Normen
AVG §58 Abs2;
WaffG 1996 §25 Abs2;
WaffG 1996 §25 Abs3;
WaffG 1996 §8 Abs1 Z2;
WaffV 02te 1998 §3;
AVG §58 Abs2;
WaffG 1996 §25 Abs2;
WaffG 1996 §25 Abs3;
WaffG 1996 §8 Abs1 Z2;
WaffV 02te 1998 §3;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund (Bundesministerium für Inneres) hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von S 15.000,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG i.V.m. §§ 8 Abs. 1 Z 2 und 25 Abs. 2 und 3 des Waffengesetzes 1996 (im Folgenden: WaffG) ergangenen angefochtenen Bescheid der belangten Behörde wurde der dem Beschwerdeführer am 30. Jänner 1969 von der Bezirkshauptmannschaft Amstetten ausgestellte Waffenpass 037458 entzogen.
Die belangte Behörde begründete dies damit, dass "anlässlich der Verlässlichkeitsüberprüfung am 10. April 1998
festgestellt werden musste, dass Sie (gemeint: der Beschwerdeführer) Ihre Waffe im geladenen Zustand und unversperrt unter Wäschestücken aufbewahrten. Dies stellt nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes keine sorgfältige Verwahrung dar. Sie verweisen zwar darauf, dass Sie Ihr Haus Mödling, allein bewohnen und keine Mitbewohner beherbergen und auch niemanden empfangen würden. Dieses Vorbringen widerspricht allerdings jeglicher Lebenserfahrung. Nach Auffassung der Berufungsbehörde ist es durchaus nicht auszuschließen, dass Ihr Haus fallweise auch von anderen Personen betreten wird, für die sich dadurch eine Zugriffsmöglichkeit auf Ihre unversperrt aufbewahrte Waffe ergeben könnte.
Grundsätzlich geht die Berufungsbehörde davon aus, dass das Absperren des Wohnhauses allein für eine sorgfältige Aufbewahrung einer Schusswaffe nicht ausreichend ist. Vielmehr muss erwartet werden, dass eine Schusswaffe ungeachtet der Versperrbarkeit des Wohnhauses nur dann sorgfältig im Sinne des Waffengesetzes aufbewahrt wird, wenn zumindest eine weitere Sicherungsmaßnahme (z.B. ein versperrter Kasten) hinzutritt. Die Berufungsbehörde meint, dass eine solche Form der Aufbewahrung einer Waffe zumutbar ist, um diese vor unberechtigtem Zugriff zu schützen."
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und beantragt, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 25 Abs. 2 WaffG hat die Behörde insbesondere die Verlässlichkeit des Inhabers einer waffenrechtlichen Urkunde zu überprüfen, wenn Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Berechtigte nicht (mehr) waffenrechtlich verlässlich ist. Ergibt sich, dass der Berechtigte nicht (mehr) verlässlich ist, so hat die Behörde gemäß § 25 Abs. 3 leg. cit. die waffenrechtlichen Urkunden zu entziehen. Unter welchen Voraussetzungen die Behörde vom Fortbestand der (waffenrechtlichen) Verlässlichkeit auszugehen hat und wann diese zu verneinen ist, ergibt sich aus § 8 WaffG. Ein Mensch ist danach als verlässlich im Sinne des Waffengesetzes anzusehen, wenn er voraussichtlich mit Waffen sachgemäß umgehen wird und keine Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass er mit Waffen unvorsichtig umgehen oder diese nicht sorgfältig verwahren wird (§ 8 Abs. 1 Z 2 WaffG).
§ 3 Abs. 1 und 2 der Zweiten Waffengesetzdurchführungsverordnung, BGBl. II Nr. 313/1998 (Zweite WaffV) lauten:
"Sichere Verwahrung
§ 3. (1) Eine Schusswaffe ist sicher verwahrt, wenn ihr Besitzer sie in zumutbarer Weise vor unberechtigtem - auf Aneignung oder unbefugte Verwendung gerichteten - Zugriff schützt.
