungsbescheid vom 12. November 1998 derogiert. Wie auch bereits im zitierten hg. Erkenntnis vom 22. Februar 2001 ausgeführt wurde, ist von der Konsumation der der WG erteilten Bewilligung und von der Vollstreckbarkeit der in Spruchpunkt I des Kollaudierungsbescheides der WG erteilten Auflage zur Verrohrung und Verschüttung des Grabens auszugehen.
Der Beschwerdeführer beantragte die Wiederaufnahme des dem Kollaudierungsbescheid vom 12. November 1998 zu Grunde liegenden Verfahrens. Die Begründung des Wiederaufnahmeantrages beschränkt sich darauf, dass der Beschwerdeführer erstmals am 22. März 2000 davon erfahren habe, dass seitens der Behörden tatsächlich daran gedacht werde, den offenen Graben auf Parzelle 470 (im Wegen einer Ersatzvornahme) zu verschütten und dass durch die Folgen dieser Zuschüttung seine Parzelle Nr. 471 in Mitleidenschaft gezogen werden könnte. Auch aus den Beschwerdeausführungen geht als Motiv für den verfahrensgegenständlichen Antrag allein hervor, dass der Beschwerdeführer (sowie auch die WG) davon ausgegangen seien, dass auf Grund des Spruches des Bescheides des Landeshauptmannes von Kärnten vom 12. November 1998 keine Verpflichtung zu einer Verrohrung und Verschüttung des Grabens auf dem Grundstück 470 bestanden habe, weil keinerlei Konkretisierung der durchzuführenden Arbeiten erfolgt sei. Der Beschwerdeführer sei davon ausgegangen, dass die erteilte Bewilligung nicht konsumiert werden müsse und dass es ohnedies bei dem vereinbarungsgemäß sanierten und bereits im Jahr 1906 bewilligten Vorflutgraben bleibe.
Auf den Punkt gebracht, wird der Wiederaufnahmegrund allein darin erblickt, dass überraschenderweise - ausgehend von der Vollstreckbarkeit der der WG erteilten rechtskräftigen Auflage im Bescheid vom 12. November 1998 - erste Schritte zur Vollstreckung in Angriff genommen wurden und dass diesfalls nachteilige Einwirkungen auf das Grundstück des Beschwerdeführers zu erwarten seien.
Ein solches Vorbringen kann den Wiederaufnahmetatbestand des § 69 Abs. 1 Z. 2 AVG nicht erfüllen. Der Umstand der Vollstreckbarkeit des Bescheides, der das wiederaufzunehmende Verfahren rechtskräftig beendet hat, und der Beginn des Vollstreckungsverfahrens kann schon deshalb keine neue Tatsache im Sinne des § 69 Abs. 1 Z 2. AVG darstellen, weil eine solche bereits beim Abschluss des wiederaufzunehmenden Verfahrens bestanden haben muss. Rechtsfolgen eines rechtskräftigen Bescheides, wie seine Vollstreckbarkeit, stellen keinen Wiederaufnahmegrund des diesem Bescheid zu Grunde liegenden Verfahrens dar.
Der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens kann aber auch so verstanden werden, dass der Beschwerdeführer erst jetzt als neue Tatsache in Erfahrung gebracht habe, dass sein Grundstück als Folge der mit dem angefochtenen Bescheid verfügten Auflage beeinträchtigt werden würde. Dazu ist vorweg zu bemerken, dass aus dem Schreiben der Kärntner Landesregierung vom 12. Jänner 2000, auf dessen Inhalt sich der Beschwerdeführer diesbezüglich beruft, eine derartige konkrete Befürchtung keinesfalls ableitbar ist. Dort ist lediglich in allgemeiner Form davon die Rede, dass für den Fall der Vollstreckung der Auflage im Kollaudierungsbescheid "vorher abzuklären sein werde, ob jene Funktionen, die derzeit der bereits errichtete offene Graben erfüllt (schadlose Ableitung der Grund- und Oberflächenwässer), weiterhin aufrecht erhalten werden müssen oder nicht" und dass "weiters auch noch abzuklären sein wird, inwieweit die oberliegenden und unterliegenden Grundstücke durch eine solche Projektsänderung betroffen werden." Eine neue Tatsache im Sinne des § 69 Abs. 1 Z. 2 AVG wurde dem Beschwerdeführer durch den Inhalt dieses Schreibens somit nicht bekannt.
Abgesehen davon wäre auch nicht erkennbar, dass den Beschwerdeführer an der Nichtgeltendmachung seiner nunmehrigen Befürchtungen im Verfahren kein Verschulden getroffen hätte. Unbestritten war der Beschwerdeführer dem dem Bescheid vom 12. November 1998 vorangegangenen Ermittlungsverfahren beigezogen; so wurde er zur mündlichen Verhandlung vom 16. Mai 1997 geladen, dessen Verhandlungsgegenstand "Errichtung von Anlagenteilen zur Entwässerung auf Parzelle Nr. 470 KG R" war, und er nahm auch an dieser Verhandlung teil. Aus der Verhandlungsschrift über diese mündliche Verhandlung geht hervor, dass neben der geschichtlichen Entwicklung der Grabenerrichtung auf diesem Grundstück die zukünftige Form der Entwässerung im Bereich der Parzelle Nr. 470 Verhandlungsgegenstand war; so geht aus der anlässlich dieser Verhandlung erstatteten Stellungnahme des Vertreters von P. hervor, dass auf einer Verrohrung des offenen Grabens über Parzelle Nr. 470 "bestanden werde." Der Beschwerdeführer erstattete während der mündlichen Verhandlung keine Stellungnahme und brachte insbesondere auch seine Befürchtungen für den Fall der Verrohrung und Verschüttung des Grabens nicht zur Sprache.
Dem Beschwerdeführer wurde schließlich auch der Bescheid vom 12. November 1998 zugestellt; er erhob dagegen kein Rechtsmittel.
Es ist daher nicht erkennbar, dass der Umstand, dass allfällige Beeinträchtigungen seines Grundstückes im Verfahren nicht berücksichtigt wurden, nicht auf das Verschulden des Beschwerdeführers zurückzuführen wäre. Das Wiederaufnahmeverfahren hat aber nicht den Zweck, allfällige Versäumnisse einer Partei in einem Ermittlungsverfahren oder die Unterlassung der Erhebung eines Rechtsmittels im Wege über die Wiederaufnahme eines Verfahrens zu sanieren.
Angesichts dessen bedarf es keiner weiteren Prüfung, ob ein anderer Verfahrensausgang überhaupt denkbar gewesen wäre. Der geltend gemachte Wiederaufnahmegrund war jedenfalls nicht geeignet, zur Wiederaufnahme des mit Bescheid vom 12. November 1998 abgeschlossenen Kollaudierungsverfahrens zu führen.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 27. Juli 2001
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