(2) Für die Beurteilung der Sicherheit der Verwahrung von Waffen und Munition sind insbesondere folgende Umstände maßgeblich:
1. Verwahrung der Waffe an einem mit der Rechtfertigung oder dem Bedarf in Zusammenhang stehenden Ort, in davon nicht betroffenen Wohnräumen oder in Dritträumen (z.B. Banksafe);
2. Schutz vor fremdem Zugriff durch Gewalt gegen Sachen, insbesondere eine der Anzahl und der Gefährlichkeit von Waffen und Munition entsprechende Ein- oder Aufbruchsicherheit des Behältnisses oder der Räumlichkeit;
3. Schutz von Waffen und Munition vor dem Zugriff von Mitbewohnern, die zu deren Verwendung nicht befugt sind;
4. Schutz von Waffen und Munition vor Zufallszugriffen rechtmäßig Anwesender."
Bei Auslegung des Begriffes der sorgfältigen Verwahrung im Sinne des § 8 Abs. 1 Z 2 leg. cit. ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes angesichts des mit dem Waffenbesitz von Privatpersonen verbundenen Sicherheitsbedürfnisses nach Sinn und Zweck der Regelung des Waffengesetzes ein strenger Maßstab anzulegen. Ob die im Einzelfall gewählte Verwahrungsart als sorgfältig bezeichnet werden kann, hängt von objektiven Momenten ab (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 7. Mai 1998, Zl. 98/20/0083).
Die im angefochtenen Bescheid "grundsätzlich" vertretene Rechtsauffassung der belangten Behörde, dass "das Absperren des Wohnhauses allein für eine sorgfältige Aufbewahrung einer Schusswaffe nicht ausreichend", sondern eine "weitere Sicherungsmaßnahme" erforderlich sei, ist dann nicht zu beanstanden, wenn damit ausgedrückt werden soll, dass die Waffe auch für jemanden, der sich überraschend Zutritt zu einem versperrten Wohnhaus verschafft hat, nicht ohne Überwindung eines weiteren Hindernisses ohne weiteres zugänglich sein darf. Es soll auch in einem solchen Fall nicht etwa die Waffe im Wohnzimmer auf dem Tisch liegend sofort ins Auge springen. § 3 Abs. 2 der Zweiten WaffV unterscheidet im Übrigen aber zwischen dem Schutz vor fremdem Zugriff durch Gewalt gegen Sachen und Schutz von Waffen und Munition vor dem Zugriff von Mitbewohnern bzw. Zufallszugriffen rechtmäßig Anwesender. Je nach dem vorzubeugenden Risiko ist somit die zumutbare Art der Verwahrung vor unberechtigtem - auf Aneignung oder unbefugte Verwendung gerichtetem - Zugriff in einem unterschiedlichen Ausmaß zu beurteilen.
In Erkenntnissen, in denen die Sicherung einer Waffe gegenüber Personen im privaten Nahebereich des Berechtigten als unzureichend gewertet wurde, wurde in der Regel darauf abgestellt, diese Personen hätten zur Waffe jederzeit und ohne Notwendigkeit der Überwindung eines Hindernisses Zugang gehabt (vgl. dazu die im hg. Erkenntnis vom 9. Oktober 1997, Zl. 95/20/0421, zitierte Judikatur). Selbst in Bezug auf - nach Auffassung der belangten Behörde jedenfalls - "nach der Lebenserfahrung" zu erwartende Besucher des Beschwerdeführers, von denen in der Regel nicht anzunehmen ist, dass sie von der unter den Wäschestücken des Beschwerdeführers im Schrank versteckten Waffe Bescheid wissen, kann dies ohne weitere Ermittlungsergebnisse aber nicht angenommen werden (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 9. Oktober 1997, und vom 22. April 1999, Zl. 97/20/0563). § 3 Abs. 2 der Zweiten WaffV weist für die Beurteilung der Sicherheit der Verwahrung von Waffen vor fremdem Zugriff durch Gewalt gegen Sachen (lediglich) darauf hin, dass es einer entsprechenden Ein- oder Aufbruchsicherheit des Behältnisses oder der Räumlichkeit, wo die Waffe aufbewahrt wird, bedürfe (§ 3 Abs. 2 Z 2 der Zweiten WaffV). Weder aus dieser Bestimmung noch aus der bisherigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu § 8 Abs. 1 Z 2 WaffG geht hervor, dass es trotz einer den üblichen technischen Sicherheitsvorkehrungen entsprechenden Absperrung eines Wohnhauses (bzw. einer Wohnung) allein schon zur Sicherung der Waffe vor fremdem Zugriff durch Gewalt gegen Sachen - also unabhängig von den Erfordernissen des § 3 Abs. 2 Z 3 und 4 der Verordnung - jedenfalls zusätzlich eines entsprechenden ein- oder aufbruchsicheren Behältnisses "(z.B. ein versperrter Kasten)" bedürfte. Sollte die belangte Behörde - was sich allerdings den Ausführungen nicht klar entnehmen lässt - dieser Auffassung gewesen sein, so hätte sie den Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet.
Dem Einwand des Beschwerdeführers, er bewohne sein Haus völlig alleine, beherberge keine Mitbewohner und empfange "auch sonst niemanden", weshalb die in seinem Schrank unter Wäschestücken versteckt aufbewahrte Waffe einer fremden Person nicht zugänglich sei, kommt daher durchaus Relevanz zu. Diesem schon im Verwaltungsverfahren erstatteten Vorbringen hat die belangte Behörde lediglich entgegengehalten, dies widerspreche "jeglicher Lebenserfahrung", es sei "durchaus nicht auszuschließen, dass Ihr Haus fallweise auch von anderen Personen betreten wird, für die sich dadurch eine Zugriffsmöglichkeit auf Ihre unversperrt aufbewahrte Waffe ergeben könnte".
Warum aber - ohne erkennbare Anhaltspunkte - anzunehmen wäre, eine fremde Person könnte mangels Aufsicht durch den Beschwerdeführer in dessen Haus nach entsprechender Durchsuchung der Räume die im Schrank unter Wäschestücken liegende Waffe vorfinden, weshalb von einer ordnungsgemäßen Verwahrung der Waffe keinesfalls ausgegangen werden dürfe, lässt sich der Begründung des Bescheides nicht entnehmen. Eine solche - ohne konkrete, dahingehende Ermittlungsergebnisse - zu unterstellende Annahme würde letztlich bedeuten, dass von einer in einem Wohnhaus allein lebenden Personen generell ein zusätzliches ein- bzw. aufbruchsicheres Behältnis für die Waffe zu fordern wäre. Ein solches Erfordernis lässt sich aber - wie ausgeführt - aus dem Gesetz und der dazu ergangenen Verordnung nicht ableiten.
Nach der "Lebenserfahrung", auf die sich die belangte Behörde insoweit zu Recht beruft, ist allerdings davon auszugehen, dass auch ein Alleinbewohner eines Hauses oder einer Wohnung, von dem glaubhaft ist, dass er bei sich zu Hause "niemanden empfängt", mitunter Zutritt zu seinen Räumlichkeiten gewähren muss oder - im Falle rechtswidrigen Eindringens - nicht verhindern kann. Hieraus ergeben sich vor allem unter dem Gesichtspunkt, dass dies auch völlig überraschend geschehen kann, Minimalanforderungen an die Verwahrung einer Waffe auch innerhalb einer stets versperrt gehaltenen Wohneinheit. Die dafür geltenden Maßstäbe können aber nicht die gleichen sein, die dann anzulegen sind, wenn die Wohneinheit mit Mitbewohnern geteilt oder aus anderen Gründen nicht nur ganz vereinzelt von Dritten betreten wird.
Die belangte Behörde hat durch die aufgezeigten Feststellungs- und Begründungsmängel ihren Bescheid mit einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet, weshalb dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG aufzuheben war.
Angesichts dieses Verfahrensergebnisses erübrigt sich ein Abspruch des Berichters über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.
Wien, am 21. Oktober 1999
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